Günter Egger – DER DIE DAS BÜCHER

25 Arbeiten in Mischtechnik 2014 bis 2018, 42 x 32,5 cm

(Autor)

Buch | Hardcover
68 Seiten
2018
Bibliothek der Provinz (Verlag)
978-3-99028-779-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Günter Egger – DER DIE DAS BÜCHER - Günter Egger
20,00 inkl. MwSt
Der Zyklus der Buchzeichnungen ist abgeschlossen, die Spurensuche nicht. Sie beginnt mit dem Abbruch der sogenannten "Weitiza", einer Keusche in einem Dorf im Kärntner Gailtal.

Meinen im Jahr 1877 geborenen Großvater kenne ich nur von einigen Fotografien und erhalten gebliebenen Dokumenten. Eines wurde im Jahr 1919 in Chicago ausgestellt. Es berichtet, dass er anno 1912 via Schiff von Antwerpen aus nach Amerika gereist ist, als Bottler (Flaschenabfüller) arbeitet und aus dem "former Austro-Hungarian Empire" stammt. Als er zurückgekommen war, konnte er sich mit seinem Verdienst seinen Traum von der eigenen Keusche verwirklichen. Er kaufte die an der Schattenseite des Dorfes gelegene "Weitiza". Daneben ließ er ein Wirtschaftsgebäude errichten.

Die "Weitiza", so wie ich sie in Erinnerung habe, bestand aus zwei Räumen. Die Küche: Sparherd, Waschbecken mit Kaltwasser, Esstisch. Augenfällig im Schlafzimmer der Herrgottswinkel, rundum mit Partezetteln tapeziert. Darunter stand der Radioapparat. Der Kachelofen: wie ein auseinandergeschnittener riesiger Schneeball, die flache Seite unten, hie und da grüne Kacheln, die Faustkacheln, hineingedrückt. Zwei Betten. Nachtkastln: die Lade innen mit braunem Packpapier ausgekleidet, ein Wasserglas daraufstehend, in welches die rosa Zahnprothese versenkt werden konnte und auch wurde.

Der Dachboden: die Schusterwerkstatt des Onkels. Bemalte Bauernkästen, die Hochzeitstruhe der Großmutter, Schusterwerkzeug, Leisten in herrlicher Unordnung. Manchmal fand ich eine Schlangenhaut oder das beeindruckende Gebilde eines verlassenen Wespennests, die Spuren der Siebenschläfer und Mäuse. Das Plumpsklo befand sich im daneben gelegenen Wirtschaftsgebäude: zwei im rechten Winkel angeordnete Brettersitze mit kreisrunder Öffnung. Der größere Sitz für die Erwachsenen, der kleine für die Kinder. Das Toilettenpapier: geschnittenes Zeitungspapier.

Mein Onkel übernahm nach dem Tod des Großvaters die Keusche. Er lebte dort alleine.
Der Heimkehrer-Entlassungsschein, ausgestellt 1947 in Wiener Neustadt, berichtet, dass er, der Schustergehilfe, nach über zwei Jahren russischer Kriegsgefangenschaft nach Hause zurückgekommen ist. Läuse- und seuchenfrei. Heimkehrerspende 50 Schilling, Zigarettenspende 10 Stück. Er war 27 Jahre alt. Arbeit bei der Wildbachund Lawinenverbauung, Kriegsopferrente. Manchmal im Gegengeschäft für ein Essen den Dörflern die Schuhe geflickt, Brennholz aus dem Wald geholt.

Schon vor meiner Schulzeit, später dann in den Ferien, fuhren meine Mutter, meine Schwester und ich manchmal wochenlang auf Besuch zum Onkel. Bei diesen Anlässen übersiedelte er in das sogenannte "Wallfahrerzimmer", einen bewohnbaren Raum im Wirtschaftsgebäude. Wir zogen in die "Weitiza."
Von seiner Vergangenheit erzählte der Onkel kaum. Wahrscheinlich fragte ich ihn auch nicht danach, interessierte mich nicht dafür. Meist sprachen die Erwachsenen windisch. ("Deitsche Sprache schwere Sprache: Der, Die, Das, Das Die Der Teifl hol.") Mag sein, ihre Gespräche kreisten auch um die schlechten alten Zeiten und dass es die Kinder einmal besser haben sollen.

Meine Ferien: Freiheit. Entlassen aus der Obhut der Erwachsenen. Diese beschäftigten sich mit ihren Angelegenheiten: die "Weitiza" frisch ausweißeln, mit einer Walze das Muster an den Zimmerwänden anbringen, die Onkelwäsche waschen, Blechwanne, Waschrumpel, das Entsaften: der Kult um den Holler. ("Vor dem Holderbaum sollst du den Hut abnehmen.") Walderd-, Waldhimbeeren, Schwarzbeeren, die Schwammerlsuche, Kürbisse. Meine kulinarischen Erinnerungen: Maiskolben in der Holzkohlenglut des Sparherds gegrillt, "Das goldene Band", herrliche Fisolen aus dem Garten. Den Erwachsenen willkommene Unterbrechungen ihrer Tätigkeiten:
schier nicht enden wollende Tratschereien mit den Nachbarn und zahlreichen Besuchern. Wie schon gesagt, oft auf Windisch.
Manchmal schaute der Wegmacher auf seinem Moped vorbei,

