König in Ketten (eBook)

Roman
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2015 | 1. Auflage
512 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-15768-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

König in Ketten -  Michael Marcus Thurner
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Er ist gebrochen, in Ketten und fernab jeder Zivilisation - aber sein Wille ist frei.
Darne entflieht dem Leben als Bauer auf dem elterlichen Hof, um endlich Abenteuer zu erleben. Doch als er ein wenig über den Durst trinkt, verkündet er, dass er ein viel besserer König wäre als der derzeitige Herrscher. Für diesen »Aufruf zur Rebellion« werden ihm zehn Jahre Zwangsarbeit auferlegt. Getrieben von dem Wunsch nach einem gerechten Herrscher und der Gier nach Rache wegen dieser übertrieben harten Strafe, fasst Darne einen folgenschweren Entschluss: Er wird seine Ketten abschütteln - und er wird König werden!

Michael Marcus Thurner, geboren 1963, veröffentlichte erste Romane im Rahmen der PERRY RHODAN-Fan-Edition, bevor er im Jahr 2002 als Stammautor in die ATLAN-Serie einstieg. Seit Anfang 2005 schreibt Thurner als festes Mitglied im PERRY RHODAN-Team. Der Autor lebt und arbeitet in Wien.

3. Darne (Vergangenheit)

Eine Stadt!«, sagte er andächtig. »Eine richtige Ansiedlung mit steinernen Mauern, mit mehr als einer Straße und so vielen Leuten, dass man beide Hände fünfmal hochhalten müsste, um ihre Zahl zu bestimmen.«

»Mittigteilen ist beileibe nicht die größte Stadt, junger Darne«, sagte Medward der Krämer. Er spuckte über den Rand seines Kutschbocks, knapp an Trist vorbei. »Attico die Wunderbare ist noch hundertmal größer, hundertmal schöner – und ein hundertmal teureres Pflaster.« Er zwinkerte ihm zu. »Wenn du dir einen anständigen Rausch antrinken und weibliche Gesellschaft genießen möchtest, ohne gleich das ganze verdiente Geld loszuwerden, dann bist du allerdings richtig in Mittigteilen.«

Darne trieb Trist an. Das Maultier wandte den Kopf und schenkte ihm einen Blick, dem es seinen Namen verdankte. Widerwillig ging es weiter. »Frauen? Du meinst solche, von denen du erzählt hast, Krämer? Geschöpfe, deren Haut so weich wie eine Schalong-Frucht ist und die dich anlächeln, statt dir Schimpfwörter an den Kopf zu schmeißen, wenn du dich mit ihnen beschäftigst?«

»Und manche von ihnen haben sogar noch alle Zähne im Maul. Wobei es keine uninteressante Erfahrung ist, von einem der zahnlosen Geschöpfe im Prachtarsch bedient zu werden. Wenn du weißt, wie ich’s meine.«

»N-nein, das weiß ich nicht.«

»Ach, unser Kleiner ist ja erst fünfzehn, stammt aus dem trübseligsten Flecken unseres wunderbaren Landes und hat noch nichts von Haden gesehen, mit Ausnahme einiger staubiger Straßen.«

»Vergiss das Vieh nicht!«, meckerte Giswyn, die Frau des Händlers, und schlug sich lachend auf die fetten Schenkel. »Die Ziegen und die Rinder und die Esel, die in seiner Heimat sicherlich sehr beliebt sind.« Sie fügte einige obszöne Gesten an ihre Worte an, die Darne zu verstehen gelernt hatte.

Giswyn war ein böses Weib mit bösen Gedanken. Er verstand nicht, was Medward an ihr fand. Zumal er immer wieder an den Abenden ihrer gemeinsamen Reise, wenn sie das Lager errichtet und sie ihren Mann besonders drangsaliert hatte, davon erzählte, wie gern er seine Hände um ihren feisten Hals legen und zudrücken würde.

