Heidelberger Requiem (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
256 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-95457-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Heidelberger Requiem -  Wolfgang Burger
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Alexander Gerlach glaubt, mit seiner Beförderung zum Chef der Heidelberger Kriminalpolizei einen ruhigen Posten bekommen zu haben. Doch schon am ersten Tag wird die Leiche eines Chemiestudenten gefunden, der auf grausamste Weise ermordet wurde. Die Lösung des Falls scheint einfach, denn der junge Mann hatte synthetische Drogen hergestellt, um sein Budget aufzubessern. Doch bald kommt es zu einem weiteren Mord, der alle bisherigen Vermutungen über den Haufen wirft. Als Gerlach beginnt, das grausame Spiel zu durchschauen, ist es fast zu spät ... Ein spannender Roman mit einem ungewöhnlich sympathischen Helden, der sich nicht nur ständig in die falschen Frauen verliebt, sondern zudem als allein erziehender Vater von seinen beiden Töchtern in Atem gehalten wird.

Wolfgang Burger, geboren 1952 im Südschwarzwald, ist promovierter Ingenieur und hat viele Jahre in leitenden Positionen am Karlsruher Institut für Technologie KIT gearbeitet. Seit 1995 ist er schriftstellerisch tätig und lebt heute in Karlsruhe und Regensburg. Seine Gerlach-Krimis wurden bereits zweimal für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert und stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Best­sellerliste.

Wolfgang Burger, geboren 1952 im Südschwarzwald, ist promovierter Ingenieur und hat viele Jahre in leitenden Positionen am Karlsruher Institut für Technologie KIT gearbeitet. Er hat drei erwachsene Töchter und lebt heute in Karlsruhe und Regensburg. Seit 1995 ist er schriftstellerisch tätig. Die Alexander-Gerlach-Romane waren bereits zweimal für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert und standen mehrfach auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

1

Erst Wochen später, als wir längst im tiefsten Schlamassel steckten, wurde mir bewusst, dass ich die Frau mit der Perlenkette in den Minuten zum ersten Mal sah, als Patrick Grotheer seinem Mörder die Tür öffnete.

Liebekind, der Chef der Heidelberger Polizeidirektion, hatte mir zu Ehren einen kleinen Empfang organisiert: im dritten Stock des modernen Gebäudes, im großen Besprechungsraum, dessen altmodische schwere Stühle man an der Wand entlang gestapelt hatte, um Platz für die anwesenden Personen zu schaffen. Es war Mittwoch, der siebenundzwanzigste August. Nach einem überschwemmungsreichen Sommer war es endlich doch noch trocken, sonnig und schließlich heiß geworden. Seit Tagen fiel das Thermometer nachts nicht mehr unter fünfundzwanzig Grad. Meine Zwillinge hatten immer noch Ferien und langweilten sich die meiste Zeit.

Sogar ein paar Vertreter der Kommunalpolitik waren da: Zwei ständig auf die Uhr sehende Stadträte und Bürgermeister Schreber, zuständig für Straßenbau und die städtische Ordnung, die in Heidelberg im Großen und Ganzen durch verloren gegangene japanische Touristen oder über die Stränge schlagende Studenten gefährdet war. Hatte ich zumindest bis zu diesem Zeitpunkt gedacht. Es herrschte eine Höllenhitze, und der Sekt in den Gläsern wurde schneller warm, als man ihn trinken konnte. Dazu passend gab es ein lauwarmes Büfett, das gar nicht mal übel schmeckte. Launige Reden wurden gehalten, ich schnappte Worte auf wie »Blitzkarriere«, »der rechte Mann am richtigen Ort«, »Fortführung einer großen Tradition« und war die meiste Zeit damit beschäftigt, mir den Schweiß von der Stirn zu wischen.

Mir grauste vor dem Moment, in dem ich das tun sollte, was ich nie im Leben wollte:mich vorstellen, mich wichtig machen, eine Rede halten. Eine kurze nur, hatte mir Liebekind mit wohlwollendem Schulterklopfen erklärt, aber eine Rede eben, vor viel zu vielen Zuhörern.

»Das wird nun öfter auf Sie zukommen in Zukunft, Herr Gerlach«, hatte er schmunzelnd gebrummt. »So ist das nun mal, wenn man sich nach oben gestrampelt hat. Werden sich dran gewöhnen. Ist noch keiner dran gestorben.«

Seine eigenen »Worte« waren wohltuend kurz und der Temperatur angemessen. Er lobte meinen Vorgänger Seifried, der praktisch in Ausübung seines Dienstes sein Leben hatte lassen müssen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings bereits, dass er nach einer außerordentlich gelungenen Weihnachtsfeier seinen goldmetallicfarbenen Opel Calibra auf der kerzengeraden Speyerer Straße kurz hinter dem Ortsschild mit hundertfünfzig gegen einen Brückenpfeiler gesetzt hatte. Sogar ein Foto aus einer automatischen Radarkamera hatte man verschwinden lassen müssen, um seine Witwe nicht um ihre Pensionsansprüche zu bringen.

