Achse im Wandel

Hauptbahnhof Laim Pasing, Ein fotografisches Langzeitprojekt der Münchner ­Volkshochschule unter der Leitung von Werner Resch, 2002–2022
Buch
176 Seiten
2022 | 1. Neuerscheinung
Schiermeier, Franz (Verlag)
978-3-948974-20-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Achse im Wandel - Franz Schiermeier
19,50 inkl. MwSt
Das Fotoprojekt „Achse im Wandel“ unter der Leitung des Fotografen Werner Resch begleitet die Veränderungen auf dem Münchner Bahngelände seit dem Jahr 2002. Neben Werner Resch sind daran beteiligt: Dr. Anne Menke-Schwinghammer, Verena und Martin Reindl, Detlev Schünke, Josef Stöger, Wolfgang Schmitz, Alfred Braun und Reinhold Wilke.
Im Laufe der Zeit sind mehrere tausend Fotos entstanden – beginnend mit der Situation vor der Umgestaltung des Areals über verschiedene Zwischennutzungen.

Die Arbeiten setzen sich mit dem Veränderungsprozess auf diesem bedeutenden innerstädtischen Areal auseinander inklusive der neuen Nutzung. Die entstandenen Bilder gehen über eine reine Dokumentation hinaus, sie geben die individuellen Sichtweisen, Bildsprachen und Interpretationen der Fotografinnen und Fotografen wieder. In vielfältiger Art und Weise werden dabei die Themen Wandel, Entwicklung und Neugestaltung visualisiert.
Das Projekt wurde mit Unterstützung der Münchner Volkshochschule verwirklicht.
Ergänzend dazu enthält die Publikation einen historischen Abriss zur Geschichte des Münchner Bahngeländes von Franz Schiermeier.

Die Anfänge Kompakt – urban – grün – eine Perspektive für München. Im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bahn ist der Container- und Rangierbahnhof Mitte der 1990er Jahre an den Stadtrand gewandert. Eine 173 Hektar große und 8 km lange Fläche konnte für neue Nutzungen überplant werden. 1999, noch im letzten Jahrhundert, wurden die Gestaltung der zukünftigen Stadtbezirke und die Umwidmung der frei werdenden Bahnflächen ausgeschrieben. 2003 begann der Wandlungsprozess. Der damalige Stadtbereichsleiter Süd der Münchner Volkshochschule, Wolfgang Czisch, war fasziniert von diesen umfassenden städtischen Umstrukturierungsplänen. Die Münchner Volkshochschule wäre nicht die, die sie ist, wenn diese Anregung nicht zeitnah vom Fachgebiet Fotografie sowie dem Fotografen und langjährigen ­Dozenten Werner Resch aufgegriffen worden wäre. Die Idee war geboren, im Jahr 2002 wurde der erste Kurs für das fotografische Langzeitprojekt „Achse im Wandel. Hauptbahnhof-Laim-Pasing“ ins Leben gerufen. Das Gebiet Pasing, Paul-Gerhardt-Allee, Laim, Nymphenburg-Süd, Birketweg, Arnulfpark – sind die Namen der städtischen Entwicklungsprojekte. Ein Areal für ca. 17.200 Einwohner*innen und über 21.300 Arbeitsplätze. Doch welchem Ort galt es sich zu nähern, mit welcher Geschichte? Das Tor zur Stadt – für Güter, Frischluft, Post und Reisende und die damit verbundene Logistik und Abwicklung. Ein Gebiet, welches durch die unterschiedlichen Nutzungen an seinen Rändern von einem skurrilen Sammelsurium aus Schrebergärten, Industrieanlagen, Schrotthändlern, Heizkraftwerken, Gleisanlagen und Ödland gerahmt wurde. Nun sich langsam transformierend zu Wohnkomplexen, Bürotürmen, Grün- und Freizeitanlagen, Konsum- und Vergnügungstempeln. Das auf seine Art verschlossene Land, das nur aus der Ferne, aus dem Zugfenster, als erster oder letzter Blick auf die Stadt, betrachtet werden konnte, wird im „vorüberfahren“ zum bewohnten, belebten und begrünten