Felsenfest (eBook)

Alpenkrimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2014 | 1. Auflage
432 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-402659-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Felsenfest -  Jörg Maurer
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Am Abgrund macht der Tod den ersten Schritt. Kult-Ermittler Hubertus Jennerwein löst seinen persönlichsten Fall: Der sechste Alpenkrimi von Bestseller-Autor Jörg Maurer Geiselnahme auf einem Gipfel über dem idyllischen alpenländischen Kurort! Ein maskierter Mann bringt brutal eine Wandergruppe in seine Gewalt. Er stößt Drohungen aus, verlangt nach Informationen. Kurz danach stürzt eine Geisel den Abgrund hinunter. Als Kommissar Jennerwein alarmiert wird, merkt er schockiert, dass er alle Opfer persönlich kennt - aus der Schulzeit. Kennt er womöglich auch den Mörder? Hat der Fall etwas mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun? Während sein Team grantige Geocacher jagt, macht das Bestatterehepaar a.D. Grasegger in Grabgruften und Grundbüchern eine brisante Entdeckung. Jetzt muss Jennerwein alles anzweifeln, woran er felsenfest geglaubt hat ... »Auf höchstem Alpen-Niveau. Ein Glück für die deutsche Unterhaltungsliteratur.« Deutschlandfunk »Zu Recht mit Kultstatus behaftet. Kommissar Jennerwein auf dem Bestsellergipfel.« Westdeutsche Allgemeine »Da schreibt einer, der weiß, was er tut. Sehr unterhaltsam.« Süddeutsche Zeitung

Jörg Maurer liebt es, seine Leserinnen und Leser zu überraschen. Er führt sie auf anspielungsreiche Entdeckungsreisen und verstößt dabei genussvoll gegen die üblichen erzählerischen Regeln. In seinen Romanen machen hintergründiger Witz und unerwartete Wendungen die Musik zur Spannungshandlung. All dies hat Jörg Maurer auch schon auf der Bühne unter Beweis gestellt. Als Kabarettist feierte er mit seinen musikalisch-parodistischen Programmen große Erfolge und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine inzwischen fünfzehn Jennerwein-Romane sind allesamt Bestseller. Sein Roman »Shorty« war ebenfalls erfolgreich. Jörg Maurer lebt zwischen Buchdeckeln, auf Kinositzen und in Theaterrängen, überwiegend in Süddeutschland.

Jörg Maurer liebt es, seine Leserinnen und Leser zu überraschen. Er führt sie auf anspielungsreiche Entdeckungsreisen und verstößt dabei genussvoll gegen die üblichen erzählerischen Regeln. In seinen Romanen machen hintergründiger Witz und unerwartete Wendungen die Musik zur Spannungshandlung. All dies hat Jörg Maurer auch schon auf der Bühne unter Beweis gestellt. Als Kabarettist feierte er mit seinen musikalisch-parodistischen Programmen große Erfolge und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine inzwischen fünfzehn Jennerwein-Romane sind allesamt Bestseller. Sein Roman »Shorty« war ebenfalls erfolgreich. Jörg Maurer lebt zwischen Buchdeckeln, auf Kinositzen und in Theaterrängen, überwiegend in Süddeutschland.

Dass er dabei (…) nicht gerade zimperlich zur (literarischen) Sache geht, macht ihn fraglos zu einem der besten und ungewöhnlichsten Vertreter seiner Zunft.

Eine farbige, bilderreiche Sprache, viel Lokalkolorit, schräge Gags. Es hagelt satirische Spitzen.

›Felsenfest‹ ist eine oft amüsante Mischung von kauziger Fantasie, Selbstironie und der puren Lust am Fabulieren.

Keiner kann Realsatire so gut wie Maurer. Seine Jennerwein-Krimis sind ein kabarettistisch-literarisches Feuerwerk, die perfekte Dosis zum Dauergrinsen. (…) Maurer ist Kult.

Das ist böse, aber auch höchst vergnügt.

Ein Buch wie eine Woche Urlaub in den Alpen.

Er hat erneut zugeschlagen. Gnadenlos. Fesselnd. Fast schon mörderisch - mörderisch lustig.

