Zwielicht. Verrat. (eBook)

Ein Stockholm-Krimi
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2023 | 1. Auflage
384 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-8274-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwielicht. Verrat. -  Tiina Nevala,  Henrik Karlsson
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Nea war Kunstdozentin in Stockholm, Nadezhda ihre begabteste Studentin. Bis die beiden, unverschuldet in Geldnöten, das Metier wechseln mussten und feststellten: Sie sind begnadete Kunstfälscherinnen. Durch den Verkauf zweier Bilder, die angeblich vom berühmten russischen Maler Ivan Botkin stammen, ist es ihnen fürs Erste gelungen, dem Zorn ihrer Gläubiger zu entgehen und ihre Familien zu schützen. Nun planen sie ihren bisher größten Coup, der sie von Stockholm nach London führen soll. Dabei ist ihnen nicht nur die Polizei gefährlich dicht auf den Fersen: Sie haben sich auch Feinde bis in die Moskauer Unterwelt gemacht. Und die verfolgen jeden Schritt, den sie tun - denn sie müssen die beiden Frauen aufhalten, koste es, was es wolle ... Mitreißend und temporeich erzählen Nevala & Karlsson von Kunstfälschung, Erpressung und dunklen Geheimnissen. Im Mittelpunkt stehen zwei Frauen, die gezwungen sind, sich auf Abwege zu begeben, um in einer Welt voller Abgründe zu bestehen. So spannend, dass man nicht mehr aufhören kann zu lesen! Die Kunstfälscherinnen-Reihe: Band 1: Dämmerung. Falsch. Band 2: Zwielicht. Verrat. Alle Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

TIINA NEVALA und HENRIK KARLSSON arbeiten beide in der schwedischen Verlagsbranche. Bei DuMont erschien bereit s der erste Band der Trilogie um die Kunstfälscherinnen Nea Hallgren und Nadezhda Volkova >Dämmerung. Falsch.< (2022). Die beiden Autoren leben in Gustavsberg in der Nähe von Stockholm.

1

Der Pistolenschuss reißt Nea aus dem Schlaf. Sie spürt, wie der Rückstoß durch ihren Arm zuckt, bis in die Fingerspitzen, hört das Echo zwischen den Betonwänden. Olof Wallner sinkt leblos zu Boden. Er sieht überrascht aus. Blut fließt über den Beton, langsam und dick wie Farbe. Sie tastet nach seinem Puls. Erschrocken schlägt sie die Augen auf.

Immer wieder derselbe Traum. Sie kann sogar noch seine warme Haut an ihren Fingerspitzen fühlen.

Ihr läuft der Schweiß, ihr Herz rast, und der Atem geht schwer. Das Echo des Schusses hallt in ihrem Kopf wider, aber in der Wohnung ist es still. Sie reißt sich die Bettdecke vom Leib und schwingt die Beine aus dem Bett. Ihre Füße berühren das knarrende Parkett. Das Licht, das zwischen den Lücken des Verdunklungsvorhangs ins Zimmer dringt, ist gleißend hell, sie blinzelt, schließt die Augen jedoch nicht. Sie möchte die Bilder nicht noch einmal sehen, die sich hinter den geschlossenen Augenlidern wie ein Film abspulen. Ihr Gehirn braucht ein paar Sekunden, um zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden, zwischen dem blutbefleckten Betonboden des Ateliers und dem kühlen Holzboden unter ihren nackten Füßen. Aber ihr Körper ist langsamer als ihr Gehirn, er verweilt in der Angst, der Panik, der Wut, dem Adrenalin. Sie wird noch die ganzen nächsten Stunden lang das Zittern unterdrücken müssen.

Als sie die Tür zur Toilette knarren und dann ins Schloss fallen hört, steht sie auf und zieht sich die karierte Pyjamahose und ein T-Shirt über. Sie weiß nicht, ob sie eine oder dreißig Minuten auf der Bettkante gesessen hat. Auf jeden Fall hat sich ihr Puls wieder beruhigt. Der Blick, der ihr im Spiegel über der Kommode begegnet, ist gefasst. Das hat sie lange geübt, sie ist selbst überrascht, wie gut sie die Fassade aufrechterhalten kann. Das T-Shirt hat Nea an ihrem letzten Tag an der Kunstakademie von ihrer Kollegin Teija bekommen, es trägt den Aufdruck: Head high and fuck ’em all.

Ella steht in der Küche und starrt auf den zisselnden Wasserkocher. Sie ist bereits angezogen und hat es sogar schon geschafft, ihre neue Foundation mit mittlerer Deckkraft aufzutragen. Ohne das restliche Make-up sieht ihr Gesicht aus wie eine nackte Leinwand. Der Küchentisch ist schon für das Frühstück gedeckt: ein schief abgehobelter Käseblock, eine Tüte Saft, ein halbes Stück Butter und eine Packung dunkles finnisches Roggenbrot, das einzige Brot, das sie alle mögen. Nea legt eine Hand auf die Hüfte ihrer Tochter, als sie sich auf dem Weg zum Küchentisch an ihr vorbeischlängelt.

