Hotel de Dream

Ein New-York-Roman

(Autor)

Buch | Hardcover
232 Seiten
2015
Männerschwarm, Salzgeber Buchverlage GmbH
978-3-86300-188-9 (ISBN)
20,00 inkl. MwSt
Das Finanzsystem durchlebt eine schwere Krise, die führende Weltmacht foltert feindliche Kämpfer auf einer entlegenen Insel und viele, vor allem arme Menschen sterben an einer gefährlichen Geschlechtskrankheit. Literarisch hochbegabte Autoren sind beim breiten Publikum unbekannt und bitterarm, zudem weigern sich die Verlage, ihren Lesern Bücher über Homosexuelle zuzumuten. Mit Hotel de Dream hat Edmund White einen hochaktuellen Roman geschrieben - er spielt im New York des Jahres 1900.Der Roman beschreibt die letzten (fiktiven) Tage im Leben des (realen) Autors Stephen Crane, einer Art "James Dean" der amerikanischen Literatur Ende des 19. Jhdts. Diesem sehr "normalen" jungen Mann läuft eines Tages der kleine Stricher Elliott in die Arme, Crane gibt ihm zu essen und die beiden lernen sich kennen. Den Tod vor Augen wagt Stephen Crane es einige Jahre später, das Leben dieses Straßenjungen literarisch aufzuarbeiten, obwohl er weiß, dass ein solches Buch im prüden Amerika niemals erscheinen wird.Edmund White kombiniert virtuos reale Fakten und Personen mit literarischer Fantasie. Sein "City Boy" Elliott führt die Leser durch die homosexuelle Unterwelt New Yorks zur vorigen Jahrhundertwende, und gleichzeitig empfängt der Autor Crane in seinem englischen Exil Berühmtheiten wie Henry James und Joseph Conrad, die beide zu dieser Zeit genau wie er weitgehend mittellos sind; ihre Porträts sind kleine Meisterwerke voller Liebe und Bosheit.Mit dem Roman im Roman über den kleinen Elliott erzählt White eine wundervolle Liebesgeschichte, die ihre Wucht nicht zuletzt aus den feindlichen Umständen gewinnt, gegen die sie sich behaupten muss."Ein sinnliches, großes, ganz und gar wunderbares Buch" (Blu)

Edmund White wurde 1940 in Cincinnati geboren. Als Mitbegründer der Autorengruppe The Violet Quill ist er seit den 1970er Jahren eine der wichtigsten Stimmen der Literatur schwuler Autoren der USA. In Deutschland erschienen seine Romane seit Anfang der 1980er Jahre bei Rowohlt, S. Fischer und Kindler; inzwischen umfasst sein Werk zwölf Romane sowie Reiseberichte, biografische und autobiografische Texte und Essays. Besondere Aufmerksamkeit erlangte er hierzulande mit seiner Biografie über Jean Genet. Die schwule Leserschaft kennt ihn als Verfasser von "Staaten der Sehnsucht", einer Bestandsaufnahme schwulen Lebens in den USA zu Beginn der Schwulenbewegung, als Ko-Autor des Sexratgebers "Die Freuden der Schwulen" und durch die autobiografisch gefärbte Romantrilogie "Selbstbildnis eines Jünglings", "Das schöne Zimmer ist leer" und "Abschiedssymphonie". Seit 1998 unterrichtet Edmund White kreatives Schreiben in Princeton; seit 1995 lebt er mit seinem Freund - und seit 2012 Ehemann - Michael Carroll zusammen. Dass der "Anti-Assimilationist" White sich zu heiraten entschloss, war dem "Advocate" ein einseitiges Interview wert.

Der Himmel hing voll schwerer Wolken, nur von der Wall Street her strahlte ein kaltes Abendlicht zu uns herüber, als sei der Westen dort im Süden. Die Gebäude ragten unterschiedlich hoch in den Himmel, ohne jeden Plan in verwirrender Vielfalt der Baustile, wie Gräser, die in einem verwilderten Garten um ein sonniges Plätzchen kämpfen: neben den Rüschen des Farnkrauts die scharfe Klinge des Grases; klassizistische Säulen, viel zu breit und gedrungen, als ächzten sie unter einer großen Last; barocke Balkone mit protzigen, sinnlosen Verzierungen; ein französisches Renaissance-Schloss mit Zier-Schornsteinen und Mansarden unter einem steilen Dach, willkürlich übersät mit Ornamenten wie Sommersprossen auf dem Gesicht eines Bauern - gerade richtig, um ein Wachsfigurenkabinett zu beherbergen.Alle Männer trugen steife Hüte, nur ich war mit meinem Schlapphut unterwegs und Elliott mit der Zeitungsjungenkappe. Um uns herum flammten Lichter auf und verströmten ihr Gold, eine leichte Brise ließ die Markisen über den Fenstern erzittern wie schwere Lider, die im Schlaf zuckten. Die Namen der Geschäfte, die allmählich in der zunehmenden Dunkelheit verschwanden, zeugten von einer babylonischen Sprachverwirrung: Pinaud, Gottschalk, Ruggiero, und ein verspätetes Pferdefuhrwerk verkündete: "Henry Adam - Möbel und Pianos".Wir bogen in westlicher Richtung in die Bleecker Street ein und blieben schließlich vor einer Fassade stehen, die sich durch nichts von den anderen unterschied. "Das ist das Slide, hier lernen Sie meine Schwestern und Mütter kennen" - er sah mich von der Seite an und lächelte wie ein Junge vom Land -, "Sie wissen schon, andere Tunten, junge und alte.""Oh", sagte ich und zuckte mit der Achsel, "ich dachte schon, du sprichst von richtigen Frauen, denen würd' ich's mal zeigen.""Vorsicht, Liebling", sagte er, schon ganz in einer anderen Rolle, "zeig ihn lieber nicht bei der Kälte hier draußen, sonst friert er noch ab!"Er war nicht besonders gut in dieser Rolle, aber ich knuffte ihn trotzdem.Das Lokal, das wir betraten, sah auf den ersten Blick genauso aus wie irgendwelche anderen Kneipen. An der linken Seite verlief ein langer, geschnitzter Holztresen, und dahinter standen Schnapsflaschen in gläsernen Regalen; ein großer Spiegel hinter dem Tresen reflektierte recht schmeichelhaft die Gesichter der müden Männer, die auf den Barhockern saßen. Auf einem fettigen Tablett lag Schinken und Käse, beides nicht mehr ganz frisch. Die Gaslampen verbreiteten ein grelles Licht. Es war noch früh, und nur wenige Männer saßen am Tresen; an einem Tisch weiter hinten im Raum saßen Frauen mit großen Bierkrügen."Das sind keine Frauen", sagte Elliott, ein wenig stolz auf seine Milieukenntnis.Ich sah genauer hin und erkannte, dass die Hände um die Krüge groß und derb waren, die Nägel aber lackiert. Die Gesichter waren grell geschminkt wie Clownsmasken, aber die Nasen waren zu groß, die Knochen zu kräftig, und dann - nun ja, die verräterischen Adamsäpfel."Hallo, Schätzchen", krächzte eine von ihnen. "Du darfst dich der Hohen Pforte nähern."Oberlehrerhaft flüsterte Elliott, "Das heißt, wir dürfen sie besuchen."Wir gingen langsam auf sie zu - absurderweise nahm ich den Hut ab und hielt ihn in den Händen, genau wie Elliott, als ob wir Domestiken wären, die von der Herrschaft gerufen wurden."Was hast du denn da im Schlepptau, Fräulein Pussy?", fragte derselbe Transvestit Elliott."Er ist ganz und gar normal", sagte Elliott mit dümmlichem Grinsen."Hmm, normal vielleicht, aber offensichtlich interessiert", erwiderte das Wesen. Er hob ein groteskes Lorgnon empor, das vor Rheinkristallen funkelte, und musterte mich. "Kein besonders kräftiger Normaler. Eher einer dieser schwächlichen Normalos, wie sie heutzutage ihr normales Unwesen treiben. Sieht aus wie 'ne ertrunkene Ratte, dein Mr Normalo, wenn du mich fragst. Aber Augen wie ein Reh. Und du sagst, er gehört nicht dazu?""Oh nein, Eure Majestät, er ist ein richtiger Mann.""Uuh, sieht er nicht doch e

Erscheint lt. Verlag 24.3.2015
Übersetzer Joachim Bartholomae
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Maße 130 x 200 mm
Gewicht 370 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Henry James • international • Joseph Conrad • New York • Prostitution • Roman • Schwule; Romane/Erzählungen • Schwules Leben • Stephen Crane
ISBN-10 3-86300-188-5 / 3863001885
ISBN-13 978-3-86300-188-9 / 9783863001889
Zustand Neuware
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