Amandas Suche (eBook)

Roman | Von der Autorin des Weltbestsellers »Das Geisterhaus«

(Autor)

eBook Download: EPUB
2014 | 2. Auflage
479 Seiten
Suhrkamp (Verlag)
978-3-518-73464-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Amandas Suche - Isabel Allende
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San Francisco, die Stadt der ewigen Optimisten und Freigeister, wird von einer blutigen Mordserie heimgesucht. Chief Inspector Martín setzt Himmel und Hölle in Bewegung, doch der Mörder ist ihm immer einen Schritt voraus. Wäre da nicht Martíns scharfsinnige Tochter Amanda, die zusammen mit ihrem Großvater und einigen Internetfreunden nach Hinweisen forscht. Sie sind fest entschlossen, den Täter zu schnappen, und bemerken erst viel zu spät, wie bedrohlich nahe sie dem Grauen gekommen sind: Plötzlich verschwindet Amandas Mutter spurlos, und die Tochter muss über sich hinauswachsen, um den Menschen zu retten, der ihr am nächsten steht.

Amandas Suche erzählt den Weg einer furchtlosen jungen Frau, die mit allen Mitteln verteidigt, was sie liebt - ein atemraubender Krimi und zugleich ein fesselnder Roman über das kostbare Band zwischen Töchtern und Müttern und die lebensrettende Kraft der Familie.



<p>Isabel Allende, geboren 1942 in Lima, ist eine der weltweit beliebtesten Autorinnen. Ihre Bücher haben sich millionenfach verkauft und sind in mehr als 40 Sprachen übersetzt worden. 2018 wurde sie - und damit erstmals jemand aus der spanischsprachigen Welt - für ihr Lebenswerk mit der National Book Award Medal for Distinguished Contribution to American Letters ausgezeichnet. Isabel Allendes gesamtes Werk ist im Suhrkamp Verlag erschienen.</p>

Isabel Allende, 1942 in Chile geboren, ging nach Pinochets Militärputsch 1973 ins Exil. Die Erinnerungen ihrer Familie, die untrennbar mit der Geschichte ihres Landes verwoben sind, verarbeitete sie in dem Weltbestseller Das Geisterhaus. Allende zählt zu den meistgelesenen Autorinnen weltweit, ihr gesamtes Werk erscheint auf Deutsch im Suhrkamp Verlag. Svenja Becker, geboren 1967 in Kusel (Pfalz), studierte Spanische Sprach- und Literaturwissenschaft. Sie lebt als Übersetzerin (u. a. Allende, Guelfenbein, Onetti) in Saarbrücken.

JANUAR


Montag, 2. 1.


Mit dem Gesicht nach unten lag Ryan Miller auf der Massagebank und döste unter dem wohltuenden Einfluss von Indiana Jacksons Händen, die Reiki im ersten Grad anwandte. Miller hatte ungefähr sechzig Seiten zu der von dem japanischen Buddhisten Mikao Usui 1922 entwickelten Methode gelesen und wusste, dass sich die Wirksamkeit von Reiki wissenschaftlich nicht belegen ließ, vermutete aber doch eine geheimnisvolle Kraft dahinter, da die Konferenz der katholischen Bischöfe der Vereinigten Staaten die Methode im Jahr 2009 zu einer Gefahr für die geistige Gesundheit der Christenheit erklärt hatte.

Indiana Jackson praktizierte in Büro Nr. 8 im zweiten Stock der berühmten »Ganzheitlichen Klinik« von North Beach, im Herzen des italienischen Viertels von San Francisco. Ihre Tür war indigoblau gestrichen, in der Farbe der Spiritualität, und die Wände in einem hellen Grün, der Farbe der Gesundheit. Auf ihrem Türschild stand in kursiven Lettern Indiana, Heilerin und darunter ihr Angebot: Intuitive Massage, Reiki, Magnet-, Kristall-, Aromatherapie. An der Wand ihres winzigen Vorzimmers hing ein grellbuntes Tuch aus einem Asia-Laden, das die Göttin Shakti zeigte, eine sinnliche junge Frau mit schwarzem Haar, rotem Sari und jeder Menge Goldschmuck, die in der rechten Hand ein Schwert und in der linken eine Blume hielt. Die Göttin vervielfachte sich durch etliche weitere Arme und Hände, die ebenfalls Symbole ihrer Macht hielten, angefangen bei einem Musikinstrument bis hin zu etwas, das auf den ersten Blick wie ein Mobiltelefon aussah. Indiana verehrte Shakti sehr und war sogar drauf und dran gewesen, ihren Namen anzunehmen, doch hatte ihr Vater, Blake Jackson, ihr klargemacht, dass für eine großgewachsene Nordamerikanerin, die üppig beleibt und blond war und vage an eine Aufblaspuppe erinnerte, der Name einer hinduistischen Gottheit nicht tragbar war.