»Guten Morgen«, sagt sie.

»Mmh«, erwidert Ella nur, im selben Moment beginnt das Wasser zu kochen. Sie gießt es in eine Kanne mit drei Beuteln Earl Grey, stellt sie mitten auf den Tisch und setzt sich Nea gegenüber.

»Hast du gut geschlafen?«

»Mmh.«

Ella faltet die Tageszeitung auseinander. Sie war noch nie für morgendliche Gespräche am Frühstückstisch zu haben.

Nick schlurft barfuß in die Küche, er trägt Jeans und ein weißes T-Shirt, die Haare stehen ihm zu Berge. Er lässt sich neben Nea auf einen Stuhl fallen, greift schweigend nach dem Brot.

Ella sieht nicht einmal auf.

»Guten Morgen«, sagt Nea.

Nick brummelt eine Antwort, dann nimmt er sich die Butter. Extra gesalzen, so wie er es am liebsten mag.

Sie frühstücken schweigend. Nea hat nichts dagegen einzuwenden. Sie sieht ihre Kinder an und schafft es, die Albtraumbilder in ihrem Kopf Stück für Stück zurückzudrängen, die Panik in ihrer Brust zu unterdrücken. Alles, was sie getan hat, war letztendlich für die beiden, sie würde rückblickend nichts anders machen. Die Albträume sind der Preis, den sie dafür zahlen muss.

Ella schaut von der Zeitung auf.

»Was ist?«, fragt sie.

»Nichts.«

»Du starrst mich an.«

»Nein, ich sehe dich ganz einfach an. Hübsch bist du.«

»Hör auf damit. Das ist mega creepy.«

»Ich werde euch vermissen, wenn ihr die Woche bei Papa verbringt«, sagt Nea. »Vor allem eure Morgenmuffeligkeit.«

»Ist ja kein Wunder, dass man schlechte Laune kriegt, wenn man so was hier lesen muss.«

Ella hält ihr die Zeitung hin. Drei begeistert lächelnde Parteichefs nebeneinander. Der blaubraune Außenrand.

»Die schon wieder.«

»Ja. Das ist eine Katastrophe.«

»Klar, aber sie sind nicht an der Macht, und es ist noch ein Jahr bis zur Wahl.«

Nea muss sich eingestehen, dass sie die Sache nicht so sehr bewegt, wie sie es sollte. Nicht so wie Ella, tief und mit echter Verzweiflung. Noch vor einem Jahr hätte sie selbst wahrscheinlich genauso heftig reagiert. Doch bei allem, was in den letzten Monaten passiert ist, nehmen die Dinge, die ihre eigene Existenz nicht direkt gefährden, eine vage Gestalt an. Ohne Schärfe, ohne Konturen, ohne klar erkennbare Formen.

»Scheißnazis«, sagt Nick neben ihr nüchtern und gießt sich ein Glas Orangensaft ein.

»Immerhin damit hast du recht«, sagt Ella, faltet achtlos die Zeitung zusammen und steht auf. Nick starrt sie überrascht an.

»Hä? Womit habe ich denn nicht recht?«

Ella ist offenbar noch nicht zu alt dafür, ihrem jüngeren Bruder die Zunge auszustrecken, ehe sie aus der Küche rauscht.

»Telefonieren wir heute Abend?«, ruft Nea ihr noch nach.

»Ja, ja«, ist Ellas gedämpfte Stimme aus dem Wohnzimmer zu hören, dann fällt die Tür zu ihrem Zimmer ins Schloss.

Nea sieht Nick an, er erwidert ihren Blick.

»Du hättest dir niemals Teenager anschaffen sollen, Mama«, sagt er.

Ein befreiendes Lachen entfährt Nea. Sie wuschelt ihm durchs Haar.

***

Nadezhda ist schon da, als Nea das Atelier betritt. Sie hockt vor einer der Staffeleien vor einer Leinwand, die Arme um die Knie geschlungen.

»Was machst du?«, fragt Nea und schließt die Tür. Sie legt die Sicherheitskette vor, die sie haben anbringen lassen.

Nadezhda steht auf, dehnt sich, dreht ihren Oberkörper erst nach links, dann nach rechts.

»Wie findest du das?«, fragt sie und zeigt auf das Gemälde. Es ist eines ihrer eigenen, keine Fälschung.

»So wie gestern«, erwidert Nea. »Es gefällt mir.«

Nadezhda antwortet nicht und lässt den Blick durch den Raum schweifen. Sie haben den größten Teil des Atelierbodens mit Orientteppichen bedeckt, die sie in Secondhandläden gefunden haben. Der größte, ein persischer Hamadan, liegt über der Stelle, wo der Betonboden mit Olof Wallners Blut befleckt war.

