Die Toten Hosen. 100 Seiten (eBook)

Reclam 100 Seiten

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
100 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-961982-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Toten Hosen. 100 Seiten -  Birgit Fuß
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»Es gibt 1000 gute Gründe, sich für Die Toten Hosen zu interessieren: ihre Ohrwürmer, ihre Energie, ihr Engagement. Am beeindruckendsten aber ist, wie sie sich ihre eigene Welt geschaffen haben.«Eine erstaunliche Karriere: Aus den Düsseldorfer Punks, die kaum ihre Instrumente halten konnten, wurde eine der größten Rockbands Deutschlands, die ganze Stadien in Euphorie versetzt. Dass es bei den Toten Hosen immer um mehr als Musik ging, macht sie aus - und oft auch zur Zielscheibe. Doch wie gelang es der Band, ein Imperium aufzubauen und dennoch eine klare Haltung zu bewahren? Birgit Fuß hat Campino und seine Kollegen über die Jahrzehnte zu zahlreichen Gesprächen getroffen. Sie porträtiert die Band und erzählt von Triumphen und Tragödien aus über 40 Jahren.

Birgit Fuß , geb. 1972, führte 1993 für die Hamburger Morgenpost ihr erstes Interview mit den Toten Hosen. Sie ist seit über 20 Jahren Redakteurin beim deutschen Rolling Stone . »Entscheidend ist«, sagt Campino über Birgit Fuß, »du weißt, dass sie über sehr viele Jahre deinen Werdegang verstanden hat.« Zuletzt erschien von ihr bei Reclam »Jim Morrison. 100 Seiten«.

Birgit Fuß , geb. 1972, führte 1993 für die Hamburger Morgenpost ihr erstes Interview mit den Toten Hosen. Sie ist seit über 20 Jahren Redakteurin beim deutschen Rolling Stone . »Entscheidend ist«, sagt Campino über Birgit Fuß, »du weißt, dass sie über sehr viele Jahre deinen Werdegang verstanden hat.« Zuletzt erschien von ihr bei Reclam »Jim Morrison. 100 Seiten«.

»All die ganzen Jahre«:
Eine erstaunliche Karriere


Es ist eine klassische Aufstiegsgeschichte: Aus dilettantischen Punks, die bei ihrer Gründung 1982 kaum ihre Instrumente halten konnten, wurde schnell eine hocheffiziente Band von Perfektionisten, die sich nun manchmal selbst für zu »krampfig« halten. Allerdings gelang es den Toten Hosen mit ihrer Energie und ihrem Ehrgeiz, eine der größten deutschen Rockbands überhaupt zu werden. Dabei ging es alles andere als vielversprechend los. Eigentlich war Punk schon vorbei, als Die Toten Hosen damit anfingen. Im New Yorker Club CBGB’s, wo die Ramones, Johnny Thunders oder The Dead Boys den Sound geprägt hatten, dominierten 1982 bereits New-Wave-Bands das Programm. In Großbritannien hatten sich die Sex Pistols längst aufgelöst, The Clash gelang mit Combat Rock zwar noch ein Meisterwerk, aber die Band zersetzte sich bereits. Bunte, recht harmlose Popmusik schien das neue Ding zu sein. Was von den paar wilden Jahren geblieben war: sehr viele grandiose Singles – und das Gefühl, dass Do It Yourself tatsächlich funktionieren kann. Dass man kein Instrument beherrschen muss, um es einfach trotzdem zu spielen. Den Mythos, dass diese Rebellion aus der Arbeiterklasse kommen muss, konnten die Hosen allerdings nicht bedienen. Die Bandmitglieder wuchsen recht beschaulich auf – Campino, am 22. Juni 1962 in Düsseldorf geboren, in einer Doppelhaushälfte in Mettmann-Metzkausen. Er heißt eigentlich Andreas Frege, aber Andreas nennt ihn seit mehr als 40 Jahren niemand mehr – »nur noch das Finanzamt, die Polizei und meine Familie«, wie er in seinem Buch Hope Street schreibt (2020, mehr dazu im Kapitel »Der Sport«). Seine Mutter war Britin, sie gab ihm die Liebe zu England mit auf den Weg (und sagte über sein Äußeres früher gern den Satz »It’s such a shame!«). Über seinen Vater erzählt er: »Er war zwanzig, als er aus dem Straßengraben in Polen schrieb. Mit zwanzig habe ich Die Toten Hosen gegründet und lag auch in Straßengräben, allerdings freiwillig und betrunken.« Und damit sagt er in zwei schlichten Sätzen eigentlich alles über das Verhältnis vieler aus der Kriegsgeneration zu ihren Kindern. Gegenseitiges Verständnis gab es – zumindest in den Teenagerjahren der Hosen – wenig.

