Future for Fridays? (eBook)

Streitschrift eines jungen 'Fridays for Future'-Kritikers
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
144 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7325-9542-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Future for Fridays? -  Clemens Traub
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Deutschland sucht die Supermoral - Warum »Fridays for Future« gerade unsere Zukunft verspielt

Seit die Schwedin Greta Thunberg systematisch die Schule geschwänzt hat, um gegen die aktuelle Klimapolitik zu demonstrieren, ist eine weltweite Bewegung entstanden. Vor allem Schüler und Studenten haben das Thema Klimaschutz auf die öffentliche Agenda gesetzt. Doch es wächst auch Kritik an der Bewegung.

Clemens Traub, als ehemaliger »Fridays for Future«-Demonstrant weit davon entfernt, den Klimawandel zu leugnen, distanziert sich von seinen Altersgenossen der Klimabewegung. Seine These: Sie treibt die soziale Spaltung unserer Gesellschaft aktiv voran und riskiert einen Bürgerkrieg: Hier die gebildeten Klima-Eliten -- dort die tumben Umweltzerstörer.

Wo ist der Raum für differenzierte Zwischentöne und einen sachlichen Meinungsaustausch? Klimapolitik muss sozial gerecht und vernünftig gedacht sein. Wer den gesellschaftlichen Zusammenhalt riskiert, wird die Welt nicht retten. Höchste Zeit für eine kluge Streitschrift.



Clemens Traub, 22 Jahre alt, studiert Politik an der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz und arbeitet als studentischer Mitarbeiter in der HEUTE-Redaktion des ZDF. Er wuchs in einem verschlafenen Dorf auf und kritisiert heute die moralische Überheblichkeit seiner großstädtischen Freunde. Seinen Freundeskreis beschreibt er als sehr grün. Bei »Fridays for Future« mitzulaufen ist für sie eine Pflicht. Sein kritischer Artikel, der Beitrag mit den meisten Klicks des Monats, über die »Fridays for Future«-Bewegung hat dem jungen Autor zu unerwartetem Ruhm verholfen.

Clemens Traub, 22 Jahre alt, studiert Politik an der Johannes-Gutenberg-Universität zu Mainz und arbeitet als studentischer Mitarbeiter in der HEUTE-Redaktion des ZDF. Er wuchs in einem verschlafenen Dorf auf und kritisiert heute die moralische Überheblichkeit seiner großstädtischen Freunde. Seinen Freundeskreis beschreibt er als sehr grün. Bei »Fridays for Future« mitzulaufen ist für sie eine Pflicht. Sein kritischer Artikel, der Beitrag mit den meisten Klicks des Monats, über die »Fridays for Future«-Bewegung hat dem jungen Autor zu unerwartetem Ruhm verholfen.

KAPITEL 2


ARZTTÖCHTER
ERKLÄREN DIE WELT


Wie aus einer hoffnungsvollen Bewegung
eine gefährlichen Demonstration großstädtischer Überheblichkeit geworden ist

Die Rebellen von heute sind
die Despoten von morgen.

JOHANNES SCHERR
(KULTURHISTORIKER)

Das typische Milieu der meisten »Fridays for Future«-Demonstranten kenne ich gut. Es ist in gewisser Weise mein eigenes und das meines jetzigen Freundeskreises: großstädtisch, linksliberal, hip. Arzttöchter treffen darin auf Juristensöhne. Gin-Tasting und Diskussionen über plastikfreies Einkaufen und Zero Waste stehen nebeneinander auf der Tagesordnung. Veganismus zählt ebenso zum unausgesprochenen Kodex des Hip-Seins wie der Einkauf im Secondhand-Laden. Und der Bioladen um die Ecke wertet die Lage der eigenen Wohnung selbstverständlich auf.

Akademikerkinder bleiben unter sich. Ein Querschnitt der Gesellschaft also, den die Klimaproteste abbilden? Weit gefehlt! »Fridays for Future« ist die Rebellion der Privilegierten, und die Bewegung bietet ihnen die perfekte Möglichkeit, ihren eigenen kosmopolitischen Lebensstil und das eigene Talent zur Schau zu stellen.

Viele meiner klimabegeisterten Freunde fragen sich, warum die soziale Herkunft der Demonstranten überhaupt eine Rolle spiele. Sei das nicht absolut unwichtig? Hauptsache, die Erde werde gerettet, so ihre Überzeugung. Von wem, sei dabei doch egal. Lange genug habe die Bevölkerung geschwiegen, und jetzt müsse endlich aufgestanden werden.

Ich gebe zu, der Gedanke ist in seiner Konsequenz natürlich überaus reizvoll und die gesellschaftliche Herkunft als Argument gegen eine Gruppe zu verwenden natürlich unsinnig. Auch mich packte der skizzierte Kampfgeist anfangs. Zu Beginn meiner Teilnahme an »Fridays for Future« zählte für mich nur die Weltrettung, wer an meiner Seite stand, das war mir egal. Und das wäre es mir bis heute.

