Rudolf Hartung - Elias Canetti

Rudolf Hartung

Briefe, Autobiographisches und Fotos Aus dem Nachlaß von Elias Canetti

(Autor)

Bernhard Albers (Herausgeber)

Buch | Softcover
80 Seiten
2011
Rimbaud (Verlag)
978-3-89086-470-9 (ISBN)
20,00 inkl. MwSt
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Elias Canetti über Rudolf Hartung

Ich schreibe diese 'Erinnerung' aus Berlin nieder, aber ich muss hinzufügen, dass ich trotz meiner Betroffenheit über sein Verhalten Hartung noch immer liebe. Es gibt, glaube ich, nichts, was ich ihm nicht leicht verzeihen könnte. Nicht nur bleibt alles bestehen, was er für mein Werk getan hat. Es ist wesentlich, und daran könnte niemand je rütteln, dass er es lange Jahre als Einziger getan hat. Man muss das umso mehr würdigen, als es sicher ist, dass mein Werk ihm nicht eigentlich liegt. Seine wahren Götter sind Thomas Mann und Henry James, mit denen ich überhaupt nichts, wirklich nicht das Geringste gemein habe. Er steht ganz zu Freud und lehnt darum sehr Vieles in 'Masse und Macht' ab. Er liebt den Tod und gewiss verachtet er meinen krüden Todeshass. Meine Sicherheit und vielleicht auch meine Kraft muss ihn oft bedrücken, wie meinen Bruder Georg. Ich liebe ihn aber keineswegs nur wegen seiner kapitalen Verdienste um mein Werk. Ich liebe seine ganze Art, weil sie meiner so entgegengesetzt ist, das Tastende, Empfindliche, Balancierende seiner Natur, seine Schwermut, die Ähnlichkeit mit der Vezas hat, die Schwierigkeit seines Lebens, selbst seine Tücken und Gehässigkeiten, die er wie jeder hat, die ich früher übersah und jetzt in der Erinnerung erst als solche erkenne. Ich sollte vielleicht nicht bei ihm wohnen, weil ich ihm sehr auf die Nerven gehe. Es ist möglich, dass er sich schärfer gegen mich stellen wird, wenn ich wirklich berühmt sein sollte. Er hat einen wohltuenden Hass gegen alle Aufgeblasenheiten und unterwirft sich nie. Ich betrachte ihn als einen Freund, der mir gleichgestellt ist, und das ist keine mitleidige Fiktion wie in manchen anderen Fällen, das meine ich. Ich werde ihm nie für etwas grollen, was er gegen mich tut, selbst wenn es schmerzlich und unerwartet ist wie jene Nacht in Berlin.

Hartung hat als Lektor des Weismann Verlages 1948 nicht nur die Wiederveröffentlichung von Canettis Roman 'Die Blendung' betrieben, sondern darüber hinaus in singulärer Weise dessen Werk publizistisch begleitet.

Erscheint lt. Verlag 13.7.2011
Co-Autor Rudolf Hartung
Mitarbeit Cover Design: Jürgen Kostka
Verlagsort Aachen
Sprache deutsch
Maße 120 x 210 mm
Gewicht 145 g
Einbandart Englisch Broschur
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte Biographie • Briefe • Canetti, Elias; Briefe • Hartung, Rudolf • Werkausgabe
ISBN-10 3-89086-470-8 / 3890864708
ISBN-13 978-3-89086-470-9 / 9783890864709
Zustand Neuware
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