Das Syndrom (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
400 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-15084-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Syndrom -  John Scalzi
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Gefangen im eigenen Körper
Ein Virus geht um die Welt, und die Folgen sind katastrophal. Die meisten Opfer kommen mit einer Art Grippe davon, doch für einige wenige wird die Ansteckung zum Horror: Sie fallen in ein totales Wachkoma, das sogenannte Haden-Syndrom. Millionen von Menschen sind betroffen, und in den USA ist nichts mehr, wie es einmal war. Als der junge FBI-Agent Chris Shane auf einen mysteriösen Mordfall angesetzt wird, stechen er und seine Partnerin in ein Wespennest - ein brutales Versteckspiel beginnt, in dessen Zentrum möglicherweise die Antwort auf das Rätsel des Haden-Virus steht ...

John Scalzi, Jahrgang 1969, wuchs in Kalifornien auf. Nach dem College arbeitete er zunächst als Filmkritiker und später als Redakteur des Internet-Magazins America Online. Bereits sein Debütroman Krieg der Klone war so erfolgreich, dass John Scalzi sich von da an hauptberuflich dem Schreiben seiner Science-Fiction-Romane widmete. Nebenbei unterhält er schon seit Jahren seinen vielbesuchten Blog The Whatever. Mit seiner Frau und seiner Tochter lebt der Autor in Ohio.

1

Zufällig fiel mein erster Arbeitstag auf den ersten Tag des Haden-Streiks, und ich gebe ehrlich zu, dass es ein ungünstiges Timing war. Ein Feed, wie ich in das FBI-Gebäude gehe, wurde recht oft auf den Haden-Nachrichtenseiten und -Foren wiederholt. So etwas konnte ich an meinem ersten Tag wirklich nicht gebrauchen.

Zwei Umstände hielten die Agora davon ab, sich wütend auf mich zu stürzen. Der erste war, dass anfangs nicht jeder Haden beim Streik mitmachte. Am ersten Tag war die Teilnahme bestenfalls sporadisch. Die Agora war in zwei Lager gespalten, die sich lautstark bekämpften: auf der einen Seite die Unterstützer des Streiks und auf der anderen die Hadens, die das Ganze für ein sinnloses Manöver hielten, da das Abrams-Kettering-Gesetz bereits verabschiedet war.

Der zweite Punkt hatte damit zu tun, dass das FBI streng genommen eine Strafverfolgungsbehörde ist, was es zu einer unerlässlichen Institution macht. Also war die Anzahl der Hadens, die mich als Streikbrecher bezeichneten, wahrscheinlich nur sehr klein.

Abgesehen vom Aufschrei in der Agora verbrachte ich meinen ersten Tag hauptsächlich in der Personalabteilung, mit dem Ausfüllen von Papierkram und einem todlangweiligen Vortrag über meine Zusatzleistungen und Pensionsansprüche. Dann bekam ich meine Waffe, ein paar Software-Updates und meine Dienstmarke ausgehändigt. Danach machte ich vorzeitig Feierabend, weil meine neue Partnerin als Zeugin bei einem Prozess aussagen musste und an diesem Tag nicht mehr ins Büro kommen würde. Und weil es sonst nichts für mich zu tun gab. Ich ging nach Hause und klinkte mich nicht in die Agora ein. Stattdessen schaute ich mir ein paar Filme an. Sie dürfen mich gern einen Feigling nennen, wenn Sie möchten.

Mein zweiter Arbeitstag begann mit mehr Blut, als ich erwartet hätte.

Ich erkannte meine neue Partnerin, als ich zum Watergate Hotel hinüberging. Sie stand ein Stück vom Eingang zur Lobby entfernt und saugte an einer elektronischen Zigarette. Als ich näher kam, ergoss der Chip in ihrer Dienstmarke Daten zu ihrer Person in mein Blickfeld. Auf diese Weise informierte das FBI seine Agenten darüber, wer sich am Tatort befand. Hätte meine Partnerin ihre Brille getragen, hätte sie einen ähnlichen Sturzbach an Informationen zu meiner Person gesehen, während ich auf sie zukam. Andererseits war es recht wahrscheinlich, dass sie das gar nicht brauchte. Sie erkannte mich auch so. »Agent Shane«, sagte meine neue Partnerin zu mir und streckte die Hand aus.

»Agent Vann«, erwiderte ich und schüttelte ihre Hand.

