Yoga (eBook)

Geschichte, Philosophie, Praxis
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
128 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-75605-4 (ISBN)

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Yoga - Vanamali Gunturu
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Die philosophische Lehre des Yoga betrifft den Geist ebenso wie den Körper, ja spannt beide zusammen, um zur Vervollkommnung des Menschen zu führen. Während in manchen traditionellen Schulen die körperlichen Übungen eine rein dienende Funktion hatten, drohen sie heute zum Selbstzweck zu werden. Vanamali Gunturu beschreibt die Geschichte des Yoga vom Yogasutra des Patanjali bis zum modernen Hathayoga und zeigt, wie zentral auch heute die Philosophie des Yoga für die Praxis ist.

Vanamali Gunturu studierte Sanskrit-Literatur und Philosophie in Hyderabad und München. Er lehrt Religionswissenschaft und Philosophie an der Pädagogischen Hochschule Tirol und der Universität Salzburg.

Cover 1
Titel 3
Zum Buch 2
Über den Autor 2
Impressum 4
Inhalt 5
1. Dürers Nürnberg – Wiege des deutschen Humanismus 7
2. Intellektuelle Impulse: Dürer und Konrad Celtis 19
3. All’antica: die großen Kupferstiche 31
4. Dürer – der neue Apelles 47
5. Der Mentor: Willibald Pirckheimer 61
6. Eine Frage der Ehre: Dürer arbeitet für Kaiser Maximilian 71
7. In Bildern denken: Melencolia 88
8. Zwischen Ruhm und Reformation: die Reise in die Niederlande 102
9. Was bleibt? 114
Literatur 124
Bildnachweis 126
Personenregister 127

2. Yoga als philosophisches System


Yoga ist eine der neun wichtigen Schulen der indischen Philosophie. Dem klassischen Yoga begegnen wir in erster Linie in dem Sanskrit-Werk Yogasutra, den Yoga-Aphorismen des Autors Patanjali, der irgendwann in der Zeit zwischen dem 2. Jahrhundert v. Chr. und dem 3. Jahrhundert n. Chr. lebte. Es ist anzunehmen, dass Patanjali die bis zu seiner Zeit vermutlich diffus verbreiteten Lehrsätze des Yoga in seinen Aphorismen systematisierte.

Gemeinsamkeiten zwischen Yoga und europäischer Philosophie


Nur wenige wissen, dass Yoga ein philosophisches System ist. In einigen Büchern stößt man auf den Ausdruck Psychologie des Yoga, der jedoch dem Yoga nicht gerecht wird. Der klassische Yoga, wie er in Patanjalis Yogasutra dargestellt wird, hat auch nur eine geringe Affinität zu Religion – Glaube an einen Schöpfergott oder dessen rituelle Verehrung kommen nicht darin vor. Vielmehr stellt er einen der frühesten Versuche dar, autonom, ohne Hilfeleistung der Religion, zu philosophieren, d.h. den Ursprung und den Sinn der Welt und des Lebens zu ergründen und das Phänomen mystischer Erfahrungen wissenschaftlich zu erklären. Er ist ein ausgeklügeltes philosophisches System mit einer klar formulierten Erkenntnislehre, Wirklichkeitslehre und einer aus diesen beiden resultierenden Reihe von Anweisungen zur Lebensführung, also einer Ethik. Die Frage nach der Beziehung zwischen dem Körper und der Seele – metaphysisch ausgedrückt: der Beziehung zwischen res extensa und res cogitans – spielt eine wichtige Rolle in der Yoga-Philosophie. Mit eben dieser Frage beschäftigen sich auch europäische Philosophen seit der Antike bis heute – mit unterschiedlichen Antworten. In diesem Zusammenhang macht der Yoga interessante Lösungsvorschläge. Patanjali hier ist ebenso problembewusst wie etwa René Descartes, der Vater der europäischen Philosophie, oder der Phänomenologe Edmund Husserl, in dessen Philosophie Bewusstseinsforschung den zentralen Platz einnimmt. In gewisser Hinsicht erinnern uns die Vorstellungen des Yoga, die das Bewusstsein betreffen, sehr an Husserls transzendentale Phänomenologie. Mit einiger Kühnheit könnte man die Ansicht vertreten, dass Patanjali der erste Phänomenologe weltweit war, und das vor zweitausend Jahren.

