Andromedanebel (eBook)

Roman - Meisterwerke der Science Fiction
eBook Download: EPUB
2015 | 1. Auflage
544 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-14402-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Andromedanebel -  Iwan Jefremow
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Aufbruch nach Andromeda
Wir schreiben das Jahr 3000, und das Universum ist komplett erforscht. Die Menschheit hat die nächste Entwicklungsstufe erklommen und zusammen mit den anderen zivilisierten Völkern des Universums den »Großen Ring« gegründet, eine Art intergalaktischen Staatenbund, der sich hauptsächlich der Weiterentwicklung von Wissenschaft und Kunst verschrieben hat. Als ein Forscherteam der Erde auf einem namenlosen Planeten notlanden muss und dort ein verlassenes Raumschiff entdeckt, das anscheinend von einer bisher unbekannten Zivilisation konstruiert wurde, steht die Menschheit vor einem Rätsel ...

Iwan Jefremow wurde 1908 im russischen Wyriza geboren und studierte an der Universität von Sankt Petersburg Paläontologie. Er war einer der führenden Mitarbeiter des paläontologischen Instituts und ist der Begründer der Taphonomie, der Fossilienlehre. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit widmete er sich dem Schreiben von Science-Fiction-Literatur. Sein größter Erfolg Andromedanebel erschien im Jahr 1958 und war einer der meistverkauften Romane der Sowjetunion. Iwan Jefremow starb 1972 in Moskau.

1Der Eisenstern

Im matten Deckenlicht erweckten die Messinstrumente den Eindruck einer Porträtgalerie. Die runden Anzeigen hatten verschmitzte Gesichter, die ovalen, waagrecht angeordneten ergingen sich in impertinenter Selbstzufriedenheit, und die quadratischen erstarrten in bornierter Selbstsicherheit. Verstärkt wurde diese Wirkung durch das flimmernde dunkel- und hellblaue, orangefarbene und grüne Licht, das von den Instrumenten ausging.

In der Mitte des gewölbten Pults hob sich ein großes flammendrotes Zifferblatt ab. Darübergebeugt stand in unbequemer Haltung ein junges Mädchen. Sie hatte den Sessel neben sich vergessen, und ihr Gesicht berührte fast die Glasscheibe. Der rote Widerschein machte das jugendliche Gesicht älter und strenger, warf tiefe Schatten um die etwas prallen Lippen und ließ die kleine Stupsnase spitz erscheinen. Die breiten zusammengezogenen Brauen waren tiefschwarz und verliehen ihren Augen den düsteren Blick eines dem Untergang geweihten Menschen.

Das feine Summen der Messgeräte wurde von einem metallischen Klicken unterbrochen. Das Mädchen zuckte zusammen, hob den Kopf, richtete sich auf und streckte den müden Rücken, indem sie die schlanken Arme anwinkelte und nach hinten drückte.

Hinter ihr schnappte die Tür ins Schloss, ein großer Schatten tauchte auf und verwandelte sich beim Näherkommen in einen Menschen mit exakten, eckigen Bewegungen. Dann leuchtete goldfarbenes Licht auf, und das dichte dunkelrote Haar des Mädchens schien Funken zu sprühen. Auch ihre Augen leuchteten auf, als sie dem Eintretenden mit einem Blick voll Sorge und Liebe begegneten.

»Warum schlafen Sie nicht? Hundert schlaflose Stunden …!«

»Wohl ein schlechtes Beispiel?«, fragte der Eintretende nicht lächelnd, aber doch fröhlich. In seiner Stimme klangen hohe metallische Töne mit, die seine Worte zusammenzunieten schienen.

»Alle anderen schlafen …«, begann das Mädchen schüchtern. »Und … wissen von nichts«, fügte sie flüsternd hinzu.

»Sprechen Sie ruhig laut. Ja, unsere Kameraden schlafen, nur wir beide halten hier im Kosmos Wache, und zur Erde sind es fünfzig Billionen Kilometer, im ganzen anderthalb Parsec

»Unser Anameson reicht nur noch für eine einzige Beschleunigung!« Schrecken und Begeisterung zugleich schwangen in der Stimme des Mädchens mit.