Wegen seiner militärischen Ausbildung und beruflichen Tätigkeit war Ryan Miller ein eher misstrauischer Mensch, überließ sich Indianas Behandlung aber mit tiefer Dankbarkeit und fühlte sich nach jeder Sitzung beschwingt und froh, was am Placebo-Effekt und seiner verliebten Hingerissenheit liegen mochte, wie sein Freund Pedro Alarcón glaubte, oder an der Harmonisierung seiner Chakren, wie von Indiana behauptet. Die friedvolle Stunde bei Indiana war das Beste an seinem Junggesellenleben, er fand mehr Nähe in den Heilbehandlungen bei ihr als in dem komplizierten Sexgeplänkel mit Jennifer Yang, der hartnäckigsten Geliebten, die er je gehabt hatte. Er war ein großgewachsener und durchtrainierter Mann, besaß den Nacken und das Kreuz eines Kämpfers, Arme wie Baumstämme, dazu aber schlanke Zuckerbäckerhände, trug sein braunes, graumeliertes Haar bürstenkurz, hatte strahlend weiße Zähne, die unmöglich echt sein konnten, helle Augen, eine demolierte Nase, und wenn man den Stumpf mitzählte, trug er dreizehn sichtbare Narben am Körper. Indiana Jackson vermutete noch einige mehr, hatte ihn aber nie ohne Unterhose gesehen. Noch nicht.

»Wie fühlst du dich?«, wollte sie wissen.

»Blendend. Dieser Nachtischgeruch macht mich hungrig.«

»Das ist reines Orangenöl. Wenn du dich drüber lustig machst, weiß ich nicht, wozu du herkommst, Ryan.«

»Um dich zu sehen, wozu sonst.«

»Dann ist das hier nichts für dich«, entgegnete sie verärgert.

»Merkst du denn nicht, dass ich bloß Spaß mache, Indi?«

»Orange ist ein junger und fröhlicher Duft, zwei Eigenschaften, die du brauchen kannst, Ryan. Das Reiki ist so mächtig, dass manche Schüler im zweiten Grad es aus der Ferne anwenden können, ohne den Patienten zu sehen, aber ich müsste zwanzig Jahre in Japan lernen, um so weit zu kommen.«

»Versuch das ja nicht. Ohne dich wäre das hier ein schlechtes Geschäft.«

»Heilen ist kein Geschäft!«

»Von etwas muss man aber leben. Du nimmst weniger als deine Kollegen in der Ganzheitlichen Klinik. Was glaubst du kostet zum Beispiel eine Akupunktursitzung bei Yumiko?«

»Keine Ahnung, und das interessiert mich auch nicht.«

»Fast doppelt so viel wie die Stunde bei dir. Lass mich mehr bezahlen«, drängte Miller.

»Mir wäre es lieber, du würdest gar nichts bezahlen, schließlich sind wir Freunde, aber wenn du nicht zahlen musst, kommst du bestimmt nicht. Du kannst keinem einen Gefallen schuldig bleiben, der Stolz ist deine Sünde.«

»Würdest du mich vermissen?«

»Nein, wir würden uns ja außerhalb der Praxis weiter sehen, aber du würdest mich vermissen. Gib zu, dass meine Behandlung dir hilft. Denk an die Schmerzen, die du hattest, als du zum ersten Mal hier warst. Nächste Woche machen wir eine Sitzung mit Magneten.«

»Und Massage, hoffe ich. Du hast die Hände eines Engels.«

»Meinetwegen auch Massage. Und zieh dich endlich an, draußen wartet der nächste Patient.«

»Findest du es nicht bemerkenswert, dass du fast ausschließlich Männer behandelst?« Miller schwang sich von der Liege.

»Nicht ausschließlich Männer, ich behandle auch Frauen, Kinder und einen Pudel mit Rheuma.«

Miller ging davon aus, dass Indianas übrige männliche Patienten ihm ähnelten und eher für die mit ihr verbrachte Zeit als für ihre fragwürdigen Heilmethoden zahlten. Jedenfalls war das für ihn der einzige Grund gewesen, zum ersten Mal die Praxis in Büro Nr. 8 aufzusuchen, und um Missverständnisse zu vermeiden, gestand er das Indiana während ihrer dritten Sitzung, auch weil die anfängliche Anziehung in eine respektvolle Zuneigung gemündet war. An die Skepsis gegenüber ihren Behandlungsmethoden schon mehr oder weniger gewöhnt, hatte sie gelacht und ihm versichert, er werde seine Meinung in zwei, drei Wochen ändern, wenn er die Wirkung spürte. Ryan wettete um ein Abendessen in seinem Lieblingsrestaurant: »Wenn du mich heilst, zahle ich, wenn nicht, zahlst du«, weil er sie gern einmal in einer Umgebung treffen wollte, die einem Gespräch zuträglicher war als diese beiden von der allwissenden Shakti bewachten Schuhschachtelräume.

