Sein letzter Burgunder (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2012 | 1. Auflage
416 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-41373-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sein letzter Burgunder -  Paul Grote
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Mord am Kaiserstuhl Henry Meyenbeeker, in Spanien lebender deutscher Weinjournalist, liebt Kaiserstühler Burgunder. Da kommt die Einladung zur Baden-Baden Wine Challenge wie gerufen. Doch als der Starverkoster Alan Amber ermordet wird, ändert sich alles. Meyenbeeker wird erpresst: Findet er den Mörder nicht vor der Polizei, steht seine berufliche Existenz auf dem Spiel. Das Wettrennen beginnt ...

Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 18 Weinkrimis veröffentlicht.

Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 19 Weinkrimis veröffentlicht.

Am Morgen danach 


Es war spät geworden. Kaum einer der Juroren war an diesem Abend vor Mitternacht ins Bett gekommen. Henry Meyenbeeker hatte das Spielcasino erst kurz vor ein Uhr verlassen, an den Spieltischen war allerdings noch rege gesetzt worden. Besonders der Roulettetisch, wo Alan Amber weiter spielte, war umlagert gewesen, als er gegangen war, weniger von Spielern als von Neugierigen. Sie brannten darauf zu erfahren, ob der Brite hier sein Waterloo erleben oder das Verlorene zurückgewinnen würde, und das war nicht wenig. Einige mochten es dem Weinkritiker gewünscht haben, aber bei der Mehrheit der Schaulustigen meinte Henry, Häme oder sogar Schadenfreude bemerkt zu haben. Es hatte ihn nicht gewundert. Die Unsterblichen des Olymps sollten ruhig mal richtig bluten. Einige Tausend Euro würden Amber nicht schmerzen.

Von der Spannung der vergangenen Nacht war bei den Juroren, die in der Morgensonne jetzt dem Kongresszentrum zustrebten, nichts mehr zu bemerken. Knapp die Hälfte von ihnen waren Deutsche, sie gingen zusammen, der größere Teil war den Statuten nach Ausländer, auch die hielten sich an ihre Landsleute. Henry lebte im Ausland, war aber von Geburt Deutscher, seine Mutter Spanierin. Also – was war er dann? Deutscher Ausländer oder ausländischer Deutscher? Folgte ihm hier etwa der Schatten des Migranten? Den hatte er in Barcelona nie bemerkt.

Unter den Juroren wurde er als Deutscher geführt, obwohl er seit fast fünf Jahren nicht mehr im Land residierte, wo er immerhin die ersten fünfundvierzig Jahre seines Lebens verbracht hatte, von vielen Auslandsreisen abgesehen. Er selbst betrachtete sich als eine Mischung, deutsch-spanisch. Er fühlte sich in beiden Ländern gleichermaßen fremd und heimisch.

Henry spürte die Frische eines jungen Tags und die Wärme der leichten Junisonne auf der Haut und dachte mit Blick in den supergepflegten Park, wo er sich gern ins Gras gelegt hätte, an die Prozedur der Einweisung. Sie war glücklicherweise zu einer menschlichen Zeit angesetzt worden. Die Leitung der Baden-Baden Wine Challenge wusste, was sie den Weintestern zumuten konnte, im Wissen, dass die Nacht davor lang geworden war. Der Anruf des Hotelweckdienstes hatte Henry zumindest nicht mehr aus dem Tiefschlaf gerissen, und die Nacht war lang genug und dunkel genug gewesen, um den Eklat bei Ambers Rede zu vergessen, fürs Erste jedenfalls. Mit einem Nachspiel allerdings musste er rechnen. Er war gespannt, wer ihn ansprechen würde, denn er war verantwortlich, er hatte für das Debakel gesorgt. Das würde Verlagschef Heckler ihm nicht verzeihen. Henry konnte sich durchaus vorstellen, dass man ihn bitten würde, abzureisen. Aber zu ernst durfte er die Angelegenheit nicht nehmen. Gehörte ein schöner Eklat nicht auch zum Unterhaltungsprogramm?

Für ein Frühstück war genügend Zeit geblieben. Nur eine Tasse Kaffee hätte Henry nicht gereicht, wenn bis zum Mittagessen mehr als dreißig Weine probiert und bewertet werden mussten und danach noch mal knapp zwanzig. Der Kopf musste klar bleiben, wie die Sinne und die Urteilsfähigkeit.