Eine Gruppe gut gefütterter Landarbeiter kam ihnen mit Handkarren entgegen. Sie grüßten freundlich und schwenkten dabei Flaschen, in denen dunkle Flüssigkeit gluckerte. Ihre Wangen waren rot, die Nasen ebenso. »Eilt euch!«, rief ihnen einer der torkelnden Bauern zu. »Der Kirtag endet bei Sonnenuntergang. Oder wollt ihr etwa nicht bei den Wettkämpfen oder bei den Freudenspielen mitmachen?«

»Und ihr?«, entgegnete Medward, nicht minder fröhlich. »Wie es aussieht, habt ihr eure Preise bereits gewonnen.«

»Marktzeiten sind gute Zeiten für unsereiner. Die Preise für Obst und Getreide sind hoch, die Leute spendabel. Wenn’s nach mir ginge, könnte rund ums Jahr Kirtag sein.«

Sie verabschiedeten sich voneinander, Darne murmelte einen schüchternen Gruß, die Bauern zogen weiter. Dieser Menschenschlag war so ganz anders als jener, den er von der Heimat her kannte. Sie redeten viel, und sie waren meist zufrieden mit den Leben, die sie führten. Selbst dem größten Unglück traten sie mit einem Lächeln entgegen und nicht mit Verbitterung oder Verzweiflung.

»In den Städten herrscht die Sünde!«, hatte Mutter ihn gewarnt. »Die Leute dort haben vergessen, dass ein anständiges Leben ausschließlich auf Ernsthaftigkeit beruht.«

Ja, die Mutter … Darne erinnerte sich nur noch vage an ihr Gesicht, obwohl es nicht einmal zwei Monde her war, dass er sich aus dieser erbärmlichen Hütte davongeschlichen hatte, die sie als Heim bezeichnete und in der sie ihn sowie fünf Geschwister aufgezogen hatte.

Medward wirkte aufgekratzter denn je zuvor. Er trieb die Ochsen mit Peitschenhieben an, während Giswyn unter der Plane des Gefährts umherkramte. Darne hörte Töpfe gegeneinanderschlagen, dann einen derben Fluch, danach das Klappern metallenen Werkzeugs und einige Geräusche, die er nicht einordnen konnte. Erst als die ersten Häuser Mittigteilens nur noch einen Steinwurf entfernt waren, kam die dicke Frau wieder zum Vorschein.

»Und du meinst, das macht dich hübscher?«, fragte Medward und lachte. »Das Zeugs, das du dir ins Gesicht geschmiert hast, lässt dich wie die Großmutter einer der Häuserdirnen aussehen.«

»Woher willst du wissen, wie die Häuserdirnen ausschauen?«

»Es gab eine Zeit, da ich noch nicht mit dir verheiratet war. Eine glückliche Zeit war das, möchte ich hinzufügen.«

Darne hörte dem Gekeife der beiden nicht länger zu. Er klopfte Trist auf den Hintern und hörte, wie Medward ihm den Namen einer Gaststätte hinterherrief, in der sie sich später treffen sollten. Doch er achtete kaum darauf. Nun gab es nur noch die Stadt und ihn. Selbst Trist schien sich darauf zu freuen, zwischen die bunt bemalten Häuser zu gelangen, auf Wegen, die gut gepflastert waren und auf denen unzählige Menschen unterwegs waren. Aber schon bald wurden sie aufgehalten. Schlangen bildeten sich, noch bevor er die ersten Häuser passiert hatte. Es gab kaum mehr ein Vorwärtskommen.

Es machte Darne nichts. So blieb ihm die Gelegenheit, sich genauer umzusehen. Er bewunderte fein verputzte Gebäude, die zwei – zwei! – Stockwerke hatten. Die Läden waren mit ungewöhnlichen Farben verziert; Glas steckte in den Fenstern und sogar in Türen, so als koste es nichts und würde wie Misteln auf den Bäumen wachsen. Treppen, so wuchtig und so breit, dass der Wert des Holzes allein all das überstieg, was er während der zwei Monate seiner Reise verdient hatte, wurden von Menschen in stutzerhaften Kleidern benutzt. Einige von ihnen hatten sich helle Farben ins Gesicht geschmiert und wirkten wie Puppen …

»Wohin willst du, Kleiner?«

Ein Bewaffneter trat auf die Straße und hielt dem Maultier die Lanze vors Gesicht, so als wäre es ein weitaus gefährlicherer Gegner als Darne. Er schnaufte schwer, das Gesicht war dunkelrot und vernarbt.

»Na, in die Stadt rein!«, antwortete Darne.

