Roman Scheidl – Ateliers 1982 bis 1997 -

Roman Scheidl – Ateliers 1982 bis 1997

… gesehen und fotografiert von Johann Klinger

Roman Scheidl (Künstler)

Johann Klinger (Fotograf)

Buch | Softcover
168 Seiten
2021 | 1. Aufl.
Bibliothek der Provinz (Verlag)
978-3-99126-053-0 (ISBN)
28,00 inkl. MwSt
Zeit in Bildern

Die Fotografien Johann Klingers fügen sich zur zeitgeschichtlichen und kunsthistorischen Chronik und erzählen Geschichten über Person und Werk des Malers und Zeichners Roman Scheidl.
Kunst als elementares Ereignis. Fotos, die Johann Klinger 1987 von Roman Scheidl in dessen Atelier Sonnenhof gemacht hat, erzeugen diesen Eindruck. Man sieht den Maler inmitten seiner Bilder, und aus den Bildern stürzen gemalte Naturgewalten förmlich auf den für diese Bild gewordenen Naturgewalten verantwortlichen Künstler ein.
Kunst als meditative Übung. 1983 sieht man Scheidl auf Klingers Aufnahmen im Kreis kleinformatiger Arbeiten bei der Auswahl für eine Ausstellung in der Wiener Albertina. In seinem Atelier in der Boltzmanngasse sichtet der Künstler Pinselzeichnungen, Resultate einer fast rituellen Erprobung eines grafischen Repertoires. Dieser Methode der Verarbeitung von Motiven ist Scheidl über die Jahrzehnte hinweg treu geblieben.
Kunst als harte Arbeit ist Inhalt anderer Fotografien. Kunst als oftmals auch den ganzen Körper fordernder Kraftakt im Umgang mit dem Material. Knochenarbeit, wenn man so will.
Kunst als Spaß. Als Zentrum der Begegnung, des sozialen Lebens. Kunst als Feier, die sich einer breiten Palette von Ausdrucksmitteln - von der Zeichnung bis zum Tanz - bedient. Johann Klingers Bilder halten auch das Fest fest und fügen sich in ihrer Summe zu einem vielschichtigen Porträt des Künstlers Roman Scheidl, zu einem Porträt auch von Scheidls Kunst.
Bilddokumente aus den Ateliers von Künstlerinnen und Künstlern können viel zum Verständnis von deren An- und Absichten beitragen, als eine andere Art Rahmen, in dem Person und das von dieser Person Geschaffene zu einem neuen Ganzen verschmelzen. Puristen der Kunst-Wahrnehmung mögen das als unlautere Beeinflussung ablehnen, als Verführung weg vom Wesentlichen eines Kunstwerks, das ihrer Meinung nach für sich sprechen sollte. Sollte es auch. Aber, unter uns: Ich kenne niemanden, der auf die Person hinter der Kunst (sofern diese das Interesse geweckt hat) nicht neugierig ist.
Viele große Fotografen richteten die Objektive ganz subjektiv auf Künstler (seltener auf Künstlerinnen). Brassaïs frühe Picasso-Fotografien sind Ikonen, ebenso Henri Cartier-Bressons Giacometti-Bilder und Philippe Halsmans Inszenierungen mit Salvador Dalí. In Österreich haben diesbezüglich Elfriede Mejchar und Christian Skrein große Verdienste. Sie fotografierten viele Künstler bei der Arbeit und schufen wertvolle Zeitdokumente.
Johann Klingers Fotografien sind die kongeniale Ergänzung zu Roman Scheidls Aufzeichnungen in Wort und Bild.
Überwiegend stehen diese Bilder in der klassischen Tradition der Dokumentarfotografie, aber natürlich finden sich auch solche, die man gemeinhin als "gestellt" bezeichnet. In denen sich der Abgebildete der Präsenz des Abbildenden bewusst ist, sich dem Objektiv als Subjekt präsentiert. Ein Bild, auf dem Scheidl einen Rinderschädel vor sein Gesicht hält, ist klare Inszenierung. Und als solche Teil einer komplexen Realität, in der die Grenzen zwischen vermeintlich einfach "passierender" wirklicher Wirklichkeit und deren bewusster Herstellung ohnedies nicht scharf gezogen werden können. Die Möglichkeit, Realität zu reproduzieren (mit welcher Technik immer), führt zwangsläufig zur Auflösung dieser Grenzen. Mit den medialen Möglichkeiten des Hier und Jetzt sind diesbezüglich gänzlich neue Wirklichkeiten entstanden.