Liebekind verlor noch ein paar Bemerkungen zu den großartigen Mitarbeitern der Polizeidirektion im Allgemeinen und der Kripo im Besonderen. Dann hörte ich es zum ersten Mal in der Öffentlichkeit: Kriminalrat Alexander Gerlach, der neue Leiter der Kriminalpolizei unserer traditionsreichen Stadt, auf die die Welt schaut. Und schließlich war ich dran.

Ich fummelte meinen Zettel aus der Gesäßtasche der Anzughose, trat an das Rednerpult und ließ mir von meinem zukünftigen Chef, der mir mit seiner gemütlichen und nachdenklichen Art schon beim ersten Gespräch sympathisch gewesen war, lange und überaus kräftig die Hand schütteln.

Ich weiß nicht, ob Patrick Grotheer überrascht war, als nicht der vor ihm stand, den er erwartet hatte. Ich weiß nicht, was er dachte in den wenigen Sekunden, bevor sein Gast die Tür hinter sich zutrat. Mit Sicherheit aber muss er sehr überrascht gewesen sein, als er endlich verstand, was die tödliche Absicht seines Besuchers war.

Das Pult war zu wackelig, als dass man sich wirklich daran hätte festhalten können. Um zu Atem und Stimme zu kommen, sah ich, wie ich hoffte, ausdrucksvoll in die Runde. Es wurde ruhiger und ruhiger. Manche räusperten sich an meiner Stelle. Hinten beim Büfett standen die Zwillinge mit vollen Mündern, roten Backen und leuchtenden Augen. Ihr Paps auf einem Podium und mit einem Mikrophon vor dem Mund, cool!

»Sehr geehrter Herr Doktor Liebekind, sehr geehrter Herr Bürgermeister Schreber, verehrte Vertreter des Stadtrats, liebe zukünftige Kolleginnen und Kollegen.« Meine Stimme klang nicht ganz so zittrig, wie ich mich fühlte. Die Zwillinge wagten schon wieder zu kauen und nickten sich zufrieden zu. Manche lächelten zu mir herauf. Andere nicht. Nicht alle meine zukünftigen Untergebenen freuten sich über den Umstand, dass ihr neuer Chef aus Karlsruhe und nicht aus Heidelberg kam. Die eine oder der andere hatte sich in den letzten Monaten, als die Stelle kommissarisch besetzt gewesen war, ausgerechnet, wie groß die eigenen Chancen sein mochten. Liebekind hatte von einer Menge Bewerbungen gesprochen, und ich hatte keine Ahnung, warum man am Ende ausgerechnet mich ausgewählt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade mal vierzehn Monate Erster Kommissar und konnte auf knapp drei Jahre Erfahrung als Leiter einer kleinen Fahndungsgruppe zurückblicken. Keine Karriere, die einen unbedingt für die Stellung empfahl, die ich gerade antrat. Und außerdem war ich erst dreiundvierzig und damit eigentlich zu jung.

Auch einige meiner Karlsruher Kollegen waren gekommen, worüber ich mich zu meiner Überraschung unmäßig freute. Petzold, nicht zu übersehen bei seiner Größe, lungerte wie üblich beim Büfett herum, dicht daneben die blonde Malmberg, mit der er seit einiger Zeit verbandelt war, und Schilling natürlich, der nun, wie er mir sofort berichtet hatte, endlich zum Oberkommissar befördert worden war.

»In Anbetracht der Hitze und des knapp werdenden Sauerstoffs möchte ich mich kurz fassen«, begann ich und erzählte tapfer etwas von der Verantwortung, der ich mir durchaus bewusst sei, von großen Fußstapfen, in die ich erst noch hineinwachsen müsse, und wunderte mich, dass all dies kein bisschen dümmer klang als die vielen anderen Reden, die ich bei ähnlichen Anlässen schon hatte über mich ergehen lassen müssen.