Stadtraum. Die Idee einer offenen, weiten Achse, erdacht in einer Zeit, wo mit der Eisenbahn Zukunft, Geschwindigkeit, Wachstum und Ferne verbunden wurde, verengt und konzentriert sich durch die Bebauung in die Höhe. Damals und heute – einzelne Punkte sind sichtbar geblieben. Industriearchitektur, wie die Hackerbrücke, das ehemalige Heizkraftwerk oder auch der Bürkleinbahnhof wirken aber in ihrem neuen Umfeld inzwischen ein wenig wie geschrumpfte Relikte, fast wie historische Puppenhäuschen, die versehentlich aus einem Modelleisenbahnkatalog mit ins Bild geraten sind. Die Idee Fotografie und Stadtforschung – ein weites Feld. Wie kann dieser spannende Prozess städtebaulicher Veränderungen, der wesentlich das Stadtbild und die Skyline Münchens prägt, über einen langen Zeitraum visua­li­siert werden? Kann eine fotografische Langzeitbeobachtung verdeutlichen, was die getroffenen Maßnahmen für eine nachhaltige Stadtentwicklung bedeuten? Ein Experiment, nicht von Stadtplaner*innen, Historiker­*innen oder Architekt*innen, sondern niedrigschwellig an der Münchner Volkshochschule angesiedelt. Ein Fotoprojekt, offen für alle, die am Wandel des Areals und den damit verbundenen Prozessen Interesse haben, unabhängig vom fotografischen Werdegang. Keine durchgehende dokumentarische Einzel­position war gefragt, sondern subjektive Blicke. Die Teilnehmenden sollten die Entwicklung, den eigenen Vorstellungen entsprechend, interpretieren. Schau auf die Stadt! ­Veränderung, visualisiert von den Menschen, die es betrifft. Egal ob Profi oder Anfänger*in, Anwohner*in oder Flaneur, alle waren eingeladen, ­mitzumachen. Vielfältige visuelle Arbeiten zum Thema Umbruch und Wandel, von der klassischen Dokumentation und Architekturfotografie bis zu Bildern, die einer Spurensuche gleichen oder serielle künstlerische Arbeiten. Eine Art „subjektives Stadtgedächtnis“ sollte ganz leicht und nebenbei mit den Fotografien erbaut werden. Die Herausforderung Kann dieser „Achsen-Wandel“ über einen so langen Zeitraum überhaupt fotografisch von Kursteilnehmenden begleitet werden? Gibt es fotografische Methoden zur Visualisierung räumlicher Entwicklungsprozesse? Braucht es ein klar vorgegebenes Konzept oder kann ein „Kaleidoskop“ viel mehr sichtbar machen? Wie lange wird es dauern? Autonomie und Zusammenarbeit ist gefragt. Was passiert mit den Aufnahmen? Wie tragen wir die Bilder in die Stadt? Was wird gezeigt? Es gilt ständig sich verändernde Situationen, Motive und Unsicherheiten zu berücksichtigen. Einblicke in Bautechnik und die Option, hautnah im Großbaustellenbereich zu fotografieren, sind zu meistern. Den Überblick behalten oder Details dokumentieren? Dokumentieren oder Interpretieren? Am Anfang war vieles unklar und unsicher. Das Projekt hat sich aber ständig weiterentwickelt und ist gewachsen – mit der Achse. Mit dem Projekt wurde Neuland betreten. Im Lauf der letzten 20 Jahre sind zur Nutzung über 10.000 Bilder von unterschiedlichen Teilnehmenden und dem Dozenten Werner Resch entstanden. 