Nackt in die DDR

Mein Urgroßonkel Willi Sitte und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat

**** 5 Bewertungen

(Autor)

Buch | Hardcover
400 Seiten
2023 | 1. Auflage
HarperCollins Hardcover (Verlag)
978-3-365-00310-7 (ISBN)
24,00 inkl. MwSt
Lieber vom Leben gezeichnet als von Sitte gemalt?

Willi Sitte - Künstler, überzeugter Kommunist, Funktionär, Machtmensch. Er gilt als einer der einflussreichsten und umstrittensten Maler der DDR. Aron Boks ist sein Urgroßneffe und hat sich bisher kaum für seinen berühmten Verwandten interessiert. Bis bei einem Familientreffen plötzlich ein Gemälde auftaucht: Die Heilige Familie. Und Aron beginnt, Fragen zu stellen: Wer war Willi Sitte wirklich, was trieb ihn an?

Das Gemälde wird zum Ausgangspunkt seiner biografischen Recherche, die ihn mit Geschehnissen während und nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders mit den Jahren vor und nach der »Wende« konfrontiert. Aron sammelt, fragt nach und fügt Ereignisse zusammen, die Willi Sitte auf seinem Lebensweg prägten. Zu den Zeitzeugen, mit denen er spricht, gehören neben Ingrid Sitte auch Wolf Biermann, Gerhard Wolf und Volker Braun.

Für Aron, der die DDR selbst nicht mehr erlebt hat, zeigt sich der Maler Willi Sitte als Mensch in aller seiner Zerrissenheit. Zwischen Ideologie und Idealismus, Ruhm, Macht, Kunst und Anerkennung. Eine Suche, die uns zu den wichtigsten Fragen der jüngsten Vergangenheit Deutschlands führt.

ARON BOKS wurde 1997 in Wernigerode geboren und lebt als Autor, Slam Poet und Moderator in Berlin, Neukölln. 2019 erhielt er den Klopstock-Förderpreis für Neue Literatur. Seit 2021 schreibt er vor allem für die taz und die taz.FUTURZWEI-Kolumne »Stimme meiner Generation«.

»Es gibt viele Bücher Nachgeborener über die DDR, viele Bücher über die Suche nach diesem untergegangenen Land und der Frage danach, was das mit der eigenen Biografie zu tun hat. Aron Boks gelingt, was Viele nur vortäuschen: Er hat ernsthaftes Interesse. Emphatisch, kritisch, feinfühlig legt er die Ambivalenzen offen, die sich ergeben, wenn man sich mit "der DDR" beschäftigt. Chapeau!« — Lukas Rietzschel, Autor des Bestsellers Raumfahrer

»Dieses Buch ist der Versuch in der Zeit und in einen Kopf zu reisen. Willi Sittes Kopf ist nicht bereisbar und dass Aron Boks versucht auch in das Herz zu reisen und in sein eigenes Herz, macht das Buch für mich zu einem allgemeingültigen Buch über Herzreisen. Alle diese Geschichten zusammen, über die DDR, Willi Sitte und die Kunst, sind großer Stoff, mit dem Aron Boks vorsichtig, klug und ehrlich umgeht.« — Kirsten Fuchs, Autorin des Bestsellers Mädchenmeute

Erscheinungsdatum
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Maße 128 x 209 mm
Themenwelt Literatur
Kunst / Musik / Theater Kunstgeschichte / Kunststile
Schlagworte Bernhard Heisig • Burg Giebichenstein • Christa Wolf • DDR-Geschichte • DDR-Maler • Der geteilte Himmel • Deutsche Geschichte • Deutsche Kunstausstellung • Erich Honecker • Frank Ruddigkeit • Gerhard Wolf • Geschichte der DDR • Gisela Schirmer • Hendrik Bolz • Ingrid Sitte • Kinder von Hoy • Kunsthochschule Halle • lukas rietzschel • Lütten Klein • Matthias Brandt • Ostalgie • ostdeutsche Geschichte • Ostdeutschland • Raumfahrer • Raumpatrouille • Sarah Kirsch • SED • SED-Diktatur • Sittes Welt. Retrospektive in Halle • Staatsmaler der DDR • Steffen Mau • Wende • Wernigerode • Wiedervereinigung • Willi Sitte • Wolf Biermann • Wolfgang Böttcher
ISBN-10 3-365-00310-X / 336500310X
ISBN-13 978-3-365-00310-7 / 9783365003107
Zustand Neuware
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5 Willi Sitte und seine Familie

von , am 24.04.2023

Ich war gespannt auf dieses Buch, einen Ausflug in die ehemalige DDR. Ich habe schon lange kein Buch mehr gelesen, mit so vielen Fußnoten, da diese Anmerkungen meist im Glossar zusammengefasst werden. Aber so hatte man immer sofort einen Blick darauf, ohne lange blättern zu müssen.

Sehr gut gefällt mir, dass es ein Inhaltsverzeichnis, ein Literaturverzeichnis und diverse Anmerkungen gibt. Was mir aber fehlt, waren ein paar Bilder von Sittes Gemälden. Das hätte die Geschichte lebendiger gemacht. Beschreibungen sind gut, aber nichts für das Auge. So musste ich ein paar Mal im Internet nach Bildern suchen, um es mir besser vorstellen zu können, was beschrieben wird. Das Buchcover finde ich viel zu unruhig. Mir hätte es besser gefallen, wenn der Titel kleiner (und nicht so pink) gehalten worden wäre. So wirkt es nicht sehr einladend auf mich.

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen. Die historischen Ereignisse fand ich sehr spannend. Gerade wenn man selbst in der DDR aufgewachsen ist, finde ich es immer sehr interessant, wie andere diese Zeit erlebt haben. Eine gelungene Zeitreise, eine Familienbiografie und das Portrait eines bekannten Malers.

3 Faszinierende Person, gewöhnungsbedürftiger Zugang

von , am 05.03.2023

Eine Biographie über die Persönlichkeit Willi Sitte, von dem ich zugegebenermaßen bisher sehr wenig wusste, und dessen Rolle in der Geschichte der DDR, sowie in der Familiengeschichte, aus der Sicht seines Urgroßneffen entdeckt - ein sehr spannendes Konzept, dass ich direkt äußerst interessant fand.

Von einem zugegebenermaßen recht naiv-ahnungslosen Ausgangspunkt eines Nachwendegeborenen (sage ich als jemand, der gerade einmal 10 Jahre älter ist) lässt sich sehr gut der Weg der Recherche des Autors verfolgen, ruft allerdings auch etwas Verwunderung hervor – spricht die Vereinfachung und Offensichtlichkeit (muss beispielsweise wirklich erklärt werden, wer Hermann Göring war?) einiger der Fußnoten und Anmerkungen vor allem für den Kenntnisstand der angedachten Zielgruppe oder den des Autors? Für Lesende, die nicht sozusagen nackt und völlig ohne Vorwissen in die DDR starten, ist hier einiges redundant; wie es auf Lesende der nachfolgenden Generation wirkt kann ich nicht einschätzen.

Die Selbstreflektion des Autors "…und was die ganze Geschichte mit mir zu tun hat" und sein Blick über den Bubble-Rand sowie die persönlich erzählte Annäherung an das unbekannte Familienmitglied Willi Sitte, inklusive zum Teil doch sehr subjektiver Beschreibungen der Gesprächspartner und besuchten Orte, hätte wahrscheinlich als Podcast, Reportage, Vlog oder in einem ähnlich informellerem Medium sehr gut funktioniert und wäre auch äußerst interessant gewesen, in einem Buch, welches ein ausgewachsenes Sachbuch mit Fußnoten sein möchte, wirkt sie leider etwas fehl am Platz.
Zu Herangehensweise und Sicht des Autors konnte ich nicht leicht Zugang finden; für meine Wahrnehmung hat seine eigene Einschätzung, noch nicht genug zu wissen, um Aussagen zu treffen - "Als wäre man ein Typ, der gerade sein erstes Wochenende in Berlin wohnt und gleich einem Haufen Freunden "seine Stadt zeigen soll", dabei aber doch nur völlig überfordert über den Alexanderplatz irrt und es für eine gute Idee hält, stundenlang vorm Berghain anzustehen, um am Ende natürlich doch nicht reinzukommen." - durch die Lektüre hinweg leider größtenteils gefehlt. Dazu kommen einige unangenehme Anklänge von Mansplaining und Youthsplaining gegenüber den Gesprächspartnerinnen aus der Familie. Vor dem gefühlten Bestreben, "journalistisch harte" Fragen zu stellen, wurde eine Offenheit und Unvoreingenommenheit gegenüber den Antworten vernachlässigt.

Was ich aber wirklich nicht verstehe - für mich der größte Kritikpunkt am Buch - ist wie eine Künstlerbiographie mit dem Fokus darauf, wie sich die Bildsprache und künstlerische Ausdrucksweise im Spiegel von gesellschaftlichen, historischen und politischen Ereignissen und Einflussnahmen entwickelt und verändert hat, gänzlich ohne Abbildungen der besprochenen Werke veröffentlicht wird. Eine Darstellung und Gegenüberstellung der jeweiligen Bilder, die in der DDR-Öffentlichkeit für so viel Aufregung gesorgt haben, hätte die Geschichte Sittes und die vielen zitierten Meinungen doch sehr viel nachvollziehbarer gemacht. Auch ein Lebenslauf und ein Stammbaum der Familie Sitte wäre eine hilfreiche Ergänzung gewesen, um bei den verschiedenen Geschwistern und Generationen sowie einigen Zeitsprüngen und Ortswechseln den Überblick besser zu behalten.

Interessantes, gut recherchiertes Portrait eines faszinierenden Künstlers und Menschen, sowie ein spannender Einblick in die Kunst- und Kulturgeschichte und –politik der DDR, allerdings mit einigen Schwächen in der Umsetzung.

3 Reise in die Vergangenheit

von (Ulm), am 28.02.2023

Ehrlich gesagt habe ich mir zum Teil sehr schwer getan mit dem Buch und hätte nach dem ersten Drittel beinahe aufgegeben.
Ein Familienstammbaum hätte mir wohl geholfen nachzuvollziehen, von wem gerade die Rede ist. Zudem wäre es schön gewesen, wenn zumindest einige der genannten Bilder gezeigt worden wären. Nach der Lektüre bleiben für mich einige Fragen offen. Warum Willi Sitte auf der einen Seite eine solche Politkarriere machen konnte und auf der anderen Seite selber bespitzelt wurde, ist mir nicht klar geworden. Die Passagen in denen der Autor spekuliert fand ich auch überflüssig - Willi Sitte (mögliche) Gedanken in den Kopf zu legen erscheint mir etwas weit hergeholt. An einigen Stellen hatte ich auch den Eindruck, dass die Familienbindung des Autors der Recherche vielleicht auch im Weg stand. Warum beispielsweise die Frau von Willi nur recht wenig zu Wort kommt, habe ich nicht so ganz verstanden - sie stand ihm doch sicherlich am nächsten. Auch seine Kinder werden nur beiläufig erwähnt.

Nichtsdestotrotz wurden interessante Einblicke in die DDR, vor allem im Zusammenhang mit der Kunst gewährt.

5 Ein sehr persönliches "Sachbuch"

von , am 25.02.2023

Mit dem Buch Nackt in die DDR von Aron Boks erlebte ich mal eine ganz andere Art von Buch. Schon das Cover ist eine geniale Kombination. Plakative Banderole oder Sichtschutz? Der pinke Streifen könnte beides sein, dabei scheint das Bild auch noch ein bischen durch. Obwohl ja genau geplant und konstruiert könnte der Streifen auch gerade mal spontan hingeschmiert worden sein.
Von dem Gemälde dahinter sieht mal fast gar nichts. Aber gerade so viel, dass man unbedingt einen Blick auf die Werke von Willi Sitte werfen muss. Hat mir sehr gefallen. Und wie er die Titel seiner Bilder formuliert, das erinnert sehr stark an den Stil des Buchtitels.
Aron Boks, hat ja beruflich mit Schreiben zu tun, auch wenn das glaube ich sein erstes Buch ist. Er taucht ein in die Geschichte seiner Familie und gleichzeitig in die innerdeutsche. Er recherchiert gründlich und dennoch auch nie mit Abstand, sondern als Familienmitglied involviert. Die Rubrik Sachbuch ist deshalb nicht ganz korrekt.
Mit dem Buch erlebt man gleichzeitig, wie sich die Beziehungen in Arons Familie verändern, deutlicher werden. Zugleich kann man verfolgen, wie es vermutlich war in der DDR zu leben. Leser, die dort aufgewachsenen sind erkennen vermutlich vieles wieder, für die anderen ist das Buch eine Aussenansicht. Das passt dennoch gut zusammen, denn der Autor selbst schaut ja von aussen.
Sehr angetan war ich auch von dem Epilog des Buches. Hier klärt sich auch der Titel.

4 Ein Stück DDR Geschichte

von (Chemnitz), am 21.02.2023

Durch das Buchcover und den Titel des Buches "Nackt in die DDR" wurde ich gleich aufmerksam auf dieses Buch, da mich Willi Sitte bereits in der Schulzeit in der DDR im Literaturunterricht begleitet hat. Im Lesebuch befanden sich einige seiner Werke, die ich hier in diesen Sachbuch vermisst habe.
Aron Boks, der Schriftsteller des Buches und Großneffe von Willi Sitte, hat die DDR nicht erlebt, er wurde erst später geboren. Seine Großmutter hat erst später sein Interesse geweckt, als durch Zufall das Bild "Die heilige Familie" wieder entdeckt wurde. Aron Boks beginnt mit Nachforschungen seines berühmten Verwandten und beginnt damit seine Reise in die DDR.
Die Familie übersiedelte aus der Tschechoslowakei in die DDR. Willi Sitte war einer der umstrittensten Maler der DDR. Er war Kommunist und Funktionär. Er lebte von 1921-2013. Mit diesem Buch habe ich die DDR nochmal aus einer anderen Sicht erlebt. Ein durchaus gelungenes Buch. Ich vergebe 4 Sterne.
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