Vergeltung (eBook)
512 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-41554-2 (ISBN)
Val McDermid ist eine internationale Nr. 1-Bestsellerautorin, deren Bücher in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Ihre mehrfach preisgekrönten Thrillerserien und Einzelromane wurden für Fernsehen und Rundfunk adaptiert - etwa die Serie Hautnah - Die Methode Hill mit dem Profiler Dr. Tony Hill und DCI Carol Jordan. Die TV-Serie um die schottische Cold Case-Ermittlerin Karen Pirie ist international mit großem Erfolg gestartet. Val McDermid war 2017 Vorsitzende des Wellcome Book Prize und Jurorin für den Women's Prize for Fiction und den Man Booker Prize 2018. Sie ist Trägerin von sechs Ehrendoktorwürden, außerdem Honorary Fellow des St Hilda's College in Oxford. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der CWA Diamond Dagger für ihr Lebenswerk und der Theakstons Old Peculier Award für 'Outstanding Contribution to Crime Writing'. Val ist außerdem eine erfahrene Rundfunksprecherin und gefragte Kolumnistin und Kommentatorin in Printmedien. Mehr über die Autorin unter www.val-mcdermid.de
Val McDermid ist eine internationale Nr. 1-Bestsellerautorin, deren Bücher in mehr als 40 Sprachen übersetzt wurden. Ihre mehrfach preisgekrönten Thrillerserien und Einzelromane wurden für Fernsehen und Rundfunk adaptiert - etwa die Serie Hautnah - Die Methode Hill mit dem Profiler Dr. Tony Hill und DCI Carol Jordan. Die TV-Serie um die schottische Cold Case-Ermittlerin Karen Pirie ist international mit großem Erfolg gestartet. Val McDermid war 2017 Vorsitzende des Wellcome Book Prize und Jurorin für den Women's Prize for Fiction und den Man Booker Prize 2018. Sie ist Trägerin von sechs Ehrendoktorwürden, außerdem Honorary Fellow des St Hilda's College in Oxford. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen gehören der CWA Diamond Dagger für ihr Lebenswerk und der Theakstons Old Peculier Award für "Outstanding Contribution to Crime Writing". Val ist außerdem eine erfahrene Rundfunksprecherin und gefragte Kolumnistin und Kommentatorin in Printmedien. Mehr über die Autorin unter www.val-mcdermid.de
2
Der stämmige Mann stellte zwei randvolle Gläser mit kupferfarbenem Bier auf den Tisch. »Piddle in the Hole – piss ins Loch«, sagte er und ließ sich mit seiner breiten Gestalt auf einem Hocker nieder, der unter seinen Oberschenkeln verschwand.
Dr. Tony Hill zog die Augenbrauen hoch. »Soll das eine Herausforderung sein? Oder findet man das hier in Worcester witzig?«
Detective Sergeant Alvin Ambrose hob das Glas, um mit ihm anzustoßen. »Keins von beidem. Die Brauerei ist in einem Dorf, das Wyre Piddle heißt, deshalb meint man dort, auf diesen Namen Anspruch zu haben.«
Tony nahm einen großen Schluck von seinem Bier und schaute es dann nachdenklich an. »Na schön!«, sagte er. »Es ist ziemlich gut.«
Beide Männer widmeten dem Qualitätsgetränk kurz ein respektvolles Schweigen, dann meinte Ambrose: »Ihre Carol Jordan hat meinen Chef zur Weißglut gebracht.«
Selbst nach so vielen Jahren fiel es Tony immer noch schwer, sein Pokerface beizubehalten, wenn es um Carol Jordan ging. Aber es war eine Mühe, die sich lohnte. Erstens mal gab er nicht gern etwas preis, wenn’s nicht sein musste. Aber noch wichtiger war, dass es ihm immer unmöglich gewesen war, zu erklären, was Carol ihm bedeutete, und er hatte keine Lust, anderen die Gelegenheit zu falschen Schlüssen zu geben. »Sie ist nicht meine Carol Jordan«, sagte er gelassen. »Ehrlich gesagt, ist sie niemandes Carol Jordan.«
»Sie sagten, sie würde hier in Ihrem Haus wohnen, wenn sie die Stelle bekäme«, erwiderte Ambrose, ohne den vorwurfsvollen Ton zu unterdrücken.
Das war eine Enthüllung, von der Tony sich nun wünschte, er hätte sie nie gemacht. Es war ihm während einer der abendlichen Unterhaltungen herausgerutscht, die die merkwürdige Freundschaft zweier argwöhnischer Männer gefestigt hatten, die sonst nicht viel gemeinsam hatten. Tony vertraute Ambrose, aber das hieß nicht, dass er ihm Zutritt zum Labyrinth der Widersprüche und Komplexitäten seines Gefühlslebens gewähren wollte. »Sie wohnt bereits jetzt bei mir im Souterrain. Das ist doch kaum ein Unterschied. Es ist ein großes Haus«, antwortete er in unverbindlichem Ton, aber die Hand, mit der er das Glas hielt, verkrampfte sich leicht.
