Sag, es tut dir leid (eBook)

Psychothriller
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
480 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-09343-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sag, es tut dir leid -  Michael Robotham
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Zwei vermisste Mädchen, zwei brutale Morde, ein grausames Geheimnis
Als Piper Hadley und ihre Freundin Tash McBain spurlos verschwinden, ahnt niemand, dass sie entführt wurden. Erst nach drei Jahren gelingt Tash die Flucht. Doch sie kommt nie zu Hause an. Dann wird eine Leiche in einem zugefrorenen See entdeckt. Handelt es sich um eines der Mädchen? Der Psychologe Joe O'Loughlin soll helfen, den Täter zu finden. Was er nicht weiß: Piper kauert währenddessen in ihrem Verlies und hofft verzweifelt auf Rettung. Denn der Mann, der sie in seiner Gewalt hat, ist in seinem Wahn zu allem fähig.

Michael Robotham wurde 1960 in New South Wales, Australien, geboren. Er war lange als Journalist tätig, bevor er sich ganz der Schriftstellerei widmete. Mit seinen Romanen stürmt er regelmäßig die Bestsellerlisten und wurde bereits mit mehreren Preisen geehrt, unter anderem mit dem renommierten Gold Dagger. Michael Robotham lebt mit seiner Familie in Sydney.

Ich heiße Piper Hadley und

ich werde seit dem letzten Samstag der Sommerferien vor drei Jahren vermisst. Ich habe mich nicht in Luft aufgelöst, und ich bin auch nicht weggelaufen, wie damals viele Leute geglaubt haben (sofern sie nicht dachten, ich sei sowieso schon tot). Und trotz allem, was man vielleicht gehört oder gelesen hat, bin ich auch nicht in ein fremdes Auto eingestiegen oder mit einem perversen Pädo durchgebrannt, den ich im Internet kennengelernt habe. Ich wurde weder an ägyptische Sklavenhändler verkauft noch von einer Bande Albaner zur Prostitution gezwungen. Und dass ich auf einer Luxusjacht nach Asien verschleppt wurde, stimmt auch nicht.

Ich war die ganze Zeit hier – weder im Himmel noch in der Hölle noch an dem Ort dazwischen, dessen Name mir nie einfällt, weil ich im Kindergottesdienst nicht aufgepasst habe. (Ich bin bloß wegen dem Kuchen und dem Saft danach hingegangen.)

Ich weiß nicht ganz genau, wie viele Tage, Wochen oder Monate ich schon hier bin. Ich habe versucht mitzuhalten, aber mit Zahlen hab ich es nicht so. Im Rechnen bin ich ehrlich gesagt eine absolute Niete. Fragt Mr Monroe, meinen alten Mathelehrer. Der behauptet, ihm seien die Haare ausgefallen, als er mir das Lösen von Gleichungen beibringen wollte. Das ist übrigens totaler Blödsinn. Er war schon kahler als eine Schildkröte auf Chemo, bevor er mich je unterrichtet hat.

Jeder, der damals die Nachrichten verfolgt hat, weiß, dass ich nicht allein verschwunden bin. Meine beste Freundin Tash war bei mir. Ich wünschte, sie wäre jetzt hier. Ich wünschte, sie hätte sich nicht durch das Fenster gezwängt. Ich wünschte, ich wäre an ihrer Stelle entkommen.

In Geschichten über vermisste Kinder heißt es immer, sie würden von Herzen geliebt, und ihre Eltern wünschten sie sich sehnlichst zurück, egal ob das stimmt oder nicht. Damit will ich nicht sagen, dass sie nicht geliebt und vermisst werden, doch das ist nicht die ganze Wahrheit.

Schüler, die bei Prüfungen glänzen, laufen nicht weg. Mädchen, die bei Schönheitswettbewerben gewinnen, laufen nicht weg. Und auch nicht solche, die mit heißen Typen zusammen sind. Sie haben einen Grund zu bleiben. Aber was ist mit denen, die gemobbt werden? Die magersüchtig sind oder wegen ihres Aussehens Komplexe haben? Oder die die Streitereien ihrer Eltern leid sind? Es gibt eine Menge Gründe, die Jugendliche dazu bringen, und keiner hat etwas damit zu tun, ob man von seinen Eltern geliebt wird oder gewollt ist.

Ich will nicht an Tash denken, weil ich weiß, dass mich das aufregen wird. Meine Sauklaue ist auch so schon schwer zu entziffern, was eigentlich seltsam ist, weil ich mit neun sogar mal einen Schönschriftwettbewerb gewonnen habe. Als Preis gab es einen Füller in einer schicken Schachtel, an der ich mir beim Zumachen immer die Finger geklemmt habe.

Wir sind zusammen verschwunden, Tash und ich. Es war ein Sommer mit heißen Winden und heftigen Gewittern, die kamen und gingen wie, nun ja, Gewitter eben. Es war ein klarer Abend Ende August, der letzte Tag des Bingham Summer Festivals. Die Karussells liefen nicht mehr, und die bunten Lichter waren gelöscht.

Unser Verschwinden wurde erst am nächsten Morgen bemerkt. Am Anfang haben nur unsere Familien nach uns gesucht, dann riefen auch Nachbarn und Freunde unsere Namen auf Spielplätzen und Straßen, über Hecken und Felder. Als die Stunden sich anhäuften, alarmierten sie die Polizei, die eine richtige Suche einleitete. Hunderte von Menschen versammelten sich auf einem Kricketplatz und wurden in Trupps unterteilt, die die Bauernhöfe und Wälder entlang des Flusses durchsuchten.

Am zweiten Tag waren fünfhundert Leute im Einsatz, Polizeihubschrauber, Spürhunde und Soldaten von der Royal Air Force. Dann kamen die Journalisten mit ihren Satellitenschüsseln und Übertragungswagen, die auf dem Bingham Green parkten und die Einheimischen für die Benutzung der Toiletten bezahlten. Vor der Stadtuhr stehend berichteten Reporter den Leuten, dass es nichts zu berichten gebe, doch sie taten es trotzdem. Tagelang ging das so, auf allen Sendern rund um die Uhr, weil die Öffentlichkeit auf den neusten Stand des Nichts gebracht werden wollte.

Sie nannten uns die »Bingham Girls«, und die Leute häuften Blumen zu Gedenkstätten und banden gelbe Bänder um Laternenpfähle. Sie kamen mit Luftballons, Stofftieren und Kerzen an, genau wie damals bei Prinzessin Dianas Tod. Vollkommen Fremde beteten für uns, weinten, als seien wir ihre Kinder, als würden wir die Tragödien ihres eigenen Lebens auf den Punkt bringen.

Wir waren wie die beiden Geschwister aus dem Märchen, wie Hänsel und Gretel, oder wie die verschwundenen Mädchen aus Soham in ihren identischen Man-United-Trikots. Ich erinnere mich an die Mädchen aus Soham, weil unsere Schule ihren Familien Karten geschickt hat, auf denen stand, wir würden für sie beten.

Ich mag diese alten Märchen nicht – die, in denen Kinder von Wölfen gefressen oder von Hexen eingesperrt werden. In unserer Grundschule hat man Hänsel und Gretel aus dem Bücherregal genommen, weil einige Eltern sich beschwert hatten, dass es zu unheimlich für Kinder sei. Mein Dad nannte solche Leute politisch korrekte Korinthenkacker und meinte, als Nächstes würden sie wahrscheinlich Humpty Dumpty als eine Verherrlichung von Gewalt gegen ungeborene Küken verbieten.

Mein Dad ist nicht gerade berühmt für seinen Humor, doch manchmal kann er echt komisch sein. Einmal hat er mich so zum Lachen gebracht, dass mir der Tee aus der Nase gekommen ist.

Die Tage vergingen, und der Ansturm der Reporter nahm kein Ende. Kameras schwenkten durch unsere Häuser, die Treppe hinauf in unsere Zimmer. An der Türklinke hing mein BH, und auf dem Nachttisch stand eine leere Tamponschachtel. Sie nannten es ein typisches Teenagerzimmer wegen der Poster, der kleinen, bunten Steinsammlung und den Schnappschüssen aus dem Fotoautomat, auf denen ich mit meinen Freundinnen drauf bin.

Meine Mum hätte normalerweise einen Anfall bekommen, weil das Haus so chaotisch war, aber ihr war offenbar nicht nach Aufräumen. So wie sie aussah, war ihr wohl jeder Atemzug zu viel. Meistens hat Dad geredet, trotzdem kam er rüber wie ein Mann weniger Worte, der starke stille Typ.

Unsere Eltern rekonstruierten unsere letzten Tage, setzten sie aus Fetzen von Informationen zusammen, wie bei den Alben, die Leute von ihren neugeborenen Babys machen. Jedes Detail war wichtig. Welches Buch habe ich gelesen: Supergute Tage – zum sechsten Mal. Welche DVD ich mir zuletzt ausgeliehen habe: Shaun of the Dead. Ob ich einen Freund habe: Ja, klar!

Jeder hatte eine Geschichte über uns zu erzählen – sogar die Leute, die uns nie leiden konnten. Wir waren aufgeweckt, fröhlich, beliebt und fleißig; glatte Einserschülerinnen. Ich hab mich kaputtgelacht.

Die Leute haben uns einen unechten Heiligenschein verpasst, uns zu den Engeln gemacht, die sie sich gewünscht hätten. Unsere Mütter waren anständig, unsere Väter schuldlos. Perfekte Eltern, die es nicht verdient hatten, so gequält zu werden.

Tash war die Intelligente und Hübsche. Und sie wusste es. Trug immer kurze Röcke und enge Tops. Selbst in ihrer Schuluniform sah sie umwerfend aus, mit Brüsten, die ihre Ankunft wie eine Kühlerfigur ankündigten. Es waren die Brüste einer erwachsenen Frau, einer Frau, die Glück gehabt hatte, einer Frau, die BHs vorführen oder bei einer Automesse die Motorhaube eines Sportwagens zieren könnte. Und sie fachte die Aufmerksamkeit noch weiter an, krempelte den Bund ihres Rockes um, um ihn noch kürzer zu machen, oder ließ den obersten Knopf ihrer Bluse offen.

Mit fünfzehn ist das Aussehen eines Mädchens ziemlich unberechenbar. Manche blühen auf, andere spielen Klarinette. Ich war dünn und hatte Sommersprossen, einen großen Mob wirrer schwarzer Haare, ein spitzes Kinn und Wimpern wie ein Lama. Meine körperlichen Vorzüge waren noch nicht bei mir angekommen oder einer anderen zugestellt worden, die vermutlich inniger oder überhaupt darum gebetet hatte.

Ich war eher für Tempo als für tief ausgeschnittene Kleider und kurze Röcke gebaut. Spindeldürr, eine Läuferin, Zweite der Landesmeisterschaften in meiner Altersgruppe. Mein Vater meinte, ich wäre ein halber Windhund, bis ich ihn darauf hinwies, dass der Vergleich mit einem Hund meinem Selbstbewusstsein nicht förderlich sei. Unscheinbar, lautete die Beschreibung meiner Großmutter. Ein Bücherwurm, sagte meine Mutter. Sie hätten mich auch ein Mauerblümchen nennen können, allerdings weiß ich gar nicht, wie Mauerblümchen aussehen. Verglichen mit mir wahrscheinlich gut.

Tash war ein hässliches Entlein, das zu einem Schwan erblühte, während ich ein hässliches Entlein war, das zu einer Ente heranwuchs – ein weniger glückliches Ende, ich weiß, aber so was kommt weit häufiger vor. Anders ausgedrückt, wenn ich eine Schauspielerin in einem Horrorfilm wäre, würde man einen Blick auf mich werfen und sagen: »Die muss dran glauben.« Während Tash das Mädchen wäre, das sich in der Dusche auszieht, im letzten Moment gerettet wird und bis an sein Lebensende mit dem Helden und seinen perfekten Zähnen glücklich ist.

Vielleicht hat sie dieses Happy End verdient, weil ihr echtes Leben nicht sonderlich lustig war. Tash ist in einem...

Erscheint lt. Verlag 16.9.2013
Reihe/Serie Joe O'Loughlin und Vincent Ruiz
Übersetzer Kristian Lutze
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Robotham Michael, Say you're sorry
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte eBooks • Joe O'Loughlin • Joe O'Loughlin, Vincent Ruiz, Oxford, Psychothriller, Psychologe • Oxford • Psychologe • Psychothriller • Thriller • Vincent Ruiz
ISBN-10 3-641-09343-0 / 3641093430
ISBN-13 978-3-641-09343-3 / 9783641093433
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