Barrikaden (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
400 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-16258-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Barrikaden -  Jon Wallace
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Nach dem Ende der Menschheit
Die Ficials sind hochintelligente Überwesen, die einst erschaffen wurden, um unsere Welt zu optimieren. Doch dann kam der Krieg mit den Menschen dazwischen, der England in Schutt und Asche gelegt hat: Jetzt hausen in den Ruinen der großen Städte - belagert von den Menschenclans, die den Krieg überlebt haben - gigantische Ratten, gnadenlose Mutanten und die Ficials. Einer von ihnen ist Kenstibec, der seinen Lebensunterhalt damit verdient, die anderen Ficials in seinem Taxi heimlich aus den Städten zu schmuggeln. Eine Tätigkeit, die ihn nicht nur von einem Abenteuer zum nächsten führt, sondern auch auf die Spur einer gewaltigen Verschwörung ...

Bevor er seinen Debütroman Barrikaden schrieb, veröffentlichte Jon Wallace bereits zahlreiche Science-Fiction und Fantasy-Stories in renommierten Magazinen und Anthologien wie Jupiter Science Fiction und Best British Fantasy. Jon Wallace ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in London.

Ricks Garage

Rick konnte seine Luke einfach nicht sauber halten. Er kam nur selten nach draußen, deshalb lag sie immer unter einer frischen Schneedecke. Ich wusste, dass sie irgendwo im hinteren Teil des Supermarkts war, in der Nähe der Fleischtheke. Ich machte mich auf den Weg dorthin, stapfte durch die Schneeverwehungen, mein Atem war im Fackelschein zu erkennen.

Dann begann der Beschuss. Explosionen dröhnten vom Hafen her, es erwischte eine Mauer in meiner Nähe, und ich wurde auf den Rücken geworfen. Mein Kopf prallte gegen etwas Metallisches. Einen Augenblick lang war ich völlig benommen und starrte nach oben zu einem Riss im Dach. Dann drehte ich mich auf die Seite und stellte fest, dass ich auf der Luke lag. Ich schob den Schnee beiseite, fand den Klingelzug und zerrte mit aller Kraft daran.

Hinter dem Bullauge tauchte Regmiron auf. Er hielt inne und starrte mich durch das speziell gehärtete Glas forschend an. Mir kam das ziemlich unnötig vor angesichts der Situation. Der ganze Leith Walk erzitterte unter dem Artilleriebeschuss, und abgesehen davon kannte er mich.

Die Luke zischte und ging knirschend einige Zentimeter auf, bevor sie hängen blieb, weil der Mechanismus blockierte. Regmiron drückte von innen dagegen, bis genug Platz war, um hindurchzukriechen. Ein Schwall abgestandener Luft kam mir entgegen, während ich mit dem Kopf zuerst zweieinhalb Meter tief nach unten rutschte. Regmiron schloss hinter mir die Luke, indem er das Rad viermal herumdrehte, und kletterte hinab zu mir. Ich saß da und hielt mir den Kopf.

»Übler Tag heute, was?«

»Ziemlich übel«, antwortete ich. »Wieso hast du gezögert, bevor du geöffnet hast? Gibt’s neuerdings ein geheimes Passwort, das ich nicht kenne?«

Er schnaubte und horchte auf das Dröhnen der Explosionen.

»Dieses Land«, sagte er und schüttelte den Kopf. Er ging den Bunkerkorridor entlang, ein zwei Meter dreizehn großes Muskelpaket im flackernden Licht der Notbeleuchtung. Ich rappelte mich auf und folgte ihm.

Rick saß im Vorraum hinter dem Rezeptionspult und schaute konzentriert auf einen tragbaren Fernseher. Ich spähte über seine Schulter. Er sah sich einen Real-Kanal an, einen von denen, wo nichts anderes läuft als Wiederholungen der Aufnahmen von Überwachungskameras aus der alten Welt. Die heutige Unterhaltungsshow zeigte Videoaufnahmen einer Bank. Ungefähr zwanzig Reale standen in einer ordentlichen Reihe hintereinander und warteten darauf, bedient zu werden. Es war völlig bedeutungslos und leer, aber aus irgendeinem Grund fanden diese Irren, die uns beschossen, es beruhigend.

Rick drehte sich um und lächelte.