Doch was mir nicht egal ist, das sind das Verhalten und die Argumentation der Menschen, mit denen ich gemeinsam demonstriere. Und hier schließt sich der Kreis, denn der soziale Background sagt dann eben doch mehr über die Bewegung aus, als den Demonstranten lieb ist. Tatsächlich bin ich der Meinung, dass die soziale Herkunft der jungen Protestler der eigentliche Geburtsfehler von »Fridays for Future« ist: Die Bewegung war von Anfang an viel zu homogen, viel zu elitär und entsprechend viel zu abgehoben, als dass sie dies selbst überhaupt auch nur bemerkt hätte. Nur wem es materiell gutgeht, der hat letztlich die Zeit und auch die Muße, den Klimaschutz als das persönlich wichtigste und auch einzige politische Thema unserer Zeit zu betrachten und ihm alles andere unterzordnen.

Die Bewegung in ihrem Elfenbeinturm merkt dabei gar nicht, dass ihre Kritik den Lebensstil vieler sozial Schwächerer betrifft, die aus finanziellen Gründen nicht immer die freie Wahl haben. Sie werden als Klimasünder gebrandmarkt, weil sie nicht im Bioladen einkaufen, sondern beim Discounter. Dass es Menschen gibt, bei denen die Sorgen angesichts immer höherer Strom- und Mietpreise die Diskussion über den Verzicht auf Flugreisen von vornherein obsolet machen, das kommt den Demonstranten gar nicht in den Sinn.

Wie auch? In ihrer wohlbehüteten Lebenswelt ist das alles ganz weit weg. Gerade das macht die Bewegung aber zu einem Risiko, denn sie setzt den sowieso schon fragilen Zusammenhalt unserer Gesellschaft aufs Spiel. Für einen großen Teil der Bevölkerung überwiegen jedoch andere, dringlichere Alltagssorgen. Wer angesichts der Ankündigungen der Industrie Angst hat, von Jobabbau betroffen zu sein, für den ist im Moment die Brandrodung im tropischen Regenwald zweitrangig. Genauso ist das Aussterben exotischer Tierarten für jemanden weit entfernt, der sich jeden Tag den Kopf über seine spätere Rente zerbricht. Das bedeutet nicht, dass Alltagssorgen den Blick auf die Probleme des Klimawandels komplett verstellen dürfen, aber es erklärt, dass der Klimawandel für Menschen mit ganz existenziellen Sorgen nicht die erste Priorität darstellt.

Es erklärt auch, warum Forderungen zur Rettung des Klimas sozial ausgewogen sein müssen. Und es erklärt, warum sich immer mehr Menschen fragen, wann endlich für ihre Alltagssorgen auf die Straße gegangen werde: für bezahlbare Wohnungen, für gerechte Renten … Themen gibt es viele.

Der gesamte politische Diskurs, sowohl innerhalb der Parteien als auch außerhalb der Parlamente, auf der Straße, geht an der Lebensrelität vieler Menschen in Deutschland komplett vorbei! Und ich kann mir gut vorstellen, dass das kein gutes Gefühl für viele ist. Die oftmals alltagsfern geführten Diskussionen grenzen weniger privilegierte Menschen in der öffentlichen Debatte aus. Die Folge: Wir alle sitzen auf einem Pulverfass voller sozialem Sprengstoff.

Ich stamme selbst nicht originär aus dem großstädtischen Milieu, sondern komme aus einer Region, die gern als »Provinz« abgetan wird. Zeitschriften wie »Landlust« und »Landleben« erfüllen zwar die Sehnsucht der Städter nach der reinen Natur, doch scheint dieser Traum indes nur für jene Menschen zu gelten, die sich bewusst für ein Wochenendhaus im Wald entscheiden. Wer jedoch in einer ländlichen Umgebung aufgewachsen ist, wird davon kaum profitieren.

Meine Eltern leben in der Pfalz. Dort bin ich auch aufgewachsen. Mein Herz hängt an der Region, sie ist landschaftlich wunderschön. Ein Weindorf reiht sich an das nächste. Doch für einen großstädtischen Selbstverwirklicher muss es der größte Albtraum sein. Denn wer die Pfalz nicht kennt: Bei uns gibt es Schlachtfeste statt Wiskey-Verkostung. Die wenigsten Wohnungen sind im Landhausstil eingerichtet. In meinem Heimatdorf werden keine Dokumentarfilme über Gentrifizierung gedreht. Vielleicht verirrt sich mal ein Kamerateam bei einer Saumagen-Kerwe in eines unserer vielen Dörfer. Doch das ist selten genug.

Verschlafene Dörfer bieten die perfekte Kulisse, um groß zu werden. Eine heile, idyllische Welt. Doch je älter ich wurde, desto stärker zog es auch mich in die Großstadt. Ich hatte Sehnsucht nach einem Ort, der lebendiger war als die Pfalz. Der mir mehr Abenteuer und Chancen auf dem Weg ins Erwachsenwerden bieten konnte. Eben die große, weite Welt, wie ich dachte. Und deren Vorzüge ich genieße. Immer wenn ich heute nach Hause fahre, habe ich das Gefühl, dass zwei Welten aufeinanderprallen, die nicht wirklich viel miteinander zu tun haben.