Und dann sah ich sie. Sie war groß, das offene Haar changierte zwischen Dunkelblond und Brünett, sie war nicht eben schlank, aber auch nicht füllig. Soweit ich es aus der Ferne erkennen konnte, trug sie einen eleganten tannengrünen Hosenanzug, und im Ausschnitt hing eine dieser altmodischen Perlenketten, wie meine Mutter sie zu festlichen Anlässen gerne getragen hatte. Mit einem halb vollen Sektkelch in der Hand stand sie neben dem Bürgermeister und sah mich mit einem leisen Lächeln im Gesicht unverwandt an. Ungefähr so, wie eine Lehrerin ihren Musterschüler beobachtet, der so lange sein Gedicht geübt und immer wieder aufgesagt hat. Sie hat ihm Mut gemacht, hat mit ihm gelitten und gelernt, und nun ist der große Tag, die Aula ist voll, und wie sie erwartet hat, macht er seine Sache gut. So sah sie mich an, genau so.

Für eine halbe Sekunde verlor ich den Faden, dann zwang ich meinen Blick in eine andere Richtung, konzentrierte mich auf Petzold als eines der wenigen bekannten Gesichter und erzählte ihm mit fester werdender Stimme, dass er keine großen Veränderungen zu fürchten brauche, dass man gewachsene Strukturen nicht ohne Not zerschlagen solle, dass ich bereit sei zu lernen und für jeden allzeit eine offene Tür und zwei offene Ohren haben werde. Und dass wir mit vereinten Kräften die Aufklärungsquote hochhalten wollten. Nein, würden. Jawohl.

»Ein Chef ohne seine Mannschaft ist so wenig wert wie ein Haus ohne Wände«, erklärte ich voller Stolz auf dieses Bild, das mir letzte Nacht um halb fünf im Bett eingefallen war. Und natürlich dachte ich wieder einmal an Vera. Fragte mich, was sie wohl von mir halten würde, wenn sie noch da wäre. Bestimmt wäre sie stolz gewesen auf mich, ihren Alex, der nun endlich die Karriere machte, die sie sich immer für ihn gewünscht hatte.

Die Zwillinge hörten längst nicht mehr zu, sondern kauten andächtig Lachskanapees und Kaviarschnittchen. Es entging mir nicht, dass sie hin und wieder angebissene Happen, die ihnen nicht schmeckten, hinter den Blumensträußen verschwinden ließen. Ich beschloss, ihnen später die Leviten zu lesen.

Als mein Blick wieder einmal in Richtung Liebekind wanderte, beobachtete mich die unbekannte Frau mit unveränderter Miene. Ich sah schnell weg, um nicht erneut aus dem Konzept zu geraten.

Schließlich waren meine Notizen zu Ende, ich faltete meinen Zettel zusammen, man klatschte höflich. Liebekind drückte noch einmal herzhaft meine Hand, irgendwer reichte mir ein volles Glas, und ich musste mit allen möglichen wildfremden Menschen anstoßen. Ein verhuschtes Mädchen stellte sich als Mitarbeiterin der Rhein-Neckar-Zeitung vor und stellte mir ein paar sinnlose Fragen zu meinem Werdegang und meinen Plänen. Auch das war neu für mich, ein Interview hatte ich noch nie gegeben. Liebekind blieb in der Nähe und hörte mit gesenktem Blick zu. Aber ich schien die richtigen Antworten zu finden.

Dann drängten die Karlsruher heran, um sich zu verabschieden. Birgit Malmberg überreichte mir eine grüne Flasche ohne Etikett, und Petzold erklärte, darin befinde sich ein köstlicher Kirschbrand aus leider nicht ganz legaler Produktion. Malmberg stieg auf die Zehenspitzen, um mir einen Kuss auf die Backe zu drücken, Schilling hielt lange, lange meine Hand, die inzwischen anfing wehzutun, und erzählte mir allerlei von den alten Kollegen und seinen neuen Karriereplänen. Und außerdem seien sie alle überhaupt nicht glücklich darüber, dass ich sie nun allein lassen würde. Merkwürdigerweise rührte mich das so, dass ich ihn um ein Haar in den Arm genommen und an mich gedrückt hätte.

Plötzlich rückten die Zwillinge in den...

Erscheint lt. Verlag 19.9.2011
Reihe/Serie Alexander-Gerlach-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alexander Gerlach • Alexander-Gerlach-Reihe • Andreas Franz • Belletristik • Buch • Bücher • Deutscher Krimi • Ermittlung • Heidelberg • Hochspannung • Klassischer Krimi • Kommissar • Kriminalroman • Kripo • Michael Kibler • Mord • Nele Neuhaus • Regiokrimi • Regionalkrimi • Roman • Roman für Krimi-Leser • spannend • Spannung • SPIEGEL-Bestsellerautor • Strandlektüre • Unterhaltung • Urlaubslektüre • Wen der Tod betrügt
ISBN-10 3-492-95457-X / 349295457X
ISBN-13 978-3-492-95457-0 / 9783492954570
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