Herrin des Windes (eBook)

Sea Haven 3
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
512 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-14630-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Herrin des Windes -  Christine Feehan
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Endlich der lang ersehnte dritte Band der Sea-Haven-Serie
Airiana wurde als Kind in ein geheimes Trainingscamp gesteckt, weil die US-Regierung ihre übersinnlichen Fähigkeiten für eigene Zwecke einsetzen wollte. Nach der Ermordung ihrer Mutter flieht sie, gerät jedoch kurz darauf in die Fänge einer Verbrecherclique und wird auf ein Schiff auf hoher See verschleppt. Ihre einzige Chance zu entkommen ist Maxim Prakenskij, der seine Gründe hat, Airiana zu helfen. Er ist jedoch nicht bereit, sich ihr zu öffnen, auch nicht, als die Leidenschaft zwischen ihnen immer heftiger wird.

Christine Feehan wurde in Kalifornien geboren, wo sie heute noch mit ihrem Mann und ihren elf Kindern lebt. Sie begann bereits als Kind zu schreiben und hat seit 1999 mehr als siebzig Romane veröffentlicht, die in den USA mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden und regelmäßig auf den Bestsellerlisten stehen. Auch in Deutschland ist sie mit den »Drake-Schwestern«, der »Sea Haven-Saga«, der »Highway-Serie«, der »Schattengänger-Serie«, der »Leopardenmenschen-Saga« und der »Shadows-Serie« äußerst erfolgreich.

1.

Das Taxi setzte Airi vor dem Nebenhaus ab. So hielt sie es immer, um sich ein bisschen Zeit zu geben, damit sie sich auf ihre Heimkehr vorbereiten konnte. Fünf Tage in der Woche verbrachte sie in einem Studentenwohnheim – nun ja, es war eher ein kleines Apartment –, und die Rückkehr nach Hause erforderte eine gewisse Umstellung. Manchmal war es absolut wunderbar, zu anderen Zeiten war es eher grauenhaft.

Sie ging langsam und zählte ihre Schritte, atmete tief ein und aus. So gelang es ihr, ihren Verstand zu beruhigen und die Muster um sie herum nicht anzusehen. Zählen war grässlich, aber sie musste ihren Verstand beschäftigen, denn andernfalls herrschte Chaos in ihr.

Der Wind neckte ihr Gesicht, erst einmal und dann gleich noch einmal. Es fühlte sich an wie Finger, die leicht, aber beharrlich ihre Haut streiften, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Sie gelobte sich, nicht hinzusehen, doch sie kam nicht gegen den Drang an. Also blickte sie zu den Wolken über ihrem Kopf auf. Diese wirbelten herum, anscheinend zufällig, doch ihr Verstand setzte die Puzzleteilchen zusammen. Die Muster nahmen Gestalt an und ließen sie keuchen. Sie presste eine Hand auf ihren Magen und schüttelte den Kopf, denn sie weigerte sich zu glauben, was sie sah.

Sie war normal. Überhaupt nicht so wie ihre Mutter. Sie wurde auch nicht von innen heraus bei lebendigem Leib aufgefressen, weil ihr Verstand sich langsam, aber sicher gegen sich selbst richtete. Sie weigerte sich zu glauben, dass es dazu kommen konnte. Muster in den Wolken oder in einem See oder sogar zu Hause auf den Wänden waren Ausgeburten ihrer Fantasie, nichts weiter als Hirngespinste. Das wollte sie glauben, doch ihr Körper glaubte es nicht, und sie konnte sich nur mühsam dazu zwingen, auf dem Gehweg, der zum Haus führte, einen Fuß vor den anderen zu setzen.

Überlaute Musik schallte ihr entgegen, Klänge, die aus den Fenstern und durch jede Ritze dröhnten. Laut, blechern, ein scheppernder Lärm, der die Fensterscheiben wackeln ließ und ihr Gehirn ausfüllte, bis sie befürchtete, es würde zerspringen. Ihre Schritte verlangsamten sich. Musik in dieser Lautstärke war ein schlechtes Zeichen. Ein ganz schlechtes Zeichen. Der Verstand ihrer Mutter ließ sich, ebenso wie ihr eigener Verstand, manchmal einfach nicht zur Ruhe bringen, und wenn sich das Zählen oder einer der anderen Tricks nicht bewährte, nahm sie Zuflucht zum Trinken, einer Behandlung, die sie sich selbst verordnet hatte. Und wenn Marina trank …

Airiana stieß ihren Atem aus und öffnete widerstrebend die Haustür. Die Musik schmetterte ihr entgegen und stieß sie beinah rückwärts aus dem Haus.

