Fräulein Julie (eBook)

Drama
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
107 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-74148-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fräulein Julie - August Strindberg
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Mittsommernacht auf einem schwedischen Landgut. Die junge Grafentochter Julie lässt sich mit dem Hausdiener Jean ein. Ungehemmt flirtet sie mit ihm, provoziert und beschimpft ihn, wird zudringlich -- bis der zögernde Jean nachgibt. Ein raffiniertes Spiel um Liebe und Macht beginnt - und im Licht des neuen Morgens sind die Rollen vertauscht: Jean ist Herr der Lage, Julie die Gefallene und Gedemütigte. Damit nimmt das Verhängnis seinen Lauf ...

August Strindberg, geboren 1849 in Stockholm, war ein Dramatiker und Schriftsteller. Seine Werke, gekennzeichnet durch eine intensive Auseinandersetzung mit psychologischen und sozialen Themen, trugen maßgeblich zur Entwicklung des modernen Dramas bei. Strindberg starb 1912.

Fräulein Julie


Ein naturalistisches Trauerspiel


 

Personen

FRÄULEIN JULIE · 25 Jahre

JEAN, Bedienter · 30 Jahre

KRISTIN, Köchin · 35 Jahre

 

Ort der Handlung

Küche des Grafen. Mittsommernacht.

 

Szenerie

Eine große Küche, deren Decke und Seitenwände mit Draperien und Soffitten verhängt sind. Die Rückwand streckt sich von links schräg in die Bühnentiefe. Links an der Wand zwei Regale mit Kupfer-, Erz-, Eisen- und Zinngefäßen. Die Regale sind mit gemustertem Papier ausgelegt. Rechts drei Viertel des großen gewölbten Ausgangs mit zwei Glastüren, durch welche ein Springbrunnen mit einer Amorette, blühende Fliederbüsche und die Spitzen von Pyramidenpappeln zu sehen sind. Links im Vordergrund die Ecke eines großen Kachelherdes, mit vorstoßendem Rauchfang. Rechts das eine Ende des Gesindetischs, aus hellem Kiefernholz, mit einigen Stühlen. Der Herd ist mit Birkenlaub geschmückt, auf dem Boden liegen ausgestreute Wacholderzweige. Auf dem Tisch ein großer japanischer Gewürztopf mit blühendem Flieder. Ein Eisschrank, ein Spültisch, ein Waschbecken. Über der Tür eine große altmodische Klingel. Links an der Tür mündet ein Sprachrohr.

 

 

 

 

 

Kristin steht am Herd und brät etwas in einer Bratpfanne. Sie trägt ein helles Baumwollkleid und hat eine Küchenschürze umgebunden. Jean, in Livree, kommt herein. In der Hand trägt er ein paar große, mit Sporen versehene Reitstiefel, die er an einem sichtbaren Platz auf den Boden stellt. Er nimmt die Mütze ab, wischt sich den Schweiß aus der Stirn.

 

JEAN
Heut abend ist Fräulein Julie wieder verrückt, komplett verrückt!

KRISTIN
Na, da ist Er ja endlich.

JEAN
Ich hab den Grafen zur Station gebracht, und wie ich auf dem Rückweg an der Scheune vorbeikam, ging ich rein, tanzen, und da seh ich, wie das Fräulein mit dem Waldhüter den Tanz anführt. Kaum hat sie mich entdeckt, stürzt sie auf mich los und fordert mich auf zum Damenwalzer. Und wie die gewalzt hat! Sowas hab ich noch nicht erlebt. Sie ist verrückt!

KRISTIN
Verrückt ist sie immer gewesen, aber nie so wie die letzten vierzehn Tage, nachdem es aus war mit der Verlobung.

JEAN
Ja, was war denn das für 'ne Geschichte? Er war doch ein feiner Kerl, wenn er auch nicht reich war. Ach, die führen soviel Chosen auf. Setzt sich ans Tischende. Komisch jedenfalls, so ein Fräulein. Hm. Lieber zu Haus bei den Leuten zu bleiben, was? Anstatt mit ihrem Vater zu Verwandten zu fahren.

KRISTIN
Sie geniert sich wohl nach dem Krach da mit dem Verlobten.

JEAN
Wahrscheinlich. Er hielt jedenfalls was auf sich, der Kerl. Weißt du, wie's zuging, Kristin? Ich hab's gesehn, du, wenn ich mir auch nichts hab anmerken lassen.

KRISTIN
Was hat Er denn gesehn?

JEAN
Also paß auf. An einem Abend waren sie hinterm Stall, und das Fräulein ließ ihn trainieren, wie sie's nannte. Und weißt du, wie? Über die Reitgerte ließ sie ihn springen, wie 'nen Hund. So, mach schön hopp! Er sprang zweimal, und jedesmal kriegte er einen Hieb über, aber das dritte Mal nahm er ihr die Gerte aus der Hand und brach sie in tausend Stücke. Dann ging er weg.

KRISTIN
Nein so was. Und das hat Er mit angesehn?

JEAN
Ja, so war das mit der Sache. Na, und was hast du denn da Gutes für mich, Kristin?

KRISTINlegt aus der Pfanne auf und setzt es Jean vor:

Ach nur ein bißchen Niere vom Kalbsbraten.

JEANriecht am Essen:

Ah! Deliziös! Befühlt den Teller. Hättest aber den Teller wärmen können.

KRISTIN
Er kann noch mehr quengeln als der Graf selbst, wenn Er mal anfängt. Zieht ihn liebkosend am Haar.

JEANböse:

Laß mein Haar sein! Du weißt, ich kann das nicht vertragen.

KRISTIN
Na, na, ich mein's doch nur lieb, weiß Er doch. Jean ißt. Kristin holt eine Flasche Bier.