Kurz nachdem ich meine ersten »Fridays for Future«-Kundgebungen besucht hatte, stattete ich einmal mehr meiner alten Heimat einen Besuch ab – diese werden immer seltener. Als ich meinen Bekannten dort begeistert von meinen Erlebnissen bei den jüngsten »Fridays for Future«-Demonstrationen erzählte, merkte ich schnell, wie wenig es sie interessierte. Aus reiner Freundschaft und Höflichkeit hörten sie mir mit halbem Ohr zu. Das überraschte mich total. Was in meiner Unistadt das am heißesten diskutierte Gesprächsthema der letzten Wochen war, stieß hier unter meinen alten Schulfreunden auf absolute Gleichgültigkeit. Sie interessierten sich mehr für den letzten Bundesligaspieltag oder ihr letztes Tinderdate als für die große Klimarevolution.

Ehrlich gesagt, reagierte ich zunächst enttäuscht und dann zunehmend wütend auf dieses Desinteresse. Während wir jungen Menschen in den Großstädten versuchen, unseren Planeten zu retten, lassen uns die Menschen in meinem Heimatdorf im Stich, dachte ich. Kapieren die denn nicht, dass auch sie nur einen Planeten zur Verfügung haben, genau wie wir von »Fridays for Future«? Zum Glück behielt ich aus Höflichkeit diese Gedanken für mich.

In den Tagen darauf bekam ich immer häufiger verächtliche Kommentare über »Fridays for Future« zu hören. In den Augen meiner alten Freunde war die Bewegung eine »Öko-Sekte«, eben die Selbstinszenierung großstädtischer, linker Spinner. Greta Thunberg nannte jemand »gestörte Nervensäge«. Neben Beleidigungen hörte ich auch heraus, dass sie das bevormundende Auftreten vieler »Fridays for Future«-Demonstranten, die Dieselfahrer und Fleischesser zu Menschen zweiter Klasse machten, immer mehr störte. Je häufiger dies vorkam, desto tiefer wurde der Keil zwischen mein aktuelles Großstadtleben und meine Herkunft aus dem pfälzischen Heimatdorf getrieben. Zwischen meine alte und meine neue Welt. Zum ersten Mal in meinem Leben war ich damals nur noch froh, als ich zurück in die Großstadt fahren konnte: endlich wieder die heile Welt, wenn diese auch kurz vor dem Untergang stand.

Seit diesem Besuch reagierte ich ziemlich überempfindlich, wann immer meine »Fridays for Future«-Begeisterung nicht zu 100 Prozent geteilt wurde. In meinen Augen gab es auf einmal nur noch Klimahelden auf der einen Seite oder Klimasünder auf der anderen. Das total Gute oder das absolut Böse. Nichts dazwischen! Ich merkte erst später, wie sehr ich damals bereits beeinflusst von der »Fridays for Future«-Bewegung war.

Am Anfang hatte ich nur Vorwürfe für meine alten Bekannten übrig. Ich unterstellte ihnen, sie seien unpolitisch und ohnehin zu uninformiert über die Welt. Ein Ausgrenzungsmechanismus, der bei »Fridays for Future« sehr verbreitet ist, wie ich später merkte. Schließlich verspottete ich an der Uni meine alten Bekannten sogar als Provinzler, was ich selbst immer gehasst hatte, wenn meine neuen Freunde aus den Metropolen mich damit aufgezogen hatten. Doch es war so viel einfacher, sie schlicht als uninformierte »Provinzler« abzutun, statt mit ihnen zu diskutieren und sie ernst zu nehmen. Warum meine Freunde aus der alten Heimat »Fridays for Future« als überheblich oder abgehoben sahen, das fragte ich nicht, das war mir damals egal. Mögliche Selbstzweifel konnten so gar nicht erst...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Film / TV
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Naturwissenschaften Geowissenschaften Geografie / Kartografie
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Aktionismus • Aktivismus • Aktivisten • Cidero • CO2 • Debatte • Demokratie • Demonstranten • Demonstration • Demonstrierende • Dieselskandal • Elitäre • Energiewende • Erderwärmung • Exttinction Rebellion • Feinstaub • FFF • Filterblase • Flugscham • Fridays For Future • Gesellschaft • Greta Thunberg • grüne Diktatur • Gutmenschen • Kapitalismus • Klimakatastrophe • Klimapolitik • Klimaschutz • Klimaschützer • Klimawandel • Kritik • Llygskam • Lousia Neubauer • Nachhaltigkeit • Ökodiktatur • Politik • Politik und Gesellschaft • Privilegierte • Protest • Radikale • Schüler • Schulstreik • Soziale • Spaltung • Studenten • Studierende • Umweltpolitik • Utopie • Wirtschaft
ISBN-10 3-7325-9542-0 / 3732595420
ISBN-13 978-3-7325-9542-6 / 9783732595426
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