»Um Gottes willen, Airi, bring deine Mutter dazu, das abzustellen. So geht es jetzt schon seit Stunden«, rief Wanda, ihre Nachbarin. »Ich habe an die Tür gehämmert, aber sie hat nicht aufgemacht – wie üblich.« Sie unterbrach sich, und ihr Gesichtsausdruck wurde anteilnehmend. »Komm später rüber, wenn du magst. Dann gibt es Abendessen. Du kannst auch etwas für deine Mutter mitnehmen.«

Sogar die Nachbarn wussten, dass Marina trank. Wie hätten sie es übersehen können? Die Musik war grauenhaft, und Airi schlief die meisten Nächte draußen, wo sie in Sicherheit war. Manchmal, wenn es mit dem Trinken ihrer Mutter richtig schlimm wurde, musste sie ihr alle Messer wegnehmen, um zu verhindern, dass sie sich selbst etwas antat. Das waren die schlimmsten Zeiten. Sie hütete sich jedoch davor, es jemandem zu erzählen. Vor allem da, wo sie wohnte und zur Schule ging, sprach sie nie darüber. Wenn man dort wüsste, wie schlimm die Zustände zu Hause mittlerweile waren, würde man sie ihrer Mutter wegnehmen.

»Danke, Wanda. Wahrscheinlich komme ich auf dein Angebot zurück.« Sie mochte Wanda. Die Frau war bar jeglicher Gemeinheit, und zu Airi und Marina war sie ganz besonders nett. Airi war zwar schon fast siebzehn, sah aber immer noch aus wie eine Zwölfjährige. Möglicherweise hatte ihr kindliches Äußeres zu Wandas Mitgefühl beigetragen, aber was auch immer der Grund sein mochte – Airi war froh, Wanda in der Nähe zu haben. Sie war vor etwa vier Jahren in die Gegend gezogen, und dafür war Airi dankbar. Sie war eine Freundin in besonders schlimmen Zeiten, eine, der sie sich anvertrauen konnte, wenn es wirklich grässlich war und sie einen Menschen brauchte, mit dem sie gefahrlos reden konnte.

Airi holte tief Atem, und ihr Magen hob sich, als sie das Wohnzimmer betrat. Trotz der Musik strahlte das Haus etwas Stilles und Unheilvolles aus, als sei sie geradewegs in die Kulisse eines Horrorfilms geraten. Sie hatte vier Schritte gemacht, als ihr der Geruch entgegenschlug. Blut. Jede Menge Blut.

»Mom«, flüsterte sie leise, und ihre Hand legte sich auf ihre Kehle. Das Blut rauschte in ihren Ohren, eine klare Warnung. Sie wollte sich nicht von der Stelle rühren, wollte hier und jetzt im Augenblick verharren, sich weder zurück noch nach vorn in der Zeit bewegen. Solange sie still dastand, würde alles in Ordnung sein. Ihre Mutter hatte schon viele Male angedroht, sich umzubringen, wenn sie betrunken war, aber Airiana hatte nicht geglaubt, dass sie es wirklich tun würde.

Das Haus knarrte. Die Musik dröhnte lautstark. Ihr Herz hämmerte einen fürchterlichen Rhythmus des Grauens in ihrer Brust. Sie versuchte, den kupferartigen Geruch nicht einzuatmen. Geistesabwesend wedelte sie mit einer Hand in Richtung Stereoanlage, und die Musik endete abrupt. Die Luft war in Bewegung, doch selbst das schwächte den grässlichen und beängstigenden Gestank nicht ab.

Sie presste ihre Lippen zusammen und zwang sich, in die Küche zu gehen. Dunkler Kaffee strudelte in einem Muster, einem weiteren Muster, über die fröhlichen blau-weißen Fliesen und sah aus wie ein verschlammter Fluss. Scherben des Lieblingsbechers ihrer Mutter lagen wie weiße Inseln in der dunklen, vergossenen Flüssigkeit verstreut. Eine weit aufgezogene Schublade kippte bedenklich nach unten, und ein Stuhl lag umgestoßen neben dem Küchentisch. Ihre Mutter war extrem ordnungsliebend. Sie hätte niemals und unter gar keinen Umständen ein solches Durcheinander zurückgelassen, nicht einmal dann, wenn sie sehr betrunken war – oder lebensmüde. Airis Herz schlug heftiger denn je.

»Mom«, rief sie wieder, diesmal etwas lauter. Ihre Stimme war voller Schmerz. Und Furcht. Es war die Stimme eines Kindes, das beschwichtigt werden wollte, und dabei hatte in der letzten Zeit oft sie die Erwachsene sein müssen.