»Ich frage noch mal, du Simpel: Wohin? Was ist dein Ziel in Mittigteilen, was willst du hier? Du bist kein Bürger der Stadt, sonst würde ich dich kennen.«

»Na ja, ich möchte mich mal umsehen …«

»Für Herumtreiber haben wir keinen Platz.«

»Lass ihn durch, Unkip Schwarzwamst!«, hörte Darne Medwards Stimme von weiter hinten. »Ich bürge für den Kleinen.«

»Du reist also mit Funke Medward?« Der Wächter blieb misstrauisch.

»Ja. Er war so freundlich und hat mir erlaubt, ihn und Giswyn zu begleiten.«

»Haben die beiden also wieder mal einen Deppen gefunden, der die schwere Arbeit während der Reise für sie erledigt.« Der Wächter schnaufte. »Mich wundert, dass du dich noch auf deinem Reittier halten kannst. Deine beiden Gefährten sind nicht gerade für ihre Menschenfreundlichkeit bekannt.«

»Das habe ich gehört, Unkip!«, rief Medward. »Jetzt lass den Jungen endlich durch!«

Der Wächter zögerte, gab Darne dann aber den Weg frei. »Mich geht’s nichts an, Junge«, raunte er ihm dann noch zu, »aber wenn ich du wäre, würde ich mir so rasch wie möglich einen anderen Herrn suchen.«

»Medward ist nicht mein Herr! Ich bin ein freier Mann.«

»Bist du dir da sicher? Der alte Krämer ist ein Betrüger, aber im Vergleich zu seinem Weib ist er bloß ein ahnungsloser Lehrling. Wenn dich die beiden bis hierher mitgenommen haben, dann nur aus dem Grund, ein gutes Geschäft mit dir zu machen.«

»Danke für die Warnung, Unkip Schwarzwamst. Aber ich kann ganz gut auf mich allein aufpassen.«

»Ach ja? Du, ein Junge von gerade mal vierzehn Jahren?«

»Ich bin sechzehneinhalb!«, log Darne.

»Ah, das ist natürlich etwas anderes. Und jetzt sieh zu, dass du weiterkommst!« Unkip gab Trist einen Klaps auf den Hintern, das Muli setzte sich in Bewegung. »Wenn du Hunger hast und nicht gleich an deinem ersten Tag Rattenschwänze in der Suppe schwimmen haben willst, dann geh in den »Rostigen Hauer«. Sag, dass ich dich geschickt hätte, dann bekommst du einen Platz in der Nähe des Kamins und vielleicht eine etwas größere Mahlzeit.«

»Danke!« Darne winkte dem Wächter zu, ohne sich nochmals umzudrehen. Er war zu sehr gefangen von den Eindrücken ringsum. Von all den Dingen, die zu sehen, zu hören und zu riechen waren.

Die steinernen Mauern fingen all das ein, was hier vorging. Sie ließen ihn Gespräche hören, die zwei Ecken weiter stattfanden, und machten, dass ihm der Duft erhitzten Honigtalgs in die Nase stieg, lange bevor er den Händler passierte.

Darne nahm ein kleines Stück Cardym in den Mund und kaute langsam. Seine Vorräte gingen allmählich zur Neige. Er stieg von Trist und zog das Vieh hinter sich her. In dieser Enge war das Maultier kaum mehr von Nutzen, zumal es immer wieder in einer der Seitengassen verschwinden wollte. »Sei nicht so dumm und so störrisch!«, schimpfte er seinen tierischen Begleiter. »Sag bloß, dass dir der Lärm hier zu viel wird?« Darne erntete einen Blick, der ihm sagte, dass ihn Trist als Trottel erachtete. »Sieh mich noch einmal so an, und ich verkaufe dich beim nächsten Salamihändler!«

Das Muli wandte sich ab, hob seinen struppigen Schweif und ließ ein paar Äpfel auf die Straße klatschen.

»Eines Tages lasse ich dich wirklich in Stücke schneiden, das schwör ich dir!«

Überall waren die Lederhändler zu sehen. Sie zogen ihre Karren und boten ihre Waren...

Erscheint lt. Verlag 21.12.2015
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Fantasy • grim & gritty • Heroische Fantasy • High Fantasy • Patrick Rothfuss
ISBN-10 3-641-15768-4 / 3641157684
ISBN-13 978-3-641-15768-5 / 9783641157685
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