Einzeln, paarweise und in Grüppchen schlenderten die Juroren aus Holland, der Schweiz und Österreich durch den frühsommerlich erblühten Kurgarten, auch belgische Weinexperten waren hier, Griechisch sprach man und Französisch, Weinkenner aus Japan, den USA und Australien gehörten zu den Gästen ebenso wie ein Chinese und ein Mann aus Chile. Sie alle verhielten den Schritt auf der Brücke und starrten hinab ins flache Wasser der Oos und wünschten wohl, sich jetzt auf eine der Bänke ans Ufer setzen zu können, sich zurückzulehnen und den Sommertag zu genießen. Aber alle hatten ein gemeinsames Ziel – das Kongresshaus: Hatte es am Abend zuvor den Eindruck vermittelt, von innen heraus zu glühen, so war es jetzt im Inneren der schlichten Konstruktion, deren Glaswände dem Beton- und Stahlbau aus den Sechzigerjahren die nötige Leichtigkeit verliehen, dunkel. Die großen Glastüren standen weit offen, und erst im weitläufigen Foyer fanden sich die Juroren gemeinsam vor den Tischen wieder, wo Namensschilder und Formulare für die Reisespesen ausgegeben wurden. Wer die Anwesenheitsliste unterschrieben hatte, hängte sich das Band mit dem Schild um den Hals, auf dem neben dem Namen auch Nationalität, Beruf und Jurygruppe vermerkt waren.

An manches Gesicht erinnerte sich Henry aus der Nacht im Casino. So wie er schielten auch andere Teilnehmer auf die Namensschilder derer, die plaudernd am Fuß der Treppe neben ihm warteten. Die Neugier, zu erfahren, wer zur selben Jurygruppe gehörte, war groß, immerhin würde man vier lange Tage eng beieinander sitzen, Ellenbogen an Ellenbogen, sozusagen auf Tuchfühlung, und würde gemeinsam an die zweihundert Weine probieren. Und jeder hoffte, dass nicht irgendein Großmaul, Besserwisser oder Klugscheißer am Tisch mit seiner Meinung die Stimmung verdarb.

Weiter vorn in der Schlange standen der Fotograf und seine schöne Frau, die Winzerin Antonia Vanzetti, die sich gerade das Band mit dem Namensschild über den Kopf streifte. Henry sah sie die Arme heben, die Armreifen rutschten auf ihren gebräunten Armen nach unten, und sie drückte ihr volles krauses Haar zusammen, denn das Band hatte sich verheddert. Ihr Mann, Frank Gatow, schaute belustigt zu und grinste, als er Henry erkannte. Der Fotograf gehörte nicht zu den Juroren, aber er wich nicht von der Seite seiner Frau, außer wenn er fotografierte – heimlich, nur von Henry bemerkt, wie letzte Nacht beim Roulette.

Kurz bevor Henry an der Reihe war sich einzutragen, bemerkte er in der übernächsten Reihe einen Spanier, der ihm die Laune verderben konnte: Patricio Mendoza, Autor und Publizist. Sie waren mehrmals aneinandergeraten, weniger in Sachen Wein als in Bezug auf Politik. Henry hielt ihn für bösartig, und er war schwarz bis auf die Knochen, seiner Einstellung nach gehörte er entweder dem rechten Movimiento Social Republicano an oder der Falange Auténtica, beides Organisationen der extremen Rechten. Mendoza hatte ihn noch nicht entdeckt oder wollte ihn nicht sehen. Henry musste jede Konfrontation vermeiden. Sollte Mendoza ihm wieder mit ausländerfeindlichen und antisemitischen Parolen auf den Wecker gehen, würde er ihm zu gern 

Marion Dörners Lächeln unterbrach den finsteren Wunsch. Ihr war anscheinend die Aufgabe zuteilgeworden, die Hostessen bei der Ausgabe der Namensschilder zu kontrollieren. Im letzten Monat in Andalusien, wo sie sich kennengelernt hatten, hatte sie mit dem Pagenkopf mehr dem Typ des jungen Mädchens entsprochen. Heute gab ihr das hochgesteckte Haar einen Hauch von Noblesse, was ihr auch gut stand. Der Eindruck wurde von ihrem offiziellen Auftreten im dunkelblauen Kostüm unterstrichen. Hatte sie bisher mit verschränkten Armen zwei Schritte hinter den Tischen gestanden, so griff sie jetzt selbst nach den Schildern, um Henry das seine umzuhängen – und um ihm möglichst nahe zu kommen? Das wäre ihm nicht recht gewesen und verbot sich hier von selbst. Er nahm das Schild mit der ausgestreckten Hand entgegen, aber um ein Bussi kam er nicht herum. Aus den Augenwinkeln bemerkte Henry, dass es Frank Gatow, der belustigt die Augenbrauen hob, nicht entgangen war. Das hatte er schon gestern in der Spielbank getan, als Marion ständig in seiner Nähe geblieben war.

»Wir sehen uns beim Mittagessen?!«

Ob Marion das als Frage oder bestätigend gemeint hatte, war ihrem Tonfall nicht zu entnehmen.

»Ich werde mich meiner Jurygruppe anpassen müssen, wahrscheinlich machen wir nach dem dritten Flight Pause. Dann hätten wir nur noch einen Flight von zehn oder fünfzehn Flaschen vor uns und können es ruhig angehen. Heute Abend sehen wir uns bestimmt.« Es wäre undiplomatisch, ihr Ansinnen gänzlich auszuschlagen, obwohl Henry sich bedrängt fühlte.

»Ich hoffe es«, gurrte Marion und zog sich mit einem charmanten Lächeln auf ihre Position zurück, denn Oliver Koch war aufgetaucht, finster wie immer und so wichtig wie am Abend zuvor.

»Sie haben unseren Gast ziemlich alt aussehen lassen, zu alt!«

»Das war nicht ich, das war die Roulettekugel«, erwiderte Henry. Bevor Koch auf das andere Thema kommen konnte, wandte er sich der Treppe zu, wo Frank Gatow auf ihn wartete.

»Du lässt deiner Frau den Vortritt?«, fragte Henry und legte ihm freundschaftlich die Hand auf den Rücken.

Gatow war der Typ Fotograf, mit dem er als Journalist sich vorstellen konnte, auf eine lange Reportagereise zu gehen. Auf der kollegialen Ebene hatten sie sich sofort verstanden.

»Man hat mir ausnahmsweise gestattet, als Ehemann einer geladenen Jurorin unentgeltlich an den Events teilzunehmen. Doch seit gestern darf ich nirgends mehr mit der Kamera rein«, antwortete Gatow mit gespieltem Bedauern. »Der da«, er neigte den Kopf in Richtung Koch, »hat es verboten.«

»Der kann nicht anders, er spielt sich auf, das ist seine Lieblingsbeschäftigung. Er ist der Einpeitscher des Verlags oder der Kettenhund vom Chef. Nehmen Sie ihn nicht ernst. Aber ich muss jetzt da rauf, in den Saal. Sehen wir uns später im Hotel?«

»Es gibt viele wunderschöne Ecken hier in Baden-Baden, ich werde mich ein wenig dort umsehen, wo die Russenmafia investiert hat. Angeblich hat sie einige kleine und große Hotels gekauft, auch der ›Europäische Hof‹ ist in östlicher Hand, die beste Art, Geld zu waschen, dann gehören ihr bereits an die achtzig Villen …«

»Ihr Italiener kennt euch mit der Mafia aus?«

»Auch mit der Cosa Nostra, der Sacra Corona Unita, ’Ndrangheta, Camorra … Ach, Unsinn, ich verstehe nichts davon, es wird viel...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2012
Reihe/Serie Europäische-Weinkrimi-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Baden-Baden • Baden-Württemberg • Badischer Wein • Cosy Crime • Detektiv • Deutschsprachige Krimis • eBook • Henry Meyenbeeker • Kaiserstuhl • Kulinarischer Krimi • Spannung • Unterhaltung • Urlaubslektüre • Verkostung • Wein • Weinanbau • Weingut • Weinjournalist • Weinkrimi • Weinkritiker • Weinwettbewerb • Winzer
ISBN-10 3-423-41373-5 / 3423413735
ISBN-13 978-3-423-41373-2 / 9783423413732
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