Vinum Mysterium (eBook)

Kulinarischer Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2015 | 2. Auflage
272 Seiten
Emons Verlag
978-3-86358-356-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Vinum Mysterium -  Carsten Sebastian Henn
Systemvoraussetzungen
8,49 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Spannung, Witz und kulinarische Geheimnisse Das Ahrtal ist wie ausgestorben. Ein Serienmörder sucht sich seine Opfer scheinbar wahllos unter allen, die bei Winzern, in Restaurants, ja sogar in trauter Runde ein Glas Wein trinken. Kein Tourist wagt sich mehr ins Tal, der Wein bleibt in den Fässern.Sternekoch und Hobbydetektiv Julius Eichendorff hat es in seinem bisher kniffligsten Fall mit einem brillanten Widersacher zu tun. Der Täter schickt ihm flüssige 'Nachrichten aus dem Totenreich', und nur er soll sie entschlüsseln können. Zu allem Unglück muss Julius auch noch für einen ganz besonderen Gast kochen: den Papst.

Carsten Sebastian Henn, geboren 1973 in Köln, lebt in Hürth. Er studierte Völkerkunde, Soziologie und Geographie und arbeitet als Autor und Weinjournalist für verschiedene nationale und internationale Fachmagazine.

Carsten Sebastian Henn, geboren 1973 in Köln, lebt in Hürth. Er studierte Völkerkunde, Soziologie und Geographie und arbeitet als Autor und Weinjournalist für verschiedene nationale und internationale Fachmagazine.

2. Kapitel

»Aus andern Schüsseln schmeckt es immer besser«

»Ich sag jetzt nicht, dass man dich nicht allein lassen darf, okay? Und dafür hab ich was bei dir gut!«

Anna von Reuschenbergs fein gezeichnetes Gesicht wurde flackernd vom Blaulicht der Polizeiwagen erhellt. Sie wirkte erstaunlich ruhig in dem wahnsinnigen Trubel vor dem Weingut Porzermühle, fand Julius. Aber sie blickte ihn vorwurfsvoll an.

Sämtliche Hunde der Nachbarschaft heulten jetzt wie ein riesiges Wolfsrudel, nachdem der Rauhaardackel eines Proktologen begonnen hatte, sich ordentlich in die Brust zu werfen. Ganz Mayschoss war auf den Beinen, genauer auf den Zehenspitzen, um auch ja nichts zu verpassen. Ein bärtiger Nachbar, dem man die Abstammung vom Affen deutlich ansah, hatte es so eilig gehabt, dass er nur eine dünne Jacke über seinem abgewetzten beige-rosa Schlafanzug trug.

Julius ertappte sich dabei, wie er die Menge nach bekannten Gesichtern absuchte, während der Tatort mit Kamera und Blitzlicht dokumentiert wurde. Rollis Grand Cherokee auf dem Parkplatz. Blitz. Nahaufnahme: Alle Scheiben hoch, die Türen zu. Blitz. Die Umgebung des Wagens von jeder Seite, keine Fußspuren im Kiesbett. Blitz. Das Wageninnere: Rollis Kopf vornübergebeugt, die Arme schlaff am Körper. Blitz. Die Wunde am Hinterkopf. Blitz. Blut auf der seitlichen Fensterscheibe. Blitz. Blut auf Armaturenbrett und Frontscheibe. Blitz.

Die Bilder hatten sich längst auf Julius’ Netzhaut eingebrannt. Und sie schmerzten. Rolli war sicherlich kein besonders liebenswerter Mensch gewesen, aber so etwas war niemandem zu wünschen.

Anna schob Julius in die Einfahrt zur Kelterhalle, stellte sich vor ihn und verschränkte die Arme. Ihre Haare waren vom Wind zerzaust, weswegen Julius sie notdürftig zurechtstrich. Dabei stellte er wieder einmal fest, wie gut ihre katzenhaften Züge zur Nacht passten.

»Wie kommt es, dass ich dich hier treffe?«, fragte sie. »Ich bekomme langsam wirklich den Eindruck, du ziehst Morde an wie ein Kuhfladen Schmeißfliegen«

Julius war zu durcheinander, um Anna eine angemessene Retourkutsche zu geben. »Ich muss dir was erzählen …« Und er berichtete von dem anonymen Anruf und der rätselhaften Flasche. Allerdings nicht, dass er sie verkostet hatte. Bevor Anna etwas erwidern konnte, schob er ein »Du hättest die Sache sowieso nicht ernst genommen, gib’s doch zu!« hinterher.

