Engelsbann - Dunkle Verlockung Teil 2 (eBook)
116 Seiten
Lyx.digital (Verlag)
978-3-8025-9071-9 (ISBN)
Der Vampir Noel wird nach Louisiana zwangsversetzt, um dort der Engelsfrau Nimra zu Diensten zu sein. Für Noel kommt dieser Auftrag einer Degradierung gleich, da er glaubt, aufgrund einer Verletzung, die er sich jüngst zugezogen hat, fortgeschickt worden zu sein. Doch überrascht stellt er fest, dass sein Auftrag wesentlich größere Bedeutung hat, als er dachte: Er soll einen Verräter ausfindig machen - und Noel ist der Einzige, dem Nimra jetzt noch vertrauen kann. Und auch in Noel löst die Engelsfrau Gefühle aus, die er längst vergessen und vergraben glaubte ... Ca. 116 Buchseiten Die Novelle erschien ebenfalls in der Anthologie 'Dunkle Verlockung'.
<p>Nalini Singh wurde auf den Fidschi-Inseln geboren und ist in Neuseeland aufgewachsen. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Rechtsanwältin und Englischlehrerin, begann sie 2003 eine Karriere als Autorin von Liebesromanen.</p>
Nalini Singh wurde auf den Fidschi-Inseln geboren und ist in Neuseeland aufgewachsen. Nach verschiedenen Tätigkeiten, unter anderem als Rechtsanwältin und Englischlehrerin, begann sie 2003 eine Karriere als Autorin von Liebesromanen.
1
Noels Versetzung ins üppig grüne Louisiana bedeutete wohl einen beruflichen Aufstieg für ihn, dennoch war seine neue Anstellung ein zweischneidiges Schwert. Zwar gehörte die Gegend zu Raphaels Herrschaftsgebiet, aber der Erzengel hatte die alltäglichen Regierungsangelegenheiten der sechshundert Jahre alten Engelsfrau Nimra übertragen. Sie war nicht annähernd so alt wie Raphael, aber doch alt genug – auch wenn bei den Unsterblichen nicht allein das Alter für das Ausmaß ihrer Macht ausschlaggebend war.
In ihren zarten Knochen besaß Nimra mehr Kraft als andere Engel, die doppelt so alt waren wie sie, und sie herrschte seit achtzig Jahren über dieses Gebiet. Nimra war schon eine Machtfigur gewesen, als ihre Altersgenossen noch an den Höfen ihrer Dienstherren gearbeitet hatten. Das war kaum überraschend, denn man sagte der Engelsfrau einen eisernen Willen und erbarmungslose Grausamkeit nach.
Noel war kein Dummkopf. Deshalb wusste er, dass seine »Beförderung« in Wahrheit ein unausgesprochenes, scharfes Urteil war: Er war nicht mehr der Mann, der er einmal gewesen war – und er wurde nicht mehr gebraucht. Er ballte die Hand zur Faust. Das aufgerissene, blutverschmierte Fleisch, die gebrochenen Knochen, das Glas, das die Diener eines rasenden Engels in seine Wunden getrieben hatten, von all dem war dank seines Vampirismus nichts mehr übrig. Geblieben waren nur die Albträume … und die seelischen Verletzungen.
Wenn Noel in den Spiegel blickte, sah er darin nicht mehr denselben Mann wie früher. Er sah vielmehr ein Opfer, jemanden, den man zu Brei geschlagen und dann achtlos seinem Schicksal überlassen hatte. Sie hatten ihm die Augen genommen, die Beine zerschmettert und so lange die Finger zerquetscht, bis seine Knochen in kleine Stücke zersplittert waren. Der Genesungsprozess war grausam gewesen und hatte ihn jeden Funken seiner Willenskraft gekostet. Doch wenn diese beleidigende Anstellung nun seine Bestimmung sein sollte, wäre es ihm lieber gewesen, er hätte nicht überlebt. Vor dem Angriff war er in der engeren Wahl für eine Stellung im Erzengelturm gewesen, von dem aus Raphael über Nordamerika herrschte. Jetzt war er ein zweitrangiger Wachmann an einem der finstersten Höfe.
Und im Zentrum dieses Hofes stand Nimra.
