Sommersprossen auf den Knien (eBook)
256 Seiten
Dressler Verlag GmbH
978-3-86272-687-5 (ISBN)
Maria Parr wurde 1981 geboren. Bereits während ihres Literaturstudiums hat sie ihr erstes Kinderbuch geschrieben, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Ihr zweites Buch, 'Sommersprossen auf den Knien', errang in Norwegen den renommierten Bragepreis und in Deutschland zeichnete Die ZEIT/Radio Bremen Maria Parr und ihre Übersetzerin Christel Hildebrandt mit dem LUCHS des Jahres 2010 aus.
Maria Parr wurde 1981 geboren. Bereits während ihres Literaturstudiums hat sie ihr erstes Kinderbuch geschrieben, das in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde. Ihr zweites Buch, "Sommersprossen auf den Knien", errang in Norwegen den renommierten Bragepreis und in Deutschland zeichnete Die ZEIT/Radio Bremen Maria Parr und ihre Übersetzerin Christel Hildebrandt mit dem LUCHS des Jahres 2010 aus.
Kapitel 3
In dem der erste
Rodel-Testlauf ansteht und Tonje
mit der Polizei gedroht wird
Tonje und Gunnvald denken sich ständig neue Projekte aus. Aber was sie diesen Winter vorhaben, das toppt alles. Das finden sowohl Tonje als auch Gunnvald. Sie wollen den perfekten Rennrodel entwickeln. Sie wollen ein Modell schaffen, das stabil wie eine Föhre ist, schnell wie ein Motorrad und so schön wie die tote Großmutter von Gunnvald. Wenn sie das schaffen, dann wollen sie noch vor Weihnachten eine richtige Produktion von Rennrodeln starten und genauso steinreich werden wie Klaus Hagen.
Die Idee entstand, nachdem Tonje eines Tages auf einem Tellerschlitten gefahren war.
»Irgendwie taugen die Tellerschlitten heutzutage nichts mehr«, beklagte sie sich bei Gunnvald.
»Pah, Tellerschlitten!«, hatte Gunnvald erwidert. »Du brauchst einen richtigen Rennrodel.«
»Und wo kriege ich den her?«, hatte Tonje gefragt.
»Vernünftige Rennrodel findet man nicht mehr«, erklärte Gunnvald.
Na, die müssten doch wohl zu finden sein, hatte Tonje widersprochen, wenn Rennrodel tatsächlich so gut waren. Und damit hatte Tonje bombensicher recht, wie Gunnvald fand. Also fuhr er am nächsten Tag in die Stadt und kam mit dem Wagen voller Kufen wieder zurück. Seitdem hat Gunnvald nach Herzenslust geschweißt, gehämmert und getischlert. Es gibt viel, was ausprobiert werden muss, um zu wissen, was am besten funktioniert. Schließlich wollen sie ja nicht irgendeinen blöden Rodel in Produktion bringen, »Glimmerdalsblitz« soll er heißen. Tonje ist von Haus zu Haus gegangen und hat alle Rodelwracks im ganzen Tal eingesammelt. Es ist wichtig, aus alten Produktionsfehlern zu lernen, erklärt Gunnvald.
»Wie läuft es denn mit dem Rodelbau?«, fragen die Leute häufig.
»Oh, es läuft«, antworten Tonje und Gunnvald dann und verraten nicht das Geringste.
Aber jetzt ist es schon ein paar Tage her, dass Tonje in der Werkstatt war. Sie war zu beschäftigt mit anderen Dingen. Als Gunnvald die Tür öffnet und Tonje drei fast fertige Rodelschlitten auf dem Boden vor der Schleifmaschine stehen sieht, fällt sie vor Freude fast in Ohnmacht.
»Jetzt brauchen wir eine Testperson. Am besten ein Kind«, murmelt Gunnvald und schaut schräg zu Tonje hinunter, dem einzigen Kind im Glimmerdal.
Drei Rennrodel oben am Start einer mehrere Kilometer langen Abfahrt, das ist ein herrlicher Anblick. Gunnvald trippelt vor Eifer von einem Bein aufs andere, während Tonje ihren Fahrradhelm festzieht.
»Wenn der Winter vorbei ist, haben wir einen Rodel, der bis zum Meer hinunterfahren kann. Darauf verwette ich meine Tabaksdose«, brummt er.
