Der Nachtwandler (eBook)

Psychothriller | Intelligentes Verwirrspiel in den Abgründer der Psyche - Für Fans von Christopher Nolans 'Inception' | SPIEGEL Bestseller
eBook Download: EPUB
2013 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41793-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Nachtwandler -  Sebastian Fitzek
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Ein Abstecher in die Abgründe der menschlichen Psyche - der neue Psychothriller von Sebastian Fitzek! In seiner Jugend litt Leon Nader an Schlafstörungen. Als Schlafwandler wurde er während seiner nächtlichen Ausflüge sogar gewalttätig und deswegen psychiatrisch behandelt. Eigentlich glaubte er geheilt zu sein - doch eines Tages, Jahre später, verschwindet Leons Frau unter unerklärlichen Umständen aus der gemeinsamen Wohnung. Ist seine Krankheit etwa wieder ausgebrochen? Um zu erfahren, wie er sich im Schlaf verhält, befestigt Leon eine bewegungsaktive Kamera an seiner Stirn - und als er am nächsten Morgen das Video ansieht, macht er eine Entdeckung, die die Grenzen seiner Vorstellungskraft sprengt: Sein nächtliches Ich steigt durch eine ihm völlig unbekannte Tür hinab in die Dunkelheit ... Spannung pur - der nervenaufreibende SPIEGEL-Bestseller des Königs des Thrills Sebastian Fitzek 'Brachiale Gewalt, komatöse Extremsituationen und ein teuflischer Plot zeichnen auch Fitzeks neuesten Spannungsroman DER NACHTWANDLER aus. Mit minimalem Aufwand an Sprache, Figuren und Schauplätzen erreicht er maximalen Schauder und Thrill.' - Mannheimer Morgen

Sebastian Fitzek, geboren 1971 in Berlin, ist Deutschlands meistverkaufter Autor. Er studierte Jura, promovierte im Urheberrecht und arbeitete als Programmdirektor für verschiedene Radiostationen in Deutschland. Seit 2006 schreibt Fitzek Psychothriller, die allesamt zu Bestsellern wurden. Sein erster Roman 'Die Therapie' eroberte innerhalb kürzester Zeit die Bestsellerliste und wurde als bestes Krimidebüt für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert.   Fitzeks Bücher wurden bisher in 36 Sprachen übersetzt und weltweit über 19 Millionen Mal verkauft. Viele davon sind inzwischen erfolgreich verfilmt - so wurde 'Die Therapie' jüngst als sechsteilige Miniserie für Prime Video produziert und stieg sofort auf Platz 1 der meistgesehenen deutschsprachigen Sendungen ein. Zudem ist Sebastian Fitzek ist für seine spektakulären Buchvorstellungen bekannt, die er als Shows inszeniert. 2017 wurde er als erster deutscher Autor mit dem Europäischen Preis für Kriminalliteratur ausgezeichnet. Er ist Preisstifter des Viktor Crime Awards und engagiert sich als Schirmherr für den Bundesverband 'Das frühgeborene Kind' e.V. Sebastian Fitzek lebt mit seiner Familie in Berlin.   www.sebastianfitzek.de www.facebook.de/sebastianfitzek.de Insta @sebastianfitzek    

Sebastian Fitzek, geboren 1971 in Berlin, ist Deutschlands meistverkaufter Autor. Er studierte Jura, promovierte im Urheberrecht und arbeitete als Programmdirektor für verschiedene Radiostationen in Deutschland. Seit 2006 schreibt Fitzek Psychothriller, die allesamt zu Bestsellern wurden. Sein erster Roman "Die Therapie" eroberte innerhalb kürzester Zeit die Bestsellerliste und wurde als bestes Krimidebüt für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert.   Fitzeks Bücher wurden bisher in 36 Sprachen übersetzt und weltweit über 19 Millionen Mal verkauft. Viele davon sind inzwischen erfolgreich verfilmt – so wurde "Die Therapie" jüngst als sechsteilige Miniserie für Prime Video produziert und stieg sofort auf Platz 1 der meistgesehenen deutschsprachigen Sendungen ein. Zudem ist Sebastian Fitzek ist für seine spektakulären Buchvorstellungen bekannt, die er als Shows inszeniert. 2017 wurde er als erster deutscher Autor mit dem Europäischen Preis für Kriminalliteratur ausgezeichnet. Er ist Preisstifter des Viktor Crime Awards und engagiert sich als Schirmherr für den Bundesverband "Das frühgeborene Kind" e.V. Sebastian Fitzek lebt mit seiner Familie in Berlin.   www.sebastianfitzek.de www.facebook.de/sebastianfitzek.de Insta @sebastianfitzek    