Der Yoga positioniert sich zwischen zwei Erkenntnismodellen: zwischen dem «Realismus», der annimmt, die Welt sei so, wie sie uns erscheint, und dem «Rationalismus», der davon ausgeht, dass unser Bewusstsein mittels unserer Wahrnehmungen die Kenntnisse von der Welt erzeugt, ohne jemals wissen zu können, ob die Welt tatsächlich so existiert. In Bezug auf die Metaphysik bezieht Yoga seine Stellung zwischen dem absoluten Materialismus, der die gesamte Wirklichkeit auf die Materie zurückführen will, und dem absoluten Idealismus, der den Ursprung der gesamten Schöpfung in einem immateriellen Geist sieht.

Samkhya und Yoga – warum man philosophiert


Yoga hat seine theoretisch-argumentativen Ergänzungen in einer genauso alten Zwillingsschule der Philosophie: Samkhya. Diese Sanskrit-Bezeichnung hat, wie auch Yoga, mehrere Bedeutungen, wie zum Beispiel «Aufzählung», da es nach dieser Schule vierundzwanzig Kategorien, tattvas, der Wirklichkeit gibt; «Analyse», da es den Menschen und die Welt analysiert, und «Krieg», weil es den Körper des Menschen mit einem Kampfwagen auf dem Schlachtfeld vergleicht, seine Sinnesorgane mit den Pferden, die den Wagen ziehen, und sein Bewusstsein mit dem Wagenlenker. Als Gründer der Samkhya-Schule gilt Kapila, der vermutlich vor dem Buddha gelebt hat und zwei Werke über das Samkhya verfasst haben soll, die allerdings nicht überliefert wurden. Die Samkhya Karika aus dem 3. Jahrhundert ist die früheste erhaltene Schrift über die Grundlagen dieser Schule. Dessen Verfasser Iswara Krishna erwähnt darin mehrere Samkhya-Lehrmeister, deren Namen und Ideen auch in den Werken anderer Philosophen auftauchen. Dies berechtigt zu der Annahme, dass diese Schule von Kapila gegründet wurde und schon in den ersten christlichen Jahrhunderten auf eine lange Tradition zurückblicken konnte (Sharma 1933: 12).

In der philosophischen Tradition Indiens werden Samkhya und Yoga in einem Atemzug erwähnt, als seien sie ein und dasselbe. So ist mit Yoga in den folgenden Ausführungen auch Samkhya gemeint und umgekehrt.

Während in Europa, zumindest in der Antike, das Staunen der Initialzünder für das Philosophieren ist, sind es in Indien das Leid, die Trauer und die Unzufriedenheit mit sich selbst und der Welt, die den Menschen dazu veranlassen, innezuhalten und nachzudenken. So ist das Philosophieren in Indien eine Analyse der Wirklichkeit und ein Suchen nach dem Ausweg aus den Miseren des Daseins. Deutlich wird dies im Leben des Buddha, und nicht anders ist es im Yoga.

Geplagt von Schmerzen, Kleshas, wie es im Yogasutra heißt, oder geschlagen vom Leid, Duhkha, wie in der Samkhya Karika, entsteht das Verlangen nach Wissen, und das öffnet den Weg zur philosophischen Betrachtung. Das Leid des Menschen wird nach Yoga und Samkhya je nach Ursache in drei verschiedenen Sphären geortet: Die erste Sphäre ist die von Leib und Seele. In ihr gibt es allerlei Krankheiten, Plagen und dazu noch Triebhaftigkeit, Zorn, Habgier, Verwirrung, Arroganz und Neid – die berühmten sechs inneren «Feinde», dazu andere Sorgen wie Ängste, Kummer, Liebe und Depressionen, die einem Leid bereiten. Die zweite Sphäre ist die Natur mit ihren verschiedenen Elementen und Erscheinungsformen, ihren Tieren, Pflanzen und Naturphänomenen. Die dritte ist die Sphäre unsichtbarer Kräfte – solche wie der astrologische Einfluss der Planeten, böse Geister oder das Schicksal, die in unserem Leben Leid verursachen. Es gilt einerseits, diese drei Sphären, das heißt die Beschaffenheit der Welt und des Menschen, zu verstehen, und anderseits, das Verstehen selbst zu verstehen: den Apparat der Erkenntnis zu ergründen, um die Natur sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Erkenntnis zu begreifen. Yoga-Philosophie setzt sich zunächst genau mit dieser Aufgabe auseinander.