Breiti, am 6. Februar 1964 als Michael Breitkopf in Düsseldorf geboren, und Campino lernten sich in der siebten Klasse kennen, als Letzterer mal wieder eine Ehrenrunde drehte. Und so nahm das Schicksal seinen Lauf: 1976 sah Campino sein erstes Punkkonzert, die Count Bishops im Londoner Rockgarden-Club, sein älterer Bruder John hatte ihn mitgenommen (und es dann wohl ein bisschen bereut, weil der Kleine so uncool einen auf cool machte – aber das besserte sich mit den Jahren ja schnell). Campino wusste: So etwas möchte er auch machen. Aber wie fängt man das an? Nach der Schule im Ratinger Hof rumhängen war schon mal keine schlechte Idee. Die heute legendäre Kneipe war nur ein paar hundert Meter von der Kunstakademie entfernt und vor allem in den Jahren 1974 bis 1979, als Carmen Knoebel den Laden führte, ein herrlicher Treffpunkt für Künstler:innen, Musiker:innen und Querulanten aller Art. Anfangs mischten sich dort noch Psychedelic-Typen, Rocker, Mods und Punks, bis sich letztere schließlich weitgehend durchsetzten. Bands wie Wire, Dexys Midnight Runners und Pere Ubu traten im Hof auf, auch Fehlfarben und Mittagspause.

Im November 1978 gründete Campino die Band ZK (eigentlich Zentralkomitee Stadtmitte, der Name war aber zu umständlich), mit Ralf Isbert am Bass und Claus »Fabsi« Fabian am Schlagzeug, die Gitarristen wurden anfangs wild gewechselt, wie sie auch ihren Punkrock fröhlich mit Rock-’n’-Roll- und Schlager-Versatzstücken aufmischten. So wurde Campino also offiziell Sänger, er war 16 Jahre alt. Damals nannte er sich – zumindest beim ersten Interview, das er gab – noch Billy Alibi (wohl zu viel Billy Idol gehört). Den bleibenden Spitznamen bekam Campino erst 1979, eine Schlacht mit den gleichnamigen Bonbons war schuld. Geprobt wurde mit ZK zweimal die Woche. Das erste Mikrofon bekam er von John geschenkt, die erste Kritik an seinen Live-Auftritten auch – so unverblümt, wie das nur unter Brüdern geht: »Du musst versuchen, die Leute zu faszinieren, sie nicht zu langweilen. Alle, die professionell sind, überlegen, was sie da veranstalten und wie sie dafür angezogen sind. Nur du Idiot überlässt das dem Zufall. Das Publikum will unterhalten werden!« (aus Bis zum bitteren Ende, der erstaunlich offenherzigen Bandbiographie von 1996 – eine frühe Zwischenbilanz, die sie zusammen mit dem Journalisten Bertram Job herausbrachten und in der alle Hosen ausführlich zu Wort kommen). Aus unerfindlichen Gründen (oder purer Bockigkeit) beschlossen ZK, dass sie sich nach ihrem Debütalbum (Eddie’s Salon) gleich wieder auflösen wollten, und gingen im Herbst 1981 auf Abschiedstournee. Daraus entwickelte sich – ohne dass es den Beteiligten damals klar war – schon der Tote-Hosen-Nukleus. Trini Trimpop, am 10. Juni 1951 als Klaus-Peter Trimpop in Kierspe geboren, sollte das Ganze per Videokamera dokumentieren, war aber auch eine Art Organisationsgenie. Andi Meurer, am 24. Juni 1962 in Essen geboren, war als Roadie dabei.

Zu der Zeit lebten fast alle im Düsseldorfer Stadtteil Flingern, Campino zusammen mit dem damaligen Gitarristen Walter November (eigentlich Walter Hartung) in einem Gartenhaus. Wobei »Gitarrist« hier ein dehnbarer Begriff ist, denn das Instrument beherrschte der Typ nicht, dafür sah er super aus. Also musste ein echter Gitarrist her – und mit ihrem üblichen Dusel fanden sie einen, den die Hosen noch heute scherzhaft »den Musiker« nennen, weil er von allen das größte Talent besitzt. Kuddel, am 11. Juni 1964 als Andreas von Holst in Münster geboren, kam mit gerade mal 15 Jahren zu ZK – unter der Bedingung, dass er sich mit dem neuen Spitznamen abfinden, trinkfest sein und den rauen Ton innerhalb der Band ertragen musste – und dass keiner nur annähernd so gut spielen konnte wie er.

