Matrose Raymund Hagemeyer - Barbara Hohmann

Matrose Raymund Hagemeyer

… gefallen für Führer, Volk und Vaterland – Briefe und Dokumente

(Autor)

Buch | Softcover
136 Seiten
2010 | 1., Auflage
ratio-books (Verlag)
978-3-939829-15-7 (ISBN)
12,95 inkl. MwSt
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Anhand eines erhalten gebliebenen Briefwechsels aus der Zeit von 1943 bis 1945 – darunter über 50 Feldpostbriefe und Originaldokumente – erhält der Leser Einblicke in die Gefühlswelt eines jungen Soldaten im II. Weltkrieg.
Raymund Hagemeyer – Bruder der Autorin – hatte sich 1939 freiwillig zur Marine gemeldet und war 1944 wegen eines Wachvergehens auf dem Untersee-Boot U 715 zu 10 Monaten Haft und Rangverlust verurteilt worden. Nach vier Monaten wurde er begnadigt und einem Bewährungsbataillon in Ungarn und der Tschechoslowakei zugeteilt. Das letzte Lebenszeichen erhielten die Eltern im Februar 1945 aus einem Lazarett in Meißen – danach verlor sich im Chaos des Kriegsendes seine Spur.
Verbunden mit geschichtlichen Hintergrundinformationen lässt diese Dokumentation in erschütternder Weise eine deutsche Familiengeschichte lebendig werden.

Barbara Hohmann wurde 1940 in Wuppertal geboren. Nach Beendigung der Schulzeit und einer kurzen Berufstätigkeit heiratete sie und bekam zwei Kinder. Von 1974-1977 absolvierte sie eine Ausbildung zur Religionslehrerin und unterrichtete über 20 Jahre am Gymnasium in Rösrath bei Köln. Noch während ihrer Berufstätigkeit begann sie, Pädagogik und Geschichte an der Fernuniversität Hagen zu studieren. Danach schloss sie im Jahr 2004 das Studium an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn mit dem Magisterexamen ab. Seither ist sie Mitarbeiterin bei wissenschaftlichen Projekten des Kreisarchivs des Rhein-Erft-Kreises in Bergheim.

Vor nunmehr 65 Jahren ging der II. Weltkrieg zu Ende. Zu den rund 60 Millionen Toten gehören auch vier junge Männer aus der Familie meines Vaters. Einer davon ist der Matrose Raymund Hagemeyer, mein Bruder. Er hatte sich im Jahr 1939 freiwillig zur Marine gemeldet, war 1944 wegen eines Wachvergehens von einem Kriegsgericht verurteilt und nach kurzer Haft in eine so genannte Bewährungseinheit überstellt worden. Nachdem er den ganzen Krieg ohne Verwundungen überstanden hatte, erkrankte er Anfang 1945 an einer Gelbsucht und kam in ein Lazarett nach St. Martin/Ungarn. Zwei Wochen später wurde er nach Meißen/Sachsen verlegt. Seit März 1945 galt er als „vermisst“. Diese Ereignisse kenne ich nur aus den Erzählungen meiner Eltern; doch die Erinnerung an meinen Bruder ist immer lebendig geblieben. Das liegt hauptsächlich daran, dass ich dabei war, als meine Eltern Anfang 1953 – nach der amtlichen Todeserklärung von Raymund durch das Amtsgericht Wuppertal – sein Testament geöffnet haben. In diesem Dokument hatte Raymund an Weihnachten 1941 der Familie seine letzten Wünsche genannt und seine Todesanzeige formuliert. Es hat mich damals sehr berührt, dass er mich ausdrücklich erwähnt und mich gleichsam als seine „Erbin“ eingesetzt hat. Als meine Eltern ein halbes Jahr nach seiner Todeserklärung von der Deutschen Beamten-Versicherung eine Versicherungssumme von 276,65 DM erhielten, kauften sie mir davon ein altes Klavier, das immer „Raymunds Instrument“ für mich geblieben ist, und auf dem auch noch meine Kinder ihre ersten „musikalischen Schritte“ gemacht haben. Im Jahr 1988 war es nicht mehr reparierbar; aber durch eine Gutschrift von 500,- DM lebt es seitdem in unserem neuen Klavier weiter. Bei dem Neukauf des Klaviers erzählte ich meinen Kindern die Geschichte, und ich erinnerte mich wieder an die „Akte Raymund“, die mir mein Vater vor seinem Tod im Jahr 1983 übergeben hatte. Diese Akte enthält neben Originaldokumenten und maschinegeschriebenen Briefen überwiegend handgeschriebene Feldpostbriefe aus der Zeit zwischen März 1943 und März 1945. Damit auch meine Kinder sie lesen konnten, habe ich diese zunächst einfach nur mit der Schreibmaschine abgeschrieben. Erst allmählich ist bei mir der Wunsch entstanden, diese Dokumente zu veröffentlichen, weil dieses Einzelschicksal Einblick gibt in die Lebensumstände vieler anderer Menschen in jener Zeit. Ich habe meinen Bruder immer bewundert. Darum war es um so schmerzhafter für mich, erkennen zu müssen, wie sehr die nationalsozialistische Indoktrination sein Bewusstsein – trotz einer religiösen Grundhaltung – durchdringen konnte; wie ihn die Ereignisse um den Kriegsgerichtsprozess allgemein – und besonders im Verhältnis zu seinem Vater – gebrochen haben und wie am Ende seines kurzen Lebens sein ganzes Denken reduziert war auf „Kampf“ und „Bewährung vor dem Feind“. Aus dieser persönlichen Befangenheit heraus habe ich bei der Bearbeitung weitgehend auf Wertungen verzichtet. Nach einer Einführung in unsere Familiengeschichte und der Darstellung von Raymunds Kindheit und Jugend sollen die Dokumente für sich sprechen. Ich habe sie nur insoweit kommentiert, wie es zum Verständnis der politischen und familiären Zusammenhänge erforderlich ist. Bei der Übertragung der Texte wurde die ursprüngliche Schreibweise beibehalten. Raymunds Name ist in der Geburtsurkunde mit „i“ angegeben, wurde aber von ihm selbst wie von der ganzen Familie überwiegend mit „y“ geschrieben. Abkürzungen wurden – soweit erforderlich und möglich – aufgelöst. Wie viele seiner Generation hatte mein Bruder weder Raum noch Zeit für ein eigenes Leben. Sein Wunsch, ich möge ihn nicht vergessen, ist in Erfüllung gegangen. Lohmar, im Mai 2010

Erscheint lt. Verlag 3.8.2010
Verlagsort Lohmar
Sprache deutsch
Maße 140 x 205 mm
Gewicht 327 g
Einbandart kartoniert
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte Briefwechsel • Drittes Reich • Feldpostbriefe • Frontbewährung • Marine • Wachvergehen
ISBN-10 3-939829-15-3 / 3939829153
ISBN-13 978-3-939829-15-7 / 9783939829157
Zustand Neuware
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