Lost Words Lost Worlds
Edition.fotoTAPETA Berlin (Verlag)
978-3-940524-20-1 (ISBN)
Es sind oftmals verwehte Spuren - Worte und Welten -, die auf dem Weg zum Haus Europa zurück bleiben, Spuren, die wieder sichtbar gemacht werden sollten, lassen sie doch erkennen, wie die Zivilisation, die Geschichte und die Werte aussehen, die Europa ausmachen. Die Herausgeberinnen dieses Buches haben SchriftstellerInnen aus Europa eingeladen, an einem Wörterbuch verlorener Begriffe mitzuwirken, die von verlorenen Welten erzählen. In dreizehn Texten erweisen sich die Autorinnen und Autoren als Seismographen ihrer Gesellschaften. Sie zeichnen Geschichte nach, indem sie eigene Geschichten von Wörtern erzählen, die zur Geschichte Europas und seiner Länder gehören: Geschichtsschreibung im doppelten Sinne.
Paul Berf, geb. 1963 in Frechen bei Köln, lebt nach seinem Skandinavistikstudium als freier Übersetzer in Köln. Er übertrug u. a. Henning Mankell, KjellWestö, Aris Fioretos und Selma Lagerlöf ins Deutsche. 2005 wurde er mit dem Übersetzerpreis der Schwedischen Akademie ausgezeichnet.
Marianne Gareis, geboren 1957 in Illertissen, lebt als Übersetzerin, u. a. von José Saramago, in Berlin.
Stefanie Stegmann, Kateryna Stetsevych, Katarina Tojic: Lost Wor(l)ds; Katja Lange-Müller: Verschiedene Wörter; Aris Fioretos: Du Wasser, du Gänsehaut; Martin Pollack: Meine Freunde, die Dipis; Antonio Muñoz Molina: Verlorene Worte - gefundene Welten; Yoko Tawada: Setzmilch; Alexis Jenni: Der Einsturz des halben Himmels; Barbara Honigmann: Entschuldigung, haben Sie Stulle gesagt?; Nino Vetri: Passìo; Serhij Zhadan: Rock'n'Roll; Gonçalo M. Tavares: Alte Wörter, das Abstrakte und der stille Niedergang Europas; Joanna Bator: Im ehemals deutschen Schrank; Adania Shibli: Die Polizei und die Diebe; Mircea Cartarescu: Alltägliches; Goran Petrovic: Leises Sprechen durch das Schlüsselloch der Welt; AutorInnen und ÜbersetzerInnen
Europa, einst die große Liebe Zeus’, tritt auch im 21. Jahrhundert vorwiegend im Singular auf die Bühne der Weltgeschichte. Dabei schimmern eine Vielzahl von Sprachen, Ländern, Denk- und Wertesystemen, Kulturen und sich ablösende politische und ökonomische Ordnungen durch die Buchstaben. Europa ist mehr als eine physikalische Karte, es ist der Versuch, eine Gemeinschaft mit nationenübergreifenden Gemeinsamkeiten und Wurzeln mit dem Ziel europäischer Identitätsstift ung zu imaginieren. Gegenwärtig jedoch wird Europa durch heft ige Turbulenzen erschüttert. Eine Krise, die neben ihrer allgegenwärtigen politischökonomischen Dimension auch soziale und kulturelle Bewegungen quer durch alle Gesellschaft sschichten ausgelöst hat und die allmählich für einen Wandel im europäischen Bewusstsein sorgen. Der Flut an Expertenmeinungen aus Politik, Wirtschaft und Geschichte zur Lage Europas setzt die vorliegende Antho logie die kreative Kraft der Literatur entgegen: 14 Schrift stellerinnen und Schrift steller aus zwölf Ländern Europas refl ektieren in ihren Texten Zusammenhänge von Erinnerung, Sprache, Literatur und Europa und begeben sich auf die Suche nach verlorenen Welten. Verbunden durch die Frage nach verlorenen Wörtern und Orten, nach vergangenen und neuen Narrationen und nach Beziehungen zwischen dem Wandel von Gesellschaft ssystemen und Sprache als kultureller Praxis ist so eine literarisch-essay8 istische, schillernde, bewusst heterogene und facettenreiche europäische Sprachreise entstanden. Die in den Texten ausgeführten Meinungen und Th esen spiegeln dabei eine große Bandbreite von Positionen wider, die die vorwiegend wirtschaft lich und politisch geführten Debatten um einen neuen, schärfenden und sensibilisierenden Blick erweitern. In den Essays refl ektieren die Autorinnen und Autoren als Seis mographen und