Pyramiden (eBook)

Ein Roman von der bizarren Scheibenwelt
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2015 | 1. Auflage
384 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-97225-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Pyramiden -  TERRY PRATCHETT
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Der junge Teppic wird neuer Pharao eines kleinen, armen Königreichs. Zu Ehren seines Vaters will er die größte Pyramide errichten, die die Welt je gesehen hat. Doch Teppic hat nicht damit gerechnet, dass er dadurch seine sämtlichen Vorfahren wiedererweckt und die Götter der Scheibenwelt auf den Plan ruft. Nun kann ihm nur noch ein Kamel helfen - und zwar eines, das mathematisch begabt ist und auf den Namen »Du Mistvieh« hört ...

Terry Pratchett, geboren 1948 in Beaconsfield, England, erfand in den Achtzigerjahren eine ungemein flache Welt, die auf dem Rücken von vier Elefanten und einer Riesenschildkröte ruht, und hatte damit einen schier unglaublichen Erfolg: Ein Prozent aller in Großbritannien verkauften Bücher sind Scheibenweltromane. Jeder achte Deutsche besitzt ein Pratchett-Buch. Bei Piper liegen der erste Scheibenweltroman »Die Farben der Magie« sowie die frühen Bände um Rincewind, Gevatter Tod, die Hexen und die Wachen vor - Meisterwerke, die unter den Fans einhellig als nach wie vor unerreicht gelten. Terry Pratchett erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den »World Fantasy Lifetime Achievement Award« 2010. Zuletzt lebte der Autor in einem Anwesen in Broad Chalke in der Grafschaft Wiltshire, wo er am 12. März 2015 verstarb.

ZWEITES BUCH


Das Buch der Toten


Zwei Wochen verstrichen. Rechtzeitige Rituale und Zeremonien gewährleisteten, dass die Welt unter dem Himmel blieb und die Sterne weiterhin in der Nacht leuchteten. Es war wirklich erstaunlich, was Rituale und Zeremonien zu leisten vermochten.

Der neue Pharao prüfte sein Erscheinungsbild im Spiegel und runzelte die Stirn.

»Woraus besteht das Ding?«, fragte er. »Das Spiegelbild ist irgendwie undeutlich.«

»Aus Bronze, Gebieter.« Dios reichte ihm den Dreschflegel der Gnade. »Aus polierter Bronze.«

»In Ankh-Morpork hatten wir Glasspiegel mit Silber an der Rückseite. Es gab nichts an ihnen auszusetzen.«

»Ja, Gebieter. Hier haben wir Bronzespiegel.«

»Bleibt mir wirklich nichts anderes übrig, als die goldene Maske zu tragen?«

»Das Antlitz der Sonne, Gebieter. Viele tausend Jahre alt. Ja, Gebieter. Bei allen öffentlichen Anlässen.«

Teppic betrachtete die Maske. Ein hübsches Gesicht, wenn auch ein wenig starr. Ein angedeutetes Lächeln umspielte die gelben Lippen. Er erinnerte sich daran, dass sein Vater einmal vergessen hatte, die Maske abzunehmen, als er ins Kinderzimmer kam. Die Schreie des jungen Teppic waren selbst im Palastkeller zu hören gewesen.

»Ziemlich schwer«, stellte er fest.

»Das Gewicht der Jahrhunderte«, sagte Dios und wartete, bis Teppic die Maske aufsetzte, bevor er ihm die Sichel der Gerechtigkeit gab.

»Bist du schon lange Priester, Dios?«

»Seit vielen Jahren diene ich als Mann und Eunuch, Gebieter. Und nun …«

»Mein Vater meinte, du hättest selbst Opa als Hohepriester gedient. Du musst sehr alt sein.«

»Ich habe mich gut gehalten, Herr«, erwiderte Dios und wählte seine Worte mit besonderer Sorgfalt. »Die Götter schenkten mir ihren Segen. Und nun, Gebieter: Wenn du bitte auch dies hier halten würdest …«

»Was ist das?«

»Die Wabe des Zuwachses, Gebieter. Sehr wichtig.«

Teppic nahm sie entgegen.

»Ich nehme an, du hast zahlreiche Veränderungen erlebt«, sagte er höflich.