Es kam keine Antwort. Sie schüttelte den Kopf und zwang ihre Füße, sich Schritt für Schritt durch den Flur zum Schlafzimmer ihrer Mutter zu bewegen. Langsam stieß sie die Tür auf. Das Zimmer war leer und tadellos aufgeräumt. Hier herrschte die Ordnung, die ihre Mutter immer aufrechterhalten hatte. Der Bettbezug war aus weißer Spitze, ebenso wie die Hüllen der Kopfkissen und der zahllosen Zierkissen. Marina liebte Weiß, diesen reinen Hintergrund, der sie beschwichtigte und zur Ruhe kommen ließ.

Airi lehnte sich an die Wand und schloss die Augen. Der Blutgeruch war jetzt überwältigend und im Flur noch viel stärker. Als sie den Kopf ein wenig umdrehte, konnte sie ein schmales rotes Rinnsal unter der Tür ihres Schlafzimmers heraussickern sehen. Ihr Körper wandte sich ganz von selbst von dem Anblick ab, eine ausgeprägte Fluchtreaktion, doch ihre Füße blieben erstarrt an Ort und Stelle stehen. Sie konnte sich nicht rühren. Sie konnte nicht fortgehen.

Wenn ihre Mutter in diesem Zimmer und noch am Leben war, brauchte sie Hilfe. Neben dem Spülbecken war keine Batterie von Flaschen mit alkoholischen Getränken ordentlich nebeneinander aufgereiht gewesen, wie ihre Mutter sie gern hinstellte. Es war auch kein Mixer eingestöpselt, um die Drinks zuzubereiten, die ihre Mutter literweise in sich hineinschüttete, wenn ihr Verstand zu chaotisch war und sie eine Atempause brauchte. In der Küche war Kaffee gewesen. Kaffee. Auf dem Fußboden.

Airi biss sich so fest auf die Lippen, dass es schmerzte. Sie musste nachsehen. Sie konnte nicht wie ein Feigling zum Haus ihrer Nachbarin laufen und sie bitten, als Erste einen Blick hineinzuwerfen. Mit angehaltenem Atem schaffte sie es durch den Flur zu ihrer Schlafzimmertür. Die Tür war angelehnt, doch sie konnte nicht hineinschauen. Ganz langsam stieß sie die Tür mit den Fingerspitzen auf, um ins Zimmer sehen zu können.

Sie schrie. Und schrie. Und schrie. Ihre Kehle war wund, und sie fühlte Blutgefäße platzen, doch sie schrie immer weiter, weil nichts mehr ihre Mutter retten würde – oder das, was noch von ihr übrig war.

Sie erkannte ihre Mutter nur an dem Kleid, das sie trug, ihrem Lieblingskleid. Dem Kleid, das sie anzog, wenn sie etwas mit Airi unternehmen wollte, was großen Spaß machte. Wenn sie versuchte, sie dafür zu entschädigen, weil es ihr oft so schlecht ging. Wenn sie nüchtern und fest entschlossen war, noch mal von vorn anzufangen und diesmal nüchtern zu bleiben.

»Airiana. Airiana.« Hände rüttelten an ihren Schultern. Sanfte Hände.

»Sie haben sie umgebracht. Sie haben sie gefoltert, und sie haben sie umgebracht.« Airiana Ridell schlug sich die Hände vors Gesicht und schluchzte wie der Teenager damals.

»Ich weiß, meine Süße. Ich bin hier. Dir kann nichts passieren. Sie ist an einem Ort, wo sie ihr nichts mehr antun können.«

Die ruhige, beschwichtigende Stimme durchbrach das Geflecht ihres Albtraums. Die Erinnerungen in derart lebhaften Einzelheiten waren grauenhaft. Als sei es gerade erst passiert, als hätte sie eben erst ihr Schlafzimmer betreten und ihre Mutter gefunden....

Erscheint lt. Verlag 12.1.2015
Reihe/Serie Die Sea-Haven-Serie
Übersetzer Ursula Gnade
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Air Bound (Sea Haven 3)
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Erotik • Fantasy • Lebensgefahr • Leidenschaft • Leidenschaft, Übersinnliche Kräfte, Magie, Liebe, Spannung, Paranormal Romance, Lebensgefahr • Liebe • Liebesromane • Magie • Paranormal Romance • Romantasy • Spannung • Übersinnliche Kräfte • Urban Fantasy
ISBN-10 3-641-14630-5 / 3641146305
ISBN-13 978-3-641-14630-6 / 9783641146306
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