Er sah genauso übel aus wie sonst. Er hatte so lange unter besonderen Bedingungen gearbeitet, dass er allmählich die Gestalt einer Gottesanbeterin angenommen hatte. Seine Haut war bleich, fettig und bräunlich, seine Haare geölt und zurückgekämmt. Er ging gebückt, weil er sein ganzes Leben unter Autos verbracht hatte, und hielt die Hände nach vorn gestreckt wie ein hungriges Raubtier seine Pfoten. Manche vermuteten, dass irgendwas an ihm defekt war, weil er nur dort unten herumwuselte. Aber niemand, dem sein Leben lieb war, verlor ein böses Wort über ihn. Das Wichtigste an ihm war, dass er zuverlässige und schnelle Autos produzierte. Er war der Einzige in Edinburgh, der noch wusste, wie das ging.

»Kenstibec«, sagte er. »Pünktlich wie immer. Willst du es dir mal ansehen?«

»Deshalb bin ich ja hier.«

»Genau. Komm mit. Er steht in der großen Arbeitsbucht. Letzte Nacht wurde ich damit fertig.«

Er schob mich durch die Luke mit der Aufschrift WERKSTATT. Der Geruch von Benzin und Schweißbrennern kam mir entgegen, als ich den Zugang passierte, die Treppe nach unten stieg und das Stockwerk mit der Werkhalle erreichte.

Die Deckenlampen schafften es gerade so, den Raum zu erhellen, aber man konnte die Ausmaße der Werkstatt, die sich über knapp achthundert Meter erstreckte, immerhin erahnen. Überall waren die Umrisse von Autos zu erkennen, die meisten nur noch ausgeweidete Gerippe. Weiter hinten standen alte Werkzeugmaschinen herum. Auffangnetze hingen von der Decke, darin lagen ausgebaute Zündkerzen, Armaturenteile, Kolben und Pleuelschrauben.

Rick blieb vor einem Gefährt stehen, dessen Umrisse sich unter einer staubigen weißen Plane abzeichneten, und forderte mich mit einer Handbewegung auf, es anzuschauen. Ich zog die Abdeckung herunter, und ein Land Rover kam zum Vorschein, ein Defender der späteren Generation. Er sah ziemlich gut aus.

Rick beugte sich hinunter in die Fahrerkabine, betätigte einen Schalter, und die Motorhaube schwang auf.

»Ein Diesel-Turbo«, sagte er. »Wie du weißt, stehen diese Land-Rover-Motoren in dem Ruf, ziemlich unzuverlässig zu sein – diverse Konstruktionsmängel, Risse in den Kolben und so weiter. Ich habe die Belüftung verbessert und hier und da ein paar Feinabstimmungen vorgenommen. Jetzt kommt er auf 190 PS und fährt ziemlich sparsam. Wie üblich wurden alle Teile hergestellt und in Form gebracht mit Ricks patentierter Gront-Legierung, jedenfalls da, wo es angebracht war.«

»Der ist wahrscheinlich ziemlich schnell«, sagte ich.

»O ja, ganz bestimmt.« Rick rieb sich die Hände. »Er kommt ganz gut voran. Könnte er jedenfalls …« Mit den Fingerknöcheln klopfte er gegen die Karosserie. »Ich sag’s dir noch mal. Nur ungern schicke ich jemanden in einem Wagen raus, der unzureichend geschützt ist. Willst du wirklich nicht, dass ich meine ›Blast Box‹ installiere?«

»Nein, ich will ja sehen, wohin ich fahre.«

Normalerweise hüllte Rick seine Fahrer in eine Schutzvorrichtung ein, die er »Blast Box« nannte. Es war ein siebeneinhalb Zentimeter dicker Käfig aus Gront-Legierung, der dem Beschuss durch die gängigen Kaliber widerstand. Theoretisch war das eine gute Sache, aber das Ding erhöhte das Gewicht des Fahrzeugs deutlich und behinderte die Manövrierfähigkeit. Das Schlimmste aber war, dass dadurch die Sicht behindert wurde. Ich hatte ihm erlaubt, das Ding bei einem Vorgängermodell zu installieren, und war beinahe mit Vollgas in ein zwölf Meter tiefes Loch gerast. Seitdem weigere ich mich, in diesem Käfig zu sitzen. Der Landy war mit seinem Rammschutz, der Seilwinde und dem Gegengewicht am Heck schon schwer genug. Außerdem sah er ohne Aufbauten viel besser aus.

»Na gut, dann lass ich dich allein, damit du die Einzelheiten ausprobieren kannst«, murmelte Rick und schlurfte davon zu den Werkzeugmaschinen.

Ich stieg ein. Der Wagen war gut ausgestattet. In der Mulde zwischen den Schalensitzen war ein Funkgerät eingebaut. Das einzige Überbleibsel der Blast Box war eine Panzerplatte, die unter die Sitze montiert war und den hinteren Teil der Kabine schützte. Die Waffen steckten in Plastikhalterungen über dem Fahrer und dem Beifahrer – ein Präzisionsgewehr in üblicher Ausführung mit Nachtfernrohr, zwei Pistolen, vier Nachtsichtbrillen (für Fahrer, Beifahrer und zwei Passagiere), ein zweites Gewehr und eine Doppellaufflinte. Ich stieg wieder aus und schaute mir die Reifen an. Einer sah ziemlich lädiert aus.

Auf dem Rücken liegend, inspizierte ich den Unterboden des Land Rover, als Regmiron mir von der Luke her etwas zurief.

»Kenstibec? Bitte komm mal nach vorne. Da ist ein Anruf für dich.«

»Wer ist es denn?«

»Shersult.«

Das betraf meine nächste Fuhre.

Ich sagte Rick, dass ich mit dem Wagen zufrieden sei, und wir gingen zurück in den Vorraum, wo ich eine Rolle Bargeld übergab und versprach, ihnen Bescheid zu geben, wenn Shersult mir das Ziel mitgeteilt hatte. Rick schob die seltsamen Motorteile auf seinem Pult beiseite und stellte mir eine Quittung aus. Dann reichte er mir das Telefon.

»Mach dir keinen Stress, aber ich warte hier auf dich«, sagte Shersult. Die Übertragung war so gestört, dass ich ihn kaum verstehen konnte.

»Hast du einen Auftrag für mich?«

»Könnte sein, wenn du mal raufkommst, dann zeig ich dir was.«

»Kannst du es mir nicht gleich sagen?«

»O nein. Nicht über diese Telefone. Komm einfach her.«

Er legte auf.

Ich trank eine Tasse Tee, um mir die Zeit bis zum Ende des Bombardements zu vertreiben. Regmiron führte mich durch die Werkstatt zurück zum Eingang und folgte mir nach draußen. Er lehnte sich gegen den Lukendeckel und starrte durch das Dach des Supermarkts in den wolkenverhangenen Himmel.

»Es heißt, es dauert noch gut fünfzig Jahre«, sagte er.

Ich salutierte.

»O ja«, sagte ich. »Der Tag wird kommen.«

Wie üblich stand Shersult hinter der Barrikade und wehrte den morgendlichen Angriff ab. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte er den ganzen Tag damit verbracht, Horden von kreischenden Stammesangehörigen abzuknallen, aber er musste auch noch sein Taxi-Unternehmen betreiben, um über die Runden zu kommen. Ich war einer von drei überlebenden Angestellten.

Heute lag er auf einem schwarz verrußten Container, der die Gameskeeper Road blockierte. Eine Strickleiter hing an der einen Seite herab und schlenkerte im Wind klappernd hin und her. Ich packte sie und kletterte hoch. Oben angekommen sah ich gerade noch, wie Shersult auf etwas feuerte, das sich in der Dunkelheit bewegte. Als Antwort wurden ein paar Kugeln in unsere Richtung abgefeuert. Shersult bemerkte mich und bedeutete mir, in Deckung zu gehen. Kein Problem, ich ließ mich auf den Bauch fallen, kroch zu ihm hinüber und fragte mich, warum wir uns nie unter friedlichen Bedingungen treffen konnten.

»Alles klar, Kamerad?«, sagte er und...

Erscheint lt. Verlag 11.5.2015
Übersetzer Robert Brack
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Barricade
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Endzeitroman • Near future • Near Future, Postapokalypse, Endzeitroman, Road Trip • Postapokalypse • Road Trip
ISBN-10 3-641-16258-0 / 3641162580
ISBN-13 978-3-641-16258-0 / 9783641162580
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