Ein Schatten des Schmerzes fiel auf die Züge des Hohepriesters und floh sofort wieder. »Nein, Gebieter«, entgegnete er glatt. »In dieser Hinsicht hatte ich viel Glück.«

»Oh. Und das hier?«

»Das Bündel des Überflusses, Gebieter. Von größter Bedeutung. Außerordentlich symbolisch.«

»Wenn du es mir unter den Arm schieben könntest … Hast du schon mal was von sanitären Anlagen gehört, Dios?«

Der Priester wandte sich an einen Diener und schnippte mit den Fingern. »Nein, Gebieter«, sagte er und beugte sich vor. »Dies ist die Natter der Weisheit. Ich schiebe sie hier hinter den Gürtel, in Ordnung?«

»Sanitäre Anlagen sind wie Eimer, nur nicht so, äh, geruchsintensiv.«

»Klingt schrecklich, Gebieter. Der Geruch hält Dämonen fern, soweit ich weiß. Dies ist die Kürbisflasche des Himmelswassers. Wenn du ein wenig den Kopf heben könntest …«

»Muss ich all diese Dinge herumschleppen?«, fragte Teppic. Es fiel ihm ziemlich schwer, klar und deutlich zu sprechen.

»Die Tradition verlangt es, Gebieter. Wenn wir die heiligen Objekte ein wenig ordnen könnten, um zusätzlichen Platz zu schaffen … Hier haben wir den Dreizackigen Speer des Erdwassers. Vielleicht sind wir in der Lage, ihn mit diesem Finger zu halten. Übrigens, Gebieter: Wir sollten Vorbereitungen für unsere Hochzeit treffen.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob wir gut zueinander passen, Dios.«

Der Hohepriester lächelte mit dem Mund. »Dem Gebieter gefällt es, ein wenig zu scherzen, Gebieter«, sagte er gewandt. »Es ist unbedingt notwendig, dass du heiratest.«

»Leider hatte ich nur in Ankh-Morpork Gelegenheit, Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht zu sammeln«, sagte Teppic wie beiläufig. Die weltmännische Bemerkung galt Frau Stehkragen, seiner Aufwartedame in der Abschlussklasse. Und einem der Dienstmädchen, das dem Schüler mütterliche Gefühle entgegenbrachte und ihm beim Essen immer zusätzlichen Bratensaft gab. (Aber dann dachte Teppic an den jährlichen Assassinenball, und sein Herz klopfte schneller. Von jungen Assassinen erwartete man, dass sie sich gut benahmen und ausgezeichnet tanzten. Hinzu kamen erstklassige Kleidung aus schwarzer Seide und lange Beine, Attribute, die bei gewissen älteren Frauen nicht ohne Wirkung blieben. Die ganze Nacht über wirbelten Teppic und seine Freunde in weiblicher Gesellschaft über die Tanzfläche, bis Moschusduft und Begierde die Luft in Öl verwandelten. Mit seinem unschuldigen Gesicht und dem ungezwungenen Gebaren erzielte Schelter besonders leichte Erfolge, und selbst Wochen nach dem Ball kehrte er abends spät zurück. Beim Unterricht fiel er durch sein häufiges Schnarchen auf …)

»Derartige Partnerinnen kommen nicht infrage, Gebieter. Du brauchst eine Lebensgefährtin, die mit unserer Kultur vertraut ist. Deine Tante steht zur Verfügung, Gebieter.«

Etwas klapperte. Dios seufzte und bedeutete den Dienern mit einem Wink, diverse Zeremoniengegenstände aufzuheben.

»Ich schlage vor, wir beginnen noch einmal von vorn, Gebieter. Dies ist der Kohlkopf Pflanzlichen Wachstums …«

»Entschuldigung«, brachte Teppic hervor. »Hast du eben gesagt, ich soll meine Tante heiraten?«

»In der Tat, Gebieter«, bestätigte Dios. »Familieninterne Hochzeiten sind eine stolze Tradition des Königshauses.«

»Aber meine Tante ist meine Tante.«

Der Hohepriester rollte mit den Augen. Er hatte den verstorbenen Pharao immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig es sei, seinen Sohn richtig zu erziehen. Doch derartige Ermahnungen kratzten nur an einer Mauer aus sturer Sturheit und konnten nicht einmal den Mörtel von ihr lösen. Jetzt musste er sich selbst darum kümmern. Die Götter stellen mich auf die Probe, dachte er. Es dauerte Jahrzehnte, einen ordentlichen Monarchen zu schaffen, und mir bleiben nur wenige Wochen.

