chère ida

Konrad Bayer an Ida Szigethy

(Autor)

Ida Szigethy (Herausgeber)

Buch | Hardcover
84 Seiten
2018
Bibliothek der Provinz (Verlag)
978-3-99028-789-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

chère ida - Konrad Bayer
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adieu cheriè
conrad


Konrad Bayer bin ich 1951 im Wiener Art Club, dem sogenannten "Strohkoffer", erstmals begegnet. Ich besuchte noch das Gymnasium und versuchte, so oft wie möglich in die aufregende Atmosphäre des Strohkoffers einzutauchen. Es war kurz nach Kriegsende, Wien noch von den Alliierten besetzt und jede Art von Kunst, Kultur, Literatur, Film und Jazz war für uns "das" grosse Abenteuer. Wien war zerbombt, die Stadt ein Schutthaufen, grau und traurig. Wir aber waren jung - jung, lebendig, voller Passion und Neugierde. Eine Tür zur Welt stand plötzlich offen! [...]
Konrad arbeitete bereits in einer Bank und war, genauso wie ich, von der Atmosphäre des Art Clubs angezogen. Und ... wir waren voneinander angezogen! Ich habe ihn meistens nachmittags von der Bank abgeholt und wir haben alle Zeit bis spät in der Nacht zusammen verbracht. [...] Um diese Zeit begann er zu schreiben. Oft las er mir seine neuesten Gedichte vor und gab sie mir quasi als Geschenk. [...] Von seinen Gedichten war ich sofort begeistert. Ich fand seinen Stil von Beginn an aussergewöhnlich. [...]
Einige Male in der Woche trafen wir H.C. Artmann und Gerhard Rühm im damaligen "Café Glory" neben der Votivkirche. Bald kamen Oswald Wiener, Friedrich Achleitner und Ernst Kölz dazu. Sie lasen einander ihre neuesten Texte vor, kritisierten und unterstützten sich gegenseitig. Zusammen machten wir lange Spaziergänge entlang der Donau im Winter und kehrten frierend auf einen heissen Tee mit Rum in ein Gasthaus ein, rund um uns patrouillierten noch die bewaffneten russischen Soldaten. [...]
1955 wurden wir von Peter Kubelka und Ferry Radax nach Linz eingeladen, um in ihrem ersten Film "Mosaik im Vertrauen" mitzuspielen. Der Film sollte im nächsten Jahr beim Experimentalfilm-Festival in Paris den ersten Preis erhalten. 1956 und 1957 war unser Zusammensein öfter durch meine Reisen unterbrochen. Wir schrieben uns viele Briefe, um einander so viel wie möglich aus Wien und aus dem Ausland zu berichten. 1959 heirateten Konrad und Traudl Hutter, ich war ihre Trauzeugin. 1960 heiratete ich Ferry Radax, Traudl und Konrad waren unsere Trauzeugen. Mit Ferry zog ich kurz danach in die Schweiz. [...]
Im Sommer 1964 kehrten Ferry und ich nach Wien zurück. Wir besuchten Konrad auf Schloss Hagenberg, wohin er sich zurückgezogen hatte, um seinen Roman "Der sechste Sinn" zu beenden. Wir verbrachten diesen Sommertag mit ihm, Hundertwasser und seiner Frau Yuko, liessen Drachen steigen und genossen ein Abendessen auf der Wiese unter den Sternen. Konrad war ausgelassen, lachte und zündete Raketen in der schon dunklen Nacht. Es war eine eigenartige Stimmung.
Am 9. Oktober 1964 waren wir mit ihm in einem Wiener Schnapslokal verabredet. Konrad beklagte sich bei mir über Magenkrämpfe, er war in einer eher deprimierten Stimmung. Von dort fuhren wir auf seinen Wunsch ins Café Hawelka, wo wir wie immer alle Freunde trafen. Peter Daimler lud uns alle in sein Haus nach Hietzing ein. Die Platten der Beatles wurden gespielt, "A Hard Day's Night", immer und immer wieder dieselben, einige tanzten. Konrad sass am Boden, den Kopf im Schoss einer Dame, und beobachtete die ganze Szene, ohne irgendwie teilzunehmen. Ferry und ich fuhren gegen 2 Uhr nach Hause. [...]
(Ida Szigethy in der Vorbemerkung)

