Das Spiel Azad (eBook)

Roman

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
Heyne (Verlag)
978-3-641-16914-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Spiel Azad -  Iain Banks
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Spielernaturen
Jernau Morat Gurgeh ist der beste Spieler in der KULTUR, und in allen Spielen ist er unschlagbar. Da hört er von dem Spiel Azad, das alle acht Jahre in Groasnachek in der Großen Magellanschen Wolke gespielt wird, dem Herrschaftsbereich des Imperiums. Gurgeh soll für die KULTUR an dem Spiel teilnehmen. Das Spiel Azad erweist sich als ein politisches Spiel, ein Kampf um Macht und Ämter. Gurgeh steigt in der Hierarchie der Spieler immer höher, bis er gegen den Kaiser des Imperiums selbst antreten muss. Da dämmert ihm, dass das Spiel blutiger Ernst geworden ist: er spielt um seine Heimat, die KULTUR, und droht zu verlieren ...



Iain Banks wurde 1954 in Schottland geboren. Nach einem Englischstudium schlug er sich mit etlichen Gelegenheitsjobs durch, bis ihn sein 1984 veröffentlichter Roman Die Wespenfabrik als neue aufregende literarische Stimme bekannt machte. In den folgenden Jahren schrieb er zahllose weitere erfolgreiche Romane, darunter Bedenke Phlebas, Exzession und Der Algebraist. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der britischen Gegenwartsliteratur. Am 9. Juni 2013 starb Iain Banks im Alter von 59 Jahren.

Dies ist die Geschichte eines Mannes, der für lange Zeit fortging, nur um an einem Spiel teilzunehmen. Der Mann ist ein Spieler namens Gurgeh. Die Geschichte fängt mit einem Kampf an, der kein Kampf ist, und endet mit einem Spiel, das kein Spiel ist.

Wer ich bin? Von mir werde ich später erzählen.

Und so fängt die Geschichte an.

 

Bei jedem Schritt wirbelte Staub auf. Er hinkte durch die Wüste, folgte der in einem Anzug steckenden Gestalt vor ihm. Das Gewehr lag ruhig in seinen Händen. Sie mussten beinahe da sein; durch das Schallfeld des Helms dröhnte die ferne Brandung. Sie näherten sich einer hohen Düne. Von oben müssten sie die Küste sehen können. Irgendwie hatte er überlebt. Er hatte nicht damit gerechnet.

Draußen war es hell und heiß und trocken, aber innerhalb des Anzugs war er vor der Sonne und der sengenden Luft abgeschirmt – wohlbehütet und kühl. Eine Ecke der Sichtscheibe seines Helms war da, wo er einen Treffer abbekommen hatte, dunkel, und das rechte Bein, ebenfalls lädiert, konnte er nicht richtig abbiegen, sodass er hinken musste. Aber ansonsten hatte er Glück gehabt. Sie waren zum letzten Mal einen Kilometer weiter hinten angegriffen worden, und jetzt befanden sie sich fast außer Reichweite.

Raketen kamen in einem glitzernden Bogen über den nächsten Kamm. Wegen der beschädigten Sichtscheibe sah er sie zu spät. Er glaubte, die Raketen feuerten bereits, aber es war nur der Sonnenschein, der sich auf ihren glatten Körpern widerspiegelte. Die Raketen senkten sich und formierten sich wie ein Vogelschwarm.

Als sie tatsächlich zu feuern begannen, wurde das durch rote Lichtblitze angekündigt. Er hob sein Gewehr, um zurückzuschießen. Die anderen der Gruppe, alle in Anzügen, waren bereits dabei. Einige warfen sich auf die staubige Wüstenerde, andere ließen sich auf ein Knie nieder. Er war der Einzige, der stand.

Die Raketen schwenkten ab, wendeten alle gleichzeitig und trennten sich dann, um verschiedene Richtungen einzuschlagen. Einschläge zu seinen Füßen trieben Staubwolken hoch. Er versuchte, auf eine der kleinen Maschinen zu zielen, aber sie bewegten sich verblüffend schnell, und das Gewehr fühlte sich in seinen Händen groß und unhandlich an. Der Alarm seines Anzugs übertönte die fernen Schüsse und die Rufe der anderen Leute; Lichter blinkten innerhalb des Helms, gaben Einzelheiten des Schadens bekannt. Der Anzug schüttelte sich, und sein rechtes Bein wurde plötzlich taub.

