Drei Nummern zu groß - Kinderjahre mit hypophysärem Kleinwuchs

(Autor)

Buch | Softcover
104 Seiten
2010 | 1., Auflage
edition riedenburg (Verlag)
978-3-902647-32-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Drei Nummern zu groß - Kinderjahre mit hypophysärem Kleinwuchs - Nicole Paetz
14,90 inkl. MwSt
Talissa Cheyenne wird am 4. April 2003 aufgrund eines HELLP-Syndroms mehr als 3 Monate zu früh auf die Welt geholt. Alles dreht sich um das kleine Wunder. Doch die Frühgeburt bleibt nicht das einzige Problem: Im September 2007 wird bei Talissa die seltene Diagnose "hypophysärer Kleinwuchs" gestellt - ein Schicksalsschlag. Von da an beherrschen schmerzvolle Hormon-Spritzen den familiären Alltag. Talissa und ihre Familie lernen erst mühsam, mit dem notwendigen Übel umzugehen. Nicht selten liegen die Nerven blank, Heulkrämpfe und sogar Erbrechen sind an der Tagesordnung.Kurz vor ihrem siebten Geburtstag schreibt Talissa in einem Brief für ihr Buch: "Heute finde ich das Spritzen nicht mehr so schlimm, weil ich jetzt wachse. Darüber freue ich mich." Das hübsche Mädchen hat endlich seinen Weg gefunden und wächst nicht nur körperlich über sich hinaus.Das vorliegende Buch basiert auf Tagebuchaufzeichnungen von Talissas Mutter Nicole.

Nicole Paetz wurde 1978 im Spreewald geboren. Ihr Wunsch nach Freiheit brachte sie zum Studium nach Hildesheim. Dort lernte sie im Sommer 2000 ihren Mann kennen. Mit 24 Jahren, nach erfolgreichem Studium zur Diplom-Pädagogin, wurde ihre Tochter Talissa Cheyenne in der 26+5 SSW viel zu früh geboren. Das Leben als Mama eines Extremfrühchens hat das Leben von Nicole Paetz seither entscheidend geprägt. In ihrem Buch "Drei Nummern zu groß" (edition riedenburg 2010) verarbeitet sie die ersten, von Frühgeburt und hypophysärer Kleinwüchsigkeit geprägten Lebensjahre ihrer Tochter Talissa, für die sie Tagebuch geschrieben hat.

Wie alles begann. 7
Ein zauberhafter Anfang (Oktober 2002).10
Der Countdown läuft (24. März 2003 bis 11. April 2003).12
Ich, Talissa Cheyenne (4. April 2003 bis 18. Juni 2003).19
Tränen der Freude und Angst (Juni 2003 bis Dezember 2003). 28
Was heißt schon Routine? (Januar 2004 bis März 2004). 36
Grenzwertiger Kleinwuchs? (April 2004 bis Oktober 2004). 41
Freifahrtschein für unseren Kinderwunsch? (Oktober 2004 bis Januar 2005). 47
Hätte, wäre, wenn. (Februar 2005 bis August 2005). 51
Kein Vertrauen (September 2005 bis Oktober 2005). 56
Noch ein Sorgenkind (Oktober 2005 bis Oktober 2006). 59
Zunge raus! Anders als die anderen (Oktober 2006 bis Juli 2007). 62
Weinrote Stiefel, drei Nummern zu groß (August 2007 bis April 2008). 67
Talissas kleine Seele weint (April 2008 bis Oktober 2008). 70
Loslassen (November 2008 bis Februar 2009). 73
Die magische Zahl ‚sechs‘ (März 2009 bis August 2009). 76

Hypophysärer Kleinwuchs – Eine Mutter erklärt. 78
Diagnostik. 78
Nicht-hormonelle Ursachen. 78
Ursachen und Arten des Wachstumhormonmangels. 79
Ausnahme: Ungleiche Testbefunde. 80
Besonderheit: Frühgeburtlichkeit als mögliche Ursache. 80
Entscheidungen nach der Diagnose. 80
Injektionen bei Kindern. 80

Glossar. 81
Bevorzugte Internet-Foren der Autorin. 85
Über das Wachsen: Briefe von Talissa für ihr eigenes Buch – März 2010. 87

