Für eine Handvoll Mäuse (eBook)

Ein Fall für Mrs. Murphy
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
256 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1068-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Für eine Handvoll Mäuse -  Rita Mae Brown,  Sneaky Pie Brown
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Die neue Zeit hält Einzug in Crozet, Virginia. Genveränderter Mais ist nur ein Beispiel dafür und erregt die Gemüter der traditionsbewussten, aber auch der umweltfreundlich gesinnten Farmer. Bei einer Fahrt übers Land kommen die Haristeens eines Tages an der Morrowdale Farm mit ihren weitläufigen Maisfeldern vorbei. Eine große Schar Krähen macht sich an einer Vogelscheuche zu schaffen. Als sie sich der Figur nähern, der eine Krähe unter dem Strohhut ein Auge auspickt, wird schnell klar, dass unter den abgetragenen Hosen und dem zerknitterten Hemd keine Strohpuppe steckt, sondern ein Toter. Ein schwieriger Fall - der nur mit dem Scharfsinn der ehemaligen Postbeamtin Harry Haristeen und ihrer Katze Mrs. Murphy zu lösen ist.

Rita Mae Brown, geboren in Hanover, Pennsylvania, wuchs in Florida auf. Sie studierte in New York Filmwissenschaft und Anglistik und war in der Frauenbewegung aktiv. Berühmt wurde sie mit dem Titel Rubinroter Dschungel und durch ihre Romane mit der Tigerkatze Sneaky Pie Brown als Co-Autorin.

Rita Mae Brown, geboren in Hanover, Pennsylvania, wuchs in Florida auf. Sie studierte in New York Filmwissenschaft und Anglistik und war in der Frauenbewegung aktiv. Berühmt wurde sie mit dem Titel Rubinroter Dschungel und durch ihre Romane mit der Tigerkatze Sneaky Pie Brown als Co-Autorin.

1

Fair Haristeen, Doktor der Veterinärmedizin, und seine Frau Mary Minor »Harry« Haristeen nahmen sich gern mal einen Sonntag frei, um über die Nebenstraßen von Mittel­vir­ginia zu kurven. Das erinnerte sie an ihre Highschoolzeit, als sie frisch verliebt waren und Fair, angeschlagen vom Football-Spiel, Harry, schmutzig von der Stallarbeit, abgeholt hatte und mit ihr in seinem 1958er Pick-up durch die Gegend gegondelt war. Als sie heute, mehr als zwei Jahrzehnte später, über Land fuhren, saß Fair am Steuer ihres Volvo-Kombis, Harry neben ihm, die Tiere lümmelten sich auf dem Rücksitz.

Mrs. Murphy, die Tigerkatze, Pewter, ihre graue über­gewichtige Freundin, und Tucker, die Corgihündin, begleiteten ihre Menschen gewöhnlich überallhin, außer bei starker Hitze. An einem milden Tag wie heute, die Fenster einen Spalt offen, konnten die drei Tiere schlafen oder plaudern, während die Menschen sich unterhielten.

»Ideales Wetter«, meinte Fair.

Der 12. Oktober war wahrhaftig ein herrlicher Frühherbsttag – die Sommerwärme hielt lange an in diesem Jahr. Die Wälder sahen aus wie mit Gelb, Orange, Feuerrot, Dunkelrot und Gold besprüht.

»Hey, Miranda hat die Grippe.« Harry sprach von ihrer ehemaligen Mitarbeiterin und guten Freundin. »Sie schwört, das Trinken von Elektrolyten wird sie gesund machen. Hat sie aus dem Fernsehen.«

Fair schüttelte den Kopf. »Elektrolyte können zwar nützen, aber unsere liebe Miranda scheint mir für Quacksalber empfänglich zu sein.«

Beim Betrachten der vorbeigleitenden Landschaft bemerkte Pewter ein hübsches, mit gelben Schindeln verschaltes Bauern­haus. »Quacksalber – klingt irgendwie nach Entenschnattern, quak-quak. Was hat ein Kurpfuscher mit ’ner Ente gemeinsam?«

»Keine Ahnung«, erwiderte Tucker. Die Corgidame war an Pewters Wissbegier gewöhnt. »Sie reden ja auch von ›Schlangen­öl‹. Ein Quacksalber verkauft Schlangenöl. Zum Verrücktwerden.«

»Ha!«, frohlockte Pewter. »Wenn die sich Schlangenöl besorgen, kriegen wir sie vielleicht soweit, dass sie nach Katzenminze süchtig werden.«

»Menschen schnupfen keine Katzenminze«, entgegnete Tucker in vollem Ernst.

