Egal was andere sagen (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
208 Seiten
Edel Books - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
978-3-8419-0718-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Egal was andere sagen -  Eloy de Jong
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Erinnern Sie sich noch an Caught in the Act? Die holländische Boygroup stand in den 90er-Jahren ganz oben in der Gunst der Fans. Diese waren fast ausnahmslos Mädchen - undenkbar, dass einer ihrer Idole schwul war. Bis eines Tages 'CITA'-Mitglied Eloy de Jong und Boyzone-Sänger Stephen Gately sich öffentlich zu ihrer Liebe bekannten, ein Tabubruch in der strengen Pop-Branche. Heute ist Eloy de Jong einer der erfolgreichsten Sänger in Deutschland, der Millionen von Fans auf seinen Konzerten und Fernsehshows begeistert. Seinen großen Durchbruch schaffte er mit dem Song 'Egal was andere sagen', einer Coverversion des Boyzone-Welthits 'No Matter What', mit dem er an den inzwischen verstorbenen Gately erinnerte. In seiner Autobiografie erzählt Eloy de Jong seine sehr bewegende Lebensgeschichte, spricht zum ersten Mal ausführlich über eine schwierige Kindheit, bestimmt von Gewalt und Alkoholismus in der Familie, das Leben als heimlich homosexueller Popstar, sein Coming-Out und den schwierigen, aber erfolgreichen Weg in ein glückliches, freies Leben als schwuler Familienvater.

Eloy de Jong, geboren 1973 in Den Haag ist ein niederländischer Popsänger. Seine Karriere startete er in den 1990ern mit der gecasteten Boygroup Caught in the Act, die sich 1998 auflösten. 1999 machte er Schlagzeilen als er sich zusammen mit seinem Freund Stephen Gately als homosexuell outete - als erste Mitglieder von Boybands überhaupt.

Eloy de Jong, geboren 1973 in Den Haag ist ein niederländischer Popsänger. Seine Karriere startete er in den 1990ern mit der gecasteten Boygroup Caught in the Act, die sich 1998 auflösten. 1999 machte er Schlagzeilen als er sich zusammen mit seinem Freund Stephen Gately als homosexuell outete – als erste Mitglieder von Boybands überhaupt. Roland Rödermund ist freier Journalist in Hamburg. Nach einer Laufbahn als Kinoredakteur, Chefreporter und Ressortleiter bei People-Magazinen ist er seit 2017 selbstständiger Autor, schreibt für große deutsche Magazine Reportagen über aktuelle Gesellschaftsthemen, Portraits oder Reisegeschichten und hat einen Outdoor- und Naturblog.

KAPITEL 1


KEIN BISSCHEN FRIEDEN


Ba-dumm, ba-dumm, ba-dumm! Mein Herz hämmert so stark, dass ich es bis in die Schläfen spüre. Die Menschenmassen draußen rufen im Chor immer wieder meinen Namen. Ich stehe auf, verlasse die Garderobe und gehe Richtung Bühne. Es fühlt sich an, als ob ich schwebe, ich kann mir selbst dabei zusehen, wie ich durch die Gänge schreite. Dort steht eine Gruppe von Fans, die mir zurufen, sie werden von Sicherheitsleuten im Zaum gehalten, aber ich halte an, gebe ihnen High Fives, Umarmungen und Autogramme. Dann gehe ich weiter, vorbei an dem Leuchtschild, auf dem „Stage“ steht, umrahmt von zahllosen Lämpchen. Alles leuchtet. Ich fahre mir durchs Haar, schaue noch einmal an mir herunter, Lederjacke und Jeans sitzen. Und dann bin ich endlich da. Auf der Bühne! Hier bin ich richtig, hier werde ich erwartet. Tausend Arme, in den Himmel gerissen. Die Luft ist voller Jubelschreie. Ich strahle. Enthusiastisch klatsche ich mich mit dem Publikum ein. Dann greife ich fest das Mikrofon in meiner Hand, führe es zu meinem Mund … und höre ein dumpfes Poltern. Ist etwas mit der Bühne? Ist das Mikrofon falsch eingestellt? Es wird lauter und lauter, es zieht mich von der Bühne …

… und heraus aus meinem Traum. Ich wachte auf. Das Poltern gehörte zu meinem Vater, der die Treppe hochwankte. Und ich war schlagartig wieder der Neunjährige, der in seinem Kinderzimmerbett in dem großen, aber durchschnittlichen Einfamilienhaus in Zoetermeer in Südholland, meiner Heimatstadt, lag. Das mit der Bühne war mein großer Traum, ich träumte nachts sehr oft davon.