Sie hatten sich 2009 auf einem der verschlungenen Waldwege im Samuel P. Taylor State Park kennengelernt, unter uralten Baumriesen. Indiana hatte die Fähre über die Bucht von San Francisco genommen und im Marin County auf dem Rad etliche Kilometer bis zum Park zurückgelegt, weil sie für eine Mehrtagestour nach Los Angeles trainierte, an der sie in wenigen Wochen teilnehmen wollte. Im Prinzip hielt sie Sport für ein sinnloses Tun, und die eigene Fitness war ihr herzlich egal, aber die Tour fand im Rahmen einer Anti-Aids-Kampagne statt, ihre Tochter Amanda wollte unbedingt mitfahren, und sie konnte sie unmöglich allein hinlassen.

Sie hatte kurz angehalten, um Wasser aus ihrer Flasche zu trinken, stand mit einem Fuß auf dem Boden, war aber nicht ganz vom Rad abgestiegen, als Ryan Miller mit Attila, dessen Leine er am Gürtel festgehakt hatte, an ihr vorbeilief. Sie bemerkte den Hund erst, als der sie fast über den Haufen rannte, und erschrak so sehr, dass sie in ihr Fahrrad verheddert hinfiel. Unter tausend Entschuldigungen half Miller ihr auf und drehte das Vorderrad wieder gerade, während sie sich den Staub von den Kleidern klopfte und mehr Augen für Attila als für die eigenen Blessuren hatte, denn noch nie in ihrem Leben hatte sie ein derart hässliches Tier gesehen: von Narben überzogen, kahle Stellen an der Brust, mehrere Zahnlücken im Maul, dafür zwei draculahafte Reißzähne aus Metall, und ein Ohr sah aus wie mit der Schere zerfleddert. Sie kraulte dem Hund mitleidig den Kopf und wollte ihm einen Kuss auf die Nase drücken, aber Miller hielt sie brüsk davon ab.

»Nein. Nicht mit dem Gesicht ran. Attila ist ein Kriegshund.«

»Was für eine Rasse?«

»Reiner Malinois, Belgischer Schäferhund. Eigentlich feiner und kräftiger als ein Deutscher Schäferhund und hat zusätzlich den Vorteil, dass der Rücken gerade ist und sie keine Hüftleiden haben.«

»Was ist mit dem armen Kerl passiert?«

»Er hat eine Minenexplosion hinter sich«, sagte Miller und tauchte sein Halstuch in das kühle Wasser des Bachs, in dem er in der Woche zuvor Lachse hatte springen sehen, die sich zum Ablaichen stromaufwärts kämpften.

Miller hielt Indiana das nasse Tuch hin, damit sie die aufgeschürften Stellen an ihren blanken Beinen säubern konnte. Er selbst trug eine lange Trainingshose, ein Sweatshirt und etwas, das wie eine kugelsichere Weste aussah und zwanzig Kilo wog, wie er ihr erklärte; er trainiere damit, und ohne sie fühle er sich dann im Wettkampf federleicht. Sie setzten sich zum Reden zwischen die dicken Wurzeln eines Baumes, unter dem aufmerksamen Blick des Hundes, der jede Bewegung seines Herrchens verfolgte, als erwartete er einen Befehl, und bisweilen seine Nase zu der Frau hinschob, um unauffällig an ihr zu riechen. Ein warmer Nachmittag, es duftete nach Kiefern und Waldboden, die Strahlen der Sonne brachen wie Lanzen durch die Baumkronen, Vögel sangen, Insekten summten, Wasser plätscherte über die Steine im Bachbett, und der Wind wisperte in den Zweigen. Eine Liebesromankulisse, wie gemacht für eine erste Begegnung.

Miller war bei den Navy Seals gewesen, einer mit den geheimsten und gefährlichsten Operationen betrauten Spezialeinheit der Streitkräfte. Seine Gruppe, Seal Team 6, sollte im Mai 2011 das Wohnhaus von Osama bin Laden in Pakistan stürmen. Einer seiner früheren Kameraden würde den Anführer von al-Qaida töten, aber davon ahnte Miller natürlich noch nichts, denn was zwei Jahre später geschah, hätte allenfalls Celeste Roko...

Erscheint lt. Verlag 3.8.2014
Übersetzer Svenja Becker
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel Ripper
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte El juego de Ripper deutsch • Familiengeschichte • Gabriela Mistral Foundation Humanitarian Award 2014 • Krimis • Medal for Distinguished Contribution to American Letters 2018 • Mordserie • Mutter • Mutter-Tochter-Beziehung • Presidential Medal of Freedom 2014 • San Francisco • spiegel bestseller • Spiegelbestseller • SPIEGEL-Bestseller • ST 4600 • ST4600 • suhrkamp taschenbuch 4600 • Thriller • Tochter
ISBN-10 3-518-73464-4 / 3518734644
ISBN-13 978-3-518-73464-3 / 9783518734643
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