Mit zwei raschen Schritten war Erg Noor, der Leiter der siebenunddreißigsten Sternenexpedition, bei dem flammendroten Zifferblatt.

»Der fünfte Kreis!«

»Ja, wir sind schon auf dem fünften. Und … immer noch nichts.«

Das Mädchen warf einen vielsagenden Blick auf den Lautsprecher des automatischen Empfängers.

»Sehen Sie, ich darf gar nicht schlafen. Alle Varianten, alle Möglichkeiten müssen geprüft werden. Bis zum Ende des fünften Kreises muss eine Entscheidung her.«

»Aber bis dahin sind es noch ganze hundertzehn Stunden …«

»Gut, ich werde hier im Sessel etwas schlafen, sobald die Wirkung des Sporamins nachlässt, das ich vor vierundzwanzig Stunden eingenommen habe.«

Das Mädchen dachte angestrengt über etwas nach. »Vielleicht sollten wir den Radius des Kreises verringern?«, sagte sie schließlich. »Vielleicht ist ihre Sendeanlage ausgefallen?«

»Auf keinen Fall. Eine Verringerung des Radius ohne gleichzeitige Reduzierung der Geschwindigkeit bedeutet die sofortige Vernichtung des Schiffes. Aber die Geschwindigkeit zu drosseln und – dann ohne Anameson – eineinhalb Parsec mit der Geschwindigkeit einer altertümlichen Mondrakete zurückzulegen, geht auch nicht. Auf diese Weise würden wir unser Sonnensystem erst in hunderttausend Jahren erreichen.«

»Ich verstehe … Aber wenn sie …«

»Keine Widerrede. In alter Vorzeit war es denkbar, dass Menschen eine Unaufmerksamkeit unterlief. Damals konnten sie sich und andere noch betrügen. Aber doch heute nicht!«

»Das meine ich nicht«, sagte das Mädchen, und aus ihrer schroffen Antwort sprach Kränkung. »Ich wollte sagen, dass die Algrab uns vielleicht ebenfalls sucht und von ihrem Kurs abgewichen ist.«

»So stark konnte sie gar nicht abweichen. Sie muss zur berechneten und vereinbarten Zeit gestartet sein. Selbst wenn ihre beiden Sendegeräte ausgefallen wären, was nahezu undenkbar ist, so hätte sie den Kreis diametral gekreuzt, und dann hätten wir sie über den planetarischen Empfänger hören müssen. Ein Versagen ist ausgeschlossen – da ist er ja, der Planet, auf dem unser Rendezvous hätte stattfinden sollen!«

Erg Noor zeigte auf einen der Monitore, die in allen vier Seiten der Steuerzentrale in tiefen Nischen aufgestellt waren. In der schwarzen Finsternis leuchteten unzählige Sterne. Über den linken vorderen Monitor huschte eine nur schwach von ihrem weit entfernten Gestirn beleuchtete kleine graue Scheibe von der Peripherie des Systems B-7336-S+87-A.

»Unsere automatischen Funkstationen arbeiten genau, obwohl wir sie vor vier unabhängigen Jahren abgeworfen haben.« Erg Noor zeigte auf einen deutlich sichtbaren Lichtstreifen in einem der länglichen Fenster an der linken Wand. »Die Algrab hätte schon vor drei Monaten hier sein müssen.« Noor machte eine Pause, als fürchte er sich, das Urteil auszusprechen. »Das heißt«, sagte er schließlich, »dass die Algrab untergegangen ist!«

»Aber vielleicht ist sie ja nur von einem Meteoriten beschädigt worden und kann deshalb die notwendige Geschwindigkeit nicht mehr erreichen?«, entgegnete das rothaarige Mädchen.