280 davon wurden 2012 vom Münchner Stadtarchiv übernommen. Die Bilder müssen in die Welt. Ein Ziel des Projektes war es auch, die Bürger*innen der verschiedenen Quartiere ­einzubeziehen in die Blickgeschichte ihres Viertels. In enger Kooperation mit dem Stadtbereich West wurden deshalb regelmäßig Ausstellungen mit einem informativen Rahmenprogramm konzipiert – 2007 Pasinger Fabrik, 2009 MVHS Neuhauser Trafo, 2012 Jubiläumsaustellung Pasinger ­Fabrik, 2015 MVHS Bäckerstraße. Die „Zeitsprünge“ an diesen Orten sichtbar zu machen, war immer eine Bereicherung. Die Vision Die Fotografie ermöglicht es, aus der Gegenwart einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. So ist es gewesen. Stadt und Fotografie gingen oft an Hand in Hand, z.B. in Form von Stadtfotograf*innen. Welche Rolle nimmt die Fotografie in der Stadtforschung ein? Das Verschwinden dokumentieren oder das Vergangene bewahren? Bestandsaufnahme? Archiv? Wie können wir mit den massiven Veränderungen umgehen? Wie wirkt sich so ein innerstädtisches Entwicklungsprojekt aus? Welche Strukturen und städte­baulichen Maßnahmen könnten Vorbildfunktion für zukünftige Stadterweiterungsprojekte haben? Welche Chancen wurden vergeben? Die Dimension der sich daran anknüpfenden gesellschaftlichen und politischen Fragen ist umfassend. Die künstlerisch dokumentarische Auseinandersetzung der beteiligten Fotograf*innen ermöglicht aus ganz unterschiedlichen Perspektiven über diesen langen Zeitraum einen erweiterten Blick auf den Wandlungsprozess. Gestern und Heute verschmelzen auf der Bildoberfläche und könnten für die Zukunft wegweisend sein. Die Teilnehmenden Nicht verschmolzen mit der Aufgabe, aber nah dran, sind die teilnehmenden Fotograf*innen, die durchgehend mit ihren Ideen und ihrem Einsatz tragenden Säulen des Projekts geworden sind – Anne Menke-Schwinghammner, Martin Reindl, Wolfgang Schmitz, Detlev Schünke und Josef Stöger. Ihre ganz unterschiedlichen Positionen und Interpretationen wurden im Lauf der vielen Jahre ständig erweitert und ergänzt. Dank ihrer Arbeit kann der Wandel des Areals in allen Facetten heute vor uns aufgefächert werden. Einen alten Lokschupppen, Zeuge aus ferner Vergangenheit oder ein in den Himmel wachsendes Hausgerippe mit Zukunftssehnsucht, alles in klassischem Schwarz-Weiß, sehen wir auf den Aufnahmen von Detlev Schünke. Bei Martin Reindl hingegen sieht die Welt von oben ganz anders aus. Auf seinen Luftbildern aus dem Zeppelin wird die wirklich einzigartige Dimension der Achse sichtbar. Anne Menke-Schwinghammer thematisiert Übergangssituationen – 20 Jahre im Vorübergehen. Vorher, nachher, mittendrin – Wolfgang Schmitz hält für uns Zwischenschritte fest. Wer erinnert sich noch an die Zugwaschanlage oder wie es vor dem ZOB an der Hackerbrücke aussah? Josef Stöger hingegen interessiert sich für die Dokumentation der städtebaulichen Veränderung und konzentrierte sich dabei auf bestimmte Teilbereiche. Manche Teilnehmenden konnten nicht die ganze Strecke mitgehen. Doch sie leisten mit ihren Arbeiten trotzdem einen wunderbaren Beitrag und bereicherten das Projekt, wie z. B. Verena Reindl mit Aufnahmen der Autoverwertung, Alfred Braun mit seinen Lochkamera-Aufnahmen oder Reinhold Wilke mit ­seinen auf „Fläche-Form-Farbe“ reduzierten Architekturbildern. Der Leiter Werner Resch ist Fotograf, langjähriger Dozent im Fachgebiet Fotografie & Video/Film, Projektteilnehmer und Projektleiter. Wie schafft er das? Er hat viel Erfahrung. Seit über 25 Jahren gibt er sein Wissen als Kursleiter an der MVHS weiter. Doch auch außerhalb realisiert er erfolgreiche Langzeitprojekte, wie z.B. das Großprojekt „Umbruch – vom Viehhof zum Volkstheater“. So eine langjährige Betreuung bedeutet – offen sein, hartnäckig sein, Freiraum bieten, Fachwissen weitergeben, damit sich die fotografischen Positionen überhaupt entwickeln