Gottesstreiter (eBook)

Roman
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2010 | 2. Auflage
736 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-40650-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gottesstreiter -  Andrzej Sapkowski
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»Ein großer, bunter Bilderbogen mit allem, was dazugehört: Schlachtgetümmel, Liebschaften, Exorzismus, hohe Politik, schöne Frauen, Ritter zu Pferde, Intrigen, Skelette, die aus Gräbern steigen ...« Sächsische Zeitung Prag 1427: Die Stadt gleicht einem Hexenkessel. Fieberhaft sucht ein geheimer Magierzirkel nach dem Stein der Weisen. Das interessiert auch Reynevan von Bielau brennend  - was dem Geheimdienst nicht entgeht, der ihn des Überfalls auf einen Steuereintreiber verdächtigt. Als der Papst zum erneuten Kreuzzug gegen die Hussiten aufruft, nutzt der junge, tollkühne Medicus daher die Wirren, um sich nach Schlesien davonzumachen. Er will sich für den Tod seines Bruders rächen und sucht nach einer Lösung für den Fluch, der über seinem Gefährten Samson liegt. Ehe er sichs versieht, gerät er jedoch zum Spielball der Mächtigen.   

Andrzej Sapkowski, geboren 1948, ist Wirtschaftswissenschaftler, Literaturkritiker und Autor. Er lebt in ?ód?. Seine Hexer-Saga erreicht weltweit Millionenauflagen. Höchst erfolgreich ist auch seine Mittelalter-Trilogie um den Medicus Reinmar von Bielau. 2008 wurde Andrzej Sapkowski mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt ?ód? ausgezeichnet.   

Andrzej Sapkowski, geboren 1948, ist Wirtschaftswissenschaftler, Literaturkritiker und Autor. Er lebt in Łódź. Seine Hexer-Saga erreicht weltweit Millionenauflagen. Höchst erfolgreich ist auch seine Mittelalter-Trilogie um den Medicus Reinmar von Bielau. 2008 wurde Andrzej Sapkowski mit der Ehrenbürgerwürde der Stadt Łódź ausgezeichnet.   

Prolog


Die Welt, werte Herren, hat begonnen, größer zu werden.

Aber gleichzeitig ist sie auch kleiner geworden.

 

Ihr lacht? Weil ich, wie es scheint, Unsinn rede? Weil das eine das andere ausschließt? Gleich werde ich Euch beweisen, dass dies keineswegs der Fall ist.

Seht doch mal aus dem Fenster, edle Herren. Was seht Ihr da, worauf fällt Euer Blick? Auf die Scheune, antwortet Ihr, was der Wahrheit entspricht, und auf den Abtritt dahinter. Aber was ist da weiter, frage ich, dort hinter dem Abtritt? So merkt denn auf: Wenn ich die Maid frage, die eben mit den Bierkrügen herbeieilt, wird sie antworten, dass hinter dem Abtritt ein Stoppelfeld ist, hinter dem Stoppelfeld Jachyms Anwesen, dahinter die Teerbrennerei und noch ein Stück weiter wohl schon Klein-Kosolup. Wenn ich unseren Wirt frage, der mir etwas weltläufiger erscheint, dann wird er hinzusetzen, dass dies noch lange nicht das Ende ist, denn hinter Klein-Kosolup liegt Groß-Kosolup, nach den beiden kommt der Weiler Kozmirau, hinter Kozmirau das Dorf Lahse, hinter Lahse Goschütz, und hinter Goschütz liegt dann wohl schon Festenberg. Aber merkt auf, umso weltgewandter die Menschen sind, die ich befrage, wie zum Beispiel Euch, desto weiter entfernen wir uns von unserer Scheune, dem Abtritt und den beiden Geißenhügeln – denn einem weltgewandteren Verstand ist wohl bekannt, dass auch hinter Festenberg die Welt nicht zu Ende ist, denn dahinter liegen Oels, Brieg, Falkenberg, Neisse, Leobschütz, Troppau, Jitschin, Trentschin, Neutra, Esztergom, Buda, Belgrad, Ragusa, Janina, Korinth, Kreta, Alexandria, Kairo, Memphis, Ptolemais, Theben ... Na, wie sieht’s aus? Wächst unsere Welt etwa nicht? Wird sie nicht immer größer?

Und auch dort ist sie beileibe noch nicht zu Ende. Folgt man hinter Theben dem Nil, der als Fluss Gihon einer Quelle im irdischen Paradies entspringt, flussaufwärts, so gelangt man zum Lande der Äthiopier, hinter dem bekanntermaßen das Wüstenland Nubien liegt, das heiße Land Kusch, das Goldland Ophir und die ganze unermessliche Africae Terra, ubi sunt leones. Und dahinter der Ozean, der die ganze Erde umfließt. Aber auch in diesem Ozean gibt es noch Inseln – Cathay, Taprobane, Bragine, Oxidrate, Gynosophe und Cipangu, wo das Klima wundersam fruchtbringend ist und Edelsteine zuhauf herumliegen, wie es der Gelehrte Hugo von St. Victor und Pierre d’Ailly beschreiben, und auch der edle Herr Jean de Mandeville, der jene Wunder mit eigenen Augen gesehen hat.