»Kann deshalb die notwendige Geschwindigkeit nicht mehr erreichen!«, wiederholte Erg Noor. »Das ist genau dasselbe, als wenn sich zwischen dem Schiff und seinem Ziel ein Flugweg von einem Jahrtausend aufgetan hätte! Sogar noch schlimmer, da der Tod nicht sofort eintritt, sondern Jahre der Hoffnungslosigkeit vor dem endgültigen Untergang vergehen. Vielleicht rufen sie uns noch, das erfahren wir dann … in sechs Jahren … auf der Erde.«

Mit einer raschen Bewegung zog Erg Noor einen Klappsessel unter dem Tisch des Elektronenrechners, eines kleinen MNU-11 Modells, hervor. Bis heute war es aufgrund des gewaltigen Gewichts, der Ausmaße und der Empfindlichkeit unmöglich, das hochleistungsstarke Elektronengehirn vom Typ ITU in Sternenschiffen zu installieren – die einzige Maschine, die in der Lage gewesen wäre, das Sternenschiff absolut vollautomatisch zu steuern. Aber wie die Dinge lagen, musste immer ein Navigator in der Steuerzentrale anwesend sein, nicht zuletzt, weil es unmöglich war, den Kurs eines Schiffes auf so weite Entfernungen genau festzulegen.

Die Hände des Expeditionsleiters glitten mit der Gewandtheit eines Pianisten über die Hebel und Knöpfe der Rechenanlage. Das blasse Gesicht mit den markanten Zügen war wie aus Stein gemeißelt, die hohe Stirn, starr über das Pult gebeugt, schien den Elementarkräften des Schicksals zu trotzen, jenen Kräften, die die kleine menschliche Gemeinschaft bedrohten, die sich in verbotene Tiefen des Raumes vorgewagt hatte.

Nisa Krit, eine junge Astronavigatorin auf ihrem ersten Sternenflug, beobachtete schweigend und mit angehaltenem Atem den in sich versunkenen Noor. Wie ruhig und zugleich vor Energie und Geist strotzend war doch dieser geliebte Mensch! – Sie liebte ihn schon lange, die ganzen fünf Jahre, seit sie zusammen im Kosmos unterwegs waren. Es hatte keinen Sinn, es vor ihm zu verbergen … Nisa fühlte, dass er es wusste … Jetzt, nach diesem Unglück, durfte sie mit ihm den Dienst versehen. Drei Monate allein zu zweien, während die übrige Besatzung des Sternenschiffes in einem süßen hypnotischen Schlaf lag. Noch dreizehn Tage, dann würden auch sie ein halbes Jahr lang schlafen, während nacheinander Navigatoren, Astronomen und Mechaniker in zwei weiteren Dreimonatsschichten ihren Dienst versehen würden. Die übrigen Wissenschaftler, die Biologen und Geologen, deren Arbeit erst am Bestimmungsort beginnen würde, durften sogar noch länger schlafen, die Astronomen dagegen – ja, sie hatten die anstrengendste Arbeit!

Erg Noor stand auf, und Nisas Gedankengänge rissen ab.

»Ich gehe in die Sternkartenkabine.« Er blickte auf das Zifferblatt der Uhr, die die abhängige Zeit anzeigte. »Ihre Ruhepause beginnt in … neun Stunden. Ich habe genug Zeit, mich auszuschlafen, bevor ich Sie ablöse.«

»Ich bin nicht müde, ich werde hierbleiben, solange es nötig ist. Wichtig ist, dass Sie sich ausruhen können!«

Erg Noor runzelte die Stirn und wollte widersprechen, aber als er in die goldbraunen Augen blickte, die ihn so vertrauensvoll und zärtlich anblickten, gab er sich geschlagen und ging wortlos hinaus.

Nisa setzte sich in den Sessel, warf gewohnheitsmäßig einen Blick auf die Geräte und versank dann in tiefes Nachdenken.

Über ihr und rund um sie herum leuchteten schwarz die Monitore der...

Erscheint lt. Verlag 12.1.2015
Übersetzer Annemarie Kienpointner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Туманность Андромеды (Andromeda Nebula)
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte eBooks • Fremde planeten • Iwan Jefremow • Meisterwerke der Science Fiction • Raumschiff • russische Science Fiction • Science Fiction • Science Fiction, Iwan Jefremow, Meisterwerke der Science Fiction, Raumschiff, fremde Planeten, russische Science Fiction
ISBN-10 3-641-14402-7 / 3641144027
ISBN-13 978-3-641-14402-9 / 9783641144029
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