Tonje bleibt der Mund offen stehen. Das sind vier Kilometer. Mit ebenen Flächen, Steigungen und so. Ist es möglich, so weit zu fahren? Doch, ja, das glaubt Gunnvald, aber jetzt noch nicht. Zuerst müssen sie ein wenig testen und überlegen.
Es gibt zwei Arten von Bremsen. Einen Knüppel an dem einen Rodel, den Tonje mit der Hand ziehen soll, und eine Fußbremse am anderen Rodel.
»Und der dritte Rodel?«, fragt Tonje und zeigt auf den Rodel, der ein Lenkrad hat, aber keine Bremse.
»Wenn wir herausgefunden haben, welche Bremse am besten funktioniert, dann montieren wir sie dort dran. Der hat großartige Kufen«, erklärt Gunnvald und reibt sich die Hände.
Er drückt sie auf den ersten Rodel.
»Es ist möglich, dass er in den Kurven ausbricht. Aber in erster Linie interessiert mich die Bremse«, erklärt er.
Tonje greift das Lenkrad und Gunnvald hebt sein Walkie-Talkie. Bevor Tonje starten darf, müssen sie Kontakt zu Peter haben, damit der den Verkehr aufhalten kann.
Peter, das ist der, der in dem Haus mit dem Bagger davor wohnt. Er ist ein Freund von Tonje und Gunnvald und außerdem ist er verliebt in Tante Idun. Das hat Tante Eir erzählt. Nur dass Peter so schüchtern ist, dass er in der Sache nie weiterkommt. Er läuft nur verliebt herum, jahrein, jahraus, dass man ganz verrückt wird, allein vom Zusehen, wie Gunnvald findet.
»Testperson bereit. Over«, brummt Gunnvald jetzt in sein Walkie-Talkie.
Nach einigem Knistern und Knacken hört Tonje Peters Stimme: »Verkehr gestoppt. Over.«
»Over und los!«, ruft Gunnvald, und bevor Tonje sich recht besinnen kann, schubst er sie mit aller Kraft über den Hügelrand.
Das ist etwas anderes als ein Tellerschlitten, oh ja. Tonje ist schon an der Brücke, bevor sie das Wort »Brücke« überhaupt hat denken können. Hektisch sucht sie nach der Bremse. Da ist sie! Tonje zieht mit aller Kraft an dem Bremsknüppel, aber das war zu viel. Der Rodel bekommt Schlagseite und saust auf nur einer Kufe über die Brücke. Als sie versucht, ihn wieder aufzurichten, kippt er auf die andere Kufe. Es ist unmöglich, ihn unter Kontrolle zu bekommen.
»Juhuu!«, ruft Tonje, und bevor die Fahrt überhaupt richtig angefangen hat, fliegen sie und der Rodel wie zwei sonderbare Vögel durch die Luft und landen mit einem großen Pladatsch im Pulverschnee.
Zum zweiten Mal an diesem Tag liegt Tonje Glimmerdal in tiefem Schnee und fragt sich, ob sie noch am Leben ist. Dann spürt sie, dass sie etwas ins Gesicht pikst.
Ich lebe, denkt sie, und es gelingt ihr, den Kopf aus dem Schnee zu ziehen.
Das Tageslicht wird von zwei dünnen Beinen geteilt und Tonje versteht sofort, was sie da gepikst hat. Sallys armer Rosenbusch. Da liegt er unter dem Schnee, ahnt nichts Böses, und plötzlich kommt Tonje Glimmerdal angeflogen und weckt ihn mit ihrer ganzen Wucht aus dem Winterschlaf. Tonje hebt ihren Blick von Sallys Beinen hoch zu Sallys Gesicht. Diese steht mit einer Tablettenschachtel in der Hand da und schaut misstrauisch den verunglückten Rennrodel an.
»Was um Himmels willen treibst du denn jetzt schon wieder?«, fragt sie.
»Gunnvald und ich, wir testen«, erklärt Tonje und zieht ihr Fahrzeug aus dem Tiefschnee. »Das ist nicht gefährlich.«
»Na, wenn ich das man glauben soll.« Sally schüttelt den Kopf. »Hauptsache, du brichst dir nicht das Genick.«
Und Tonje verspricht, ihr Bestes zu tun, damit das nicht geschieht.