JEAN
Bier, am Mittsommerabend, nee dankeschön! Da hab ich selbst was Besseres. Öffnet eine Tischlade und nimmt eine Flasche Rotwein heraus. Der Kork ist gelb verlackt. Gelber Lack, fein, was! Gib mir mal ein Glas! Ein Kelchglas natürlich, wenn man pur trinkt.

KRISTINzum Herd zurück, setzt einen kleinen Topf auf:

Herrgott, wer so einen mal zum Mann kriegt! Sowas von Quengelei!

JEAN
Red nicht! Du wärst schon froh, wenn du so einen wie mich bekämst, und ich glaub nicht, daß es dir geschadet hat, daß man mich deinen Verlobten nennt. Kostet den Wein. Gut. Sehr gut. Nur ein bißchen zu wenig temperiert. Wärmt das Glas in der Hand. Den haben wir in Dijon gekauft. Kostete vier Francs der Liter, ohne Flasche. Dann kommt noch der Zoll dazu. Was kochst du denn da, das riecht ja infernalisch.

KRISTIN
Ach, irgend so ein Teufelszeug, das Fräulein Julie für die Diana haben will.

JEAN
Du sollst dich gewählter ausdrücken, Kristin. Aber mußt du wirklich am Feiertagsabend dastehn und für das Vieh kochen? Ist es denn krank?

KRISTIN
Das kann man sagen. Sie hat's mit dem Mops vom Pförtnerhaus gehabt, und die Folgen sind nicht ausgeblieben, aber davon, da will das Fräulein nichts von wissen.

JEAN
Das Fräulein ist manchmal zu hochmütig, und manchmal ist sie zu wenig stolz, genau wie die Gräfin zu Lebzeiten. Der war's am wohlsten in der Küche und im Stall, aber nur einspännig ausfahren, das konnte sie nicht. Ihre Manschetten waren schmutzig, aber die Grafenkrone mußte sie auf den Knöpfen haben. Das Fräulein, um von ihr zu reden, gibt nicht acht auf sich und ihre Person. Ich möcht' sagen, sie hat keine Finesse. Vorhin, wie sie da in der Scheune tanzte, riß sie einfach den Waldhüter von Annas Seite weg und forderte ihn auf. So würden wir uns nicht benehmen. So ist es eben, wenn die Herrschaften sich unters gemeine Volk mischen, dann werden sie gemein. Aber ein Weibsbild ist das! Prachtvoll! Ah, diese Schultern, und dann, na und so weiter.

KRISTIN
O ja, prahl nicht so! Ich hab gehört, was die Clara sagt, und die hilft ihr beim Ankleiden.

JEAN
Clara! Ihr müßt immer neidisch aufeinander sein! Ich kenn sie, ich bin ausgeritten mit ihr – und wie die tanzt – na!

KRISTIN
Hör mal, Jean, will Er nicht mit mir tanzen, wenn ich fertig bin?

JEAN
Klar, wird gemacht.

KRISTIN
Verspricht Er's?

JEAN
Versprechen? Wenn ich sage, ich mach's, dann mach ich's! Na, und schönen Dank auch fürs Essen. War wirklich gut. Schlägt den Kork in die Flasche.

FRÄULEINin der Tür, spricht nach draußen:

Ich bin gleich zurück, geht nur!

Jean verbirgt die Flasche in der Schublade, erhebt sich respektvoll.

FRÄULEINtritt zu Kristin an den Herd:

Na, bist du fertig? Kristin macht ein Zeichen, daß Jean anwesend ist.

JEANgalant:

Haben die Damen Geheimnisse?

FRÄULEINschlägt mit dem Taschentuch nach seinem Gesicht:

Neugierig?

JEAN
Ah, das riecht gut nach Veilchen!

FRÄULEINkokett:

Unverschämt! Versteht Er sich auch auf Parfüms? Tanzen, das kann Er! Nein, nicht hersehn. Weg mit ihm!

JEANspöttisch, höflich:

Ist das eine Zaubersuppe für die Mittsommernacht, die die Damen da kochen? Kann man damit in den Sternen lesen und den Zukünftigen sehn?

FRÄULEINscharf:

Kann Er den sehn, dann muß Er starke Augen haben! Zu Kristin: Gieß es in eine Flasche und korke gut zu. – Komm und tanz Er jetzt einen Schottischen mit mir, Jean!

JEANzögernd:

Ich möchte gegen niemanden unhöflich sein, aber diesen Tanz hab ich Kristin versprochen.

FRÄULEIN
Na, sie kann doch einen andern haben, nicht, Kristin? Willst du mir Jean nicht ausleihen?

KRISTIN
Da kann ich nichts dazu sagen. Wenn Fräulein so freundlich sind, mit ihm tanzen zu wollen, dann paßt es sich nicht, daß ich nein sage. Geh Er nur! Und bedank Er sich für die Ehre.

JEAN
Ehrlich gesagt, ohne jemanden verletzen zu wollen, so möcht' ich doch wissen, ob Fräulein Julie klug dran tut, zweimal hintereinander mit demselben Kavalier zu tanzen, besonders, wo die Leute hier nicht faul sind, ihre Schlüsse zu ziehn.

FRÄULEINaufbrausend:

Was heißt das! Was für Schlüsse? Was will Er damit...

Erscheint lt. Verlag 10.1.2015
Nachwort Peter Weiss
Übersetzer Peter Weiss
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Klassiker / Moderne Klassiker
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Georg-Büchner-Preis 1982 • insel taschenbuch 4397 • IT 4397 • IT4397 • Jessica Chastain • Liebe • Liv Ullmann • Macht • Schweden
ISBN-10 3-458-74148-8 / 3458741488
ISBN-13 978-3-458-74148-0 / 9783458741480
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