»Ja, Gebieter«, sagte er geduldig. »Natürlich. Außerdem ist sie dein Onkel, deine Kusine und dein Vater.«

»Einen Augenblick. Mein Vater …«

Dios hob beschwichtigend die Hand. »Nur eine Formsache«, sagte er. »Deine Ururgroßmutter erklärte einst, dass sie aufgrund politischer Zweckdienlichkeit Pharao werden musste, und meines Wissens wurde der entsprechende Erlass nie widerrufen.«

»Aber sie war eine Frau, nicht wahr?«

Dios wirkte schockiert. »O nein, Gebieter. Sie ist ein Mann. Sie hat ihr Geschlecht mit einem königlichen Dekret geändert.«

»Eine männliche Tante …«

»Ja, Gebieter. Da ich bin ich völlig sicher.«

»Kaum ein geeigneter Ehepartner«, sagte Teppic fest.

»Leider haben wir keine Schwestern.«

»Schwestern!«

»Es wäre verwerflich, dein heiliges Blut zu verunreinigen, Gebieter«, sagte der Hohepriester. »Die Sonne könnte Anstoß daran nehmen. Nun, Gebieter, dies ist das Schulterblatt der Reinlichkeit. Wo möchtest du es verstauen?«

Pharao Teppicymon XXVII. beobachtete, wie man ihn ausstopfte. Zum Glück verspürte er seit einiger Zeit keinen Appetit mehr – es war fraglich, ob er jemals wieder in der Lage sein würde, ein Brathähnchen zu verspeisen.

»Mit Nadel und Faden kannst du wirklich gut umgehen, Meister.«

»Sei still und halt den Daumen drauf, Gern.«

»Meine Mutter näht fast ebenso gut«, plauderte der Lehrling. »Sie hat eine Schürze mit hübschen Stickereien, meine Mutter.«

»Du sollst stillhalten.«

»Enten und Hennen und so«, fügte Gern hinzu.

Dil konzentrierte sich auf seine Arbeit. Er war stolz auf seine fachliche Kompetenz. Die Gilde der Einbalsamierer und Artverwandter Berufe hatten ihn mehrmals dafür ausgezeichnet.

»Bestimmt bist du sehr, sehr zufrieden«, verkündete Gern.

»Wie?«

»Meine Mutter sagt immer, dass der Pharao nach dem Ausstopfen und Zusammennähen irgendwo weiterlebt. In der Unterwelt oder so. Mit deinen Nähmustern.«

Und mit einigen Sack Stroh sowie mehreren Eimern Pech, dachte Teppicymons Geist. Und der Verpackung von Gerns Lunchpaket. Er machte dem Lehrling deshalb keine Vorwürfe; Gern wusste nicht mehr, wo er es hingelegt hatte. Den Rest der Ewigkeit muss ich mit Einwickelpapier anstelle meines Magens verbringen. Und dem Stummel einer vergessenen Bockwurst.

Inzwischen empfand er eine gewisse Sympathie für Dil und auch Gern. Außerdem: Etwas schien ihn noch immer mit seinem Körper zu verbinden – der Pharao spürte zunehmendes Unbehagen, wenn er sich mehr als hundert Meter entfernte –, und das gab ihm Gelegenheit, die beiden Einbalsamierer besser kennenzulernen.

Eigentlich seltsam. Während seines ganzen Lebens im Königreich hatte sich Teppicymon darauf beschränkt, mit Priestern zu reden. Er zweifelte kaum daran, dass es auch noch andere Leute gab – Diener, Gärtner und so weiter –, aber aus seiner Perspektive betrachtet waren es nur Kleckse. Er stand ganz oben. Unter ihm kamen: Familie, Priester, Adlige – und Kleckse. Oh, es gab natürlich nichts an ihnen auszusetzen. Fraglos handelte es sich um hervorragende Kleckse, die besten, die sich ein Pharao als Untertanen wünschen konnte. Aber es blieben Kleckse.

Jetzt nahm er zum ersten Mal Anteil an einem klecksigen Leben. Er erfuhr von Dils scheuen Hoffnungen auf eine...

Erscheint lt. Verlag 8.6.2015
Reihe/Serie Terry Pratchetts Scheibenwelt
Übersetzer Andreas Brandhorst
Sprache deutsch
Original-Titel Pyramids
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Ankh-Morpork • Assassine • Buch • Bücher • discworld • Fantasy Bücher • Fantasy Klassiker • Götter • Humor • Humorvolle Fantasy • lustig • Pharao • Pratchett • Scheibenwelt • Scheibenwelten • Scheibenwelt Fans • Scheibenwelt romane • Teppic • Wüste
ISBN-10 3-492-97225-X / 349297225X
ISBN-13 978-3-492-97225-3 / 9783492972253
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