(Walter Titz)

Roman Scheidl: geboren am 29. Juni 1949; –1955 Kindheit in Leopoldsdorf, Niederösterreich; 1955–1963 Schulen in München, Berlin und Amsterdam; 1963 Rückkehr nach Wien, Gymnasium, Gründung einer Rhythmen-Blues-Band; 1969 Grafikstudium an der Akademie der bildenden Künste Wien; 1971 Stockholm, 1974 Grafikdiplom; 1975 Studienaufenthalte in New York, Paris, Stockholm, Zürich; 1976 „Hauseinsturz“-Einzelausstellung in der Albertina, Wien; 1979 Schweiz-Aufenthalte, Atelier in Zürich; 1980 Tanztheater, Mitbegründer des Nisoli-Tanzensembles; 1981 Junge Wilde in Wien; 1983 Begegnung mit Harald Szeemann und Josef Beuys, Zürich; 1983 zweite Einzelausstellung mit Tuschepinselzeichnungen in der Albertina, Wien; 1985 Ausstellungen in New York und Paris; erste Texte für den PARNASS; Jahre der Ausstellungsreisen und Tanztheater-Produktionen in ganz Europa; 1989–1995 lebt in Winterthur und Paris; Entwicklung der Live-Lichtzeichnung für die Bühne; 1990 zusammen mit der Schweizer Tänzerin und Choreografin Bettina Nisoli Gründung des TAMAMU-Ensembles sowie des Vereins TAMAMU (Tanz-Malerei-Musik) für multimediale Bühnenkunst im Studio Sonnenhof, Wien; 1990 Beginn der Zusammenarbeit mit Felix Vogler, TERRA Keramik, Winterthur; 1996 Tod der Lebensgefährtin Bettina Nisoli in Wien. Rückkehr nach Wien; Gründung des Atelier Sonnenhof, Wien; März 1997 Brand im Atelier in Wien, Verlust von zahlreichen Werken und Aufzeichnungen; zusammen mit der Malerin und Biologin Katharina Puschnig Gründung eines neuen Performance-Theaters mit Live-Lichtzeichnung; gemeinsam mit Katharina Puschnig viele Reisen und Tourneen, sowie an die hundert Performances; 1999 BUCHZEIT mit Turi Werkner im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien mit über 300 Arbeits- und Tagebüchern; 1999 Ausstellung in der Börse von Hong Kong; 2001 Reisen nach Marrakesch, Abu Dhabi und Dubai; 2003 Gründung von TAMAMU-Café zusammen mit Katharina Puschnig; 2003 und 2005 zwei große Japanreisen mit Ausstellungen und Performance-Theater, sowie gemeinsame Arbeitsaufenthalte in Paris, London, Rom, Stockholm, Madrid, Berlin und immer wieder in der Schweiz. 2005–2014 mit Katharina Puschnig und Gerald Frey allmonatlich Zeichenfilme für ORF BR-alpha; 2007 TAMAMU-Café Volume:II, Performance-Theater im RadioKulturhaus Wien; 2008 „Die Malerfalle“; 2009 Mitbegründung der Künstlergemeinschaft „Die Leporisten“; 2010 Mitbegründung der Künstlergemeinschaft „Die Celle“; bis heute Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, Filme, Performances mit Live-Lichtzeichnung, Keramik, Tagebücher und Reiseaufzeichnungen. Roman Scheidl lebt in Wien.

Johann Klinger: österr. Fotograf, 1938–2002 Johann Klingers künstlerische Laufbahn begann in den 1960er-Jahren als Fotograf für Tageszeitungen. Er fotografierte für die Zeitungen „Stern“ und „Hör Zu“ Politikerportraits. In der Tageszeitung „Die Presse“ erschienen Fotoreportagen über stille vergessene Schauplätze wie Papiermühlen oder Lebensmittelläden, die von Klinger mit Sensibiblität und sozialkritischem Auge durchleuchtet wurden. Ab den 1960er-Jahren verlagerte sich Klingers Schwerpunkt auf die österreichische Kunstszene. So entstanden etwa Portraits von Herbert Boeckl und Fritz Wotruba, der Gruppe Wirklichkeiten, ebenso von Vertreterinnen des Österreichischen Informel wie Arnulf Rainer, Maria Lassnig, Markus Prachensky oder Hans Stauadacher, wie auch von Neuen Wilden. Sein seit über 30 Jahren angewachsenes Archiv umfasst etwa 200 Künstlerportraits, wobei großes Augenmerk auf die stillen und kamerascheuen Protagonisten der österreichischen Kulturlandschaft gelegt wurde. Der Charakter von Johann Klingers Fotografien liegt in der sachlichen, prägnanten, jedoch subtilen Wiedergabe, wodurch der Blick ohne jegliche ästhetische Verfälschung auf das Wesentliche ausgerichtet ist. (Peter Baum im Katalog: Lentos, Kunstmuseum Linz, Lichtspuren. Fotografie aus der Sammlung 18.4.–8.12.2008)

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie artedition · Verlag Bibliothek der Provinz
Co-Autor Walter Titz
Mitarbeit Mitglied der Redaktion: Katharina Puschnig
Zusatzinfo zahlr. Abb.: duotone
Verlagsort Weitra
Sprache deutsch
Maße 210 x 270 mm
Gewicht 850 g
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Fotokunst
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte Atelier • Bildband • Fotografie • Klinger, Johann, 1938-2002 • Klinger, Johann, 1938–2002 • Malerei • Scheidl, Roman, 1949- • Scheidl, Roman, 1949–
ISBN-10 3-99126-053-0 / 3991260530
ISBN-13 978-3-99126-053-0 / 9783991260530
Zustand Neuware
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