Celibidache

Der Maestro im Spiegel von Zeitzeugen

(Autor)

Buch
136 Seiten
2022
Edition Karo (Verlag)
978-3-945961-28-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Celibidache - Kirsten Liese
20,00 inkl. MwSt
"Ein Dirigent tut nichts, sondern lässt entstehen, sagt Celibidache, "er begibt sich auf eine Reise. Und nur, wenn er selbst von der Musik berührt sei, könne er andere berühren."
Der rumänische Dirigent Sergiu Celibidache (1912-1996) gilt als einer der genialsten Dirigenten des 20. Jahrhunderts. Um seine Person ranken sich viele Legenden. Besonders in der Not soll der Künstler Menschen mit großer Empathie begegnet sein, überdies ein Tierfreund, Philosoph und Freiheitskämpfer. Harsche Kritik gab es aber auch - für die gnadenlose Strenge, die er im Umgang mit Orchestermusikern an den Tag gelegt haben soll. Was ist Wahrheit, was Mythos?Zum 110. Geburtstag des Solitärs lässt Kirsten Liese ausschließlich Weggefährten zu Wort kommen, die "Celi" aus nächster Nähe erlebten: Orchestermusiker und Solisten. Ihre Erinnerungen ergeben ein Mosaik aus vielen berührenden Begegnungen und Anekdoten. Die Spurensuche beginnt 1945 während Furtwänglers Entnazifizierung, als Celibidache interimsweise die Berliner Philharmoniker leitete, und endet in den 1990er Jahren, als er die Münchner Philharmoniker zu einem Weltklasseorchester formte und ein letztes Mal für ein "Versöhnungskonzert" ans Pult der Berliner Philharmoniker trat. In den Jahren dazwischen liegt eine einmalige extreme Entwicklung von einem Feuerkopf zu einem Weisen.Das Buch möchte dazu anregen, einen charismatischen Ausnahmekünstler wiederzuentdecken, der als ein unbeugsamer Kompromissloser eine Persönlichkeit darstellte, die unter heutigen Dirigenten selten zu finden ist.

KIRSTEN LIESE, Jahrgang 1964, lebt in Berlin. Sie studierte Schulmusik und Germanistik in Berlin, es folgten das Volontariat bei einer Tageszeitung und mehrere Hospitanzen beim Rundfunk. Seit 1994 arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin mit den Schwerpunkten Oper, Konzert und Kino für zahlreiche Hörfunkredaktionen der ARD sowie für Tageszeitungen, Fachzeitschriften und Online-Publikationen. Sie ist außerdem Herausgeberin von Notenausgaben im Bärenreiter Verlag, Kassel, und im Doblinger Verlag, Wien. Im Jahr 2007 erschien ihr Buch Elisabeth Schwarzkopf. Vom Blumenmädchen zur Marschallin. 2009 erschien es auch in revidierter englischer Lizenzausgabe bei Amadeus Press, New York.

Inhaltsangabe:

Einleitung

Die frühen Jahre

Berliner Philharmoniker (1945-1954)

In Furtwänglers Fußstapfen
Erich Hartmann, Kontrabass

Ein junger, drahtiger Kerl
Eberhard Finke, Violoncello

Die mittleren Jahre

Radio Sinfonie-Orchester Stockholm (1962-1971)

Achterbahnfahrten
Sven Åke Landström, Horn

Eine Tragödie
Arve Tellefsen, Violine
Radio Sinfonie-Orchester Stuttgart (1972-1977)

Erleuchtungen
Ahmet Baydur, Violine

Kraftvolle Phase
Patrick Strub, Violine

Im Einklang
Wolfgang Boettcher, Violoncello

Die späten Jahre
Münchner Philharmoniker (1979-1996)

Ich bin Celi – du bist Turbi
Ingolf Turban, Violine

Der denkbar beste Chef
Martin Michael Kofler, Flöte

Faszination der musikalischen Phänomenologie
Han-An Liu, Harfe

In der Gunst des Maestros
Ilona Cudek, Violine

Begegnungen mit dem gelassenen, alten Celi
Martin Spangenberg, Klarinette

Berliner "Versöhnungskonzert" (1992)

Auf einem Herzschlag
Götz Teutsch, Violoncello

Bildnachweise

Dank

Impressum

"Ein sehr differenziertes, fast verwirrend vielschichtiges Charakterporträt." Frederik Hanssen, Der Tagesspiegel, 2022