Somit ist also bewiesen, dass unsere Welt in den letzten paar Jahrhunderten wesentlich größer geworden ist. In gewissem Sinne, versteht sich. Hat auch die Welt nicht an Substanz gewonnen, um neue Namen ist sie gewiss reicher geworden.

Wie aber, fragt Ihr, soll man damit die Behauptung in Einklang bringen, die Welt sei kleiner geworden? Gleich werde ich Euch dies darlegen und beweisen. Zuvor aber bitte ich, Ihr möget weder spotten noch dreinreden, denn das, was ich sage, ist keineswegs eine Ausgeburt meiner Phantasie, sondern entspricht dem Wissen, das ich aus Büchern geschöpft habe. Und über Bücher soll man nicht spotten, denn schließlich hat sich ja jemand ganz fürchterlich abmühen müssen, damit sie entstehen konnten.

Wie man weiß, ist unsere Erde eine flache Scheibe von der Gestalt etwa eines runden Pfannkuchens, in deren Mitte Jerusalem liegt und die ringsum vom Ozean umgeben ist. Im Okzident bilden Calpe und Abyle, die Säulen des Herkules, mit der Meerenge von Gades dazwischen, das Ende der Welt.

Im Süden erstreckt sich der Ozean hinter Afrika, wie ich gerade ausführte. Im Südosten endet das Festland in India inferior, das dem Presbyter Johannes gehört, dort leben auch die Völker Gog und Magog. Im septentrionalen Teil der Welt ist Ultima Thule das letzte Stückchen Land, dort jedoch, ubi oriens iungitur aquiloni, liegt das Land Mogal, das Tartarenreich. Im Osten hingegen endet die Erde am Kaukasus, ein Stück hinter Kiew.

Und nun kommen wir zum Wesentlichen. Das heißt zu den Portugiesen. Genauer gesagt, zum Infanten Heinrich, dem Herzog von Viseu, einem Sohn König Johanns. Portugal, das lässt sich nicht leugnen, ist kein sehr großes Königreich, der Infant stand als Sohn des Königs erst an dritter Stelle in der Thronfolge, kein Wunder also, dass er von seiner Residenz in Sagres öfter und hoffnungsvoller hinaus aufs Meer blickte als nach Lissabon. Er berief Astronomen und Kartographen nach Sagres, jüdische Gelehrte, Seefahrer, Kapitäne und Schiffsbaumeister. Und dann ging es los.

Anno Domini 1418 gelangte Kapitän João Gonçalves Zarco zu den Inseln, die als Insulas Canarias, also Kanarische Inseln, bekannt wurden; der Name stammt daher, dass man dort eine außergewöhnliche Vielzahl an Hunden vorfand. Nur wenig später, nämlich 1420, segelte jener João Gonçalves Zarco gemeinsam mit Tristão Vaz Teixeira zu einer Insel, die Madeira genannt wurde. Im Jahre 1427 gelangten die Karavellen Diego de Silves zu den Inseln, die man Azoren benannte, Diego und Gott allein wissen, weshalb. Erst vor ein paar Jährchen, nämlich 1434, hat ein weiterer portugiesischer Seefahrer, Gil Eanes, das Kap Bojador umschifft. Und es geht das Gerücht, dass der tätige Infant Dom Henrique ein neuerliches Unternehmen vorbereitet, er, den einige bereits El Navegador – den »Seefahrer« nennen.

In der Tat, ich bewundere jene Meeresbezwinger und hege große Wertschätzung für sie. Welch unerschrockenen Leute sind das! Welch ein Graus ist es, sich unter Segeln auf den Ozean hinauszuwagen! Dort herrschen Böen und Stürme, da gibt es Felsen unter der Wasseroberfläche, Magnetberge, kochende oder zähflüssige See und in einem fort Wirbel und Turbulenzen, und wenn nicht Turbulenzen, dann Strömungen. Es wimmelt dort nur so von Ungeheuern, das Wasser ist voller Seedrachen, Seeschlangen, Delphine, Tritonen, Hippocampi, Sirenen und Plattfische. Im Meer tummeln sich sanguisugae, polypi, octopodes, locustae, cancri, verschiedenste pistrices et huic similia. Das Schrecklichste aber kommt am Ende – dort, wo der Ozean aufhört, an seinem äußersten Rand, beginnt die Hölle.