Talissas Fotoalbum (2003 – 2010). 93

*** Wie alles begann *** An dem Tag, als unsere Tochter Talissa Cheyenne mit 650 Gramm geboren wird, sagt man uns: "Sie wurden auserwählt für diese besondere Aufgabe." Einige Jahre später begegnet uns dieser Satz noch einmal, als bei Talissa hypophysärer Kleinwuchs festgestellt wird. Noch viel mehr als die Folgen der Frühgeburtlichkeit begleitet uns dieses Thema nun beständig. Gemeinsam ist beiden Aspekten in Talissas und unserem Leben, dass wir uns entscheiden und kämpfen müssen. Wenn ich an den Zeitpunkt der Diagnose "Kleinwuchs" zurückdenke, die folgenden, schweren Jahre des Akzeptierens und unseren heutigen Umgang mit Talissas Besonderheit, kann ich kaum glauben, wie sich die Verhältnisse doch noch zum Guten gewendet haben. Seit Talissa drei Jahre alt war, ist sie kaum noch gewachsen. Schnell wurde klar, dass wir zu einem Endokrinologen müssten, um die Ursache dieses Befundes klären zu lassen. Ein ausführliches Gespräch und die Anamnese zeigten, dass ein endokrinologischer Test gemacht werden müsse. Er war die Hölle, eine Qual für Talissa. Durch ihre frühe Geburt waren ihre Venen zerstochen und bereits beim Anblick einer Spritze geriet sie außer sich. Wer mag es ihr verdenken? Nachdem ein Wachstumshormonmangel nachgewiesen war, musste sich Talissa einem zweiten Test unterziehen. Der Lichtblick, der nach ihrer guten Entwicklung von einem extremen Frühgeborenen hin zu einem lebenslustigen Kind am Horizont auf uns gewartet hatte, war wieder verschwunden. Wieder erwarteten uns Schwierigkeiten, von denen wir nicht wussten, was sie für uns bedeuten würden. Wir waren verzweifelt und hilflos. Talissa hatte ihr ganzes Leben lang gekämpft und es war kein Ende in Sicht. Ihr schwerer Start ins Leben verfolgte sie noch immer, meinten wir. Der zweite Test bestätigte das Ergebnis. Nun wurde ein MRT gemacht, um eine körperliche Ursache auszuschließen. Auch die linke Handwurzel wurde geröntgt, da so das Knochenalters bestimmt werden konnte. Wenn es dem biologischen Alter hinterherhinkte, konnte man die Diagnose als gesichert ansehen. Die Erstdiagnose, schwarz auf weiß an uns überstellt, war eine Katastrophe. Abgesehen davon verstanden wir höchstens die Hälfte: Diagnosen: Hypophysärer Kleinwuchs; Zustand nach Frühgeburt in der 26.SSW / Labor: Blutbild unauffällig; Hb: 13,0 g/dl: Normalwerte für Transaminasen, BZ, Elektrolyte, Eisen, Harnstoff, Eiweiß. / IgA niedrig bzw. <0,5 g/l / IgA und IgG AK gegen Gliadin und Endomysium negativ./ Euthyreote Stoffwechsellage. Normalwerte für Cortisol und ACTH. / LH und FSH altersnormal niedrig. / Wachstumsfaktor IgF und IgFBP3 altersnormal. / Im Arginin-Test kein physiologischer Anstieg des Wachstumshormons, max. nach 45 Min. auf 8,6 µg/l (normal über 10). Im Clonidin-Test ebenfalls kein physiologischer Anstieg, max.: 8,9 µg/l. nach 60 Min. / Epikrise: Die Patientin ist seit Januar d.J. mit einer umgerechneten Wachstumsrate von 2,0 cm/Jahr viel zu langsam gewachsen. Auf Grund der aktuellen laborchemischen Befunde liegt ein substitutionsbedürftiger Wachstumshormonmangel vor. Nach dem Gespräch mit den Ärzten wussten wir wenigstens, dass die Laborwerte für die einzelnen Organfunktionen alle in Ordnung waren. Weiterhin, dass bei den beiden Tests, die gemacht wurden, der Wachstumshormonmangel eindeutig nachgewiesen wurde. Man erklärte uns, da es sich bei Talissa um eine Extremfrühgeburt handle, führe man den Kleinwuchs auf eine Fehlfunktion zurück durch eine eventuell unausgereifte Hypophyse. Es sei aber auch gut möglich, dass es ein idiopathischer (erworbener), isolierter (nur das Wachstumshormon betreffender), partieller (Wachstumshormon in zu geringer Menge gebildet) Wachstumshormonmangel sei. Man empfahl eine Therapie mit täglicher Wachstumshormoninjektionsgabe. Nach der Diagnose wurden die Behandlungsmöglichkeiten unser Hauptthema. Wollten wir eine hormonelle Therapie oder nicht? Wachstumshormone konnten nur injiziert werden, eine andere Möglichkeit bestand nicht. Das bedeutete tägliche, abendliche Spritzen mit einem so genannten Pen. Das sollte so lange geschehen, bis die Wachstumsfugen geschlossen wären, das heißt bis zum 16., manchmal auch 18. Lebensjahr. Uns blieben zwei Möglichkeiten: die Therapie zuzulassen und Talissa die Chance zu geben, hinsichtlich ihrer Größenentwicklung ganz normal aufwachsen zu können oder aber ihr Wachstum dem Schicksal zu überlassen mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Ich konnte mich nicht für Letzteres entscheiden. Mir war klar, dass eine Therapie Qualen bedeuten würde – für uns, aber vor allem für Talissa. Die Alternative erschien mir noch schrecklicher: Wir hätten sie in ein kleinwüchsiges Leben mit 1,30 Meter entlassen können. In unserer Gesellschaft? Das konnte und wollte ich nicht. Es wäre mir außerdem wie ein Aufgeben vorgekommen, nach allem, was wir nach der frühen Geburt geschafft hatten. Ich konnte das nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Wir hatten gehofft, dass wir die Spritzen niemals brauchen würden und hatten eine gewisse Furcht davor, es doch tun zu müssen. Ich hatte mir nie vorgestellt, meinem Kind bewusst wehtun zu müssen. Ich spürte, dass Talissa Höllenqualen durchlitt und es zerbrach mir das Herz, ihre kleine Seele derart zu verletzen. Die Einsicht, das Richtige, nämlich alles Menschenmögliche, für das eigene Kind zu tun, erschien mir angesichts dieser Situation als irreal. Aber wir hatten uns entschieden und mussten die Herausforderung annehmen. Das Spritzen als eine Chance, nämlich die Chance auf eine normale Größe zu sehen, war lange Zeit kaum möglich.