Erkenntnis: Zwischen Materialismus und Idealismus


Die Traditionen Indiens erkennen drei gültige Quellen der Erkenntnis an: 1. die direkte Wahrnehmung durch Sinnesorgane, Pratyaksha, 2. die Schlussfolgerung, Anumana, und 3. Aussagen zuverlässiger Personen, Aptavacana, die wiederum auf intuitiver Offenbarung beruhen.

Die Begründer der materialistischen Schule Altindiens (die Caru vakas, die Süßredenden) hielten nur die Sinneswahrnehmung für eine gültige Quelle der Erkenntnis und lehnten die Schlussfolgerung ab. Sie vertraten die Ansicht, dass diese Welt uns, das heißt unserem Bewusstsein, ebenso erscheint, wie sie ist. Darin steckt jedoch eine gewisse Leichtgläubigkeit, für die man in der europäischen Philosophie die Bezeichnung «(naiver) Realismus» hat. Die indischen Materialisten lehnten die Gültigkeit des Denkens und der Schlussfolgerung ab, da die Erkenntnisse, die man dadurch gewinne, zur Bestätigung letzten Endes die Wahrnehmung benötigten. Damit sei allein die Wahrnehmung die letzte Instanz gültiger Erkenntnis. Ein Beispiel: Man sieht etwas Glitzerndes am Strand und folgert daraus, dass es Silber sein müsse, da das Glitzern in der Erfahrung immer in Verbindung mit Silber steht. Sicher weiß man das aber erst, wenn sich das Silber bei näherer Betrachtung, also Wahrnehmung, bestätigen lässt. Das vorbehaltlose Sich-Verlassen auf die Sinneserfahrung führt den Philosophen zwangsläufig zum Materialismus, da wir in unseren Wahrnehmungen immer wieder auf Materie, auf materielle Dinge stoßen, nicht aber auf Götter, Geister oder Seelen. Also existieren diese in der Sicht der indischen Materialisten nicht. Durch ihre Analyse der Dinge in der Welt ergeben sich für die Materialisten vier Elemente: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Dinge seien verschiedene Kombinationen und Permutationen dieser vier Elemente. Indiens andere philosophische Schulen wie auch der Yoga akzeptieren den Äther (akasha) als das fünfte Element. Die Schule der Caru vakas aber nicht, da die Annahme des Äthers als Element auf Spekulationen beruhe, nicht auf Sinneswahrnehmungen.

Die philosophische Schule des absoluten Monismus, genannt Advaita, weist den Unterschied zwischen dem Schöpfer und seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen zurück. Daher die Bezeichnung A-dvaita – «nicht-zwei». Er bezieht die gegenteilige Position: Nur Schlussfolgerungen, also Denkprozesse und Reflexionen lassen uns die...

Erscheint lt. Verlag 27.8.2020
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Geld / Bank / Börse
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie
Reisen Reiseführer Europa
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Geisteswissenschaften Philosophie Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Buddhismus
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte Geist • Geschichte • Hathayoga • Körper • Lehre • Östliche Philosophie • Patanjali • Philosophie • Praxis • Sachbuch • Schulen • Überblick • Vervollkommnung • Yoga • Yogasutra
ISBN-10 3-406-75605-0 / 3406756050
ISBN-13 978-3-406-75605-4 / 9783406756054
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