LiveRillen No. 6 -  Paul Bartsch

LiveRillen No. 6 (eBook)

Konzerte aus sechs Jahrzehnten Rockmusikgeschichte - direkt vom Plattenteller abgedreht!

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
184 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-0932-5 (ISBN)
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Seit dem Frühjahr 2018 gestaltet der in Halle (Saale) lebende Literaturwissenschaftler, Autor und Musiker Paul Bartsch die monatliche Sendung LiveRillen auf Radio Corax, in der er ausgewählte Ausschnitte aus Konzert-LPs und Live-Alben direkt vom Plattenteller serviert und kommentiert. So entsteht eine livehaftige Geschichte der populären Musik, erzählt aus der Perspektive der Bühne. Die mit viel Liebe zum Detail ausgearbeiteten Sendemanuskripte bilden die Grundlage für diese originelle Publikationsreihe, deren fünfter Band nunmehr vorliegt. Ein unterhaltsames Lesevergnügen für alle, die Freude an guter Musik haben und mehr über deren Hintergründe und Protagonisten erfahren wollen.

Paul Bartsch wurde 1954 in Wernigerode geboren. Nach dem Abitur und einigen lebensläufigen Umwegen studierte er an der Universität Halle Lehramt Deutsch/Musik (Diplom 1980), erlangte 1981 den Berufsausweis als Sänger und arbeitete mehrere Jahre freiberuflich als Liedermacher. Ab 1984 erhielt er eine Aspirantur am Germanistischen Institut der Universität Halle und promovierte 1988 als Literaturwissenschaftler. Von 1991 bis 2017 war er als Medienpädagoge in führenden Positionen am Pädagogischen Landesinstitut Sachsen-Anhalt tätig; zudem wurde er 2009 an die Hochschule Merseburg auf die Professur für Erziehungswissenschaft, Kindheit und Medien berufen. Seit 2020 ist er im Ruhestand. Von 1992 bis 2023 war er zudem als freier Journalist für den Mitteldeutschen Rundfunk tätig. Neben seinen beruflichen Tätigkeiten war und ist Paul Bartsch künstlerisch aktiv. Seit 1990 hat er zahlreiche Tonträger mit eigenen Liedern veröffentlicht (seit 2003 mit eigener Band). Seine Veröffentlichungen wurden 2020, 2021 und 2023 mit dem Deutschen Rock&Pop-Preis ausgezeichnet. Daneben sind mehrere Erzählbände und Sachbücher erschienen. 2006 wurde Bartsch mit dem Stadtschreiber-Stipendium der Stadt Halle (Saale) geehrt, in der er seit 1976 mit seiner Familie lebt. Seit 2018 gestaltet der passionierte Schallplattensammler seine monatliche Radiosendung "LiveRillen" auf Radio Corax, die zur Grundlage dieser Publikationsreihe wurde.

No. 63:     Ein ganz besonderer Sound – die Hammond-Orgel


Teil 1: Niederlande / England

Juni 2023

Dieser Sound ist unverkennbar: Es geht in dieser LiveRillen-Ausgabe um die Hammond-Orgel. Jede und jeder, die oder der sich für populäre Musik interessiert, kennt diesen typischen Klang, und die Kundigen unter euch haben dazu sicher auch ein Bild vor Augen: Ein wuchtiges, zweimanualiges Möbelstück mit zahlreichen Hebeln und Knöpfen, gute hundert Kilogramm schwer, oft ergänzt durch eine Pedalklaviatur für die Bässe, wie man das von Kirchenorgeln kennt.

Tauchen wir also ein wenig ein in den Kosmos dieses faszinierenden Instruments und begegnen zunächst seinem Erfinder: Laurens Hammond, 1895 in Illinois geboren, der es im Laufe seines 78jährigen Lebens auf über einhundert Patente gebracht hat. Kindheit und Jugend verlebte er übrigens in Europa, darunter mehrere Jahre in Dresden, und sprach deshalb neben seiner Muttersprache fließend Deutsch und Französisch. Musikalisch war der studierte Maschinenbauingenieur eigentlich nicht; er hatte es eher mit Motoren. Und tatsächlich stecken die auch in der von ihm 1934 zum Patent angemeldeten Orgel, die in den Kirchen der USA die aufwändigen Pfeifenorgeln ersetzen sollte.