Anna blickte unruhig zum Tatort, wo sie jetzt eigentlich sein sollte. »Wir müssen von Berufs wegen jeder Spur nachgehen.«

»Hör doch auf!«

Ihr Name wurde gerufen. »Wir reden gleich weiter …« Sie rannte mehr, als dass sie ging, in Richtung des abgesperrten Parkplatzes. Neben Julius erschien August Herold.

»Julius, ich bin nüchtern. So stocknüchtern war ich mein ganzes Leben nicht. Der gute, alte Rolli vor meinem Weingut ermordet. So was gibt’s doch gar nicht.«

»Lass uns reingehen, hier ist es mir zu ungemütlich. Außerdem könnte ich jetzt gut was vertragen.«

Julius humpelte, sein bandagiertes Bein nur vorsichtig aufsetzend, neben August Herold zum Wintergarten, der wie eine riesige durchsichtige Schmuckschatulle an den Weingutsturm grenzte.

Herold sah ihn fragend an. »Was passiert da jetzt bei Rolli?«

Julius öffnete die Wintergartentür und ließ sich rasch auf einen der Korbstühle mit den blauen Hussen fallen. Es knackte vernehmlich.

»Die suchen Zeugen, klingeln an allen Nachbarshäusern. Andere Beamte packen alles, was am Tatort nicht niet- und nagelfest ist, in kleine Tütchen, wieder andere fotografieren, und erst wenn das erledigt ist, bist du sie los.«

Herold ging zum mannshohen Kühlschrank, der im Gang zum Büro stand. Eine Flasche bereits in der Hand hielt er inne. »Meinst du, wir sollten den gerade komponierten Wein zum Gedenken an ihn …?«

»›Rolli‹ nennen? Klingt nicht gut. ›Melchior‹ ist viel besser, August. Du fühlst dich doch nicht etwa schuldig?«

»Ich hätte Überwachungskameras einbauen lassen sollen.«

»Tot wäre er trotzdem«, sagte Julius, obwohl er sich dabei nicht sicher war. Doch was brachte es, August Herold ein schlechtes Gewissen zu machen?

Der Winzer kam und goss Julius den kühlen Wein in ein schlankes Weißweinglas, das sofort beschlug. Plötzlich kam Anna hereingeschossen.

»Herr Herold, könnten Sie mich und Herrn Eichendorff bitte einen Moment allein lassen. Zu Ihnen komme ich später.«

Herold hob abwehrend die Hände empor – er sprach gern mit vollem Körpereinsatz – und verschwand in den Wohntrakt. Julius bekam einen Kuss auf die Stirn und einen Klaps auf den Hinterkopf, bevor Anna sich ihm gegenübersetzte.

»So, jetzt wissen die Kollegen, was zu tun ist. – Julius, ich ahne schon, ich brauche dich nicht darum zu bitten, nicht auf eigene Faust zu ermitteln.«

»Mit doppelten Verneinungen habe ich so meine Probleme. Ich sag’s mal so: Nein, du musst mich nicht bitten.«

Anna blickte ihm tief in die Augen. Julius versuchte, so unschuldig zu gucken wie ein Welpe. Ein Lächeln erschien auf Annas rosa Lippen.

»Sehr clever! Ich muss dich nicht bitten, weil du es sowieso machst.«

»Jetzt hatte ich mich gerade an doppelte Verneinungen gewöhnt. Du überforderst mich!«

Anna griff sich sein Glas. Das war eine ihrer schlechten Angewohnheiten, wie Julius fand. Immer trank sie ihm seinen Wein weg, auch wenn sie vorher gesagt hatte, sie wolle keinen. Dann meist sogar noch mehr.

»Der tat mir jetzt gut.« Sie blickte Julius an und nickte. »Ich weiß, was du von mir hören willst: Informationen. Viel gibt es aber noch nicht. Roland Löffler ist wohl gerade mal eine Stunde tot, aber das weißt du ja selbst. Er wurde mit einem stumpfen, keulengroßen Gegenstand erschlagen. Und wer immer das gemacht hat, er wusste genau, wo die Sollbruchstelle am Kopf ist. Was für eine Waffe es war, werden wir erst nach den Laboruntersuchungen wissen. Vielleicht finden sich ja Partikel davon in der Kopfhaut, mal schauen.« Sie lehnte sich über den Tisch und sprach nun leiser. »Eine Sache ist allerdings merkwürdig. Das, was überall im Auto klebt, an den Scheiben, auf dem Lenkrad, am Polster, an der Kopflehne, ist kein Blut. Das ist Wein.«