Motorisch ist Talissa für uns nach wie vor ein kleines Wunder. Sie läuft fleißig, ihr Babyauto vor sich herschiebend, durch die Wohnung, dabei ist sie korrigiert gerade zehn Monate alt. Aber ihre Seele scheint nicht im Einklang zu sein. Sie ist unzufrieden, nörgelig, anhänglich. Nichts kann man ihr recht machen. Derzeit raubt sie mir trotz aller Liebe jeden Nerv und ich zweifle bald an meinem Verstand. Hinzu kommen verletzende Kommentare von außen. Im Supermarkt wird mir von einer älteren Dame gesagt, ich solle dem Kind mehr zu essen geben, es sehe total dürr aus. Dann wiederum schiebt Talissa einen kleinen Einkaufswagen und die Leute starren sie an, bis eine andere Frau fragt, ob Talissa kleinwüchsig sei. Bevor ich überhaupt antworten kann, spricht sie mir ihr Mitleid aus. Mir wird bewusst, wie sehr die Leute einen Menschen aufgrund seines Aussehens einordnen. Mich ärgert das so dermaßen, dass ich mit Tränen nach Hause laufe und schluchzend Talissa im Kinderwagen vor mir herschiebe. Dass Talissa zu klein für ihr Alter ist, ist mir klar, aber ihr fehlen ja auch drei Monate. Wenn man diese abzieht, entspricht sie dem Durchschnitt ihrer Altersgruppe. Talissa geht es gesundheitlich unverändert, eine Bronchitis jagt die nächste. Neben der Hausfrühförderung, die einmal wöchentlich stattfindet, gehen wir zweimal pro Woche zur Atemtherapie in eine Praxis für Physiotherapie. Außerdem gehören Babyschwimmen, ein Windelrocker-Kurs – ein Babytreff für Kinder ab Laufalter – und der wöchentliche Besuch beim Arzt zu unserem Programm. An eine Möglichkeit, Talissa in einer Krippe unterzubringen und eventuell ein wenig arbeiten zu gehen, ist absolut nicht zu denken. Unser Haus wächst und wächst, es gibt viel zu tun. Wir sind nun fast täglich auf der Baustelle. Talissa liebt es, dort im Sand zu spielen. Am Wochenende kümmern sich die Omas sehr viel um sie und die Männerriege schuftet. Im Internetforum stoße ich auf eine Mama, die ebenfalls wegen Hellp frühzeitig entbinden musste. Sie berichtet von einem Besuch bei einem Spezialisten in Rüsselsheim, der Frauen untersucht, um die Bedingungen für eine erneute Schwangerschaft auszuloten. Bisher war für uns ein zweites Kind kein Thema, denn viel zu groß waren und sind die Sorgen um Talissa. Trotzdem spüre ich, dass mich doch interessiert, mehr darüber zu wissen. Im Moment kann ich mir kein Geschwisterchen für Talissa vorstellen, aber sollte der Wunsch irgendwann mal aufkommen, wäre es ja gut, informiert zu sein, an wen man sich wenden kann.

Erscheint lt. Verlag 20.10.2010
Zusatzinfo zahlr. farb. Fotos
Sprache deutsch
Maße 140 x 220 mm
Gewicht 160 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte Abtreibung • Anamnese • Baby • Endokrinologie • Erinnerungen • Erlebnisbericht • Extreme Frühgeburt • Frühchen • Frühgeborenenstation • HELLP-Syndrom • Henri • Hypophysärer • Hypophysärer Kleinwuchs • Hypophyse • Injektionen bei Kindern • Kaiserschnitt • Kind • Kleinwuchs • Kleinwüchsig • Krankenhaus • Lotta Wundertüte • Mangel an Wachstumshormonen • Neonatologie • Pränatale Diagnostik • Problematische Entbindung • Pseudo-Krupp • RSV-Impfung • Tagebuchaufzeichnungen • Therapie • Wachstum bei Kindern • Wachstumshormone • Wachstumshormonmangel • Wachstumsretardierung • Zwergenwuchs
ISBN-10 3-902647-32-9 / 3902647329
ISBN-13 978-3-902647-32-0 / 9783902647320
Zustand Neuware
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