Nach ›Unterholz‹ ist ›Felsenfest‹ erneut ein sprachspielerisch kriminalistischer Glücksfall.

1


Die silberglänzenden Kalksteinspitzen stachen wie Dolche in die klare Bergluft. Einige winzige Wolken scheuerten sich an ihnen und lösten sich in blauen Himmel auf. Die Augustsonne brannte unbarmherzig ins Tal. Doch oben auf einem der glitzernden Gipfel, in knapp zweitausend Meter Höhe, rupfte ein eisiger Wind an den ergrauten Haaren der kleinen, verstörten Schar von Bergwanderern, die mit gesenkten Köpfen am Boden hockten. Nur eine Gestalt saß hoch aufgerichtet auf einem Felsen. Der Mann trug eine graue Windjacke, sein Kopf war verhüllt von einer Skimütze mit Sehschlitzen und einer herausgeschnittenen Aussparung für den Mund. Er hatte gerade ein paar Worte in ein Megaphon gefaucht, die groben, militärisch kurzen Kommandos schienen noch in der Luft zu hängen. Die Wanderer waren starr vor Angst, niemand bewegte sich. Das weitläufige Gipfelplateau bot ihnen ausreichend Platz zum Sitzen, aber nur wenige Meter entfernt gähnte der Abgrund. Das machte die Situation noch bedrohlicher. Die Windböen ebbten langsam ab. Der Mann ließ das Megaphon sinken. Einige Mutige riskierten einen Blick. Unvermittelt riss sich der Megaphonmann die Sturmmaske vom Kopf. Viele der Wanderer schrien auf. Sie glaubten zu wissen, was es bedeutete, wenn ein Geiselnehmer sein Inkognito aufgab. Doch zu ihrer aller Überraschung erschien keine kantige Verbrechervisage, sondern ein längliches, glattes Gesicht mit einer sauber geschnittenen Pagenfrisur. Es war das Gesicht einer jungen Frau. Ihre Lippen waren grellrot geschminkt, die Frisur saß fest wie Stahlbeton, ihre Miene veränderte sich keinen Millimeter. Sie drehte die starre Fratze langsam herum und ließ ihren Cyberblick in kleinen ruckartigen Bewegungen über die Wanderer schweifen. Die mechanische Künstlichkeit, die maschinenhafte Präzision der Kopfdrehung verschlug allen den Atem. Mancher begriff erst nach und nach, dass die Gestalt eine Kapuzenmaske aus Kunststoff trug. Auf dem Schoß der schrecklichen Maskenfrau lag eine kompakte Maschinenpistole. Das schwarze, ölig glitzernde Auge der Laufmündung schien alle böse und unheilverkündend anzuglotzen.

 

Die Geisel, die der Frau am nächsten saß, trug eine verwitterte Joppe und eine abgetragene Kniebundhose. Aus dem braungebrannten Gesicht leuchteten helle, bewegliche Augen. Der graue Bart wirkte frisch gestutzt, der Mann war rundherum eine sympathische Erscheinung. Jetzt war er starr vor Entsetzen. Die anderen Teilnehmer der Wanderung befanden sich hinter ihm, fünf Meter vor ihm hatte sich die maskierte Gestalt auf den Felsen gesetzt. Der Bärtige war immer noch fassungslos, wie das hatte passieren können. Am Anfang hatte er den Tumult und das wilde Gekreische gar nicht so richtig ernst genommen. Doch jetzt saß da einer auf dem Stein und bedrohte sie mit einer echten Waffe. Wie um Gottes willen hatte das geschehen können? Der Bärtige versuchte, seine Gedanken zu sammeln. Er war sich sicher: Die bewaffnete Gestalt dort auf dem Felsbrocken war ein Mann. Die Körperhaltung und auch der Gang deuteten darauf hin. Es war ein Mann, der eine Frauenmaske trug. Genauer gesagt, eine Lady-Gaga-Maske aus dem Faschingsbedarf, was der Gestalt noch einen Tick mehr absurde Gefährlichkeit gab. Denn die Waffe auf Lady Gagas Schoß war kein Karnevalsrequisit. Das konnte der Bärtige erkennen. Er war beim Bund gewesen. Er konnte die zweieinhalb Kilo schwere russische Bison PP-19 von einer wesentlich leichteren Nachbildung durchaus unterscheiden.