Nea gießt sich eine Tasse Kaffee ein, dann betrachtet sie Nadezhdas Malerei genauer.

»Es ist fertig, würde ich sagen.«

Nadezhda verzieht das Gesicht zu einer Grimasse, geht hinüber und öffnet eines der hohen Fenster.

»Es wird echt heiß hier drin, wenn der da an ist.«

Mit einem Kopfnicken deutet sie auf den Trockenschrank, der in einer Ecke des Ateliers dumpf vor sich hin surrt. Sie haben ihn zu einem Spottpreis auf eBay erstanden.

»Hast du da gerade einen Botkin drin?«, fragt Nea.

»Zwei. Den einen, den du morgen mitnehmen willst, und einen neuen, den ich gestern Abend noch angefangen habe.«

Nea dreht sich zur Leinwand auf der Staffelei um.

»Lass das hier eine Weile ruhen«, sagt sie und trinkt einen ersten Schluck von ihrem Kaffee. »Stell es erst einmal weg und guck in ein paar Wochen, wie du dich damit fühlst. Es hat ja keine Eile.«

»Ja, wir werden sehen.«

Nadezhda nimmt sich eine Cola aus dem Kühlschrank, setzt sich an den runden Tisch aus Kiefernholz, den sie weinrot gestrichen haben, holt ihr Handy aus der Tasche und beginnt zu scrollen. Sie lächelt vor sich hin und beginnt zu tippen.

Nea setzt sich ihr gegenüber.

»Ja, das Leben«, sagt sie, seufzt tief und lässt sich in ihrem Stuhl zurücksinken.

Nadezhda legt das Handy weg.

»Was ist los? Anstrengende Nacht? Hast du schlecht geträumt?«

»Ja. Aber um ehrlich zu sein, fühlt es sich auch ziemlich übel an, in der Wirklichkeit aufzuwachen.«

»In der Wirklichkeit?«

»Diese ganze Sache mit Roger.«

»Verstehe. Aber angesichts der Sache, die sich hier zugetragen hat, haben wir keine andere Wahl. Wenn wir nicht in seine Bedingungen eingewilligt hätten, würden wir jetzt wahrscheinlich in Hinseholm in getrennten Zellen sitzen und Miniaturflickenteppiche weben.«

Nadezhda sieht sich um, als ließe sie die Ereignisse, die sich dort vor ein paar Monaten abgespielt haben, noch einmal vor ihrem geistigen Auge Revue passieren. Sie selbst gefesselt an einem der Rohre an der Wand. Nea und Wallner, wie sie übereinander herfielen. Wallner, der durch die schiere Krümmung eines Zeigefingers innerhalb weniger Sekunden von einem äußerst lebendigen in einen äußerst toten Mann verwandelt wurde. Neas aufeinandergepresste Kiefer, als der Schuss im Atelier widerhallte. Roger, der im nächsten Augenblick hereinstürmte.

»Hinseberg«, berichtigt Nea. »Das weiß ich ja alles. Aber es nervt, dass er uns so auf die Pelle rückt.«

»Hast du ihn dir nicht sogar mal freiwillig auf die Pelle rücken lassen?«

»Haha.«

»Na, ist doch wahr.«

Nea geht zum Waschbecken und gießt sich ein Glas Wasser ein, das sie in einem Zug leert, als wäre Roger Forsén eine schlechte Mahlzeit, deren Geschmack sie sich von der Zunge spülen wollte. Nadezhda beobachtet sie, wie sie dort steht, und versucht, ihr Gesicht hinter dem Glas zu verbergen.

»Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du ihn mit nach Hause genommen hast. Nach der Examensausstellung. Hätte nicht gedacht, dass das dein Typ ist.«

»Jetzt lass doch bitte das Thema!«

Nea stellt das Glas ab und setzt...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2023
Reihe/Serie Die Kunstfälscherinnen
Übersetzer Karoline Hippe
Sprache deutsch
Original-Titel Och skuggan faller
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Autorenduo • Band 2 • Beltracchi • Breaking Bad • Cool • Erpressung • Fälschung • Gemälde • Halbwelt • Illegaler Handel • Ivan Botkin • Komplott • Kriminalring • Krimireihe • Kunst • Kunstdozentin • Kunstfälscher • Kunstfälschung • Kunsthandel • Kunstkrimi • Lebensgefahr • Lupin • Malerei • Mord • Nadezhda Volkova • Nea Hallgren • Rache • rasant • Schmuggel • Schulden • Schweden • skandi crime • Spannung • täuschend echt • Täuschung • Verbrechen • Vernissage • Verrat • Verzweiflung
ISBN-10 3-8321-8274-8 / 3832182748
ISBN-13 978-3-8321-8274-8 / 9783832182748
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