»Sie sind lernfähig«, erklärte die graue Katze im Brustton der Überzeugung.

»Pewter, manchmal denke ich, du bist so überdreht wie fett«, sagte der Hund törichterweise.

»Fett!«, empörte sich Pewter.

»Du brauchst einen ganzen Sitz für dich allein. Immer wenn wir eine Kurve nehmen, schwabbelt der Speck an deinem Bauch«, hänselte Tucker.

Pewter holte aus und landete eine schnelle Rechte auf Tuckers Schulter.

Tucker entblößte knurrend die Reißzähne.

Harry drehte sich um. »Schluss jetzt!«

»Ich hab nichts gemacht«, distanzierte Mrs. Murphy sich von den Streitenden, die sofort auf sie losgingen.

»Arschkriecherin!« Pewter versetzte der Tigerkatze einen Hieb, die ihn prompt erwiderte.

Das Fauchen und Bellen störte Fair dermaßen, dass er am Straßenrand unweit von Hester Martins Obst- und Gemüsestand anhielt.

Harry stieg aus und öffnete die hintere Wagentür. »Wollt ihr wohl Ruhe geben?«

Die drei Tiere sprangen im Kombi ganz nach hinten. Als Harry die Hecktür öffnete, sprangen die Tiere wieder auf ihre Sitze.

Fair konnte sich das Lachen nicht verkneifen, als Harry fluchend beide Türen zuknallte. Sie trat an die Fahrerseite, sein Fenster war heruntergelassen.

»Die wissen, wie sie dir den letzten Nerv rauben«, meinte Fair lachend.

»Dir offensichtlich auch. Ich hab schließlich nicht angehalten.« Harry sah die Straße hinunter zu dem Stand, einer weißen Schindelbude mit großem Vordach. Die Ware war in adretten bunten Reihen präsentiert. »Hey, lass uns ein paar Bischofsmützen mitnehmen. Hester hat bestimmt noch Kürbisse.« Sie ging um den Wagen herum zur Beifahrerseite und stieg ein, bevor sie sich an ihre tierischen Quälgeister wandte: »Wenn ich nur noch einen Pieps, ein Schniefen oder Fauchen höre, gibt’s heute Abend nichts zu fressen, verstanden?«

»Gemein.« Pewter kehrte Harry den Rücken zu.

Tucker ließ den Kopf hängen; Mrs. Murphy hingegen ver­teidigte sich lauthals. »Ich hab nichts gemacht.«

»Natürlich nicht, du makellose Mieze.« Pewter kräuselte die Oberlippe.

Fair ließ den Wagen im Leerlauf bis vor den Stand rollen, wo Hester – in orangefarbener Schürze, schwarzer Jeans und orangefarbener Bluse – sich mit Kunden unterhielt. Die meisten wohnten in Crozet oder in der näheren Umgebung.

»Ich bleib hier.« Fair wusste, wie Hester loslegen konnte, außerdem war da noch Buddy Janss in seiner zentnerschweren Pracht, und der konnte sogar Hester in Grund und Boden quasseln.

Eine orange-schwarze Girlande zierte den Dachvorsprung. Draußen standen Vogelscheuchen entlang der Holzkisten, die überquollen von diversen Kürbis- und allen nur erdenk­lichen Apfelsorten. Drinnen konnte man ein gutes Sandwich erstehen. Kleine Gespenster schwebten von der Decke, große grüne Augen glühten in den oberen Ecken des Raumes. Leuchtend goldene Spätmaiskolben, üppige Chrysanthemen und Zinnien vervollständigten die Farbenpracht.

Schräg vor dem Eingang stand ein Schild, fast so groß wie Buddy selbst, und wies auf die Halloween-Heuwagenfahrt hin, die Geld für die Bibliothek von Crozet einbringen sollte. Zweifellos hatte die Architektin Tazio Chappars die imposante Hinweistafel entworfen, denn sie setzte sich eifrig für die Bibliothek ein. Das Schild nahm einen regelrecht gefangen: Ein großes gemaltes Gerippe streckte Aufmerksamkeit heischend seinen knochigen Arm aus.

Hester sah auf. »Harry Haristeen. Hab dich seit Wochen nicht gesehen.«

Buddy drehte sich um. »Wie machen sich deine Sonnenblumen?«

Buddy, ein Farmer, der zu den eigenen bestellten Feldern noch tausende Morgen Land gepachtet hatte, fand Gefallen an Harrys Vorstoß in den Nischenanbau. Wer wusste über die Preise von Maschinen samt Zubehör für Weizen, Mais und Sojabohnen besser Bescheid als Buddy? Harry hatte eine kluge Wahl getroffen mit der Konzentration auf das Sonnenblumenfeld, einen Viertelmorgen Petit-Manseng-Trauben und den Ginseng, den sie an dem stark strömenden tiefen Bach anpflanzte, der ihren Besitz von der alten Jones-Farm abgrenzte.