Und der Sänger? Einer der Sätze, die Campino damals bei unserem ersten Interview im Mai 1993 sagte, war: »Ich stehe ja nicht vorm Mikro, weil ich am besten singen kann, sondern weil ich die größte Klappe habe.« Das fiel wahrscheinlich auch schon den vier anderen jungen Männern auf, mit denen er sich im Januar 1982 in einer Mietswohnung in der Kölner Straße traf, um erstmals zu proben. Man will sich lieber nicht zu genau vorstellen, wie sie klangen. Andi besaß damals einen Bass, der nur drei Saiten hatte, aber weil ihm auch das zu kompliziert war, schraubte er eine davon vorsichtshalber ab. Als die Polizei auftauchte, beendeten sie den Spaß frühzeitig, doch der Schaden war angerichtet: Die Toten Hosen waren geboren – oder jedenfalls die erste Version: Andi, Campino, Kuddel, Trini, Walter. Sie fanden dann auch bald einen Proberaum in der Fichtenstraße – natürlich ein feuchter Keller, so will es die Legende.

Die Band stand also – doch wer weiß, was aus den Hosen ohne ihren Manager Jochen Hülder geworden wäre? Möglicherweise nicht viel. Es war Hülder, der Andi und Campino 1981 im Ratinger Hof sah und wahrscheinlich ein bisschen Mitleid hatte mit den planlosen Kids, so dass er ihnen Geld dafür gab, dass sie Plakate für die Tourneen klebten, die er damals organisierte. Ihn einen Konzertveranstalter zu nennen, wäre allerdings zu kurz gegriffen. Hülder, Jahrgang 1957 und also einige Jahre älter als die Bandmitglieder, hatte immer riesengroße Pläne, er investierte in verschiedenste Projekte, ließ sich nie festlegen. Als er 2015 starb, schrieben Die Toten Hosen: »Er war ein Visionär – seine Ideen, sein Durchsetzungsvermögen und seine Großzügigkeit werden uns fehlen ... Er ist für uns alle unersetzlich.« Hülder organisierte die Abschiedstour von ZK, danach war er bei den Hosen für die Gagen zuständig, fürs Organisieren und oft genug einfach dafür, Ärger so gut wie möglich fernzuhalten. Es wird behauptet, dass er vom Talent der Toten Hosen gar nicht so überzeugt war, von ihrem Willen und ihrer Energie dagegen schon.

Ganz sicher kann man sagen, dass Die Toten Hosen kein Übernachterfolg waren. Als sie am 10. April 1982 ihr erstes Konzert im Bremer Schlachthof gaben (ebenjenes, bei dem sie als »Die Toten Hasen« angekündigt wurden), waren sie nicht nur pleite, sondern hatten auch wenig Aussichten, dass sich das demnächst ändern könnte. Immer wieder betonte Campino im Laufe der Jahre, dass er es sich verbietet, »über die Zeit damals zu jubeln und zu sagen, das sei das Größte gewesen«. Er schaut ohnehin lieber nach vorne, vor allem aber weiß er: »Irgendwie sind wir eben übrig geblieben. Wobei man nicht vergessen sollte, dass es, als wir 1982 angefangen haben, dermaßen unhip war, noch in einer Punkband zu sein. Da haben alle über uns gelacht. Alle waren schon eine Stufe weiter – und wir die Deppen.« Heute schwer vorstellbar, und doch war es so:

»Für mich hieß das Wort ›Gruppenkasse‹ damals, dass ich da was einzahlen muss, damit der Proberaum gemietet werden kann. Dass man da auch mal was rauskriegen kann, habe ich erst so um 1986 herum erfahren. Ich hatte seit Ende 1978 in irgendwelchen Proberäumen rumgestanden – also fast ein Jahrzehnt, bis der Wendepunkt mit der Horrorschau kam. Da dachten wir: Okay, jetzt können wir davon leben. Wir wurden ernst genommen...

Erscheint lt. Verlag 18.3.2022
Reihe/Serie Reclam 100 Seiten
Reclam 100 Seiten
Zusatzinfo 25 s/w-Abbildungen und 1 Illustration
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Musik Pop / Rock
Schlagworte Die Roten Rosen Band • Die Toten Hosen Band • Die Toten Hosen Bandbiographie • Die Toten Hosen Bandgeschichte • Die Toten Hosen Bandgründung • Die Toten Hosen Biographie • Die Toten Hosen Einführung • Die Toten Hosen Exklusivinterview • Die Toten Hosen Gründung • Die Toten Hosen Interview exklusiv • Die Toten Hosen Kompaktwissen • Die Toten Hosen Ursprung • Was weiß man über Die Toten Hosen • Wer sind Die Toten Hosen • Woher kommen Die Toten Hosen
ISBN-10 3-15-961982-6 / 3159619826
ISBN-13 978-3-15-961982-8 / 9783159619828
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