1.


Die Kakerlake kroch auf Leons Mund zu.

Nur noch wenige Zentimeter, und die langen Fühler würden seine geöffneten Lippen berühren. Schon jetzt hatte sie den Rand des Speichelflecks erreicht, den er im Schlaf auf dem Bettlaken hinterlassen hatte.

Leon versuchte, den Mund zu schließen, doch seine Muskeln waren gelähmt.

Wieder einmal.

Er konnte weder aufstehen noch die Hand heben oder wenigstens blinzeln. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Kakerlake anzustarren, die ihre Flügel aufstellte, als wollte sie ihn freundlich begrüßen:

»Hallo, Leon, da bin ich wieder. Erkennst du mich nicht?«

»Doch, natürlich. Ich weiß genau, wer du bist.«

Sie hatten sie Morphet getauft, die Riesenkakerlake aus Réunion. Er hatte vorher nicht gewusst, dass diese ekligen Dinger tatsächlich fliegen konnten. Als sie dann im Internet nachlasen, stießen sie auf wilde Diskussionen, zu denen sie von jenem Tag an einen eindeutigen Beitrag beisteuern konnten: Ja, zumindest die aus Réunion waren dazu in der Lage, und eines dieser flugfähigen Exemplare hatte Natalie offenbar vor neun Monaten aus dem Urlaub eingeschleppt. Irgendwie musste das Monstrum beim Packen in den Koffer gekrochen sein, und als sie ihn zu Hause öffnete, hatte Morphet auf der Schmutzwäsche gesessen und sich die Fühler geputzt. Natalie hatte nicht einmal mehr Luft zum Schreien holen können, da war die Kakerlake schon losgeflogen, um sich in einer unerreichbaren Ecke des Altbaus zu verstecken.

Sie hatten alles abgesucht. Jeden Winkel, von denen es unendlich viele gab in den hohen Räumen ihrer Fünfzimmerwohnung: unter den Scheuerleisten, hinter dem Wäschetrockner im Bad, zwischen Leons Architekturmodellbauten im Arbeitszimmer – sie hatten sogar die Dunkelkammer auf den Kopf gestellt, obwohl Natalie die Tür zu ihrem Fotolabor mit lichtundurchlässigem Stoff abgedichtet hatte und immer fest verschlossen hielt. Alles vergeblich. Das riesige Insekt mit den spinnenartigen Beinen und dem schmeißfliegenfarbenen Panzer war nicht wieder aufgetaucht.

In der ersten Nacht noch hatte Natalie ernsthaft erwogen, die Wohnung wieder zu verlassen, in die sie damals erst vor wenigen Monaten gezogen waren.

Um hier den Neuanfang zu wagen.

Später hatten sie miteinander geschlafen und sich danach lachend beruhigt, Morphet wäre sicher zum Fenster raus in den Park geflogen, um zu erfahren, dass seine Artgenossen in dieser Stadt um einiges kleiner und unbehaarter waren als er selbst.

Aber jetzt war er wieder da.

Morphet war so nah, dass Leon ihn riechen konnte. Das war natürlich Blödsinn, aber der Ekel vor der Kakerlake war so groß, dass Leons Sinne ihm einen Streich spielten. Er glaubte sogar die Kotreste unzähliger Hausstaubmilben an den haarigen Beinchen zu erkennen, die das Insekt im Schutz der Dunkelheit unter dem Bett aufgesammelt hatte. Noch hatten die Fühler Leons aufgeplatzte, trockene Lippen nicht berührt, doch er meinte schon das Kitzeln zu spüren. Zudem hatte er eine Vorahnung, wie es sich anfühlen würde, wenn ihm die Kakerlake in die Mundhöhle kroch. Es würde salzig schmecken und kratzen, wie Popcorn, das einem am Gaumen klebt.

Morphet würde sich langsam, aber zielstrebig in seinen Rachen hineinschieben und ihm dabei mit den Flügeln gegen die Zähne schlagen.

Und ich kann nicht einmal zubeißen.

Leon stöhnte, versuchte mit aller Kraft zu schreien.

Manchmal half es, meist aber brauchte es mehr, um sich aus der Schlaflähmung zu befreien.

Natürlich wusste er, dass die Kakerlake nicht real war. Es war früh am Morgen, wenige Tage vor Silvester. Im Schlafzimmer war es stockdunkel. Es war physikalisch unmöglich, auch nur die Hand vor Augen zu sehen, aber all diese Gewissheiten machten das Grauen nicht erträglicher. Denn Ekel, auch in seiner schlimmsten Form, war niemals real, sondern immer nur eine psychologische Reaktion auf einen äußeren Einfluss. Ob dieser eingebildet war oder tatsächlich existierte, machte für das Empfinden keinen Unterschied.

»Natalie!«

Leon versuchte den Namen seiner Frau zu schreien, und versagte kläglich. Wie schon so oft war er in einem Wachtraum gefangen, aus dem er sich ohne fremde Hilfe kaum befreien konnte.

»Menschen mit einer Ich-Schwäche sind anfällige Opfer von Schlafparalysen«, hatte Leon in einer populärpsychologischen Zeitschrift gelesen und sich zum Teil in dem Artikel wiedererkannt. Er hatte zwar keinen Minderwertigkeitskomplex, aber insgeheim bezeichnete er sich als einen »Ja, aber«-Typen: Ja, seine dunklen Haare waren voll und kräftig, aber unzählige Wirbel sorgten dafür, dass er meistens so aussah, als wäre er gerade aus dem Bett gefallen. Ja, das leicht zum V abfallende Kinn verlieh seinem Gesicht etwas markant Männliches, aber sein Bartwuchs entsprach dem eines Teenagers. Ja, er hatte weiße Zähne, aber wenn er zu herzlich lachte, sah man, dass er mit den Füllungen den SUV seines Zahnarztes finanziert hatte. Und ja, er war einen Meter fünfundachtzig groß, aber er wirkte kleiner, weil er selten gerade stand. Kurz: Er sah nicht schlecht aus. Doch die Frauen, die auf ein Abenteuer aus waren, schenkten ihm vielleicht ein Lächeln, aber nicht ihre Telefonnummer. Die gaben sie eher seinem besten Freund Sven, dem im Genpoker ein Royal Flush zugespielt worden war: Haare, Zähne, Lippen, Körpergröße, Hände … alles wie bei Leon, nur eben ohne das »Aber«.

»Natalie?«, versuchte Leon sich grunzend aus der Schlaflähmung zu kämpfen. »Bitte hilf mir. Morphet kriecht mir gleich über die Zunge.«

Leon wunderte sich über die unerwarteten Laute, die er von sich gab. Auch im Traum sprach, grunzte oder weinte er grundsätzlich immer nur mit seiner eigenen Stimme. Das Wimmern, das er jetzt hörte, klang jedoch heller, höher. Eher wie das einer Frau.

»Natalie?«

Auf einmal wurde es hell.

 

Gott sei Dank.

Diesmal hatte er es ohne Strampeln und Schreien geschafft, sich aus der Umklammerung seines Alptraums zu reißen. Er wusste, fast jeder zweite Mensch hatte in seinem Leben ähnliche Erfahrungen erlitten wie er und war schon einmal in der Schattenwelt zwischen Schlafen und Wachen gefangen gewesen. Eine Schattenwelt, umstellt von Torwächtern, die sich nur mit äußerster Willenskraft vertreiben ließen. Oder durch eine paradoxe Störung von außen. Wenn zum Beispiel jemand mitten in der Nacht grelles Licht anschaltete, laute Musik spielte, eine Alarmanlage ansprang oder wenn … wenn jemand weinte?

Leon richtete sich auf und blinzelte.

»Natalie?«

Seine Frau kniete mit dem Rücken zu ihm vor dem Kleiderschrank gegenüber dem Bett. Sie schien etwas zwischen ihren Schuhen zu suchen.

»Sorry, hab ich dich geweckt, Süße?«

Keine Reaktion, von einem langgezogenen Schluchzer einmal abgesehen. Natalie seufzte, dann verstummte auch das Wimmern.

»Geht es dir gut?«

Sie nahm stumm ein Paar Stiefeletten aus dem Schrank und warf es in …

in ihren Koffer?

Leon schlug seine Decke zurück und stand auf.

»Was ist denn los?« Er blickte auf die Uhr auf seinem Nachttisch. Es war erst Viertel vor sieben. So früh, dass noch nicht einmal die Beleuchtung von Natalies Aquarium angesprungen war.

»Bist du immer noch sauer?«

Sie hatten sich die ganze Woche über immer wieder gestritten, und vorgestern war es eskaliert. Beide konnten vor Arbeit kaum geradeaus sehen. Sie wegen ihrer ersten großen Fotoausstellung, er wegen des Architekturwettbewerbs. Jeder warf dem anderen vor, vernachlässigt zu werden, und jeder hielt die eigenen Termine für wichtiger als die des anderen.

Am ersten Weihnachtsfeiertag war dann zum ersten Mal das Wort »Trennung« gefallen, und auch wenn sie beide es nicht ernst gemeint hatten, war es ein alarmierendes Zeichen, wie blank ihre Nerven lagen. Gestern hatte Leon einlenken und Natalie zu einem Versöhnungsessen ausführen wollen, aber sie war wieder einmal zu spät aus der Galerie nach Hause gekommen.

»Hör mal, ich weiß, wir haben momentan unsere Probleme, aber …«

Sie drehte sich abrupt zu ihm um.

Ihr Anblick traf ihn wie eine Ohrfeige.

»Natalie, was … ?« Er blinzelte und fragte sich kurz, ob er noch immer träumte. »Was um Himmels willen ist mit deinem Gesicht passiert?«

Ihr rechtes Auge schimmerte violett, die Lider waren zugeschwollen. Sie war komplett angezogen, auch wenn alles nur hastig übergeworfen schien. Die geblümte Bluse mit den Rüschenärmeln war schief zugeknöpft, der Hose fehlte ein Gürtel, und die Laschen ihrer hochhackigen Wildlederstiefel schlackerten lose.

Sie wandte sich wieder von ihm ab. Mit ungelenken Bewegungen versuchte sie, den Koffer zu schließen, doch der alte Ledertrolley war zu klein für die Menge Sachen, die sie in ihn hineinzuquetschen versuchte. Ein roter Seidenslip, ein Schal und ihr weißer Lieblingsrock quollen an den Rändern hervor.

Leon ging auf sie zu, wollte sich zu ihr beugen, um sie beruhigend in die Arme zu schließen, doch Natalie duckte sich ängstlich von ihm weg.

»Was ist denn nur los?«, fragte er völlig verwirrt, als sie hastig nach ihrem Koffer griff. Vier ihrer Fingernägel waren schlammfarben lackiert. Der fünfte fehlte.

»Großer Gott, dein Daumen!«, rief Leon und wollte nach ihrer verletzten Hand greifen. Der Ärmel von Natalies Bluse rutschte nach oben, und er sah die Einschnitte.

Rasierklingen?

»Um Himmels willen, Natalie. Hast du wieder damit angefangen?«

Es war die erste Frage, die eine Reaktion...

Erscheint lt. Verlag 14.3.2013
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
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ISBN-10 3-426-41793-6 / 3426417936
ISBN-13 978-3-426-41793-5 / 9783426417935
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