Wir wohnten eine knappe Stunde vom Küstenstädtchen Schevenigen entfernt, weshalb immer viele deutsche Touristen hierherkamen. Ich selbst war kein großer Fan davon, am Strand zu liegen, in der Sonne zu braten und überall Sand zu haben – in den Klamotten, in den Schuhen, in der Badehose. Und dass alles vor Sonnencreme nur so klebte. Das ist eigentlich auch bis heute so. Ich mache lieber im Winter Urlaub am Meer, wenn es draußen so richtig schön stürmisch ist und man sich dick eingemummelt hat. Im Sommer kann man doch auch entspannt am Pool liegen, oder? „Aber alle Kinder spielen gern im Sand!“, sagte meine Mutter amüsiert und kopfschüttelnd über meine Strandabneigung und zeigte auf Lucienne, kurz Lu, meine vier Jahre ältere Schwester, die es im Gegensatz zu mir liebte, im Meer zu schwimmen und dann mit ihrem Walkman und ihren Pferde-Comics stundenlang auf dem Strandtuch in der Sonne zu brutzeln. Aber ich war halt nicht wie andere Kinder.

ZWISCHEN RAMBO UND MADONNA


Mir reichte mein „Beach-Zimmer“. Als ich so elf oder zwölf war, wollte ich unbedingt, dass mein Zimmer aussieht wie eine Ferieninsel, am liebsten mit einer Strandhütte und echtem Sand. Ich bekam immerhin einen gelbbraunen Teppich, eine gelb gestrichene Decke und eine Zimmerpalme. Leider blieb der gewünschte Gute-Laune-Effekt aus, denn ich hatte gleichzeitig so schwere, dunkle Antikmöbel, die dem karibischen Kinderzimmerferientraum etwas im Weg standen. Mein Vater hatte ein Faible dafür, ohne sich je gefragt zu haben, ob Sideboard und Bett aus dunklem Nussholz von anno dazumal wirklich das passende Mobiliar für ein Kinderzimmer waren.

Ich hatte irgendwann ein Rambo-Poster von ihm bekommen, außerdem ganz viele Tonka-Spielzeugautos: Trucks, Jeeps, Bulldozer, LKW. Echte Jungssachen halt. Ich spielte nie damit. Und das Poster des Actionhelden überklebte ich später mit dem Bild eines wasserstoffblonden Showgirls mit knallroten Lippen: Madonna! Sie war mein Vorbild, nicht Sylvester Stallone, der ein Maschinengewehr und für meinen Geschmack viel zu viele Muskeln trug.

Unser Haus sah aus, als sollte es auf keinen Fall auffallen: Es war aus sandfarbenem Backstein, hatte ein Flachdach und einen Garten. Es war ein für diese Gegend typisches Drive-in-Heim: Im Erdgeschoss war die Garage, darüber im ersten Stock das Wohnzimmer und die Küche, und darüber dann die Schlafzimmer. Das Haus stand in einer Reihe mit anderen Häusern im Wohngebiet von Zoetermeer, eine öde Konkurrenz in Sachen Unauffälligkeit. Unser Garten mit Blumen in allen Farben war dafür umso mehr der Stolz meiner Mutter Petronella beziehungsweise Nel, wie sie alle nennen.

Tag für Tag fiel mir hier die Decke auf den Kopf. Nach dem Aufwachen aus meinem Popstar-Traum, den ich oft so oder so ähnlich hatte, wurde mir auf schmerzliche Weise klar, dass um mich herum gar nichts so glänzte und leuchtete wie die Scheinwerfer und das Rampenlicht.

Versteh mich nicht falsch: Von außen betrachtet hatten Lu und ich alles. Ich durfte einen eigenen Fernseher mit Videorekorder auf dem Zimmer haben, hatte alle möglichen Spielsachen und Bücher, ich bekam sogar mit acht Jahren ein eigenes Pony, Snoopy, mit einer Kutsche und später ein Pferd. Mehr als das: Lu und ich bekamen gleich einen ganzen Stall voll! „Ihr wollt ein Pferd?“, sagte mein Vater zu meiner Schwester und mir, als wir von nichts anderem mehr redeten. „Bitte sehr!“ Er kaufte erst eins, dann noch eins, bis es fünf waren. Eine ganze Herde, nur für uns. Weil er es konnte. Warum, werde ich gleich noch erklären. Ich erinnere mich, dass ich Snoopy einmal mitsamt Kutsche bei uns zu Hause im Garten geparkt hatte, weil er mit seinen kleinen, kurzen Beinen den Rückweg nicht gepackt hätte, der Stall war einfach zu weit entfernt. Morgens hatte er dann sämtliche der heiß geliebten und akribisch gepflegten Blumen meiner Mutter weggefuttert. Ich glaube, das war das erste und einzige Mal, dass meine Mutter mich angefahren hat … Ansonsten war sie für mich wie ein Engel.