Aus der EINLEITUNG: Nachdem ich Celibidache für mich entdeckt hatte, wollte ich jedenfalls alles über ihn erfahren. Eine ganze Woche lang verbrachte ich in den Archiven der Münchner Celibidache-Stiftung, um mir sämtliche Dokumentationen über ihn anzuschauen, zudem ergriff ich jede Gelegenheit, Weggefährten nach ihm zu befragen. Eine Reihe von Musikern und ein Neffe des Dirigenten mit fast demselben Namen Sergiu Celebidachi, den ich auf einer meiner vielen Reisen in Bukarest besuchte, zählten dazu. Auch die 2020 verstorbene Geigerin Ida Haendel, eine von Celibidaches bevorzugten Solisten, konnte ich in Berlin 2007 noch bei einem Konzert erleben und persönlich kennenlernen. Der Fokus in unserem Interview lag weiland auf ihrer eigenen Laufbahn, aber immerhin kamen wir, wenn auch leider nur kurz, auf Celibidache zu sprechen. Ihre Zusammenarbeit mit dem Maestro beschrieb die Grande Dame als "perfekt", aber dass Klaus Umbach in seinem Buch suggerierte, Celibidache habe sich in seinen späten Münchner Jahren abschätzig von ihr abgewandt, grämte sie sehr. Serge Celebidachi habe ihr dazu gesagt, der Autor habe sich über seinen Vater etwas zusammen fantasiert, aber gerne hätte sie den langjährigen Freund noch selbst befragt. Dazu kam es nicht mehr.

Vor allem gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Karl-Birger Blomdahl sehr konstruktiv, der 1964 in leitender Funktion zum Schwedischen Rundfunk kommt und nach Landströms Einschätzung einer "der besten Komponisten Schwedens" zu dieser Zeit ist sowie ein "Intellektueller mit einer starken Persönlichkeit". Celi schätzt ihn als einen sehr guten Partner, mit dem er gerne und viel zusammenarbeitet. Doch schon nach wenigen Jahren stirbt Blomdahl 1968 im Alter von nur 51 Jahren. Die traurige Nachricht erreicht den Dirigenten bei den Proben für eine Tour nach Östersund. Celi geht sie so nahe, dass er die Proben an diesem Tag nicht weiter fortsetzt. Gleich am nächsten Morgen gibt er eine Programmänderung bekannt: In Gedenken an Blomdahl wird er dessen dritte Symphonie Facetten dirigieren. Er hat sie schon in der Nacht einstudiert und auswendig gelernt. Eine Gedenkminute nach dem Konzert zählt zu den weiteren Momenten großer Ergriffenheit in den Erinnerungen des Zeitzeugen. Als Hornist kommt Sven-Åke Landström 1967 nach bestandenem Probespiel ins Orchester. Anders als die meisten Kollegen hatte er an keiner Musikhochschule studiert, sondern sein Instrument weitgehend als Autodidakt erlernt. Erste Erfahrungen als Orchestermusiker konnte er in Uppsala sammeln, aber das Schwedische Rundfunkorchester unter Celibidache stellt ihn freilich vor größere Herausforderungen. Zu einer besonderen Feuertaufe kommt es 1968 in Hel-sinki. Wenige Minuten vor Beginn des Konzerts mit Strawinskys Feuervogel fehlt der Kollege des dritten Horns, innerhalb des Orchesters bekannt für höheren Alkohol-Konsum in Stress-Situationen. Kurzerhand wird Landström vom Maestro gebeten, den Part zu übernehmen. Er gibt den Retter in der Not, wenngleich er diesen Part noch nie zuvor gespielt hat. In Windeseile überfliegt er kurz vor Beginn die Noten, um zu schauen, ob ihm längere Pausen die Möglichkeit geben, sich während des Konzerts auf ein paar Stellen noch etwas vorzubereiten. Der "Feuerwehr"-Einsatz geht gut über die Bühne. Am Ende überlässt Celi seinem Einspringer für einige Momente allein dem stürmischen Beifall. Noch heute kommen dem 80-Jährigen Tränen, wenn er sich daran erinnert: »Das war so emotional, damit hätte ich niemals gerechnet.«

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo s/w-Fotos
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Maße 150 x 220 mm
Gewicht 280 g
Themenwelt Literatur
Kunst / Musik / Theater Musik Musiktheorie / Musiklehre
Geisteswissenschaften Sprach- / Literaturwissenschaft Literaturwissenschaft
Schlagworte Berliner Philharmoniker • Dirigent • Interviews • Komponisten • Münchner Philharmoniker • Musiker • Orchester • Radio Sinfonie-Orchester Stockholm • Rumänien
ISBN-10 3-945961-28-9 / 3945961289
ISBN-13 978-3-945961-28-5 / 9783945961285
Zustand Neuware
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