Dann wartete ich darauf, was als Nächstes aus ihrem Mund kommen würde. Es ist immer wieder ein interessanter Test, was Leute tun, wenn sie mir begegnen, sowohl hinsichtlich meiner Person als auch der Tatsache, dass ich ein Haden bin. Normalerweise kommentieren sie den einen oder anderen Punkt.

Vann sagte nichts weiter. Sie zog ihre Hand zurück und saugte wieder an ihrem Nikotinstäbchen.

Na gut. Also lag es an mir, das Gespräch in Gang zu bringen.

Ich blickte mich zum Wagen um, neben dem wir standen. Das Dach war von einem kleinen Sofa eingedrückt worden.

»Ist das unser Fall?«, fragte ich und deutete auf den Wagen und das Sofa.

»Indirekt schon«, sagte sie. »Zeichnen Sie auf?«

»Ich kann es tun, wenn Sie möchten«, antwortete ich. »Manchen Leuten ist es lieber, wenn ich es nicht tue.«

»Ich möchte es«, sagte Vann. »Sie sind im Dienst. Sie sollten alles aufzeichnen.«

»Wie Sie meinen«, sagte ich und startete die Aufzeichnung. Dann ging ich einmal um den Wagen herum, um ihn aus jeder Perspektive aufzunehmen. Das Sicherheitsglas in den Fenstern war zersplittert, und ein paar Körner waren herausgebrochen. Der Wagen hatte diplomatische Kennzeichen. Ich schaute mich um, und in etwa drei Metern Entfernung stand ein Mann, der in sein Telefon brüllte. Es klang wie Armenisch. Ich war in Versuchung, mir das Gebrüll übersetzen zu lassen.

Vann beobachtete mich dabei und sagte immer noch nichts.

Als ich fertig war, blickte ich auf und erkannte ein Loch in der Fassade des Hotels, im siebten Stock. »Ist das Sofa von dort gekommen?«, fragte ich.

»Mit hoher Wahrscheinlichkeit.« Vann nahm die Zigarette aus dem Mund und steckte sie in ihre Anzugjacke.

»Gehen wir rauf?«

»Ich hatte nur noch auf Sie gewartet.«

»Tut mir leid«, sagte ich und schaute ein weiteres Mal nach oben. »War die Polizei schon dort?«

Vann nickte. »Die Meldung habe ich aus ihrem Netz bekommen. Der mutmaßliche Täter ist ein Integrator, womit die Sache in unseren Zuständigkeitsbereich fällt.«

»Haben Sie das der Polizei schon gesagt?«, fragte ich.

»Ich hatte nur noch auf Sie gewartet«, wiederholte Vann.

»Tut mir leid«, sagte ich ein zweites Mal.

Vann deutete mit einer Kopfbewegung auf die Lobby.

Wir gingen ins Hotel und fuhren mit dem Lift zum siebten Stock hinauf, aus dem das Sofa gekommen war. Vann steckte sich ihre FBI-Dienstmarke ans Revers. Ich schob meine in mein Brust-Display.

Als sich die Lifttür öffnete, stand eine uniformierte Polizistin im Korridor. Sie hob die Hand, als wollte sie uns am Aussteigen hindern. Wir beide zeigten auf unsere Marken. Sie verzog das Gesicht und ließ uns passieren, während sie etwas in ihr Handgerät flüsterte. Wir gingen auf das Zimmer zu, vor dessen Tür sich mehrere Polizisten drängten.

Wir hatten etwa die Hälfte des Weges zurückgelegt, als eine Frau den Kopf aus dem Zimmer streckte, sich umblickte und uns erspähte. Dann stapfte sie zu uns herüber.

Ich warf einen Seitenblick zu Vann, deren Gesicht ein verschmitztes Grinsen zeigte.

»Detective Trinh«, sagte Vann, als die Frau auf uns zukam.

»Nein«, erwiderte Trinh. »Auf gar keinen Fall. Das hat nichts mit Ihnen zu tun, Les.«

»Auch ich freue mich, Sie wiederzusehen«, sagte Vann. »Und Sie täuschen sich. Der Tatverdächtige ist ein Integrator. Sie wissen, was das bedeutet.«

»›Alle Straftaten, die mit Personentransportern oder Integratoren in Zusammenhang stehen, fallen in die bundespolizeiliche Zuständigkeit‹«, zitierte ich aus dem FBI-Handbuch.