»Tschüss, Sally!«
»Schlechter Rodel«, sagt Tonje, als sie wieder oben bei Gunnvald angekommen ist.
»Schlechte Fahrerin«, entgegnet Gunnvald.
»Dann bring es mir doch besser bei!«, ruft Tonje wütend.
Und während sich die Sonne dem Gipfel des Storenuten nähert, erzählt Gunnvald Tonje alles, was er über die edlen Künste des Rennrodellenkens weiß. Und das ist nicht gerade wenig.
»Wo bleibt die Testperson? Over«, knattert es plötzlich im Walkie-Talkie.
»Sie ist auf dem Weg!«, ruft Tonje.
»Over«, fügt Gunnvald hinzu.
Einen Moment lang bleibt es still, dann ist zu hören: »Soll ich den Verkehr wieder fahren lassen? Over.«
»Auf keinen Fall! Over und aus«, ruft Gunnvald und drückt Tonje entschlossen auf den zweiten Rodel, der kürzer ist als der erste.
»Der ist besser«, verspricht Gunnvald. »Und du jetzt auch.«
Tonje kann sich gerade noch einprägen, wo die Bremse ist, da gibt Gunnvald ihr schon wieder einen heftigen Schubs.
Und das ist tatsächlich etwas anderes! Schnell hat Tonje alles unter Kontrolle. Der Rodel gehorcht ihr aufs Wort. An der Brücke bremst sie elegant mit dem Bein, genau wie Gunnvald es ihr erklärt hat, sodass sie nicht ins Schlingern kommt. Sally ist bis an die Straße herangekommen, und Tonje braust so dicht an ihr vorbei, dass ihre Röcke flattern.
»Pass auf, Sally. Das ist lebensgefährlich!«, ruft Tonje und beugt sich vor.
Auf den Misthaufen mit allen Tellerschlitten! Sie hat einen Düsenantrieb! Und hinein in den Märchenwald, wo sie von ein paar Schneebrocken getroffen wird, die sich nicht mehr am Baum haben halten können, aber Tonje brettert überall hindurch. Ganz von allein entsteht ein Rodellied.
»Oha, hier kommt ein Rodel angesaust.
Oha, hier kommt ein Rodel angebraust.«
Da kommt Hagens Wellnesscamping in Sicht und Tonje singt noch lauter:
»Oha, hier kommt ein Rodel in voller Fahrt.
Oha, hier kommt ein Rodel, Leute, seid parat.«
Sie kann Klaus Hagen zwischen der Rezeption und einer der Hütten erkennen.
»Leute, seid parat, Leute, Leute seid parat, ohaaaa«,
singt sie weiter und schießt vorbei. Bald kann sie Peter in der Ferne erkennen.
»Oha, hier kommt ein Rodel, der bremsen will.
Oha, ein Rodel, der sich in die Kurve legen will.«
Mit einem eleganten Schlenker, der die Schneekristalle in den letzten Sonnenstrahlen funkeln lässt, stoppt Tonje Glimmerdal einen Zentimeter vor den schwarzen Schutzschuhen, die Peter an den Füßen trägt.
»Guten Nachmittag«, sagt sie und steht auf.
Nachdem sie so lange in der gleichen Haltung gesessen hat, tun ihr die Beine weh. Peter zieht sie zur Schneewehe hinüber. Hinter ihm wartet eine ganze Reihe Autos. Die stehen schon seit der ersten Rodelfahrt da. Und das ist schon eine Weile her.
»Zum Glück sieht es so aus, als wären hier Straßenbauarbeiten«, sagt er und nickt zu seinem Bagger hin. »Die wollen...
Erscheint lt. Verlag | 22.4.2015 |
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Illustrationen | Heike Herold |
Übersetzer | Christel Hildebrandt |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur |
Kinder- / Jugendbuch ► Kinderbücher bis 11 Jahre | |
Schlagworte | ab 8 • Dorf • Familie • Freundschaft • Geheimnis • Idee • Kinder • Kinderalltag • Kinderbuch • Krankenhaus • Plan • Versöhnung |
ISBN-10 | 3-86272-687-8 / 3862726878 |
ISBN-13 | 978-3-86272-687-5 / 9783862726875 |
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