»Wach auf, Gurgeh!«, sagte Yay lachend neben ihm. Sie drehte sich auf einem Knie, als zwei der kleinen Raketen plötzlich auf ihren Abschnitt der Gruppe zurasten; sie mussten spüren, dass dort die schwächste Stelle war. Gurgeh sah die Maschinen kommen, aber das Gewehr sang wild in seinen Händen und zielte immer dahin, wo die Raketen gerade eben gewesen waren. Die beiden Maschinen schossen auf den Raum zwischen ihm und Yay zu. Eine explodierte, löste sich auf; Yay schrie triumphierend. Die andere flog weiter. Yay holte mit dem Fuß aus und versuchte, nach ihr zu treten. Sich unbeholfen umdrehend, schoss Gurgeh nach der Rakete und bestrich dabei unabsichtlich Yays Anzug. Er hörte sie aufschreien und dann fluchen. Sie taumelte, brachte das Gewehr jedoch herum. Staubfontänen spritzten um die zweite Rakete hoch, die kehrtmachte und von neuem auf sie zulenkte. Das rote pulsierende Licht beleuchtete seinen Anzug und füllte seine Sichtscheibe mit Dunkelheit. Er fühlte sich vom Hals abwärts wie gelähmt und fiel zu Boden. Um ihn wurde es schwarz und sehr still.

»Sie sind tot«, teilte ihm ein munteres Stimmchen mit.

Er lag auf dem für ihn unsichtbaren Wüstensand. Er hörte ferne, gedämpfte Geräusche, spürte Vibrationen durch den Boden. Er hörte seinen eigenen Herzschlag, die Ebbe und Flut seines Atems. Er versuchte, den Atem anzuhalten und das Herz zu verlangsamen, aber er war paralysiert, eingekerkert, ohne Kontrolle.

Seine Nase juckte. Es war unmöglich, sie zu kratzen. Was tue ich hier?, fragte er sich selbst.

Die Wahrnehmung kehrte zurück. Leute redeten, und er starrte durch die Sichtscheibe auf den flach gedrückten Wüstensand einen Zentimeter vor seiner Nase. Bevor er sich bewegen konnte, zog ihn jemand an einem Arm hoch.

Er löste die Helmverschlüsse. Yay Meristinoux, ebenfalls ohne Helm, sah ihn an und schüttelte den Kopf. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, und von ihrem einen Handgelenk baumelte das Gewehr. »Du warst schrecklich«, sagte sie, jedoch nicht unfreundlich. Sie hatte das Gesicht eines schönen Kindes, aber die langsame, tiefe Stimme klang wissend und schalkhaft – eine verhaltene Stimme.

Die anderen saßen ringsumher auf Steinen oder im Sand und unterhielten sich. Ein paar gingen zum Clubhaus zurück. Yay hob Gurgehs Gewehr auf und hielt es ihm hin. Er kratzte sich die Nase, dann lehnte er es mit einem Kopfschütteln ab, die Waffe an sich zu nehmen.

»Yay«, sagte er zu ihr, »das ist etwas für Kinder.«

Sie antwortete nicht gleich. Sie hängte sich das Gewehr über die Schulter, zuckte die Achseln. Dabei glitzerten die Mündungen beider Gewehre im Sonnenschein kurz auf; er sah von neuem die heranrasende Reihe der Raketen, und für eine Sekunde wurde ihm schwindelig.

»So?«, fragte sie. »Es ist nicht langweilig. Du hast dich über Langeweile beklagt, da dachte ich, das Kriegsspiel würde dir Vergnügen machen.«

Er klopfte sich den Staub ab und schlug die Richtung zum Clubhaus ein. Yay ging neben ihm. Bergungsroboter schwebten an ihnen vorbei und sammelten die Bestandteile der zerstörten Maschinen auf.

»Es ist infantil, Yay. Warum sollte man seine Zeit mit solchem Unsinn verschwenden?«

Sie blieben oben auf der Düne stehen. Das niedrige Clubhaus lag hundert Meter entfernt, zwischen ihnen und dem goldenen Sand und der schneeweißen Brandung. Das Meer gleißte unter der hoch stehenden Sonne.

