Schweinsgalopp (eBook)

Ein Scheibenwelt-Roman
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2012 | 1. Auflage
416 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-09813-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schweinsgalopp -  TERRY PRATCHETT
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Auch auf der Scheibenwelt gibt es so etwas Ähnliches wie einen Weihnachtsmann: Er hat einen Bart und eilt alljährlich mit einem Schlitten voller Gaben durch die Lüfte herbei. Dieses Jahr bleibt er allerdings verschwunden, und so muss niemand Geringerer als Tod für ihn einspringen. In der Zwischenzeit begibt sich seine Enkelin Susanne auf die Suche nach dem Verschollenen ...



Terry Pratchett, geboren 1948, schrieb 1983 seinen ersten Scheibenwelt-Roman - ein großer Schritt auf seinem Weg, einer der erfolgreichsten Autoren Großbritanniens und einer der populärsten Fantasy-Autoren der Welt zu werden. Von Pratchetts Romanen wurden weltweit 85 Millionen Exemplare verkauft, seine Werke sind in 40 Sprachen übersetzt. Für seine Verdienste um die englische Literatur verlieh ihm Queen Elizabeth sogar die Ritterwürde. Terry Pratchett starb am 12.3.2015 im Alter von 66 Jahren.

»Wo sind all die Lichter?« fragte er. »Und die Geräusche? Wo haben sich all die kleinen Burschen mit den spitzen Hüten und den roten und grünen Anzügen versteckt? Ich meine die kleinen Kerle, die Holzspielzeuge rhythmisch und nicht besonders überzeugend mit Hämmern bearbeiten?«

»Dies sieht mehr nach einem Tempel eines Donnergottes aus«, sagte Susanne.

QUIEK.

»Nein, ich habe die Karte nicht falsch gelesen. Wie dem auch sei: Albert ist hiergewesen. Überall liegt Zigarettenasche.«

Die Ratte sprang zu Boden und lief umher, die Schnauze dicht überm Schnee. Nach einigen Sekunden des Schnüffelns quiekte sie und eilte durch die Düsternis.

Susanne folgte ihr. Als sich ihre Augen an das matte blaugrüne Licht gewöhnt hatten, bemerkte sie eine Pyramide aus Stufen, und darauf einen großen Stuhl.

Hinter ihr knirschte eine Säule und neigte sich ein wenig zur Seite.

QUIEK.

»Die Ratte meint, dieser Ort erinnert sie an ein altes Bergwerk«, übersetzte der Rabe. »Du weißt schon. Nachdem es aufgegeben worden ist, kümmert sich niemand mehr darum, die Deckenstützen zu erneuern. Der Rattentod besucht oft solche Orte.«

Susanne achtete nicht auf das Gerede des Raben. Diese Stufen sind wenigstens für menschliche Füße bestimmt, dachte sie. Schnee war durch ein weiteres Loch in der Decke gefallen, und es zeigten sich noch mehr Fußabdrücke von Albert.

»Vielleicht ist der alte Schneevater mit seinem Schlitten abgestürzt«, spekulierte der Rabe.

QUIEK?

»Nun, so was könnte passieren, oder? Schweine sind nicht besonders aerodynamisch. Und mit all dem Schnee… schlechte Sicht, die große Wolke weiter vorn entpuppt sich zu spät als Berg, irgendwelche Burschen in safrangelben Kutten starren auf einen herab, der arme Kerl fragt sich, ob es jetzt noch Sinn hat, den Sicherheitsgurt anzulegen, und dann… WAMM. Anschließend können einige glückliche Bergsteiger, die nach dem Flugschreiber suchen, ziemlich viele Würstchen herstellen.«

QUIEK!

»Ja, aber er ist alt. Vermutlich alt genug, um fluguntauglich zu sein.«

Susanne zog etwas aus dem Schnee.

Es war eine rot-weiß gestreifte Zuckerstange.

Sie scharrte mit dem Fuß im kalten Weiß und entdeckte einen Holzsoldaten. Er trug eine Uniform, die nur dann unauffällig wirkte, wenn man sie in einem Nachtklub für unter Drogen stehende Chamäleons zur Schau stellte.

In der Finsternis stöhnte es.