Ambrose’ Augenwinkel strafften sich ein wenig, aber der Rest seines Gesichts zeigte keine Regung. Tony vermutete, dass sein allzeit waches Polizistenhirn sich fragte, ob es sich lohnte, dies weiterzuverfolgen. Schließlich fügte Ambrose hinzu: »Und sie ist eine sehr attraktive Frau.«
»Das stimmt.« Tony hob Ambrose bestätigend sein Glas entgegen. »Und warum ist DI Patterson wütend auf sie?«
Ambrose zuckte mit einer seiner muskulösen Schultern, so dass sich die Naht seiner Jacke dehnte. Seine braunen Augen blickten nicht mehr so wachsam, denn jetzt befand er sich auf sicherem Terrain und konnte sich entspannen. »Das Übliche. Er hat seine ganze Dienstzeit in West Mercia verbracht, den größten Teil hier in Worcester. Als die Stelle des Detective Chief Inspector frei wurde, sah er sich schon befördert. Dann ließ Ihre … dann ließ DCI Jordan verlauten, dass sie an einer Versetzung von Bradfield weg interessiert sei.« Er verzog das Gesicht zu einem schiefen Lächeln. »Und wie hätte West Mercia es ihr abschlagen können?«
Tony schüttelte den Kopf. »Das weiß ich genauso wenig wie Sie.«
»Bei ihrer Erfolgsbilanz? Zuerst bei der Met, dann eine geheimnisvolle Aufgabe bei Europol, dann an der Spitze ihrer eigenen Spezialtruppe im viertgrößten Polizeiverbund des Landes, wo sie die Trottel von der Terrorismusabwehr auf ihrem eigenen Feld geschlagen hat … Im ganzen Land gibt es nur eine Handvoll Polizisten, die ihre Erfahrung haben und trotzdem noch gern im praktischen Einsatz sind, statt im Büro zu sitzen. Bei der ersten leisen Andeutung im Flurfunk wusste Patterson gleich, dass er keine Chance hatte.«
»Nicht unbedingt«, warf Tony ein. »Es gibt Vorgesetzte, die Carol als Bedrohung sehen könnten. Die Frau, die zu viel wusste. Sie glauben vielleicht, man würde damit den Bock zum Gärtner machen.«
Ambrose lachte in sich hinein, es klang wie ein tiefes, unterirdisches Grollen. »Aber hier ist es nicht so. Man hält sich für das Maß aller Dinge. Man schaut rüber zu den lausigen Kerlen in West Midlands und spreizt die Federn wie ein eitler Pfau. Sie würden DCI Jordan als eine Preistaube sehen, die in den heimatlichen Schlag zurückfliegt, wo sie hingehört.«
»Sehr schön ausgedrückt.« Tony nippte an seinem Bier und genoss das bittere Hopfenaroma. »Aber Ihr DI Patterson sieht das anders?«
Während Ambrose nach Worten suchte, trank er sein Glas fast leer. Tony war daran gewöhnt zu warten. Es war ein Trick, der bei der Arbeit wie im Privatleben gleichermaßen funktionierte. Schließlich kam er ohne Geduld auch mit seinen Patienten nicht sehr weit. Wenn jemand ein kompetenter klinischer Psychologe sein wollte, konnte er es sich nicht leisten, bei der Suche nach Antworten zu viel Ungeduld zu zeigen.
»Für ihn ist es nicht leicht«, sagte Ambrose schließlich. »Es ist bitter zu wissen, dass man übergangen wurde, weil man nur der Zweitbeste ist. Also muss er etwas finden, das es für ihn erträglicher macht.«
»Und was hat er sich ausgedacht?«
Ambrose senkte den Kopf. Im schwachen Licht der Kneipe war er wegen seiner dunklen Haut nur noch ein Schatten. »Er stänkert herum über die Gründe für ihren Umzug. Zum Beispiel, dass ihr West Mercia scheißegal sei. Dass sie nur Ihnen folgt, weil Sie das große Haus geerbt und sich entschieden haben, von Bradfield wegzuziehen …«
Carol Jordans Entscheidungen zu verteidigen war nicht seine Aufgabe, doch er konnte sich auch nicht einfach ausschweigen. Wenn er schwieg, würde er damit nur Pattersons trostlose Sicht der Dinge bestätigen. Tony sollte Ambrose zumindest eine Alternative aufzeigen, die er in der Kantine und im Büro vorbringen konnte. »Vielleicht. Aber ich bin nicht der Grund, weshalb sie Bradfield verlässt. Es geht um Bürointrigen, hat nichts mit mir zu tun. Sie hatte einen neuen Chef, und er fand, ihr Team sei zu kostspielig. Sie hatte drei Monate Zeit, um ihm das Gegenteil zu beweisen.« Tony schüttelte betrübt lächelnd den Kopf. »Man kann sich kaum vorstellen, was sie noch zusätzlich hätte tun können. Sie hat einen Serientäter zur Strecke gebracht, zwei alte Mordfälle gelöst und eine Bande von Menschenhändlern hochgenommen, die Kinder ins Land brachten und sie zur Prostitution zwangen.«
»Das nenne ich doch eine beachtliche Erfolgsrate«, befand Ambrose.