Konrad Bayer: geboren am 17.12.1932 in Wien, gestorben am 10.10.1964 ebenda. Gemeinsam mit Friedrich Achleitner, H. C. Artmann, Gerhard Rühm und Oswald Wiener gehörte er der „Wiener Gruppe“ an, jenem Schriftstellerzusammenschluss, der in Österreich als eine der wichtigsten Manifestationen literarischer Subkultur gilt. Mit literarischen Kabaretts, avancierten Texten und einer unkonventionellen Lebensform wurde in den fünfziger und beginnenden sechziger Jahren ein Gegenpol zum offiziösen Kunst- und Kulturbetrieb gesetzt. Das in diesem Zusammenhang entstandene Werk Bayers zerfällt in viele kleine Einzeltexte, neben einigen längeren Prosaarbeiten und Dramen umfaßt es zwei Romane, deren einer, „der sechste sinn“, Fragment geblieben ist. Mit dem Buch „der kopf des vitus bering“ hat Bayer einen der ersten Montageromane geschrieben, eine, wie der Autor die Form des Textes genannt hat, „summarische biographie“. Sie sammelt Materialien zum Leben des Polarforschers Bering und fügt diese mit ethnographischen, schamanistischen, historischen und technischen Texten zusammen. Vor seinem Freitod hatte Bayer noch an zwei Treffen der bedeutenden, vom dem deutschen Schriftsteller Hans Werner Richter geleiteten Literatenvereinigung „Gruppe 47“ teilgenommen (Saulgau 1963 und Sigtuna/Schweden 1964). (Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek)

Ida Szigethy wurde am 25. April 1933 in Wien geboren und wuchs in einer musischen Familie auf. Ihre ersten künstlerischen Eindrücke sind die große „Paul Klee“-Ausstellung, die „Surrealismus“-Ausstellung und die von Friedensreich Hundertwasser im Art Club. Schon in ihren Gymnasialjahren verkehrt sie im Kreis von Malern und Schriftstellern im Art Club. Mit dem Dichter Konrad Bayer spielt sie 1955 in Peter Kubelkas Film „Mosaik im Vertrauen”, der beim Experimentalfilm-Festival in Paris den ersten Preis erhält. Während vieler Jahre arbeitet sie vor und hinter der Kamera an den Filmen ihres Mannes, des Filmemachers Ferry Radax. In dieser Zeit beginnt sie als Autodidaktin zu malen. Nach ihrer Scheidung entscheidet sie sich für die Malerei und stellt ab 1970 in Österreich und im Ausland aus. 1972 malt sie einen Buchumschlag für „Ida und Ob“ von Barbara Frischmuth für den Verlag Jugend & Volk, Wien. 1973 illustriert sie das Kinderbuch „Herr Mantel und Herr Hemd“ von Gerhard Roth für den Insel Verlag, Frankfurt am Main. 2000 wählt Friedensreich Hundertwasser ihr Bild „Turf Turkey“ für eine Briefmarke in der Serie „Moderne Kunst in Österreich“ aus. 2001 beteiligt sie sich mit 12 Künstlern an der Ausstellung „Boîtes d‘artistes“ der Galerie Gladys Mougin in Paris. Reisen waren immer sehr wichtig für sie, ob in der Realität oder in der Phantasie. Sie lebte in Wien, Zürich, München, Brüssel, Amsterdam, Venedig und dreißig Jahre in Paris. Sie bereiste Europa, Nordamerika, Brasilien, Griechenland, die Türkei, Israel, Indien, Thailand, Kambodscha, Singapur. Danach die Inseln Bali, Java, Hawaii, Seychellen und La Réunion, fasziniert von der Schönheit ihrer Landschaften und Pflanzen. Seit 2008 lebt sie wieder in Wien. Ihre Werke sind in den Sammlungen Albertina Wien, Ministerium für Kunst und Kultur Wien, Bundeskanzleramt Wien, Österreichische Postsparkassa Wien, Artothek Wien, Artothèque St. Denis auf La Réunion sowie in den Privatsammlungen von Friedensreich Hundertwasser und vielen anderen Schriftstellern, Malern und Journalisten.

Erscheinungsdatum
Zusatzinfo zahlr. farb. & S/W-Abb., Faks.
Verlagsort Weitra
Sprache deutsch
Maße 210 x 290 mm
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Literatur Romane / Erzählungen
Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte Bayer, Konrad, 1932-1964 • Bayer, Konrad, 1932–1964 • Briefe • Briefsammlung • Ida Szigethy, 1933- • Ida Szigethy, 1933– • Konrad Bayer, 1932-1964 • Konrad Bayer, 1932–1964 • Szigethy, Ida, 1933- • Szigethy, Ida, 1933–
ISBN-10 3-99028-789-3 / 3990287893
ISBN-13 978-3-99028-789-7 / 9783990287897
Zustand Neuware
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