»Man kann es daran erkennen, wie die Waffe gehalten wird«, hatte ihnen ihr Ausbilder bei der Bundeswehr erklärt. Ein paar heftige Windstöße fegten über den Gipfel, der Kidnapper wartete sie regungslos ab und führte das Megaphon langsam zur Mundöffnung der Maske. Der Bärtige schloss die Augen und lauschte angestrengt, ob er die Stimme erkannte. Fehlanzeige. Man konnte die Stimme auf diese Weise nicht identifizieren. Panik stieg in ihm auf. Es war doch so ein lustiger Ausflug gewesen. Und dann hatte er solch eine grauenvolle Wendung genommen.

 

»Ich weiß, dass ihr euch jetzt fragt, wer ich bin. Und ob ihr diese Stimme schon mal gehört habt!«, tönte es wie zum Hohn aus dem Megaphon. »Ihr werdet es nicht herausfinden, strengt euch also gar nicht erst an. Haltet euch an das, was ich gesagt habe: Alle gucken nach vorne. Niemand nimmt Kontakt zum anderen auf. Ihr bleibt einfach so sitzen, wie ihr jetzt sitzt, und wartet auf weitere Anweisungen. Wenn jemand aus der Reihe tanzt, dann spricht Lady Gaga Nummer zwo.«

Er hob die Bison in die Höhe und schwenkte sie über die Sitzenden, die sich instinktiv duckten. Manche schrien wimmernd auf.

»Für diejenigen unter euch, die keine Ahnung von Waffen haben: Das da in meiner Hand ist eine russische Bison PP-10-9!«

Er sprach die Waffenbezeichnung langsam und drohend aus. Pe! Pe! Zehn! Neun! Jede Silbe ein Pistolenknall.

»Sechshundert Schuss in der Minute sind kein Problem für sie. Und das reicht für alle hier.«

Der Geiselnehmer erhob sich von seinem Stein, stapfte zum Gipfelkreuz, öffnete den hölzernen Aufbewahrungskasten für das Gipfelbuch, nahm einen Stapel Masken heraus und hielt sie in die Höhe.

»Jeder von euch streift sich jetzt so ein Ding über. Und ich sag es nochmals: Niemand von euch spricht. Niemand macht Zeichen. Niemand sieht sich um. Niemand macht irgendetwas

Er sprang vom Felsen, ging ein paar Schritte in Richtung der Geiseln und warf jedem von ihnen eine Maske vor die Füße. Der Bärtige wunderte sich. Warum legte der Gangster solchen Wert darauf, dass sie sich nicht ansahen? Er spähte nach hinten. Dort saßen zwei seiner Freunde, die sich gerade in Lady-Gaga-Doubles verwandelten. Wo war der Gangster hergekommen? Hatte er sie hier oben erwartet? Hatte er sich auf dem letzten Wegstück, das kurvig und unübersichtlich war, unter sie gemischt? Oder – und jetzt erschrak er zutiefst – war er womöglich die ganze Zeit dabei gewesen, und war er infolgedessen einer von ihnen?

 

»Und nun zum Sinn dieser Veranstaltung. Ich habe vor, mich mit einem von euch – sagen wir – auszusprechen. Dieser eine weiß das wahrscheinlich auch schon, und er weiß, um was es geht. Die anderen haben nichts zu befürchten. In ein paar Stunden werden alle wieder frei sein. Bis dahin geben wir alle zusammen ein köstliches Bild ab!«

Der Gangster lachte hämisch.

»Wenn ich mir das so anschaue, verwandeln wir uns gerade in eine lustige Wandergruppe, bestehend aus lauter Lady Gagas, die sich gemeinsam einen originellen Spruch fürs Gipfelbuch ausdenken.«

Wieder schlug er ein hölzernes, fieses Lachen an, doch er beherrschte sich sofort wieder. Die Menschen, die am Boden kauerten, rührten sich nicht. Auch der Graubärtige mit der abgewetzten Kniebundhose wagte kaum, zu atmen. Geschweige denn, sich nochmals nach den anderen umzusehen. Beim Abmarsch vor zwei Stunden waren sie eine fröhliche Ausflüglertruppe von vierzehn Leuten gewesen. Während der Wanderung waren andere Bergsteiger zu ihnen aufgeschlossen, hatten sich unter sie gemischt, hatten sich bei Weggabelungen wieder von ihnen getrennt. Oben auf dem Gipfelplateau war dann alles so furchtbar schnell gegangen.

 

Der Bärtige drehte den Kopf unmerklich nach hinten. Der Kidnapper war immer noch dabei, den korrekten Sitz der Lady-Gaga-Fratzen zu überprüfen. Als er in eine andere Richtung schaute, zerrte der Bärtige an seiner Fessel. Keine Chance, sie zu lösen. Eine Art Zelthering war in die Erde eingeschlagen, der dicke, silberne Haken trug oben einen stabilen Ring. Diese Haken waren schon in der Erde verankert gewesen, als sie alle den Gipfel erreicht hatten. Sie hatten die kleinen silbernen Dinger nicht bemerkt. Sie waren atemlos und erschöpft hier oben angekommen, sie hatten ihre Rucksäcke wohlig stöhnend abgestreift und sich sofort in der moosigen weichen Mulde in der Mitte des Gipfelplateaus niedergelassen, vor dem Gipfelkreuz und dem großen Stein. Einige hatten sich auf den Rücken gelegt und die Augen geschlossen, um sich die Höhensonne auf die Nase brennen zu lassen. Manche hatten sich eine Zigarette angesteckt – und die anderen wedelten gespielt angeekelt mit den Händen. Siegfried Schäfer, der hochaufgeschossene Oberforstrat, hatte noch einen kleinen Vortrag über die Vegetation hier oben gehalten. Uta Eidenschink, die sangesfreudige Rothaarige, hatte ein Wanderlied geschmettert, ein paar andere hatten eingestimmt. Plötzlich, aus heiterem Himmel, völlig unerwartet, war eine maskierte Gestalt in ihrer Mitte gestanden. Kein Mensch hatte gesehen, woher sie gekommen war. Die Gestalt hatte einen kleinen Trichter in der Hand gehalten, ein Kindermegaphon aus dem Spielzeugladen, hatte etwas von Überraschung! Überraschung! gerufen, hatte jedem die Hand nach unten geführt – und innerhalb von wenigen Sekunden hing das gute Dutzend Wanderer mit Handschellen an den Ringen, die bis dahin unbemerkt geblieben waren. Sie hatten sich vermutlich deshalb so leicht überrumpeln lassen, weil keiner mit solch einer Aktion gerechnet hatte. Im Gegenteil, sie hatten es für einen Scherz gehalten, für einen spielerischen Programmpunkt der Wanderung. Einige hatten lachend protestiert und spaßhaft neckisch gemurrt. Ein paar hatten flotte Sprüche parat:

»Gibts denn jetzt beim Bergsteigen auch schon Bondage?«

Andere dachten wohl an den Hobbyzauberer mit dem Spitznamen ›Houdini‹, der mit ihnen gegangen war und der ein paar Zauberkunststücke draufhatte, die er bei jeder Gelegenheit zum Besten gab. Zersägte Jungfrau, Kaninchen aus dem Hut, das Übliche – und heute...

Erscheint lt. Verlag 6.3.2014
Reihe/Serie Kommissar Jennerwein ermittelt
Kommissar Jennerwein ermittelt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alpen • Alpenkrimi • Bestatter a.D. • Bischof Emicho • Garmisch-Partenkirchen • Geiselnahme • Grasegger • Hubertus Jennerwein • Jennerwein • Klassentreffen • Kommissar Jennerwein • Kramer • Mitschüler • Werdenfels
ISBN-10 3-10-402659-9 / 3104026599
ISBN-13 978-3-10-402659-6 / 9783104026596
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