Die Jenseits-Corporation (eBook)

Roman
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2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-16915-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Jenseits-Corporation -  Robert Sheckley
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Der Tod ist erst der Anfang!
Thomas Blaine stirbt bei einem Autounfall, aber sein Bewusstsein kann gerettet werden. In der Zukunft wird es in einen neuen Körper verpflanzt, und so findet sich Blaine unvermittelt wieder ins Leben zurückgeholt. Aber die Unsterblichkeit hat ihren Preis ...

Der Roman 'Die Jenseits-Corporation' erscheint als exklusives E-Book Only bei Heyne und ist zusammen mit weiteren Stories von Robert Sheckley auch in dem Sammelband 'Der widerspenstige Planet' enthalten. Er umfasst ca. 252 Buchseiten.

Robert Sheckley, 1928 in New York geboren, studierte Englisch und Philosophie an der New York University. Bereits während des Studiums begann er erste Kurzgeschichten zu veröffentlichen, und in kürzester Zeit machte er sich einen Namen als einer der intelligentesten und humorvollsten Science-Fiction-Autoren. Parallel zu seiner Schreibtätigkeit arbeitete er als Literaturredakteur und hatte Gastdozenturen an verschiedenen Universitäten. Sheckley starb im Dezember 2005.

2


 

Er erwachte in einem weißen Zimmer.

»Er lebt wieder«, sagte jemand.

Blaine öffnete die Augen. Zwei Männer in Weiß beugten sich über ihn. Es schienen Ärzte zu sein. Einer von ihnen war ein kleiner, bärtiger alter Mann. Der andere hatte ein hässliches rotes Gesicht und war Mitte fünfzig.

»Wie heißen Sie?«, fuhr ihn der Alte an.

»Thomas Blaine.«

»Alter?«

»Zweiunddreißig. Aber ...«

»Familienstand?«

»Ledig. Was ...«

»Sehen Sie?«, fragte der alte Mann und drehte sich zu seinem rotgesichtigen Kollegen herum. »Geistig gesund, völlig gesund!«

»Das hätte ich nie gedacht«, meinte der Mann mit dem roten Gesicht.

»Aber selbstverständlich! Das Todestrauma ist immer überschätzt worden. Viel zu sehr überschätzt, wie mein nächstes Buch beweisen wird.«

»Hm. Aber die Wiedergeburtsdepression ...«

»Unsinn!«, sagte der Alte mit Bestimmtheit. »Blaine, fühlen Sie sich wohl?«

»Ja. Aber ich wüsste gern ...«

»Sehen Sie?«, sagte der alte Arzt triumphierend. »Wieder am Leben und geistig gesund. Werden Sie jetzt endlich auch den Bericht unterschreiben?«

»Ich habe wohl keine andere Wahl«, sagte der rotgesichtige Mann. Die beiden Ärzte verließen den Raum.

Blaine sah zu, wie sie hinausgingen, und dachte darüber nach, was sie wohl gemeint haben konnten. Eine dicke, mütterlich wirkende Krankenschwester trat an sein Bett. »Wie fühlen Sie sich?«, fragte sie.

»Prima«, sagte Blaine. »Aber ich wüsste gern ...«

»Tut mir leid«, sagte die Krankenschwester, »aber jetzt dürfen noch keine Fragen gestellt werden. Anweisung des Arztes. Trinken Sie das hier, das wird Sie aufmuntern. Braver Junge! Keine Angst, es wird schon alles wieder werden.«

Sie ging hinaus. Ihre beruhigenden Worte erschreckten ihn. Was meinte sie mit Es wird schon alles wieder werden? Das hieß doch, dass irgendetwas nicht in Ordnung war! Was war das, was war nicht in Ordnung? Was machte er hier, was war geschehen?

Der bärtige Arzt kam zurück und wurde von einer jungen Frau begleitet.

»Ist er wieder auf dem Damm, Doktor?«, fragte sie.