»Nicht beachtlich genug für James Blake. Die drei Monate sind um, und er hat angekündigt, er werde die Einheit am Ende des Monats auflösen und die Mitglieder irgendwo bei der Kripo unterbringen. Sie hatte schon beschlossen, da nicht mitzuspielen. Deshalb war ihr klar, dass sie Bradfield verlassen wollte. Sie wusste nur noch nicht, wohin sie gehen würde. Dann wurde dieser Job in West Mercia frei, und sie musste nicht einmal den Vermieter wechseln.«
Ambrose warf ihm einen belustigten Blick zu und leerte sein Glas. »Nehmen Sie noch eins?«
»Ich hab noch. Aber jetzt bin ich an der Reihe.« Tony erhob Einspruch, als Ambrose trotzdem zur Theke ging. Er bemerkte, wie die junge Kellnerin das ungleiche Paar stirnrunzelnd musterte.
Ambrose und er, das war weiß Gott eine seltsame Kombination. Ein dunkelhäutiger stämmiger Mann mit rasiertem Kopf und einem Gesicht wie ein Schwergewichtsboxer, mit locker herunterhängender Krawatte und einem schwarzen Anzug, der eng über kräftigen Muskeln saß. Ambrose’ beachtliche Ausstrahlung passte zu der Vorstellung, die die meisten Leute von einem ernstzunehmenden Bodyguard hatten. Er selbst dagegen, so vermutete Tony, sah nicht so aus, als könne er sich selbst beschützen, von anderen gar nicht erst zu reden. Er war mittelgroß, eher feingliedrig gebaut, dabei drahtiger, als man denken würde, da seine hauptsächliche körperliche Ertüchtigung darin bestand, dass er Rayman’s Raving Rabbids auf seiner Wii spielte. Er trug eine Lederjacke, Sweatshirt mit Kapuze und schwarze Jeans. Im Lauf der Jahre hatte er gelernt, dass die Leute sich immer nur an seine strahlenden blauen Augen erinnerten, die durch seinen blassen Teint noch betont wurden. Auch Ambrose’ Augen waren einprägsam, aber nur, weil sie eine Sanftheit erahnen ließen, die sonst nirgends an seinem Auftreten wahrzunehmen war. Die meisten Leute übersahen das, glaubte Tony. Sie waren zu geblendet vom oberflächlichen Eindruck. Er fragte sich, ob die Kellnerin es bemerkt hatte.
Ambrose kam mit einem frischen Glas Bier zurück. »Wollen Sie heute Abend nichts trinken?«
Tony schüttelte den Kopf. »Ich fahre noch nach Bradfield zurück.«
Ambrose schaute auf seine Uhr. »So spät? Es ist ja schon nach zehn.«
»Ich weiß. Aber um diese Zeit ist wenig Verkehr. Da kann ich in weniger als zwei Stunden zu Hause sein. Ich muss morgen in Bradfield Moor noch mit Patienten sprechen. Die letzten Termine, bevor ich sie an jemand anderen abgebe. Und ich hoffe, man wird berücksichtigen, dass sie verkorkste Problemfälle sind. Es ist weniger Stress, abends zu fahren. Nachtmusik und leere Straßen.«
Ambrose lachte vor sich hin. »Klingt wie ein Countrysong.«
»Manchmal kommt es mir vor, als wäre mein ganzes Leben ein Countrysong«, murmelte Tony. »Und keiner von den optimistischen.« Während er noch sprach, meldete sich sein Handy. Er tastete hektisch seine Kleider ab und zog es schließlich aus der vorderen Tasche seiner Jeans. Die Nummer auf dem Display erkannte er nicht, stellte aber seine Zweifel zurück. Wenn jemand vom Personal in...
Erscheint lt. Verlag | 3.12.2012 |
---|---|
Reihe/Serie | Carol Jordan und Tony Hill | Carol Jordan und Tony Hill |
Übersetzer | Doris Styron |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Carol Jordan • entflohener Häftling • Profiling • Rache • Serienkiller • Tony Hill |
ISBN-10 | 3-426-41554-2 / 3426415542 |
ISBN-13 | 978-3-426-41554-2 / 9783426415542 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 838 KB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich