Semmering (eBook)

Österreich von innen
eBook Download: EPUB
2012 | 1. Auflage
184 Seiten
Haymon (Verlag)
978-3-7099-7403-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Semmering -  Alfred Komarek
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Wer sich in seiner neuen Reihe Österreich von innen mit Alfred Komarek auf die Reise begibt, wird auf unterhaltsame Weise das Wesen österreichischer Lebenswelten erforschen. Mit Neugier und Recherchelust ausgestattet, ist Komarek den Eigentümlichkeiten der Regionen und den Verbindungen über ihre Grenzen hinweg auf der Spur. Sein erstes Ziel ist der Semmering mit dem Land ringsum, eine Region, in der Österreich wie in einem Hohlspiegel verdichtet sichtbar wird. Der alte Handelsweg zwischen dem Meer und der Residenzstadt Wien, Bauernland, Bergwerke und frühe Industrie - eine Arbeitswelt, die sich im Biedermeier mit einer Freizeitwelt der Sommerfrische vermengt. Dann die Eisenbahn, die Villen und Grandhotels auf dem Semmering, zwei Kriege, schwere Schatten und neue Farben für Gegenwart und Zukunft. Alfred Komarek bietet im ersten Band seiner Reihe reichhaltiges Lesevergnügen und die ebenso amüsante wie intensive Bekanntschaft mit einem besonderen Stück Österreich.Mit einem Reisefotoalbum des Autors.

Alfred Komarek, geboren 1945 in Bad Aussee, lebt als freier Schriftsteller in Wien, schreibt u.a. Reisereportagen, Essays und Erzählungen sowie Arbeiten für Hörfunk und TV (ORF, BR, HR). Zahlreiche Bücher, darunter mehrere Landschaftsbände, u.a. über das Salzkammergut, das Ausseerland, das Weinviertel, das Ötztal, die Lagune von Venedig. Kinderbücher und vier inzwischen verfilmte Kriminalromane um Inspektor Simon Polt. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Glauser-Preis für den besten Krimi 1998 und Romy für das beste Drehbuch 2002 (gemeinsam mit Julian Pölsler) für 'Polt muß weinen'. Bei Haymon zuletzt erschienen: Die Daniel-Käfer-Romane 'Die Villen der Frau Hürsch'. Roman (2004), 'Die Schattenuhr'. Roman (2005), 'Narrenwinter'. Roman (2006), 'Spätlese'. Texte aus vier Jahrzehnten (2007), 'Doppelblick'. Roman (2008), 'Polt.' Kriminalroman (2009, ausgezeichnet mit dem Goldenen Buch für über 25.000 verkaufte Exemplare), 'Zwölf mal Polt' (2011), 'Polt - Die Klassiker in einem Band' (2012) sowie der Band 'Semmering' in seiner neuen Reihe 'Österreich von innen' (2012).

Alfred Komarek, geboren 1945 in Bad Aussee, lebt als freier Schriftsteller in Wien, schreibt u.a. Reisereportagen, Essays und Erzählungen sowie Arbeiten für Hörfunk und TV (ORF, BR, HR). Zahlreiche Bücher, darunter mehrere Landschaftsbände, u.a. über das Salzkammergut, das Ausseerland, das Weinviertel, das Ötztal, die Lagune von Venedig. Kinderbücher und vier inzwischen verfilmte Kriminalromane um Inspektor Simon Polt. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Glauser-Preis für den besten Krimi 1998 und Romy für das beste Drehbuch 2002 (gemeinsam mit Julian Pölsler) für "Polt muß weinen". Bei Haymon zuletzt erschienen: Die Daniel-Käfer-Romane "Die Villen der Frau Hürsch". Roman (2004), "Die Schattenuhr". Roman (2005), "Narrenwinter". Roman (2006), "Spätlese". Texte aus vier Jahrzehnten (2007), "Doppelblick". Roman (2008), "Polt." Kriminalroman (2009, ausgezeichnet mit dem Goldenen Buch für über 25.000 verkaufte Exemplare), "Zwölf mal Polt" (2011), "Polt - Die Klassiker in einem Band" (2012) sowie der Band "Semmering" in seiner neuen Reihe "Österreich von innen" (2012).

Anreise


Helmut Qualtinger hat diesen bedeutungsschweren Satz geschrieben: „Wer nicht mit der Fritzi Kirch­eck an einem Sonntagnachmittag im Oktober mit einem Austro-Daimler durch die Neunkirchner Allee gefahren ist, der weiß nicht, was Österreich einmal war.“ Ich weiß jedenfalls nicht, wer Fritzi Kirch­eck war, wenn sie je gewesen ist. Aber ich stelle sie mir als eine Art Luise Trenker der Landstraße vor: sehnig die Gestalt, herb-frisch das Antlitz, mit je einem Tupfer Benzin hinter den Ohren. Mit dem Austro-Daimler kann ich schon eher etwas anfangen. Wie ich Mitzi Kircheck einschätze, muss es der 1923 gebaute ADM gewesen sein, ein endlos langes Cabrio von arroganter Eleganz. Ja, und die Neunkirchner Allee … bis zum Bau der Autobahn war sie das längste gerade Straßenstück Österreichs. Es gibt ja auch keinen Grund für Kurven: das Steinfeld ist eine weite Ebene, ge­baut aus Schotter aus dem Gebiet von Rax und Schneeberg. Wasser ver­sickert hier ungehindert und starker Wind fördert die Trocken­heit noch mehr. Doch Maria Theresia, nie um guten Rat verlegen, wenn es um Fruchtbarkeit ging, ließ hier bedürfnislose Rotföhren und Weißkiefern anpflanzen.

In Payerbach gehört die Schwarza noch heute wie damals zur Welt der Sommerfrische. Ein paar Kilometer weiter wird sie, fernab vom angestammten Flussbett, in den Dienst der Energiewirtschaft gezwungen.



Seit ein paar Jahren verhindert ein Kreisverkehr auf halber Strecke allzu rasantes Vorwärtsstreben und wenig später liegen wohl ein paar Sekunden der Besinnung nahe: Linker Hand kommt eine ausgedehnte Biomüll-Verwertungsanlange ins Bild, rechter Hand, direkt gegenüber, die „Eros Bar“. Wer mag, wird womöglich einen tieferen Sinn in dieser Nachbarschaft finden.

Moralisch unbedenklich präsentiert sich in der Folge ein Denkmal, das der Landvermessung gewidmet ist. 1762 und in den folgenden Jahren wurde just in diesem Bereich mit der ersten geodätischen Basismessung Österreichs und Ungarns begonnen.

Natürlich könnte man mit Hilfe der Autobahn die Neunkirchner Allee rechts liegen lassen, aber es liegt ja doch nahe, sich einem Lebensraum wie dem Semmering nicht in öder Direktheit zu nähern. Da gehört schon auch das Biotop dazu, in dem alles gewachsen und geworden ist – kompliziert genug, weiß Gott.

Ist Neunkirchen erreicht, wird die Ebene zum Tal, zum Schwarzatal. Das Namen gebende Flüsschen bringt übrigens zwischen dem Ursprung am Rohrer Sattel und der Mündung in die Leitha recht abwechslungsreiche 78 Kilometer hinter sich. Eingeklemmt zwischen Schneeberg und Rax durcheilt es das Einzugsgebiet der Ersten Wiener Hochquellen­wasserleitung, fädelt hell und heiter die Sommerfrischen Reichenau und Payerbach auf, treibt in der Folge Kleinwasserkraftwerke an, und breitet sich, beinah versickernd, in behäbigen Mäandern im Steinfeld aus, um sich endlich als Rinnsal bis zur Mündung durchzukämpfen, weil das meiste Wasser bei Neunkirchen in den künstlich angelegten Kehrbach fließt und Kraftwerke betreibt.

Mit dem Bau der Südbahn, erst bis Gloggnitz, dann über den Semmering, war das Tal der Schwarza im Sog der raschen Entwicklung des Fremdenverkehrs im Gebirge auch für die Sommerfrische interessant geworden. Doch sehr bald wurden Ternitz und Wimpassing, aber auch Neunkirchen und Gloggnitz, Schlöglmühl nicht zu vergessen, zu Industriestandorten, deren stets wachsende Bedeutung erst vor wenigen Jahrzehnten einen schmerzlichen Niedergang erfuhr. Heute ist der Fall ins Bodenlose kein Thema mehr. Doch den vorsichtigen Aufschwung als neuen Höhenflug zu bezeichnen, wäre auch verfehlt.

In und um Ortschaften wie Payerbach und Reichenau hingegen, die ihre bäuerliche Prägung be­hielten, war der rasche Übergang von der Zeit der Kutschen zur Zeit der Eisenbahn ein kräftiger, wertvoller Impuls für das Werden einer Fremden­verkehrsregion, das sich auf lange Sicht trotz be­trächt­licher Probleme zwischendurch sogar als nachhaltiger erwies, als die allzu hitzige Goldgräber­zeit auf dem Semmering.

Das nahe Edlach stellt in dieser Hinsicht allerdings einen Sonderfall dar: Noch heute erinnert mitten im Ort das urtümliche Gebäude der Eisenschmelze an eine industrielle Vergangenheit, die lange vor dem Bahnbau, Ende des 17. Jahrhunderts, ihren Anfang nahm. Ringsum wurde Bergbau betrieben, ein Hochofen und das Gusswerk sorgten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts für eine rauchende und stinkende, aber einträgliche Arbeitswelt. Doch 1891 wurde der Betrieb eingestellt. Edlach war übergangslos zu einem Industrieort ohne Industrie geworden, und die Kraft, sich eine Identität als Sommerfrische zu geben, fehlte. Der Retter erschien ausgerechnet in Gestalt eines Industriellen. Leopold Weinmann kaufte das Areal des Eisenwerkes, baute das ehemalige Herrenhaus zu einem Hotel um, ließ den Hochofen demolieren und verwendete die brauchbare Substanz des Gusswerkes für die Errichtung von Restaurant und Küche. Am Ende dieser staunenswerten Verwandlung stand ein allseits be­liebtes, viel besuchtes Edlach unter dessen berühmten Gästen auch der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl, war. Er hoffte, hier von seinem Herzleiden zu genesen. Der betrübliche Tod im Jahr 1904 konnte dem glänzenden Ruf des kleinen Kurortes nichts anhaben. Edlach ehrt Herzl mit einem Gedenkstein.

Doch wenn schon von industrieller Vorvergangenheit die Rede ist: Jene Zeit, in der auf dem Semmering und im Land ringsum in den Taschen der Villenbesitzer und Touristen geschürft wurde, lag noch in ferner Zukunft, als hier der Bergbau von einiger Bedeutung war: Kupfer schon in der Bronzezeit bei Prein, Edlach und Payerbach, Magnesit am Eichberg bei Gloggnitz, Braunkohle in Hart, Gips im Adlitzgraben bei Schottwien, vor allem aber Eisen am Fuß der Rax und am Grillenberg, um nur einige Beispiele zu nennen.

In Edlach weilte Theodor Herzl, der Begründer des Zionismus und Vorkämpfer des Judenstaates, besonders gerne zur Sommer­frische. Im Jahre 1904 kam er allerdings als todkranker Mann. Die frische Bergluft brachte nur kurze Besserung.



Noch weiter zurück in die Vergangenheit … es gibt ein paar Punkte in diesem Lebensraum, zwischen denen sich frühe Konturen abzeichnen. Die Passhöhe des Semmering, na klar, als Barriere und Übergang zwischen Norden und Süden, in diesem Zusammenhang Schottwien mit Klamm in Niederösterreich und Spital in der Steiermark. Aber auch ein zweiter Passübergang, das Preiner Gscheid zwischen dem Kloster Neuberg im Mürztal und seinen Besitzungen im Schwarzatal. Dazu Schloss Reichen­au, Gloggnitz und – weit weg, aber lokal verankert – das Kloster Vornbach in Bayern. Als es darum ging, nach Rodung und Besiedelung einigermaßen Ordnung in die so entstandene Kulturlandschaft zu bringen, wurden die Orte am Fuß der Passstraßen zu Stützpunkten, stellten Vorspanndienste bereit, boten Schutz, Unterkunft, und hoben Maut ein. Das System der Grundherrschaft machte Klöster und Burgen über Jahrhunderte hinweg zu den bestimmenden Machtzentren im Land. Um vermehrt Nutzen aus ihren Besitztümern ziehen zu können, sorgten sie, der wohlfeilen Leistungskraft ihrer so gut wie rechtlosen Untertanen gewiss, für den Ausbau wirtschaftlicher Strukturen im Handel, im Bergbau und in der Landwirtschaft. Eine wichtige Rolle spielte dabei vor allem Neuberg an der Mürz, dessen Herrschaft im Schwarzatal von Schloss Reichenau aus verwaltet wurde. Gloggnitz als ein den Bayern unterstelltes Nebenkloster war eher darauf aus, das Christentum ins Land zu tragen und sich am (sauren) Wein zu laben, der einem Gast hohen geistlichen Ranges zur Bemerkung Anlass bot: „Das ist ja ein richtiger Gurgelkratzer!“ Die Zisterzienser aus Neuberg hatten hingegen auch territoriale Interessen und mit der Herrschaft Klamm/Schottwien einen immer wieder streitbaren Nachbarn. Diese mittelalterliche Welt der Herrschaftsgebiete und Grenzen erwies sich bis weit in die Neuzeit hinein als erstaunlich robust und hinterließ der Gegenwart ihre Denkmäler.

Wer sich dem Semmering durch das Steinfeld und das Schwarzatal nähert, nimmt nur zu gerne einen reizvollen Umweg in Kauf, der sich gleichzeitig als Konzentrat von Semmering-Landschaften darbietet. Von Payerbach, Prein oder Edlach aus erschließen schmale, vielfach gewundene Straßen die Landschaft, begleiten steile Wiesen, Hügelkuppen, Wald, theatralische Felsabstürze, und münden in die dunkle, einschichtige Welt der Adlitzgräben. Von dort aus führt der Weg erst recht ganz und gar nicht geradeaus, doch mit einiger Konsequenz zur Passhöhe. Diese Vielfalt der Bilder ist in einer nicht minder vielfältigen Geologie begründet, viele Gesteins­schichten, übereinander geschoben, einander formend in fortwährender Veränderung. Unter sanften Hügeln steckt wasserdurchlässiger Schiefer, Bänder von Kalken und Quarziten sorgen für schartige Schründe und Risse. Den Horizont schmücken die Kalkstöcke von Rax und Schneeberg.

Nicht minder reizvoll ist es, dem Semmering mit Schottwien und Burg Klamm einen großen Auftritt zu gönnen. Die Landschaft, erst eintönig flach, dann weit und breit, stellt plötzlich Felsen in den Weg, zeigt mit schroffer Gebärde himmelwärts und verweist unwillig auf einen engen, schluchtartigen Durchgang. Für mich ist Schottwien das überdimensionale Abbild jener mythischen Felsöffnungen, die es jedem, der sich durchzwängt, gestattet, Sünden und Leiden aller Art abzustreifen. Wer solches wagt, braucht Entschlossenheit und ein...

Erscheint lt. Verlag 8.8.2012
Reihe/Serie Österreich von Innen
Verlagsort Innsbruck
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Essays / Feuilleton
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Erster Band • Komarek Wachau • Kultur • Land und Leute • Lebensart • Österreich von innen • Persönlicher Reisebericht • regional • Reisefotoalbum
ISBN-10 3-7099-7403-8 / 3709974038
ISBN-13 978-3-7099-7403-2 / 9783709974032
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