Das Buch der verschollenen Geschichten (eBook)

1. & 2. Teil
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2013 | 22. Auflage
964 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-10646-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Buch der verschollenen Geschichten -  J.R.R. Tolkien
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Die frühesten Geschichten über Mittelerde, die Tolkien seit 1916 aufschrieb, sind hier gesammelt. Im »Herrn der Ringe« wird ständig auf sie hingewiesen, denn sie sind die Götter- und Heldensagen der Welt Mittelerde. Die beiden Bände sind auch einzeln erhältlich. Einst landete Eriol der Seefahrer im fernen Westen auf Tol Eressa, der Einsamen Insel, wo die Elben wohnen. Gastfreundschaft wurde ihm gern gewährt, denn selten fand ein Sterblicher den verborgenen Weg und keiner kennt die Wunder, welche seit Anbeginn der Welt geschahen. Am abendlichen Feuer lauschte er begierig den Geschichten von Ilúvatar und seinem Weltplan, von der Musik der Ainur, von der Ankunft der Valar und der Gründung ihres Segensreiches, von Melko, der sich mit der Spinnerin der Nacht verbündete und großes Leid über die Welt gebracht hat, von der Ankunft der Elben und der Erbauung Kôrs, der glänzenden Stadt, von den Noldoli und ihrer Unzufriedenheit, von Aules großer Arbeit, von der Verhüllung Valinors und der Ankunft der Menschen. Unzählige Geschichten hat Tolkien erdacht, als er die Götter- und Heldensagen von Mittelerde niederschrieb. Und oft finden sich nur Spuren von ihnen, oft nur fremdklingende Namen wie ferne Echos vergangener Zeiten im »Herrn der Ringe«, der einzigen großen Geschichte, die er vollendet hat. Es waren Geschichten, die damals, als die Hobbits auf Mittelerde lebten, bereits als verloren galten. Im legendären »Buch der verschollenen Geschichten«, dem ältesten Weltentwurf Tolkiens, älter noch als »das Silmarillion«, sind sie aufgezeichnet. Der Zugang ist schwierig, denn die Textsituation ist, da Tolkien die Geschichten häufig mehrfach überarbeitet hat, nicht immer eindeutig. Doch die Mühe, die der Herausgeber Christopher Tolkien auf die Entzifferung und Rekonstruktion verwendet hat, wird reichlich belohnt. Einige der schönsten Geschichten aus Mittelerde werden so zum erstenmal zugänglich, und zum letztenmal kann man die Stimme J.R.R. Tolkiens hören. Der Herausgeber dieses auf zwei Bände angelegten Geschichtsbuches ist der jüngste Sohn J.R.R. Tolkiens, Christopher - ein Mittelerde-Kenner, wie es keinen zweiten gibt. In jahrelanger Arbeit hat er die teilweise fragmentarischen, teilweise nur mühsam zu entziffernden handschriftlichen Notate geordnet, mit ausführlichen Kommentaren (vor allem zur Etymologie der Elbensprachen) versehen und nach dem Plan des Vaters zusammengestellt. Zwei ausführliche Register machen den Band zu einem unentbehrlichen Nachschlagewerk; zwei bisher unveröffentlichte Weltskizzen illustrieren die Erzählungen.

J.R.R. Tolkien wurde am 3. Januar 1892 geboren. Er gilt als einer der angesehensten Philologen weltweit, vor allem ist er jedoch als Schöpfer von Mittelerde und Autor des legendären Der Herr der Ringe bekannt. Seine Bücher wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt und haben sich weltweit millionenfach verkauft. Ihm wurde ein Orden des Britischen Empire (CBE) und die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford verliehen. Er starb 1973 im Alter von 81 Jahren.

J.R.R. Tolkien wurde am 3. Januar 1892 geboren. Er gilt als einer der angesehensten Philologen weltweit, vor allem ist er jedoch als Schöpfer von Mittelerde und Autor des legendären Der Herr der Ringe bekannt. Seine Bücher wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt und haben sich weltweit millionenfach verkauft. Ihm wurde ein Orden des Britischen Empire (CBE) und die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford verliehen. Er starb 1973 im Alter von 81 Jahren. Christopher Tolkien, geboren am 21. November 1924, war der dritte Sohn J.R.R. Tolkiens. Als literarischer Nachlassverwalter widmete er sich mehr als vierzig Jahre lang der Veröffentlichung der unveröffentlichten Werke seines Vaters, vom Silmarillion und den Nachrichten aus Mittelerde über Beren und Lúthien bis hin zu Der Fall von Gondolin und der Reihe The History of Middle-earth. 2016 wurde er mit der die Bodley-Medaille für seine Verdienste um die Literatur geehrt. Er starb im Januar 2020 im Alter von 95 Jahren. J.R.R. Tolkien wurde am 3. Januar 1892 geboren. Er gilt als einer der angesehensten Philologen weltweit, vor allem ist er jedoch als Schöpfer von Mittelerde und Autor des legendären Der Herr der Ringe bekannt. Seine Bücher wurden in mehr als 80 Sprachen übersetzt und haben sich weltweit millionenfach verkauft. Ihm wurde ein Orden des Britischen Empire (CBE) und die Ehrendoktorwürde der Universität Oxford verliehen. Er starb 1973 im Alter von 81 Jahren. Christopher Tolkien, geboren am 21. November 1924, war der dritte Sohn J.R.R. Tolkiens. Als literarischer Nachlassverwalter widmete er sich mehr als vierzig Jahre lang der Veröffentlichung der unveröffentlichten Werke seines Vaters, vom Silmarillion und den Nachrichten aus Mittelerde über Beren und Lúthien bis hin zu Der Fall von Gondolin und der Reihe The History of Middle-earth. 2016 wurde er mit der die Bodley-Medaille für seine Verdienste um die Literatur geehrt. Er starb im Januar 2020 im Alter von 95 Jahren.

I. DIE HÜTTE
DES VERGESSENEN SPIELS


Auf den Umschlag eines der inzwischen arg beschädigten »Hochschul-Übungsbücher«, in denen einige der Verschollenen Geschichten notiert wurden, schrieb mein Vater: Die Hütte des Vergessenen schichten Spiels, der Beginn [vom] Buch der Verschollenen Geschichten; ferner finden sich auf dem Umschlag, von der Hand meiner Mutter, ihre Initialen, E.M.T., und ein Datum: 12. Februar 1917. In diesem Übungsbuch hat meine Mutter die Erzählung ins Reine geschrieben; es ist die saubere Abschrift eines sehr flüchtigen, mit Bleistift ausgeführten Manuskripts meines Vaters, dessen lose Blätter in das Übungsbuch eingelegt waren. Daher könnte (was wenig wahrscheinlich ist) das Entstehungsdatum der Geschichte vor dem Winter 1916/17 liegen. Die Abschrift folgt sorgfältig dem Originaltext; einige zusätzliche Änderungen meist unwesentlicher Art (außer den Eigennamen) wurden in die Abschrift eingefügt. Der Text erscheint hier in seiner endgültigen Fassung.

Nun aber geschah es zu einer bestimmten Zeit, dass ein Reisender aus fernen Landen, ein Mann von ungemeiner Entdeckerlust, da er begierig war nach fremden Ländern und dem Leben und Treiben ungewöhnlichen Volks, von einem Schiff so weit in den Westen getragen wurde, dass er zur Einsamen Insel kam, Tol Eressea in der Feensprache, welche die Gnomen1jedoch Dor Faidwen nennen, das Land der Erlösung, und eine wunderbare Geschichte ist damit verknüpft.

Nun aber kam er eines Tages nach langem Wandern, als die abendlichen Lichter in manch einem Fenster entzündet wurden, an den Fuß eines Hügels in einer weiten waldigen Ebene. Er befand sich nun beinahe in der Mitte dieser großen Insel, und viele Tage war er über ihre Straßen gewandert, und immer zur Nacht hatte er haltgemacht, auf welche Siedlung des Volks er auch stoßen mochte, ob Weiler oder freundliche Stadt, gegen die abendliche Stunde, in der die Kerzen angezündet werden. Nun ist freilich um diese Tageszeit das Verlangen, Neues zu sehen, am geringsten, sogar bei einem, der im Herzen ein Forschungsreisender ist; denn dann richtet sogar ein Sohn Earendels, wie dieser Wandersmann es war, seine Gedanken eher auf Abendessen und Rast und das Geschichtenerzählen vor der Schlafenszeit.

Nun, als er am Fuß des Hügels stand, erhob sich eine schwache Brise, und dann flog ein Schwarm Krähen im klaren Abendlicht über ihn hinweg. Schon war die Sonne hinter dem Geäst der Ulmenwälder versunken, welche die Ebene bis zum Horizont bedeckten, und ihre letzten goldenen Strahlen waren bereits durch das Blattwerk gesickert und über die Lichtungen geglitten, um unter den Wurzeln zu ruhen und bis zum Morgen zu träumen.

Nun gemahnten ihn die Krähenschreie in den Lüften zur Einkehr, und mit einer raschen Wende gelangten sie zu ihren Horsten in den Wipfeln einiger hoher Ulmen, die auf der Kuppe dieses Hügels standen. Da nun dachte Eriol (denn so nannte ihn das Inselvolk später, und es bedeutet »Einer, der für sich träumt«; doch von seinen früheren Namen spricht die Geschichte an keiner Stelle): »Die Stunde der Rast ist gekommen, und obwohl ich nicht einmal den Namen dieser Stadt kenne, die mir auf dem Hügel so freundlich erscheint, so will ich doch dort Ruhe und Herberge suchen und nicht vor morgen weiterwandern, ja vielleicht noch nicht einmal dann, denn schön erscheint sie mir, und Wohlgeruch umweht sie. Mich dünkt, der Hauch vieler alter Geheimnisse liegt über ihr, wunderbarer und prächtiger Dinge, die sie in ihren Schatzkammern, in edlen Plätzen birgt und in den Herzen derer, die in ihren Mauern wohnen.«

Nun näherte sich von Süden Eriol, und eine gerade Straße lief vor ihm her, auf der einen Seite gesäumt von einer mächtigen Mauer aus grauem Stein, auf deren Krone viele Blumen wuchsen oder die hier und da von großen dunklen Eiben überwölbt wurde. Er konnte, als er die Straße hinaufstieg, durch ihr Geäst die ersten Sterne hindurchscheinen sehen, so wie er es später in dem Lied besang, das er für diese schöne Stadt ersann.

Nun war er auf der Bergkuppe inmitten der Häuser angelangt, wandte sich, seine Schritte dem Zufall überlassend, zur Seite und ging eine gewundene Gasse hinab, bis nach wenigen Schritten am westlichen Hang sein Blick von einem winzigen Haus gefesselt wurde, dessen viele kleine Fenster nicht so dicht verhängt waren, dass nicht ein höchst heimeliges und köstliches Licht daraus hervorscheinen konnte, als seien gütige Herzen dahinter verborgen. Da sehnte sich sein Herz nach freundlicher Geselligkeit, und die Wanderlust in ihm kam zur Ruhe – und von großem Verlangen getrieben, trat er vor die Tür dieses Hauses, klopfte an und fragte, als man kam und öffnete, wie wohl der Name dieses Hauses laute und wer darin wohne. Und man sagte ihm, dies sei Mar Vanwa Tyaliéva oder die Hütte des Vergessenen Spiels, und ob dieses Namens geriet er in große Verwunderung. Es wohnten darin, so sagte man ihm, Lindo und Vaire, die es vor vielen Jahren erbaut hatten, und nicht wenige von ihrem Volk und Freunde und Kinder seien bei ihnen. Und darüber war er noch mehr verwundert als zuvor, weil er sah, wie klein das Haus war; aber der, welcher ihm geöffnet hatte, erriet seine Gedanken und sagte: »Klein ist das Haus, doch kleiner noch sind die, welche darin wohnen – denn alle, die eintreten, müssen in der Tat sehr klein sein oder, sobald sie auf der Schwelle stehen, aus freien Stücken so winzig werden wie das sehr kleine Volk.«

Darauf erwiderte Eriol, von Herzen wünsche er einzutreten und Vaire und Lindo für die Nacht um Gastfreundschaft zu bitten, so es ihnen genehm sei, wenn er nur hier auf der Schwelle aus freien Stücken klein genug werden könne. Da sagte der andere: »Tritt ein«, und Eriol überschritt die Schwelle, und, wahrlich, es schien ein überaus geräumiges und entzückendes Haus zu sein, und der Hausherr Lindo und sein Weib Vaire kamen herbei, um ihn zu begrüßen; und im Inneren seines Herzens empfand er größere Freude als noch bei all seinen Wanderungen, obgleich seit seiner Landung auf der Einsamen Insel seine Glückseligkeit sehr groß war.

Und als Vaire die Worte des Willkommens gesprochen und Lindo ihn nach seinem Namen gefragt hatte, woher er komme und wohin sein Weg ihn führe, und er sich den Fremden aus den Großen Landen2 genannt hatte, der sein Glück suche, wohin ihn seine Reiselust auch immer treibe, da war in der großen Halle das Abendessen aufgetragen, und Eriol wurde dorthin gebeten. In dieser Halle brannten nun trotz der sommerlichen Tage drei große Feuer – eines am entfernten Ende und je eines zu beiden Seiten der Tafel, und als Eriol eintrat, fand er, ungeachtet des Feuerscheins, den Raum in warmen Dämmer gehüllt. Doch in diesem Augenblick kamen viele Leute herein, die Kerzen aller Größen und vielerlei Formen trugen, deren Ständer von sonderbarer Gestalt waren; viele waren aus geschnitztem Holz, andere aus gehämmertem Metall gefertigt, und sie wurden nach Belieben auf dem mittleren Tisch sowie auf den Seitentischen aufgestellt.

Zugleich ertönte weit entfernt im Haus mit süßem Klang ein großer Gong, und ihm folgte ein Geräusch wie das Lachen vieler Stimmen, vermischt mit dem Trippeln vieler Füße. Da sagte Vaire zu Eriol, auf dessen Gesicht sie fröhliches Erstaunen sah: »Das ist die Stimme von Tombo, dem Gong der Kinder, der außerhalb der Halle des Wiedergefundenen Spiels steht, und er ertönt einmal, um sie in diese Halle zu rufen, wenn es Zeit zum Essen und Trinken ist, und er ertönt dreimal, um sie zum Geschichtenerzählen in den Raum des Scheitfeuers zu rufen.« Und Lindo fügte hinzu: »Wenn er einmal schlägt, werden Gelächter und Fußgetrippel in den Fluren laut, doch wenn er abends dreimal schlägt, dann erbeben die Mauern vor Freude, und es gibt ein großes Getrampel. Und der Klang der drei Gongschläge ist der glücklichste Augenblick des Tages für Winzigherz, den Hüter des Gongs, der in seinem langen Leben, wie er selber sagt, so viel Glück erfahren hat. Er segelte mit Earendel in Wingilot auf jener letzten Reise, da sie nach Kôr suchten. Es war der Klang dieses Gongs über dem Schattenmeer, der den Schläfer weckte im Turm der Perle, der weit draußen im Westen der Dämmerinseln steht.«

Diese Worte behagten Eriol über die Maßen, denn es wollte ihm scheinen, als öffne sich ihm eine neue, wunderschöne Welt, von der er nichts sonst gehört hatte, bis er von Vaire gebeten worden war, Platz zu nehmen. Dann ließ er seinen Blick durch die Halle schweifen, und alle ihre Bänke und Stühle waren besetzt von Kindern jeglicher Gestalt, Art und Größe, unter denen Leute verschiedenen Aussehens und Alters verstreut saßen. Nur in einem waren sie alle sich ähnlich, dass nämlich ein Ausdruck großer Fröhlichkeit auf allen Gesichtern war, der verstärkt wurde durch die heitere Erwartung bevorstehender Freude und Wonne. Auch lag das sanfte Licht der Kerzen auf allen Gesichtern; es schien auf helle Flechten, schimmerte auf dunklem Haar oder verlieh hier und da ergrauten Locken einen matten Glanz. Als Eriol sich eben umschaute, erhoben sich alle und sangen gemeinsam das Lied »Vom Auftragen der Speisen«. Darauf wurden die Speisen hereingebracht und vor ihnen aufgetischt, worauf sich alle, die Aufträger, die Aufwärter, Gastgeber und Gastgeberin, Kinder und der Gast niedersetzten. Doch zuvor sprach Lindo den Segen über die Speisen und alle Anwesenden. Während sie aßen, knüpfte Eriol mit Lindo und seinem Weib ein Gespräch an und erzählte ihnen Geschichten seiner früheren Abenteuer, besonders solche, die ihm auf jener Reise zustießen, die ihn zur Einsamen Insel geführt hatte, und er stellte seinerseits viele...

Erscheint lt. Verlag 29.8.2013
Reihe/Serie Das Buch der verschollenen Geschichten
Das Buch der verschollenen Geschichten
Übersetzer Hans J. Schütz
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Fantasy • Geschichten • Mittelerde
ISBN-10 3-608-10646-4 / 3608106464
ISBN-13 978-3-608-10646-6 / 9783608106466
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