»Ganz gut«, sagte sie, denn sie wollte nicht damit prahlen, dass ihr diesjähriges Sonnenblumenfeld ihr bislang größtes war. »Wie läuft dein Jahr bisher?«

Er hakte die Daumen in seine Latzhose. »Ich sag dir, Mädel, die kurze Dürreperiode hat meinem Mais geschadet. Aber ich bin besser dran als die meisten Farmer, weil meine tieferliegenden Felder genug Regen abgekriegt haben. Die anderen nicht. So was hab ich noch nie gesehen: Auf der einen Straßenseite ist der Mais total verkümmert, auf der anderen so prall, dass es eine wahre Freude ist. Der Mais hinter dem alten Schulhaus sieht kläglich aus.«

Hester warf ein: »Die Regierung ist schuld. Das ganze Zeugs, das die da oben im Weltraum rumfliegen haben. Muss sich ja auf uns auswirken.«

Harry und Buddy nickten höflich, denn Hester war selbst ein bisschen aus der Welt. Zuweilen ganz weit weg. Sie war mittleren Alters, sah gut aus, hatte glänzendes hellbraunes Haar, das ihr bis auf die Schultern fiel, und benutzte gerade genug Make-up, um die Aufmerksamkeit auf ihr Ebenmaß und ihr gesundes Aussehen zu lenken. Jede Kleinstadt und jede Großstadt hat solche Hesters, nur bleiben sie in den Kleinstädten nicht unbemerkt. Gutaussehende Menschen, oftmals intelligent, aber sie passen sich nicht recht an und bleiben häufig unverheiratet. Hester hatte das Mary Baldwin College besucht und hervorragend abgeschlossen, war aber dann über die Blue Ridge Mountains zurückgekommen, um diesen Verkaufsstand am Straßenrand zu übernehmen. Ihr Bruder, strebsamer als sie, war direkt nach seinem Abgang vom William and Mary College nach Houston gezogen. Er hatte den idealen Zeitpunkt erwischt, denn Texas befand sich auf der Höhe eines Baubooms, und den hatte er sich weitestmöglich zunutze gemacht. Ihre Eltern hatten den Stand mehr als Hobby denn als Verdienstquelle verstanden, aber das ­Geschäft florierte. Ihr Vater war Banker gewesen, die Mutter hatte den Stand betrieben. Hester, die es mit einem steten Strom von Stammkunden und Touristen zu tun hatte, machte derzeit einen recht zufriedenen Eindruck.

Buddy gab ihr wohlgesinnt ein bisschen recht. »Was mir Angst macht, ist das, was wir nicht wissen. Ich meine, ganz allgemein, guckt euch diese Dürre an, und hey, dabei sind wir besser weggekommen als die Leute im Mittelwesten, wo alles verdorrt ist. Unser Grundwasserspiegel ist im Augenblick wirklich okay. Ich hab mehr weißen Zuckermais angepflanzt, weil ich glaube, dass es länger warm bleiben wird. Ich werde ihn ernten, und wenn nicht, mache ich eine Menge Viecher froh.« Er stieß ein dröhnendes Lachen aus.

Hester fragte: »Du bist doch gegen Ernteausfall versichert, Buddy? Nach der Dürre 1988 hast du bestimmt eine Versicherungspolice zur Minderung des Ertragsrisikos abgeschlossen.«

»Klar. Ich hab mich für eine achtzigprozentige Ertrags­sicherungspolice entschieden. Ja, ich hab aus 1988 gelernt, aber, Mädel, im Handumdrehen stell ich schon wieder einen Scheck aus und sehe meine Rückerstattung schwinden. Die Landarbeit wird immer mühsamer«, sagte der gut organisierte Mann, ein echter...

Erscheint lt. Verlag 25.9.2015
Reihe/Serie Ein Mrs.-Murphy-Krimi
Ein Mrs.-Murphy-Krimi
Übersetzer Margarete Längsfeld
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Crozet • Freundschaft • Genveränderte Pflanzen • Getreide • Halloween • Indianer • Indianerstämme • Katze • Krimi • Kriminalroman • Mais • Miss Marple • Mord • Soja • Spannung • Tierarzt • Tiere • Umweltschutz • USA • Vermont
ISBN-10 3-8437-1068-6 / 3843710686
ISBN-13 978-3-8437-1068-8 / 9783843710688
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