können und zum „blühen“ gebracht werden. Es bedeutet, die Teilnehmenden immer wieder zu begeistern, zu motivieren und einzubinden. Das Besondere aber ist, er ist als Fotograf auch Teil der Gruppe. Seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen von den Brachflächen oder Indus­trieanlagen entführen uns in eine andere Zeit, an die sich viele schon nicht mehr erinnern können. Und er wendet sich in seinen Arbeiten Konzepten der Stadtplanung zu: Wichtige Teilgebiete werden in Vorher/Nachher-Bildpaaren vorgestellt. Doch auch der schöne Schein wird bei ihm sichtbar – Oberflächen und Fassaden. Er zeigt auf sehr klare und nüchterne Weise in seinen Bildern, wie eine im Modell wunderbar geplante Idee in der Realität zu einer trostlosen Fassade verkommen kann. Das ist die sichtbare Ebene. Doch im Hintergrund hat Werner Resch für dieses Projekt noch viele zusätzliche Aufgaben übernommen. Vom regen Austausch mit Kooperations­partner*innen bis zur Sponsor*innensuche, von der Konzeptentwicklung bis zur Digitalisierung, vom ­Konfliktschlichter bis zum Manager, von der Katalog­gestaltung bis zum Ausstellungsaufbau – mit Humor, Gelassenheit, Geduld, Fachkompetenz und Durch­haltevermögen meistert er all diese Aufgaben. Es ist eine große Bereicherung, mit ihm zu arbeiten und gemeinsam von den Rändern aus dieses „Bild der Stadt“ zu gestalten. Der Dank An dieser Stelle möchte ich deshalb ein langes Band des Dankes ausrollen. An Herrn Czisch, der das Projekt anregte, an Werner Resch, der das ganze Projekt mit seiner Arbeit und seinem Elan 20 Jahre am Laufen hielt, an die Teilnehmer*innen, ohne deren Ausdauer und Begeisterung das Projekt nicht möglich gewesen wäre, an Frau Dr. Susanne May, Programmdirektorin der Münchner Volkshochschule und meinen Kolleg*innen aus dem Stadtbereich West für die langjährige ­Unterstützung, an Verena Dietl, die Aufsichtsratsvorsitzende der MVHS und Bürgermeisterin der Landeshauptstadt München, an Stefan-Maria Mittendorf, Thomas Linsmayer, Annette Hempfling und das Team der Pasinger Fabrik für die wunderbaren Ausstellungskooperationen über viele Jahre, den Verleger Franz Schiermeier für die Produktion des Begleitbuchs, dem Verein der Förderer und Freunde der MVHS für die Projektförderung, dem Bezirksausschuss 21 Pasing-Obermenzing und Frieder Vogelsgesang für die Unterstützung, dem Münchner Stadtarchiv für das Interesse, sowie den Sponsor*innen der Firmen Aurelis und Pandion und natürlich allen weiteren großen und kleinen Mithelfer*innen, die zum Erfolg des Projekts, der Ausstellung und des Begleitbuchs beigetragen haben. Ich bin dankbar und freue mich sehr, dass ich dieses wunderbare fotografische Projekt zum Thema Stadtentwicklung über 20 Jahre fördern und begleiten durfte. Kirsten Kleie Leiterin des Fachgebiets Fotografie & Video/Film der MVHS

Erscheinungsdatum
Illustrationen Alfred Braun, Anne Menke-Schwinghammer, Verena Reindl, Martin Reindl, Werner Resch, Wolfgang Schmitz, Detlev Schünke, Josef Stöger, Reinhold Wilke
Vorwort Verena Dietl, Kirsten Kleie
Verlagsort München
Sprache deutsch
Maße 200 x 260 mm
Gewicht 760 g
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Fotokunst
Schlagworte Bahnbetriebswerk • Bahngelände • Hauptbahnhof • Laim • München • Pasing • Stellwerk • Zentralwerkstätte
ISBN-10 3-948974-20-9 / 3948974209
ISBN-13 978-3-948974-20-6 / 9783948974206
Zustand Neuware
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