Aufzeichnungen eines Sonderlings - Andrej Belyj

Aufzeichnungen eines Sonderlings

(Autor)

Buch
352 Seiten
2012
Verlag am Goetheanum
978-3-7235-1448-1 (ISBN)
15,00 inkl. MwSt
Auf der rein äußerlichen Ebene des Handlungsablaufs sind die «Aufzeichnungen eines Sonderlings» die Erzählung von der Rückkehr des Schriftstellers Leonid Ledjanoi, der während des Krieges zur Armee einberufen wurde, aus der Schweiz in die Heimat, nach Russland. Auf dieser Reise, die durch Frankreich, England, Norwegen, Schweden und Finnland führt, stößt er auf eine Reihe von Hindernissen, die er in einem besonderen, durch seinen derzeitigen seelischen Zustand bedingten Licht sieht und erlebt: den Abschied von der Geliebten, die Trennung von dem Lehrer, den Verlust des gewohnten anthroposophischen Umfeldes. Die physischen Ereignisse werden als gewisse Zeichen des Schicksals, als dessen Schriftzeichen auf dem Pfade der Einweihung wahrgenommen. Schriftzeichen, die es richtig zu lesen gilt: «Und meine Beschreibung der Reise ist nicht die Beschreibung dessen, was sich abgespielt hat; sie ist die Beschreibung dessen wie ich es las; und wie ich dabei in Verwirrung geriet.» Ich schreibe über den heiligen Augenblick, der alle früheren Vorstellungen vom Leben für immer über den Haufen geworfen hat; als hätte eine Bombe in mich eingeschlagen; meine frühere Persönlichkeit – ist in Stücke gerissen; und ihre Splitter haben den Boden der Beziehungen zu den Menschen aufgewühlt; die gesamten Lebensumstände sind andere geworden.
Die Lettern, mit deren Hilfe ich das Buch des Lebens gelesen habe, sind verstreut; ihre zusammenhanglosen Buchstaben ergeben für mich heute Unsinn; die neuen Lettern eines neuen Alphabets sind gegossen; und einzelne Buchstaben davon sind plötzlich in das Durcheinander der alten geraten; beim Lesen der Lettern haben sie zu gröbsten Fehlern geführt.
Ich weiß, dass das Verstreuen der Lettern Nietzsche um den Verstand gebracht hat; ich könnte den Verstand verlieren; aber ich werde ihn nicht verlieren.
So, wie wir, wenn wir auf einem Wandschirm das Schattenbild eines Teufels sehen, merken, dass dieser Schatten nur von uns stammt: unsere Finger formen ihn; so weiß ich: die Arbeit an den Lettern wird mein Sehen verbessern; ich – werde richtig lesen: wie geistige Ereignisse mein Leben prägen.
Ich – werde den Verstand nicht verlieren.

Andrej Belyj, 18801934, in Moskau als Boris Nikolajewitsch Bugajew geboren. Das Werk des bedeutenden russischen Symbolisten umfasst Gedichte, Essays, Romane, kulturphilosophische Arbeiten und Memoiren. Vor allem durch die sprachliche Innovationskraft seiner erlangte er weitreichende Bedeutung. 1912 begegnet er Rudolf Steiner und verbring die nächsten vier Jahre in dessen unmittelbarer Umgebung. Zuruck in Russland engagiert er sich als begeisternder Redner in mehreren Kulturorganisationen und Initiativen. Daneben entsteht ein umfangreiches Memoirenwerk.

Erscheint lt. Verlag 23.5.2012
Übersetzer Christoph Hellmundt
Sprache deutsch
Maße 148 x 215 mm
Gewicht 525 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Weitere Fachgebiete Anthroposophie
Schlagworte Andrej Belyj • Anthroposophie • Bugajew • Literatur • Russland • Schöne Wissenschaften • Symbolismus
ISBN-10 3-7235-1448-0 / 3723514480
ISBN-13 978-3-7235-1448-1 / 9783723514481
Zustand Neuware
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