Gewellte Metallräder, die vor elektromagnetischen Tonabnehmern rotieren, erzeugen eine Wechselspannung, die durch Filter geleitet und entsprechend verstärkt wird, um einen Lautsprecher damit anzusteuern. Herz des Ganzen ist ein von Hammond entwickelter Synchronmotor, der den Generator und damit die Zahnräder antreibt. Damit aber erstmal genug von akustischer Physik… Jedenfalls gehörten der Komponist George Gershwin und der Jazzpianist und Bandleader Count Basie zu den ersten Abnehmern der Hammond-Orgel, deren Siegeszug maßgeblich durch eine Erfindung des US-Amerikaners Donald Leslie befördert wurde: Er entwickelte in den 1940er Jahren eine Tonwiedergabebox mit einem rotierenden Lautsprechersystem, die dem Orgelsound den typischen schwebenden Charakter verlieh, zumal die Rotationsgeschwindigkeit während des Spielens beliebig verändert werden konnte. Laurens Hammond selbst mochte diesen Sound übrigens nicht – ihm schwebte eher der klare Ton einer Kirchenorgel vor, doch die Musikgeschichte wollte es anders.

Insbesondere das zwischen 1955 und 1973 gebaute Hammond-Modell B3 mit seinen gedrechselten Holzbeinen hat sich zunächst im Jazz, später dann in Rock und Blues durchgesetzt – und das trotz seines enormen Gewichts auch auf der Bühne!

Und wie das dann klingt, demonstriert nun der jüngste der Organisten, die heute zu hören sein werden: Robin Piso vom 2007 gegründeten holländischen Power-Trio DeWolff, das gern als „dreiköpfiges Rock'n'Roll-Monster aus dem tiefen Süden der Niederlande“ bezeichnet wird; „eine alte Seele in einem jungen Körper“, etwa so, als träfe Leon Russell auf Deep Purple und die Allman Brothers. 5 Außer Robin Piso, der neben der Musik 2008 an der Technischen Universität Eindhoven einen Bachelor in Medizintechnik erworben hat, komplettieren die Brüder Pablo van de Poel an der Gitarre und Luka van de Poel am Schlagzeug das Trio.

DeWolff liefern mit „Crumbling Heart“ die aktuelle Erkennungsmelodie der LiveRillen, und hier sind sie mit „Don’t You Go Up To The Sky“ von ihrem 2015 auf dem eigenen Label Electrosaurus Records erschienenen Doppelalbum „Live & Outta Sight“.

DeWolff: Don’t You Go Up To The Sky


2018 erzählte Robin Piso dem Netzmagazin The Rockpit in einem Interview, dass er familiär gar nicht unbedingt musikalisch vorbelastet sei – als Kind ein bisschen Blockflöte, später etwas Gitarrenunterricht, dann über einen Freund zum Keyboardspiel gekommen und nun vom Sound der Hammond-Orgel fasziniert: „Jetzt spiele ich eines der schwersten Instrumente überhaupt, das ich nicht einfach überall mitnehmen kann, aber ich muss es mitbringen. Es geht mit uns auf Tour und sitzt hinten im Van und es ist ziemlich schwer, aber es klingt so cool, dass es sich lohnt.“ 6 Wer wollte dem widersprechen?

Soeben ist mit „Love, Death & In Between“ das zehnte Studioalbum des fleißigen Trios erschienen, das sich auch live längst vom Geheimtipp zu einem der gefragtesten Acts gemausert hat – im November 2023 werden DeWolff auch wieder auf deutschen Konzertbühnen zu erleben sein. Und ich empfehle den Verantwortlichen der Hammond Hall of Fame 7 dringend, sich Robin Piso mal anzuschauen und seinem Spiel zuzuhören – er wäre aus meiner Sicht ein würdiger Kandidat für die kleine, illustre Ruhmeshalle der innovativen Hammond-Organisten.