Insgesamt sehe ich meine Kindheit trotz mancher schönen Erinnerung rückblickend eher in einem matten, tristen Grau – sie läuft vor meinem inneren Auge wie ein Schwarz-Weiß-Film ab. Es klingt abstrakt für mich, wenn Freunde mir manchmal erzählen, sie wüssten noch, wie sie mit zwei Jahren im ersten Urlaub waren oder mit vier Bambi im Kino gesehen haben. Meine Kindheitserinnerungen setzen viel später ein … „Kannst du dich denn wirklich an gar nichts Schönes erinnern?“, hat mich meine Mutter oft gefragt. Klar, es gibt kleine Splitter oder Fragmente, zum Beispiel wie ich mit Lu spiele oder wir bei den Pferden sind. Aber so lange ich auch überlege, ich muss ihre Frage verneinen – und das lag nicht nur, aber hauptsächlich an meinem Vater …

WEIT WEG VOM REGENBOGEN


Ich kann mich an keinen Abend in meiner Familie erinnern, an dem mein Vater nicht trank. Nein, ich möchte es so sagen, wie es war: an dem mein Vater nicht sturzbesoffen war. Er trank meistens Genever, so einen abartigen 35%igen Wacholderschnaps aus Belgien. Schon wenn ich mir heute nur vorstelle, wie das Zeug roch, wie er roch, wird mir übel. Ohne anzuklopfen, kam er oft abends in mein Zimmer, wenn ich noch Comichefte durchblätterte, um wortlos das Licht auszuschalten oder mich anzufahren. Es gab auch Abende, wo er unten den Stecker zog, sodass ich plötzlich nur noch Schnee auf meinem Fernseher sah. Er war willkürlich und unberechenbar mit uns Kindern.

Sein Vorname, Prospèr, passte ziemlich gut: Er bedeutet so viel wie „glücklich“ und „erwünscht“, aber auch „gedeihen“ und „Erfolg haben“ – und erfolgreich war mein Vater: Er arbeitete tagsüber selbstständig als „Businessman“, wie er es nannte, und hatte ein Händchen für Geldgeschäfte, die ihn schon immer über die Maßen interessiert hatten. Einmal kaufte er zum Beispiel 30 000 alte Telefone aus einem Bestand auf und verscherbelte sie anschließend wieder. Er machte dabei einen riesengroßen Gewinn, auf den er mehr als stolz war. Er sah auch stattlich und attraktiv aus, meiner Mutter gegenüber konnte er früher sogar ein Charmeur sein, wie sie uns erzählte. Innerlich war er aber ziemlich verbittert – und er kleidete sich wie jemand, der kaum Geld hat, obwohl er so viel verdiente. Er wollte das so, das war seine Art von Understatement. Alles, was auch nur den Hauch von Mondänität mit sich brachte, lehnte er strikt ab. Sich selbst gönnte er so gut wie nichts.

Er verachtete Banken und glaubte nicht an sie, deshalb trug er immer ein dickes Bündel mit Geldscheinen in der Hosentasche spazieren, um uns und allen anderen in jeder Situation demonstrieren zu können, wie wohlhabend er war. Jedes halbe Jahr hatten wir ein neues Auto vor der Haustür. „Wenn das hier dreckig ist, dann kaufen wir uns ein neues“, sagte er jedes Mal überstolz, nachdem er schon wieder ein neues erworben hatte. Und das war gar nicht mal so übertrieben …

Er spielte manchmal eine Art Geldbingo mit uns, das waren so seine kleinen, schrägen Spielchen. Bei einem sollten wir uns zwischen zwei Geldscheinen entscheiden – sowohl die Fünf- als auch die Tausend-Gulden-Note waren früher beide grün und daher zusammengefaltet nicht zu unterscheiden. „Welche willst du, welche willst du?!“, fragte er dann ungeduldig. „Du musst dir eine aussuchen!“ Ich konnte damit nichts anfangen, zu gewinnen gab es für uns bei dem Spiel nichts, aber es ging ihm offenbar darum, uns einen ebenso großen Sinn fürs Geschäftliche anzuerziehen, wie er selbst ihn hatte.

Er hatte wirklich ein ambivalentes Verhältnis zu Geld: Einerseits häufte er Besitztümer an, gleichzeitig machte er anderen vor, dass er ein armer Schlucker war. Er hortete auch Unmengen an Konservenbüchsen, als hätte jede Sekunde der Dritte Weltkrieg losbrechen können. Auch wenn er selbst nicht gekämpft hatte, hatte er den Zweiten Weltkrieg doch miterlebt und wusste, was Armut bedeutet. Er war der typische Mann aus dieser Vätergeneration, der nicht nur nicht über seine Gefühle sprach, sondern sie unterdrückte, weil...

Erscheint lt. Verlag 4.9.2020
Co-Autor Roland Rödermund
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Kunst / Musik / Theater
Schlagworte Autobiografie • Auto-Biografie • Auto-Biographie • Band • Bastiaan Ragas • Benjamin Boyce • Biografie • Biographie • Boygroup • Carmen Nebel • Caught in the Act • Florian Silbereisen • Gonna Make You Mine • Homosexualität • Kopf aus Herz an • Lee Baxter • Marianne Rosenberg • Newcomer des Jahres • Niederlande • niederländischer Sänger • Promi Big Brother • Sänger • Schlager • Schlager deutsch • Senkrechtstarter des Jahres • Umgang mit Tod • volle kanne • ZDF Fernsehgarten
ISBN-10 3-8419-0718-0 / 3841907180
ISBN-13 978-3-8419-0718-9 / 9783841907189
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