»Geistig völlig gesund«, sagte der alte Arzt. »Das nenne ich eine gelungene Verschmelzung.«

»Dann kann ich also mit dem Interview beginnen?«

»Natürlich. Allerdings kann ich nicht für sein Verhalten garantieren. Das Todestrauma wird zwar viel zu sehr überbewertet, aber es kann doch bewirken, dass ...«

»In Ordnung.« Die junge Frau trat zu ihm und beugte sich über ihn. Blaine bemerkte, dass sie sehr hübsch war. Ihre Gesichtszüge waren klar und ihre Haut sah frisch und strahlend aus. Nur hatte sie ihr langes, schimmerndes Haar zu straff hinter ihre kleinen Ohren zurückgestrichen, aber sie duftete schwach nach Parfüm. Sie hätte schön sein können, doch die Unbeweglichkeit ihrer Züge und die beherrschte Angespanntheit ihres schlanken Körpers beeinträchtigten diesen Eindruck. Es war schwer, sie sich lachend oder weinend vorzustellen. Es war unmöglich, sie sich im Bett vorzustellen. Es war etwas Fanatisches an ihr, wie bei einer überzeugten Revolutionärin; aber er vermutete, dass die Sache, der sie sich verschrieben hatte, in ihr selbst zu finden war.

»Hallo, Mr. Blaine«, sagte sie. »Ich bin Marie Thorne.«

»Hallo«, sagte Blaine fröhlich.

»Mr. Blaine«, fragte sie, »was glauben Sie wohl, wo Sie sich befinden?«

»Sieht aus wie ein Hospital, würde ich sagen ...« Er hörte auf zu sprechen.

Er hatte gerade ein kleines Mikrofon in ihrer Hand erblickt.

»Ja, was wollten Sie sagen?«

Sie machte eine kleine Handbewegung. Männer traten hervor und rollten schwere Apparate an sein Bett.

»Fahren Sie fort«, sagte Marie Thorne. »Erzählen Sie uns, was Sie vermuten.«

»Zum Teufel damit«, erwiderte Blaine missmutig und blickte auf die Männer, die die Maschinen um ihn herum aufstellten. »Was soll das bedeuten? Was ist denn los?«

»Wir versuchen Ihnen zu helfen«, sagte Marie Thorne. »Wollen Sie uns nicht dabei unterstützen?«

Blaine nickte und wünschte sich, dass sie lächeln würde. Plötzlich fühlte er sich sehr unsicher. War ihm etwas zugestoßen?

»Erinnern Sie sich an den Unfall?«, fragte sie.

»Welchen Unfall?«

»Erinnern Sie sich daran, verletzt worden zu sein?«

Als sein Gedächtnis plötzlich wiederkehrte, mit wirbelnden Lichtern, aufheulendem Motor, Zusammenstoß und dem Geräusch brechender Knochen, erschauerte Blaine.

»Ja. Das Lenkrad ist abgebrochen. Ich rammte es mir durch die Brust. Ich bin mit dem Kopf aufgestoßen.«

»Sehen Sie sich Ihre Brust an«, forderte sie ihn leise auf.

Blaine blickte an sich hinunter.

Sein Brustkasten unter dem weißen Pyjama wies keinerlei Verletzungen auf.

»Unmöglich!«, rief er. Seine Stimme klang in seinen Ohren hohl, entfernt, unwirklich. Er nahm die Männer wahr, die sich um sein Bett herum über ihre Maschinen beugten und dabei sprachen, aber sie schienen wie Schatten zu sein, flach und körperlos. Ihre dünnen Stimmen surrten wie Fliegen, die vor einem geschlossenen Fenster herumschwirren.

»Hübsche Erstreaktion.«

»Sehr hübsch!«

Marie Thorne sagte zu ihm: »Sie sind unverletzt.«

Blaine blickte seinen unverletzten Körper an und dachte an den Unfall. »Ich kann es nicht glauben!«, rief er.

»Sauber!«

»Ausgezeichnete Mischung aus Glauben und Ungläubigkeit.«

Marie Thorne sagte: »Ruhe bitte! Fahren Sie fort, Mr. Blaine.«

»Ich erinnere mich an den Aufprall, ich erinnere mich – ans Sterben.«

»Hast du das?«

»Mann klar! Wirklich super!«

»Irre, Mann! Darauf werden sie voll abfahren!«

Sie sagte: »Ein bisschen weniger Lärm bitte! Mr. Blaine, erinnern Sie sich ans Sterben?«

»Ja, ja, ich bin gestorben!«

»Sein Gesicht!«

»Sein komischer Ausdruck erhöht die Glaubwürdigkeit noch!«

»Hoffe nur, dass Reilly das auch meint.«

Sie sagte: »Sehen Sie sich einmal sorgfältig Ihren Körper an, Mr. Blaine. Hier ist ein Spiegel. Schauen Sie sich Ihr Gesicht an.«

Blaine sah hin und zitterte wie im Fieber. Er berührte den Spiegel und strich sich dann mit bebenden Händen über sein Gesicht.