Warum wohl, meint Ihr, ist die untergehende Sonne so rot? Eben weil sie sich im Höllenfeuer spiegelt. Über den ganzen Ozean verstreut sind Löcher; segelt man mit einer Karavelle versehentlich über ein solches Loch, stürzt man geradewegs in die Hölle, Hals über Kopf, mitsamt dem Schiff und allem Drum und Dran. Ein solches Bild wurde erschaffen, damit sich kein Sterblicher auf die Meere hinauswagt. Die Hölle ist die Strafe für all jene, die dieses Verbot missachten.

Aber wie ich das Leben kenne, wird dies die Portugiesen nicht aufhalten.

Denn navigare necesse est, und jenseits des Horizonts liegen Inseln und Länder, die es zu entdecken gilt. Das ferne Taprobane muss in die Karten eingezeichnet, der Weg hin zu dem geheimnisvollen Cipangu in den Roteiros beschrieben und die Fortunatae Insulae, die Glücklichen Inseln, in den Portolanen markiert werden. Man muss weitersegeln auf der Fährte des heiligen Brendan, auf der Fährte der Träume, gen Hy Brasil, dem Unbekannten entgegen. Um das Unbekannte zu erforschen und bekannt zu machen.

Und dann – quod erat demonstrandum – wird die Welt für uns kleiner werden, schrumpfen; denn noch ein wenig Zeit, und alles findet sich auf den Landkarten, den Portolanen und den Roteiros. Und plötzlich ist alles ganz nah.

Die Welt schrumpft zusammen und wird um noch eines ärmer – um die Legenden. Je weiter die portugiesischen Karavellen segeln, je mehr Inseln entdeckt und benannt werden, umso weniger werden die Legenden. Wohin man auch blickt, schon löst sich wieder eine in Luft auf. Wir werden um immer mehr Träume ärmer. Und wenn die Träume sterben, nimmt das Dunkel ihren verwaisten Platz ein. Im Dunkeln aber, besonders wenn auch noch der Verstand einschläft, erwachen die Ungeheuer. Wie? Das hat schon jemand gesagt? Mein lieber Herr! Gibt es denn überhaupt etwas, was nicht schon einmal jemand gesagt hat?

Ach je, die Kehle ist mir ganz trocken geworden ... Ob ich ein Bier verschmähen würde, fragt Ihr? Gewiss nicht.

Was sagt Ihr, frommer Bruder des heiligen Dominicus? Aha, dass es langsam Zeit wird, mit dem Geschwafel aufzuhören und mit meiner Erzählung fortzufahren? Zu Reynevan, Scharley, Samson und den anderen zurückzukehren? Ihr habt Recht, Bruder. Es wird Zeit. Ich komme also darauf zurück.

Das Jahr des Herrn 1427 war heraufgezogen. Erinnert Ihr Euch noch, was es gebracht hat?

Gewiss doch. Das kann man nicht vergessen. Aber ich will es Euch noch einmal ins Gedächtnis rufen.

Im Frühling jenes Jahres, wohl im März, aber sicher noch vor Ostern, erließ Papst Martin V. die Bulle Salvatoris omnium, in der er die Notwendigkeit des nächsten Kreuzzuges gegen die böhmischen Ketzer feierlich verkündete. Anstelle von Giordano Orsini, der schon betagt und entsetzlich unbeholfen war, ernannte Papst Martin Henry Beaufort zum Kardinal und Legaten a latere, den Bischof von Winchester und Halbbruder des englischen Königs. Beaufort nahm sich sehr eifrig der Sache an. Der Kreuzzug, der mit Feuer und Schwert die hussitischen Apostaten strafen sollte, war bald beschlossen. Der Feldzug wurde sorgfältig vorbereitet, das Geld, im Kriege eine Sache von allergrößter Wichtigkeit, wurde gewissenhaft eingetrieben. Wunder über Wunder, diesmal wurde auch nicht ein Groschen davon gestohlen. Einige Chronisten vermuten, die Kreuzfahrer seien ehrlicher geworden, andere meinten, man habe es einfach besser bewacht.

Zum Leiter des Kreuzzuges berief...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2010
Reihe/Serie Die Narrentum-Trilogie
Die Narrenturm-Trilogie
Übersetzer Barbara Samborska
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 15. Jahrhundert • Abenteuerroman • Band 2 • Belletristik • Böhmen • eBook • Hexer-Saga • Historische Romane • Historischer Roman • Hussitenkriege • Inquisition • Magier • Mähren • Medicus Reynevan • Mittelalter • Narrenturm-Trilogie • Polen • Prag • Reinmar von Bielau • Schelmenroman • Schlesien • The Witcher • The Witcher: Nightmare Of The Wolf • Trilogie • Umberto Eco • Ungarn
ISBN-10 3-423-40650-X / 342340650X
ISBN-13 978-3-423-40650-5 / 9783423406505
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