Sinnbildstift er ihrer Gesell schaft en die Geschichte und Gegenwart europäischer Länder. Sie benennen in ihren Texten Wörter und Th emen, die sowohl eng mit der eigenen Biographie verfl ochten sind, als auch übergeordnete aktuelle Diskussionen in den jeweiligen Ländern aufgreifen und deren Konfl ikt linien beschreiben. Viele Biografi en der hier versammelten Autorinnen und Autoren sind geprägt durch wegweisende und einschneidende Migrationserlebnisse, durch Kriegserfahrungen, Flucht und Vertreibung oder durch den Zusammenbruch bzw. Wandel ganzer Gesellschaft ssysteme. Die Verfasserinnen und Verfasser kommen aus dem gesamten europäischen Raum und sind in ihren Ländern als Schrift steller tätig. In diesem Band gießen sie mit ihren literarisch-künstlerischen Mitteln Europas verlorene Wörter und Orte in eine ganz eigene Form. Mäandernde Gedanken, bewusst experimentierende Textformen und provozierende Th esen sind dabei nicht nur geduldet, sondern gewollt. Dem Ansatz des Projekts liegt dabei die Vorstellung zu Grunde, dass Schrift steller neben ihrem künstlerisch unabhängigen Schaff en zugleich auch als politisch denkende Akteure verstanden werden dürfen. Insbesondere im deutschsprachigen Raum wird in den Feuilletons regelmäßig angemahnt, dass es hier an genau diesen intellektuellen Stim9 men fehle, die sich auch zu brennenden Fragen der Gegenwart zu Wort melden. Ingo Schulze spitzt diese Mahnung wie folgt zu: „Die Intellektuellen schweigen. Aus den Universitäten hört man nichts, von den sogenannten Vordenkern nichts, hier und da gibt es einzelnes kurzes Auffl ackern, dann wieder Dunkel.“ (Süddeutsche Zeitung, 12. Januar 2012) Hier setzt LOST WOR(L)DS an: Aus dem „Dunkel“ etwas verloren Geglaubtes an die Oberfl äche zu bringen, kann helfen, Denkhaltungen im Ringen um Europa neu zu justieren und das Infragestellen kultureller Vereinheitlichungen als produktive Herausforderung zu begreifen. Die einzelnen Texte sind in ihrer Th emenwahl und Ästhetik dabei sehr verschieden, greifen konkrete Wörter wie die „Berliner Stulle“, die „Setzmilch“ und den „regimefeindlichen Bummelanten“ auf, entwickeln aber auch stärker abstrahierende Th esen in unterschiedlichen Formsprachen. (.)
Viele Wörter gehörten, damit sie nicht gänzlich dem Vergessen anheimfallen, in ein Wort-Museum. Doch ein solches Museum gibt es bislang nicht - und auch keinen Wörter-Friedhof, obwohl ich, und vermutlich nicht nur ich, einen solchen gern besuchte, ab und an. - Auf den Grabsteinen stünden, wie Namen, die verschiedenen Wörter und von wann bis wann sie gelebt haben, also im Gebrauch waren. Was genau dieses oder jenes Wort einst hervorbrachte, welche Zeit, welche Mode, welche politischen Verhältnisse ..., das wäre dann die Erinnerungsarbeit (noch so ein sterbendes Wort, das demnächst "hinüber" sein könnte), die der Friedhofsbesucher, vielleicht ja ein Hinterbliebener oder einfach ein Bummelant zu leisten hätte. Aber Trauerarbeit würde ich meine Bemühungen, mich zu erinnern, nicht nennen wollen. Denn um jene zwei Wörter, die ich nun mal kurz exhumieren möchte, ist es nicht wirklich schade. Und schon sehe ich mich, die womöglich letzte lebende Bummelantin, vor dem toten Bummelanten stehen. (aus Katja Lange-Müller: Verschiedene Wörter)
Erscheint lt. Verlag | 28.5.2013 |
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Sprache | deutsch |
Maße | 130 x 220 mm |
Gewicht | 250 g |
Einbandart | Paperback |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Erinnerung • Europa • Europa, Geschichte; Geschichten • Geschichte • Sprache • Sprachgeschichte • Wort • Wort / Wörter |
ISBN-10 | 3-940524-20-4 / 3940524204 |
ISBN-13 | 978-3-940524-20-1 / 9783940524201 |
Zustand | Neuware |
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