Der Rabe räusperte sich.

»Die Ratte hat diesen Ort vorhin mit einem verlassenen Bergwerk verglichen«, sagte er. »Weil es in verlassenen Bergwerken ebenso knackt und knirscht. Niemand erneuert die Grubenstempel. Dinge stürzen ein. Man kann praktisch von einem Augenblick zum anderen zu einem Schnörkel im Sandstein werden. Anders ausgedrückt: Wir sollten zusehen, daß wir hier rauskommen.«

Tief in Gedanken versunken, setzte Susanne einen Schritt vor den anderen, ging tiefer in das Knochenschloß hinein.

Irgend etwas stimmte nicht. Dieser Ort sieht so aus, als wäre er schon seit Jahren verlassen, dachte sie. Und das kann unmöglich der Fall sein.

Eine weitere Säule knirschte und neigte sich ein wenig zur Seite. Eissplitter rieselten von der Decke herab.

Natürlich war dies nicht gerade ein normaler Ort. Einen so großen Eispalast konnte niemand bauen. In gewisser Weise ähnelte er Tods Haus. Wenn er es lange genug verließ, setzten sich die Dinge in Bewegung, die er angehalten hatte, zum Beispiel Zeit und Physik. Dann brach eine Art Damm.

Das Stöhnen in der Finsternis wiederholte sich.

Es ähnelte den Geräuschen, die das gequälte Eis verursachte. Allerdings fügte gewöhnliches Eis nicht »O weh…« hinzu.

Eine Gestalt lag in einer Schneewehe. Susanne hätte sie fast übersehen, denn sie trug einen weißen Umhang. Sie streckte alle viere von sich, als wollte sie sich ganz vom Schnee aufnehmen lassen.

Darüber hinaus trug sie einen kleine Krone aus Weinblättern.

Die Gestalt stöhnte weiter.

Susanne sah auf. Auch hier war ein Loch im Dach – aber niemand konnte so tief fallen und den Sturz überleben.

Zumindest kein Mensch.

Der Mann wirkte menschlich, und er schien recht jung zu sein. Sein Gesicht hingegen… Selbst im diffusen, vom Schnee reflektierten Licht sah es aus wie Übelkeit, die plötzlich Substanz gewonnen hatte.

»Ist alles in Ordnung mit dir?« fragte Susanne.

Der Liegende öffnete die Augen und starrte nach oben.

»Ich wünschte, ich wäre tot …«, ächzte er. Ein hausgroßes Stück Eis fiel irgendwo in den dunklen Tiefen des Knochenschlosses zu Boden und platzte mit lautem Krachen auseinander.

»Da befindest du dich vielleicht am richtigen Ort«, meinte Susanne. Sie griff nach den Armen des jungen Mannes und zog ihn aus der Schneewehe. »Ich schätze, es wäre eine gute Idee, den Eispalast zu verlassen. Er ist nämlich auf dem besten Wege, endgültig einzustürzen.«

»O weh…«

»Was hältst du davon, wenn du aufhörst zu stöhnen und anfängst zu gehen?«

»Tut mir leid, aber ich glaube, ich… ich habe zu viele Beine. Au.«

Susanne gab sich alle Mühe, ihn zu stützen, als sie zum Ausgang wankten.

»Mein Kopf«, sagte der Mann. »Mein Kopf. Mein Kopf. Mein Kopf. Fühlt sich schrecklich an. Mein Kopf. Fühlt sich an, als schlüge jemand mit einem Hammer darauf ein. Oh, mein Kopf …«

Der Eindruck täuschte nicht. Ein kleiner grüner und purpurner Kobold hockte inmitten der feuchten Locken. Er nickte Susanne freundlich zu, hob einen großen Holzhammer und schlug zu.

»O weh!«

»Das war nicht nötig!« entfuhr es Susanne.

»Willst du mir vielleicht meine Arbeit erklären?« erwiderte der Kobold. »Du kannst es bestimmt besser, nicht wahr?«

»Ich würde den Hammer sofort beiseite legen!«

»Jemand muß ihn schwingen«, sagte der Kobold.

»Es gehört zur Vereinbarung«, erklärte der junge Mann.