Trinh bedachte mich mit einem säuerlichen Blick, dann ignorierte sie mich bewusst und wandte sich wieder an Vann. Ich speicherte diese persönliche Interaktion, um später noch einmal darauf zurückzukommen. »Ich weiß nichts davon, dass mein Tatverdächtiger ein Integrator sein soll«, sagte sie zu Vann.

»Aber ich«, erklärte Vann. »Als Ihr Mitarbeiter vom Tatort Meldung machte, gab er die ID des mutmaßlichen Täters durch. Es ist Nicholas Bell. Und Bell ist ein Integrator. Er steht in Ihrer Datenbank. Er pingte, sobald Ihr Kollege ihm über den Weg lief.«

Ich drehte mich wieder zu Vann um, als sie den Namen erwähnte, aber sie hielt den Blick unverwandt auf Trinh gerichtet.

»Nur weil er den gleichen Namen hat, muss er noch lange kein Integrator sein«, stellte Trinh fest.

»Kommen Sie schon, Trinh«, sagte Vann. »Wollen wir uns wirklich vor den Kindern streiten?« Ich brauchte eine Sekunde, um zu begreifen, dass Vann damit mich und die uniformierten Polizisten meinte. »Sie wissen, dass Sie bei diesem Wettpissen verlieren werden. Lassen Sie uns rein, damit wir unsere Arbeit machen können. Wenn sich herausstellt, dass sich alle Beteiligten zum Tatzeitpunkt in D. C. aufhielten, übergeben wir Ihnen alles, was wir haben, und lassen Sie in Ruhe. Also wollen wir jetzt nett und freundlich zueinander sein. Ich könnte auch unfreundlich werden. Sie erinnern sich, wie das enden kann.«

Trinh drehte sich um und stapfte ohne ein weiteres Wort ins Hotelzimmer zurück.

»Mir fehlt hier einiges an Kontext«, bemerkte ich.

»Sie haben ungefähr alles, was Sie brauchen«, sagte Vann und setzte den Weg zum Hotelzimmer mit der Nummer 714 fort. Ich folgte ihr.

Im Zimmer lag eine Leiche auf dem Boden, mit dem Gesicht im Teppich und durchschnittener Kehle. Der Teppich war mit Blut getränkt. Blutspritzer waren an den Wänden, auf dem Bett und auf dem noch vorhandenen Sessel. Die Fensterfront nahm die gesamte Wandbreite ein. Der Wind wehte durch das große Loch in der Scheibe, durch das das Sofa nach draußen gelangt war.

Vann betrachtete die Leiche. »Wissen wir schon, wer er ist?«

»Keine ID«, sagte Trinh. »Wir arbeiten daran.«

Vann schaute sich um und suchte nach etwas. »Wo ist Nicholas Bell?«, wollte sie von Trinh wissen.

Trinh lächelte dünn. »Auf der Wache. Der erste Polizist am Tatort konnte ihn überwältigen. Daraufhin brachten wir ihn weg, bevor Sie hier eintrafen.«

»Wer war der Polizist?«, fragte Vann.

»Timmons«, sagte Trinh. »Er ist nicht mehr hier.«

»Ich brauche seinen Feed von der Verhaftung.«

»Ich weiß nicht …«

»Sofort, Trinh«, sagte Vann. »Sie kennen meine öffentliche Adresse. Geben sie sie Timmons.«

Trinh wandte sich verärgert ab, aber sie zückte ihr Telefon und sprach hinein.

Vann zeigte auf den uniformierten Polizisten im Zimmer. »Wurde irgendetwas bewegt oder berührt?«

»Nicht von uns«, sagte er.

Vann nickte. »Shane.«

»Ja.«

»Erstellen Sie eine Karte«, sagte Vann. »Mit allen Details. Achten Sie auf das Glas.«

»Schon dabei.« Ich war bereits im Aufzeichnungsmodus. Ich legte ein dreidimensionales Gitter darüber und markierte alles, was ich sehen...

Erscheint lt. Verlag 13.7.2015
Übersetzer Bernhard Kempen
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Lock in
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • John Scalzi • Near future • Near Future, Science-Thriller, John Scalzi • Science-Thriller
ISBN-10 3-641-15084-1 / 3641150841
ISBN-13 978-3-641-15084-6 / 9783641150846
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