»Blas dich nicht so auf«, riet sie ihm. Der kräftige Wind zauste ihr kurzes braunes Haar und trieb die Gischt der Brandung wieder aufs Meer hinaus. Yay bückte sich nach den Teilen einer zerschmetterten Rakete, die halb vergraben im Sand lagen, hob sie auf, pustete Sandkörnchen von den schimmernden Oberflächen und drehte sie in den Händen. »Mir macht es Spaß«, erklärte sie. »Mir machen Spiele, wie du sie magst, Spaß, aber … so etwas auch.« Sie blickte verwirrt drein. »Das ist doch ein Spiel. Macht dir das überhaupt kein Vergnügen?«

»Nein. Und nach einer Weile wird es dir auch kein Vergnügen mehr machen.«

Sie zuckte leichthin die Achseln. »Warten wir’s ab.« Sie reichte ihm die Teile der Maschine. Er sah sie sich an. Eine Gruppe junger Männer ging auf dem Weg zu den Schießständen an ihnen vorbei.

»Mr. Gurgeh?« Einer der jungen Männer blieb stehen und sah Gurgeh fragend an. Ein Ausdruck der Verärgerung huschte über das Gesicht des Älteren und wich dem amüsierter Toleranz, den Yay in solchen Situationen schon gesehen hatte. »Jernau Morat Gurgeh?« Der junge Mann war sich immer noch nicht ganz sicher.

»Schuldig.« Gurgeh lächelte liebenswürdig. Yay bemerkte, dass er seinen Rücken ein bisschen straffte, sich etwas in die Höhe reckte. Das Gesicht des Jüngeren strahlte. Er vollführte eine schnelle, formelle Verbeugung. »Mr. Gurgeh«, sagte er mit breitem Lächeln, »mein Name ist Shuro … Ich bin …« Er lachte. »Ich verfolge alle Ihre Spiele; ich habe einen kompletten Satz Ihrer theoretischen Werke gespeichert …«

Gurgeh nickte. »Da haben Sie sich ordentlich hineingekniet.«

»In der Tat. Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie irgendwann während Ihres Aufenthalts hier gegen mich spielen würden … gleichgültig, in welchem Spiel. In Aufmarsch bin ich wahrscheinlich am stärksten; ich spiele ab drei Punkten, nur …«

»Während mein Handicap bedauerlicherweise Mangel an Zeit ist«, unterbrach Gurgeh ihn. »Aber, selbstverständlich, sollte sich eine Gelegenheit ergeben, würde ich mich freuen, gegen Sie zu spielen.« Er bedachte den Jüngeren mit der Andeutung eines Nickens. »Es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.«

Der junge Mann zog sich errötend zurück. »Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Mr. Gurgeh … Auf Wiedersehen … Leben Sie wohl.« Er lächelte verlegen, drehte sich um und ging, seine Gefährten einzuholen.

Yay sah ihm nach. »Du genießt das, nicht wahr, Gurgeh?« Sie grinste.

»Durchaus nicht«, wehrte er kurz ab. »Es ärgert mich.«

Yay sah immer noch dem durch den Sand stampfenden jungen Mann nach und musterte ihn dabei von oben bis unten. Sie seufzte.

»Und was ist mit dir?« Mit Abscheu betrachtete Gurgeh die Raketenteile in seinen Händen. »Genießt du diese … diese Zerstörung?«

»Das kann man doch nicht Zerstörung nennen«, antwortete Yay bedächtig. »Die Raketen werden durch Explosion demontiert, nicht zerstört. Ich könnte eins von diesen Dingern in einer halben Stunde wieder zusammensetzen.«

»Dann ist es nicht echt.«

»Was ist nicht echt?«

»Die intellektuelle Leistung. Die Übung in Geschicklichkeit. Die menschlichen Gefühle.«

Yay verzog ironisch den Mund. »Ich sehe, wir haben einen langen Weg zurückzulegen, bevor wir einander verstehen, Gurgeh.«

»Dann lass mich dir helfen.«

»Ich soll dein Protegée sein?«

»Ja.«

Yay blickte von ihm zu den Brechern auf dem goldenen Strand und wieder zurück. Da der Wind stark blies und die Brandung rauschte, fasste sie langsam hinter ihren Kopf, kippte den Helm nach vorn und ließ ihn einrasten. Ihm blieb es überlassen, sein eigenes Spiegelbild auf ihrer Sichtscheibe anzustarren. Er fuhr sich mit der Hand durch die...

Erscheint lt. Verlag 30.4.2015
Übersetzer Rosemarie Hundertmarck
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Player of Games
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte dystopie fantasy • eBooks • Iain Banks • Iain Banks, Kultur-Zyklus, Space Opera • Kultur-Zyklus • Space Opera
ISBN-10 3-641-16914-3 / 3641169143
ISBN-13 978-3-641-16914-5 / 9783641169145
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