»Ja, genau«, bestätigte der Kobold. »Könntest du vielleicht den Hammer halten, während ich gelben Schleim auf seine Zunge streiche?«

»Komm sofort von dem Kopf herunter!«

Susanne streckte die Hand nach dem Kobold aus. Er sprang davon, den Hammer in der einen Hand, und hielt sich mit der anderen an einer Säule fest.

»Ich gehöre zur Vereinbarung, jawohl!« rief er.

Der junge Mann rieb sich behutsam die Schläfen.

»Ich fühle mich schrecklich«, sagte er. »Hast du vielleicht etwas Eis?«

Daraufhin stürzte das Gebäude ein – es gibt eben Bräuche, die stärker sind als die Gesetze der Physik.

 

Der würdevolle und sehr beeindruckende Einsturz des Knochenschlosses dauerte ein ganze Weile. Säulen kippten. Dachplatten rutschten. Eis brach und splitterte. Schneedunst und Eiskristalle schimmerten in der Luft über dem Trümmerhaufen.

Susanne beobachtete das Geschehen von den Bäumen aus. Der junge Mann, den sie an einen Baumstamm gelehnt hatte, hob die Lider.

»Das war bemerkenswert«, sagte er.

»Meinst du die Art und Weise, in der sich jetzt alles in Schnee zurückverwandelt?«

»Ich meine die Art und Weise, in der du mich gepackt hast und losgerannt bist. Autsch!«

»Oh, das.«

Es knirschte weiterhin im Eis. Die umgestürzten Säulen gaben sich nicht damit zufrieden, auf dem Boden zu liegen. Es arbeitete weiter in ihnen, und sie zerfielen in immer kleinere Teile.

Als sich die Wolken aus winzigen Eissplittern verzogen, war nur noch ein großer Schneehaufen übrig.

»Als hätte es das Schloß nie gegeben«, sagte Susanne und wandte sich dem Stöhnenden zu.

»Und nun zu dir. Was machst du hier?«

»Keine Ahnung. Ich habe einfach die Augen geöffnet, und plötzlich war ich da.«

»Wer bist du?«

»Ich … glaube, mein Name lautet Gallig. Ich bin der … der o Gott des Katzenjammers.«

»Der Gott des Katzenjammers?«

»Der o Gott«, korrigierte Gallig. »Wenn die Leute mich erfahren, pressen sie sich meistens die Hände an den Kopf und sagen o Gott… Wie viele von dir stehen da?«

»Was? Ich bin allein!«

»Oh. Gut. Gut.«

»Ich habe nie von einem Gott des Katzenjammers gehört …«

»Kennst du Trinkgern, den Gott des Weines? Au.«

»Ja.«

»Dicker Bursche mit Weinblättern auf dem Kopf, wird immer mit einem Glas in der Hand dargestellt… Au. Nun, weißt du, warum er immer so vergnügt ist? Warum er immer lächelt und sich freut? Weil er keinen Zweifel daran hat, daß er sich am nächsten Morgen gut fühlt. Und das verdankt er mir…«

»Du bekommst den Katzenjammer für ihn?« vermutete Susanne.

»Obwohl ich selbst überhaupt nichts trinke! Autsch! Aber wer endet jeden Morgen mit dem Kopf im Abort? Arrgh.« Gallig unterbrach sich und schnitt eine Grimasse. »Sollte sich der Schädel anfühlen, als klebten Hundehaare an der Innenseite ?«

»Ich glaube nicht.«

»Ah.« Der junge Mann schwankte. »Hast du schon einmal gehört, daß jemand sagte: ›Ich habe gestern fünfzehn Halbe gekippt und hatte heute morgen einen völlig klaren Kopf‹?«

...

Erscheint lt. Verlag 30.10.2012
Übersetzer Andreas Brandhorst
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Hogfather
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Ankh-Morpork • Assassinen • Beschuldigung • eBooks • Fantasy • Gilde • Parodie • Reihe • Rettung • Revisoren • Scheibenwelt • Schneevater • Sciencefiction • SusanStoHelit • Tod
ISBN-10 3-641-09813-0 / 3641098130
ISBN-13 978-3-641-09813-1 / 9783641098131
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