Sie war nur einen Meter fünfzig groß und hatte einen ausgesprochen zierlichen Körperbau. Doch der Engel war trotzdem keine knabenhaft wirkende Erscheinung, im Gegenteil. Nimras Kurven hatten vermutlich schon viele Männer ins Verderben getrieben. Ihre Haut schimmerte wie geschmolzene Sahnebonbons und ihre wallenden Locken fielen blauschwarz glänzend auf ihr Gewand herab, das in der Farbe von dunkler Jade leuchtete. Die Verspieltheit, mit der die fülligen Locken über ihren Rücken flossen, passte weder zu ihrem Ruf noch zu dem kalten Herzen, das in Nimras sündigem, verführerischem Busen schlug – einem Busen, der beinahe zu üppig für ihren Körperbau war.
Als hätte sie seinen prüfenden Blick gespürt, sah sie Noel scharf an. Ihre Augen – gefärbt wie kräftiger gelber Topas, durchzogen von schimmernden Bernsteinfunken – blickten streng und bohrend. Während Nimra ihn so mit ihren Augen fixierte, durchquerte sie den großen Raum, den sie für Audienzen nutzte. Die einzigen Geräusche waren das Rascheln ihrer Flügel und das zarte Geräusch, mit dem ihr Gewand über ihre Haut strich.
Sie kleidete sich wie ein Engel aus früheren Tagen; die ruhige Eleganz ihrer Gewänder erinnerte ihn an das antike Griechenland. Er war damals noch nicht auf der Welt gewesen, hatte aber die Gemälde gesehen, die in der Zufluchtsstätte, der Engelsfestung, aufbewahrt wurden. Außer ihr hatte er schon andere Engel gesehen, die sich weiterhin in einem solchen Stil kleideten, da sie ihn als deutlich majestätischer empfanden als die Kleidung der Neuzeit. Doch keiner von ihnen war mit Nimra zu vergleichen: Mit ihrem Gewand, das an den Schultern von schlichten Goldspangen und an der Taille von einem schmalen geflochtenen Band in der gleichen Farbe zusammengehalten wurde, hätte man Nimra für eine antike Göttin halten können.
Schön.
Mächtig.
Tödlich.
»Noel«, sagte sie, und im Klang seines Namens schwang ein Akzent mit, der zu dieser Region gehörte, in dem aber zugleich noch andere Orte und Zeiten nachhallten. »Du wirst mich begleiten.« Mit diesen Worten rauschte sie aus dem Zimmer. Ihre Flügel hatten einen satten, tiefen Braunton, durchzogen von glitzernden Fasern, in denen sich die Farbe ihrer Augen wiederholte. Diese Flügel, die sich über Nimras Schultern wölbten und zart über den glänzenden Holzfußboden strichen, nahmen sein ganzes Blickfeld ein, als er sich umwandte, um ihr zu folgen.
Der erlesene Farbton ihrer Schwingen passte nicht recht zu der kalten Hinterhältigkeit dieses finsteren Hofes, sondern eher zu der beständigen Ruhe von Bäumen und der Erde. Zumindest in diesem Punkt trog der Schein nicht. Nimras Zuhause war ganz anders, als er erwartet hatte: ein ausladendes, elegantes altes Anwesen mit himmelhohen Decken auf einem ausgedehnten Grundstück, das etwa eine Stunde außerhalb von New Orleans lag. Ihr Haus hatte zahlreiche Fenster, und jede Etage war von Balkonen umgeben. Die meisten davon hatten kein Geländer – schließlich waren sie für das Haus eines geflügelten Wesens gemacht. Auch das Dach war speziell für Engel konstruiert. Es fiel schräg ab, jedoch nicht in einem spitzen Winkel, sondern so flach, dass es beim Landen keine Gefahr darstellte.
So schön das Haus auch sein mochte, war es doch der Garten, der dem Anwesen seinen besonderen Reiz verlieh. Die Überfülle von exotischen und gewöhnlichen Blüten, die vielen, vom Alter knorrigen Bäume neben jungen, noch kleineren Pflanzen, all das strahlte einen Hauch von Frieden aus. Es war die Art von Frieden, in dem sich ein gebrochener Mann niederlassen konnte, um wieder zu sich selbst zu finden. Doch während er Nimra folgte, dachte Noel, dass er höchstwahrscheinlich niemals zurückgewinnen würde, was man ihm bei diesem Angriff aus dem Hinterhalt genommen hatte. Er war dabei so übel zugerichtet worden, dass sein Gesicht zunächst nicht mehr wiederzuerkennen und sein Körper nur noch ein Haufen Fleisch gewesen war.
Vor einer großen hölzernen Flügeltür, die mit filigranen Schnitzereien von blühendem Jasmin verziert war, hielt Nimra inne und warf Noel einen erwartungsvollen Blick über die Schulter zu, als dieser hinter ihr stehen blieb. »Die Tür«, sagte sie, und er war sicher, aus ihrer Stimme, in der die melodische Note der Cajuns mitschwang, eine Spur von Belustigung herauszuhören.
Darauf bedacht, ihre Schwingen nicht zu berühren, ging er um sie herum und öffnete einen der Türflügel. »Entschuldige.« Die Worte klangen rau, denn in letzter Zeit hatte er seine Kehle nicht oft zum Sprechen benutzt. »Ich bin es nicht gewohnt, dass ich ein …« Mitten im Satz brach er ab. Er hatte keine Ahnung, als was er sich bezeichnen sollte.
»Komm mit.« Nimra ging einen von Fenstern gesäumten Korridor entlang. Die versiegelten Holzfußböden waren in das flüssige, üppige Sonnenlicht dieses Ortes getaucht, der die kühne Schönheit von New Orleans und eine ältere, ruhigere Eleganz in sich vereinte. Auf allen Fenstersimsen standen erdfarbene Töpfe, aus denen die fröhlichsten, überraschendsten Farben hervorquollen – Stiefmütterchen und Wildblumen, Gänseblümchen und Chrysanthemen.
Noel musste gegen seinen Wunsch ankämpfen, über die Blütenblätter zu streichen, um ihre samtige Weichheit an seinen Fingern zu spüren. Dieser unerwartete Drang veranlasste ihn, sich in sich zurückzuziehen und nach außen hin abzuschotten. An diesem Hof, wo man ihn vergammeln lassen wollte, durfte er sich keine Schwäche erlauben. Zu nahe lag der Gedanke, alle würden nur darauf warten, dass er am Leben verzweifelte und zu Ende brachte, was seine Angreifer begonnen hatten.
Er presste die Lippen zusammen, als Nimra wieder das Wort ergriff. Während ihre Stimme wie rohe Seide klang – jener Tonfall, in dem Erotik und Lust mitschwangen, die möglicherweise auch wildere und sadistischere Züge annehmen konnten –, waren ihre Worte pragmatisch. »Wir werden uns in meinen Gemächern unterhalten.«
Besagte Gemächer lagen hinter einer weiteren hölzernen Flügeltür, die mit Bildern von exotischen, durch blütenschwere Bäume schwirrenden Vögeln bemalt war. Nichts in diesen femininen, hübschen Bildern deutete auf die Härte hin, die Teil von Nimras Ruf war. Aber wenn Noel nach den mehr als zweihundert Jahren seiner Existenz eines wusste, dann war es Folgendes: Jedes Wesen, das mehr als ein halbes Jahrtausend alt war, hatte längst zu verbergen gelernt, was andere nicht sehen sollten.
Wachsam folgte er ihr ins Zimmer und schloss die bemalten Türen lautlos hinter sich. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, doch es waren nicht diese eleganten, weißen Möbel, die zahlreichen Kissen in den bunten Farben von Edelsteinen, das durch die geöffneten Glastüren von außen einfallende, fließende Sonnenlicht oder die zerlesenen Bücher auf dem Beistelltisch. Die Pflanzen überraschten ihn nicht mehr, sie vermittelten ihm hingegen ein Gefühl von Freiheit, da er sich gleichzeitig wie erstickt fühlte. Er war in seinem gebrochenen Selbst ebenso gefangen wie in seinem Diensteid und seinen Verpflichtungen gegenüber Raphael und nun auch Nimra.
Die Engelsfrau ging zu den Glastüren, um sie zu schließen und damit die Welt auszusperren, bevor sie sich wieder zu ihm umwandte. »Wir werden uns ungestört...
Erscheint lt. Verlag | 13.9.2012 |
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Reihe/Serie | Elena-Deveraux-Serie |
Elena-Deveraux-Serie | Elena-Deveraux-Serie |
Übersetzer | Cornelia Röser |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Angels Wolf |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | bittersüß • Blutsauger • Dämonen • Digital First • Engel • Entscheidungsschlacht • Erzengel • Fantasy • Fantasyliteratur • Fantasyroman • Fantasy Romance • Feuer • Gesicht • Gestaltenwandler • Gestaltwandler • Kreatur • Leidenschaft • Paranormal • Phantastik • Raphael • Romantische Fantasy • Schatten • Schicksal • Singh • Übersinnlich • Übersinnliche • Übersinnliches • Unsterblich • Urban Fantasy • Vampir • Vampire • Vampirjäger • Vampirromane • Werwolf • Werwolfsjagd |
ISBN-10 | 3-8025-9071-6 / 3802590716 |
ISBN-13 | 978-3-8025-9071-9 / 9783802590719 |
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