Ein Treppenlift, das wär’s jetzt, dachte Julius, als er sich am nächsten Nachmittag Stufe um Stufe in den Weinkeller der »Alten Eiche« hinunterquälte. Ein Knopfdruck, und er wäre unten, könnte auf dem Weg sogar noch die Aussicht genießen. Wunderbar. Aber nein, er hatte ja keinen und musste sich deshalb mit Krücken an FX vorbeischleichen, damit der ihn nicht wie einen gebrechlichen älteren Herrn stützte, der nicht mehr allein zu seinen geliebten Flaschen kommt. Der Arzt hatte Julius heute einen unpraktischen Gipsverband verpasst, und je schneller der wieder abkam, desto besser. Und wenn er sich dafür schonen musste, dann würde er sich schonen, wie sich noch nie ein Mensch zuvor geschont hatte. Er würde sich schonen, bis der Rücken wund wurde vom Liegen. Keinen Zentimeter würde er sich mehr bewegen. Und nur noch Multivitaminsaft trinken. Selbst entsaftet natürlich. Sein Hausarzt würde Augen machen. Das Wunder von Heppingen, das würde er werden.

Aber erst nach einem Besuch im Weinkeller.

Flaschen angucken.

Als er unten ankam und sich endlich wieder auf beide Krücken stützen konnte, atmete er erst einmal durch. Und noch einmal. Dann erst fragte er sich, wie er je wieder hochkommen würde.

Er wäre bepackt mit Flaschen.

Das würde den Schwierigkeitsgrad noch etwas steigern.

Aber das war, beschloss Julius, etwas, worüber er nach seinem Besuch im Keller nachdenken konnte. Da gab es nämlich Gläser. Und die halfen, richtig gefüllt, beim Denken ungemein. Allein im Weinkeller, das war wie Kurzurlaub.

Er öffnete die unverschlossene Tür.

Ein erschrecktes Kieksen erklang.

François zog seine Hände vom Flaschenregal, als habe er eine Bouteille unsittlich berührt. Als Sommelier der »Alten Eiche«, als Verantwortlicher für alles, was mit Wein zu tun hatte, durfte er natürlich hier sein. Zur Kontrolle der Bestände, zur Auswahl der offenen Weine, es gab viele gute Gründe. Aber Julius hatte das Gefühl, dass es keiner davon war, der den Sommelier hierher geführt hatte. Sein südafrikanischer Angestellter mit der schlanken und hochgewachsenen Figur eines Dressman würde sonst nicht rot anlaufen. Und das kleine Schüsselchen mit dem Wasser und der Seife auf dem Eichentischchen ergab auch keinen Sinn.

»Hast du mir was zu sagen, Herr van de Merwe?«, fragte Julius.

»Ich dachte, du könntest mit deinen Krücken nicht hier runterkommen! Schön, dass es dir schon besser geht.«

»Ist der Keller jetzt dein privates Badezimmer, oder wie darf ich das verstehen?«

François stellte den Kellerhocker vor Julius und half ihm beim Hinsetzen. »Möchtest du vielleicht einen Schluck trinken?«

»Ist es so schlimm, dass du mich erst besoffen machen musst, bevor du es mir erzählst?«

François blickte nervös auf die Uhr. Und dann noch einmal. Er schien zerstreut. »Was? Ach, du meinst das Wasser? Nein. Du dürftest, also solltest, Julius, du musst dich wirklich schonen, das Bein hochlegen. Du solltest jetzt zu Hause sitzen, wirklich.«

Julius schubste mit einer Krücke die Wasserschüssel an. »Treibst du hier irgendwas Amouröses? Hat sich da irgendwo noch jemand versteckt?«

Der Sommelier schien erst jetzt zu begreifen, dass es Julius mit der Frage ernst war. »Das ist für die Flaschenmassage. Weißt du, Weine sind wie Perlen. Sie werden ausdrucksstärker, je häufiger man sie berührt. Sie müssen sich geliebt fühlen. Wer mit Pflanzen spricht,...

Erscheint lt. Verlag 8.4.2015
Reihe/Serie Julius Eichendorff
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Ahrtal • Julius Eichendorff • Kulinarischer Krimi
ISBN-10 3-86358-356-6 / 3863583566
ISBN-13 978-3-86358-356-9 / 9783863583569
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 3,5 MB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99