Der Kaufmann und der Dichter

Roman

(Autor)

Buch
240 Seiten
2011
Donat (Verlag)
978-3-938275-88-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

18,80 inkl. MwSt
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Ein absonderliches Paar, das eigentlich nicht zusammen passt: der Lyriker Gottfried Benn und der Bremer Kaufmann und Kunstmäzen Friedrich Wilhelm Oelze, seit Ende 1932 ständiger Briefpartner des Dichters - eine Beziehung, die in der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts ihresgleichen sucht. Ihre Freundschaft lebt von Anziehung und Abstoßung, von Nähe und Distanz, vom Spiel mit Masken und Verstellungen, vom Austausch und Wettstreit mit Goethezitaten, vom Geben und Nehmen. Beide Männer wollen gerettet werden - und sie retten sich. Ein Märchen beinahe, das in ihrem Fall wahr wird.
Der Roman erzählt die Geschichte von Kunst und Kommerz, die sich nicht lieben, aber doch voneinander nicht lassen mögen. Der Leser wird in "gemischte Charaktere" geführt - lebensprall in ihrer Individualität und in eine sprachliche Gestalt gefasst, die weit über die Aufzeichnung von bloßen Psychogrammen hinausgeht und einer literarischen Tradition verpflichtet ist, wie man sie heute nur selten findet.
"Das ist ein großer Roman. Er steht zudem in der literarischen Tradition, müsste in der Literaturszene ein Erfolg werden und hätte meiner Ansicht nach jeden Preis verdient" - so das Urteil eines befreundeten Lektors und Gutachters in literarischen Wettbewerben, der weder der Autorin noch dem Verleger nach dem Mund redet. Es geht um die Beziehung zwischen dem Dichter Gottfried Benn (1876-1956) und dem Bremer Kaufmann Friedrich Wilhelm Oelze (1891-1978). Ihr Briefwechsel stellt nicht nur in der Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts etwas Besonderes dar, er ist auch ein überaus anregendes Beispiel für das komplizierte Verhältnis von Kunst und Kommerz. Kreatives und Kaufmännisches bestimmen den Diskurs, Quellenstudium wie Intuition verbinden sich: Es ist eine Kombination aus Wahrheit und Fiktion, eine Hommage an Bremen zudem und an sein historisch gewachsenes Mäzenatentum. Gottfried Benn (1886-1956) zählt mit zu den bedeutendsten deutschen Lyrikern und expressionistischen Dichtern des 20. Jahrhunderts. 1951 erhielt er als erster den neu geschaffenen "Georg-Büchner-Preis". Das Interesse an der Dichterfigur ist nach wie vor groß, während Oelze bislang nur in einer Studie von Hans Dieter Schäfer ("Herr Oelze aus Bremen", 2001) zum Thema gemacht worden ist. Aber auch hier bleibt der Kaufmann blass und hinter dem Dichter zurück, obwohl Benn der Freundschaft mit dem Bremer zu weiten Teilen sein künstlerisches Überleben im Dritten Reich und den Erfolg in den fünfziger Jahren verdankt. Marlis Thiel richtet ihren Blick bewusst auf die Gestalt im Hintergrund. Sie gibt dem weltgewandten und weit gereisten Oelze in ihrem Roman eine Ge- schichte: ein Leben in Bremen, eine Karriere als Geschäftsmann und Bedeutung als Bürger, Ehemann, Familienvater, als öffentliche wie private Person seiner Stadt. Mit Berlin und Bremen stellt sie zugleich zwei konträre Lebensarten und Milieus gegenüber, die sich wechselseitig spiegeln. Stilistisch beeindruckend und gekonnt ist es, wie ein auktorialer Erzähler berichtet, darstellt und zur Form des inneren Monologes übergeht, so dass der Leser meint, den beiden Männern über ihre Schultern zu sehen, wobei sich private Situationen und privates Umfeld mit öffentlichen, oft politischen Themen vermischen. Kaleidoskopartige Spiegelungen, Kongruenzen, Divergenzen bestimmen die Szenerie, veranschaulichen die erste, von zwei Weltkriegen geschüttelte Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Das Interesse an der Entstehung von Kunst berücksichtigt beide Seiten, den "Produzenten" wie den, der gleichermaßen am Prozess beteiligt ist: den guten Geist, psychologischen Betreuer und Berater des Künstlers, die Person im Hintergrund, den Kenner der Gesetze des Marktes. Ein Mann, der sowohl mit Kaffee und Rum als auch mit Bildern und Antiquitäten handelt, sich als Kunstsammler versteht, ein Geschäftemacher, Musikliebhaber und Goethekenner, der gleichermaßen am Kunstprozess beteiligt ist, der die Kunst oft erst möglich macht, der sich Ende 1932 in seinem ersten Brief als glühender Verehrer des Dichters zu erkennen gibt. Für Benn war Oelze von hilfreicher, stabilisierender und erheblicher Bedeutung. Ein Kunstmäzen, der dem Dichter aus Berlin trotz mancher Widrigkeiten die Treue hielt. Was aber hätte Benn ohne den Bremer Kaufmann erreicht? Eine schwierige Frage. Der Roman gibt darauf nicht nur eine Antwort.

Marlis Thiel, Dr. phil., 1950 in Grevesmühlen geboren, nach dem Abitur Studium der Theaterwissenschaften, Kunstgeschichte und Soziologie in Göttingen, Berlin und Bremen, 1989 Diplom-Sozialwissenschaftlerin, 1998 Promotion mit einer Arbeit über Klaus Mann, 2000 Autorenstipendium der Freien Hansestadt Bremen, 2006 Förderpreis des Schriftstellerverbandes für das gute Buch, erschienen unter dem Titel "Vielleicht das Meer", lebt als freie Autorin in Bremen.

Aus dem Inhalt:
- Ein Brief und ein Treffen in Oldenburg
- Ein Kaufmann weint nicht
- Berlin, im September 1934
- Zwischen Biarritz und Rupenhorn
- Die Sphinx in Hannover
- Einsamer nie
- Krieg vom Schreibtisch aus
- Der Krieg draußen
- Ratten und Ruinen und ein Geburtstagsbrief
- Auch Reiche kennen die Verdammnis
- Auch das, noch einmal
- Wiedergeburt aus dem Geiste des Kapitalismus
- Am Ziel aller Wünsche?
- Besuch in Oberneuland
- Jene Stunde wird keinen Schrecken haben
- Nachwort

Erscheint lt. Verlag 29.4.2011
Sprache deutsch
Maße 118 x 220 mm
Gewicht 385 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte Benn, Gottfried; Roman/Erzählung • Oelze, Friedrich W.; Roman/Erzählung
ISBN-10 3-938275-88-X / 393827588X
ISBN-13 978-3-938275-88-7 / 9783938275887
Zustand Neuware
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