Ganze 25 Namen enthält die auf der offiziellen Hammond-Website geführte Liste bisher; einigen werden wir im Verlaufe dieser und der nächsten LiveRillen-Sendung begegnen. Die Kriterien für die Auswahl basieren auf dem Hammond-Slogan: „The Sound, The Soul, The One“ 8: Der Kandidat müsse einen sofort erkennbaren, einflussreichen Musikstil haben; zudem den Hammond-Sound auf einzigartige Weise in das von ihm vertretene Genre integrieren und die Hammond-Orgel als sein Hauptinstrument betrachten. Und wenn das alles auf Robin Piso nicht zutrifft, ja, dann weiß ich auch nicht…

Nun geht die Reise aber weit zurück in die Rockmusikgeschichte zu jenen Bands und Solisten, die den drei Holländern zweifellos die musikalische Inspiration für ihren hochmodernen Retro-Sound geliefert haben, was in diesem Falle kein Widerspruch in sich ist! Dabei sollen in dieser Sendung britische Hammond-Organisten im Mittelpunkt stehen – in einem Monat folgen dann die US-Szene sowie interessante Blicke auf Deutschland und nach Osteuropa – so exotisch das auch klingen mag.

Eine der großartigsten britischen Live-Bands der späten 1960er Jahre ist für mich Colosseum, 1968 in London vom Saxofonisten Dick Heckstall-Smith und dem Schlagzeuger John Hiseman gegründet. Zu den herausragenden Musikern des in Rock, Blues und Jazz gleichermaßen verorteten Ensembles gehörte auch der Keyboarder Dave Greenslade, der insbesondere auf der Hammond-Orgel brillierte. Ihr Album „Colosseum Live“, das einen Mitschnitt aus dem Jahre 1971 präsentiert, „gilt als eines der besten Live-Alben der Rockgeschichte und dokumentiert den wohl höchsten Entwicklungsstand der Gruppe“ 9, die sich leider noch im selben Jahr auflöste.

Greenslade, der im Januar seinen 80. Geburtstag feiern konnte, war nach dem Aus von Colosseum vor allem als Studio- und Sessionmusiker aktiv. Daneben betrieb er unter eigenem Namen ein Progressive-Rock-Bandprojekt, zu dem auch der Colosseum-Bassist Tony Reeves sowie zeitweise der King-Crimson-Drummer Andrew McCulloch gehörten, und er kreierte 1978 gemeinsam mit dem Fantasy-Künstler Patrick Woodroffe das spektakuläre Doppelalbum „The Pentateuch of the Cosmogony“, ein Gesamtkunstwerk über eine außerirdische Zivilisation, das Maßstäbe in der Fantasy- und Science-Fiction-Szene setzte.

Hier nun Colosseum live aus dem Jahr 1971 von einem Dreifach-Album, das Repertoire Records im Jahr 2020 veröffentlicht haben, mit Chris Farlowe am Mikrofon, Dave Greenslade an der soundprägenden Hammond-Orgel, hier vor allem im musikalischen Duell mit dem Saxofonisten Dick Heckstall-Smith beim Titel „Rope Ladder To The Moon“ – die Strickleiter zum Mond.

Colosseum: Rope Ladder To The Moon


Etwa zur selben Zeit hatten sich der ex-Spencer-Davis-Drummer Pete York nach der Auflösung der in den 60er Jahren populären britischen Band mit deren zweitem Keyboarder Eddie Hardin zusammengetan – Hardin & York firmierten gern als kleinste Bigband der Welt – so auch der Titel einer Live-LP, die 1970 erschienen ist. Kurz zuvor waren sie in der Silvestersendung des Bremer Beat-Clubs zu sehen – übrigens die erste Folge, die in Farbe ausgestrahlt wurde.

Überhaupt war das Duo auf dem europäischen Festland erfolgreicher als auf der heimischen Insel – warum auch immer.

Pete York selbst, den heute noch immer aktiven Schlagzeuger und Erfinder der „Superdrumming“-Fernsehsendungen der ARD, habe ich ja erst vor zwei Monaten in den LiveRillen ausführlich gewürdigt.

Eddie Hardin, der 1967 als gerade mal 18Jähriger Steve Winwood an den Tasten der Spencer Davis Group beerbt hatte, wurde vor allem für die komplexe Fußarbeit auf dem Pedalwerk seiner Hammond-Orgel gerühmt, die gerade in der Duoarbeit mit Pete York eine derartige Klangfülle garantierte, dass die Abwesenheit eines Basses nicht zu bemerken war. Eine intensive Freundschaft verband Eddie Hardin mit Deep Purple und dort natürlich besonders mit Jon Lord, zu dem wir noch kommen werden. Daneben arbeitete er mit...

Erscheint lt. Verlag 14.5.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Musik
ISBN-10 3-7597-0932-X / 375970932X
ISBN-13 978-3-7597-0932-5 / 9783759709325
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