»Das ist nicht mein Gesicht! Wo ist mein Gesicht? Was haben Sie mit meinem Gesicht und meinen Körper gemacht?«

Er befand sich in einem Alptraum, aus dem er nie mehr erwachen würde. Die flachen Schattenmänner umringten ihn und ihre Stimmen summten und surrten immer aufgeregter. Sie bedienten ihre irrealen Maschinen und wirkten auf unbestimmte Weise bedrohlich auf ihn und doch wieder auch teilnahmslos, ihn kaum wahrnehmend. Marie Thorne neigte sich mit ihrem hübschen ausdruckslosen Gesicht über ihn und aus ihrem kleinen roten Mund perlten sanfte Alptraumworte.

»Ihr Körper ist tot, Mr. Blaine, er wurde in einem Autounfall getötet. Sie erinnern sich daran, wie er gestorben ist. Aber wir konnten den Teil von Ihnen retten, der eigentlich zählt. Wir haben Ihren Geist gerettet, Mr. Blaine, und Ihnen dafür einen neuen Körper gegeben.«

Blaine öffnete den Mund, um zu schreien, und schloss ihn wieder. »Das ist unglaublich«, sagte er leise.

Und die Fliegen summten.

»Welch eine Untertreibung!«

»Na klar. Man kann ja nicht ewig aufgeregt sein.«

»Hatte erwartet, dass er die Szene noch ein bisschen mehr durchkaut.«

»Falsch gedacht! Die Untertreibung betont seine Not sogar noch mehr.«

»Unter dramaturgischen Gesichtspunkten vielleicht. Aber betrachte die Sache doch mal realistisch. Dieser arme Hund hat gerade festgestellt, dass er bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist und nun in einem neuen Körper wiedergeboren wurde. Aber was sind seine Worte? Er sagt: ›Das ist unglaublich.‹ Verdammt, er reagiert ja nicht einmal richtig auf den Schock!«

»Tut er wohl! Du projizierst nur!«

»Bitte!«, sagte Marie Thorne. »Fahren Sie fort, Mr. Blaine.«

Blaine, der tief in seinem Alptraum gefangen war, nahm die leisen, summenden Stimmen kaum wahr. Er fragte: »Bin ich wirklich gestorben?«

Sie nickte.

»Und bin ich wirklich in einem anderen Körper wiedergeboren worden?«

Sie nickte wieder und wartete ab.

Blaine blickte sie an und betrachtete dann die Schattenmänner an ihren unwirklichen Maschinen. Warum belästigten sie gerade ihn? Warum konnten sie sich nicht irgendeinen anderen Toten aussuchen? Man sollte Leichen nicht dazu zwingen dürfen, Fragen zu beantworten. Der Tod war das uralte Privileg des Menschen, sein Pakt mit dem Leben, seit unvorstellbaren Zeiten; er wurde dem Sklaven ebenso gewährt wie dem Edelmann. Der Tod war ein Trost, war sein gutes Recht. Aber vielleicht war dieses Recht widerrufen worden, vielleicht konnte man seinen Verpflichtungen nicht mehr einfach dadurch entgehen, dass man starb.

Sie warteten darauf, dass er etwas sagte. Und Blaine fragte sich, ob wenigstens der Irrsinn immer noch seine altangestammten Privilegien behalten hatte. Er könnte sich ihm zuwenden und es mit Leichtigkeit selbst überprüfen.

Aber Irrsinn wird nicht jedem beschert. Blaines Selbstbeherrschung kehrte zurück. Er blickte zu Marie Thorne hoch.

»Meine Gefühle«, sagte er langsam, »lassen sich nur schwer beschreiben. Ich bin gestorben und muss mich nun mit dieser Tatsache auseinandersetzen. Ich glaube kaum, dass irgendein Mensch jemals wirklich an seinen eigenen Tod glaubt. Tief in seinem Inneren fühlt er sich unsterblich. Der Tod scheint immer nur auf andere zu warten, aber nie auf einen selbst. Es ist beinahe so, als ob ...«

»Brechen wir's jetzt ab....

Erscheint lt. Verlag 28.5.2015
Übersetzer Tony Westermayr
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Immortality Inc.
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Der widerspenstige Planet • eBooks • Robert Sheckley • Unsterblichkeit • Zeitreise
ISBN-10 3-641-16915-1 / 3641169151
ISBN-13 978-3-641-16915-2 / 9783641169152
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