1956 geboren in Villach; 1976–1981 Akademie der bildenden Künste, Wien; Meisterschule für Graphik bei Prof. Maximilian Melcher; 1980–1982 Lehrauftrag an der Akademie der bildenden Künste; 1981 Diplom; seither freischaffend tätig. Preise: 1977 Meisterschulpreis für Abendakt und Naturstudien; 1980 Preis der Bundeshauptstadt Wien beim 17. Österreichischen Graphikwettbewerb Innsbruck; 1981 Würdigungspreis des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung: 1983 Romstipendium; 1. Preis beim internationalen Aquarellwettbewerb der Fondazione Sinaide Ghi, Rom; Förderungspreis der Kärntner Sparkasse; 1986 Preis des Landes Oberösterreich beim 20. Österreichischen Graphikwettbewerb Innsbruck; Förderungspreis für Graphik des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Sport; 1987 3. Preis beim 1. Österreichischen Kleingraphikwettbewerb; Ankaufspreis des 7. Römerquellewettbewerbs; 1993 Ankaufspreis des Landes Tirol beim 23. Österreichischen Graphikwettbewerb Innsbruck; 2002 Kulturpreis der Stadt Baden; 2007 Preis der Jury der 2. Tschechisch-Österreichischen Biennale kleiner Graphik in Breclav. Einzelausstellungen: 1979 Kleine Galerie im Künstlerhaus, Klagenfurt; 1980 Felshof Sekull; 1982 Galerie Freund, Klagenfurt; Galerie in der Künstlerhauspassage, Wien; 1983 Große Galerie im Künstlerhaus, Klagenfurt; 1985 Galerie Carinthia, Ossiach; 1987 Österreichisches Tabakmuseum, Wien; 1988 Galerie Carinthia, Klagenfurt; 1989 Galerie Lisi Hämmerle, Bregenz; 1990 Galerie an der Stadtmauer, Villach; 1992 Galerie Arts et Lettres, Vevey, Schweiz; 1993 Galerie H-Punkt, Klagenfurt; 1995 Galerie Arts et Lettres, Vevey, Schweiz; 1996 Galerie Schiestl, Feldkirch; 1997 Stadtturmgalerie, Innsbruck, mit Peter Adrian Larcher; 1998 Kunst und Kultur im Amtshaus zu Hohenaschau e.V., Aschau, Deutschland; 2001 Galerie Unart, Villach; 2003 vkk Eichgraben, mit Martina Funder; 2004 Galerie Hirschvogl, Bad Tatzmannsdorf; 2006 Schloss Raabs; Kleine Galerie im Künstlerhaus Klagenfurt; 2007 Kunstverein Rostock, Deutschland, mit Martina Funder; Galerie ardizón, Bregenz; 2008 im Rahmen der Niederösterreichischen Landesbuchausstellung Baden, Theater am Steg, Baden; 2010 Dinzlschloss, Kulturamt der Stadt Villach; 2011 „Schwimmer, kasteie dein Fleisch“, Haus der Kunst, Baden; 2013 „Schreiender Papagei“, Untere Falkenburg, Appenzell, Schweiz; „Radierungen für den Alltag“, Cajetan Gril Kunsthandel, Wien; „Grasfischen“, Literaturhaus Graz; 2016 „haben Sie das Bild da satt, wenden einfach Sie das Blatt“, Galerie G, Judenburg. Ausstellungsbeteiligungen: 1977–1981 Akademie der bildenden Künste, Wien; 1979 „Gegen den Krieg“, 4. Malerei-, Graphik- und Skulpturenausstellung, Lubin, Polen; 1980 13. Mediterrane Graphikbiennale, Alexandria, Ägypten; 17. Österreichischer Graphikwettbewerb, Innsbruck; 1982 1. Biennale internazionale di Grafica di Riva de Garda, Italien; „Franz von Assisi heute“, Dominikanerkloster, Krems; 1983 7. Internationale Graphiktriennale, Frechen, Deutschland; Galerie auf der Stubenbastei, Wien; Fondazione Sinaide Ghi, Rom, Italien; 1984 Österreichischer Graphikwettbewerb, Innsbruck; 3. Kunstgraphikbiennale, Vaasa, Finnland; Intart, Udine, Italien, und Laibach, Slowenien; 1985 „6 Künstler aus Kärnten“, Städtische Galerie, Lienz; 1986 20. Österreichischer Graphikwettbewerb, Innsbruck; 1987 Große Kunstausstellung, Haus der Kunst, München, Deutschland; „4 x 1“, Künstlerhaus Palais Thurn und Taxis, Bregenz; 1. Österreichischer Kleingraphikwettbewerb Fingerprints 87, Wien; „Planquadrat Villach“, Galerie an der Stadtmauer, Villach; „80 Jahre Kunstverein Kärnten“, Künstlerhaus Klagenfurt; „Georg Trakl in der bildenden Kunst“, Traklhaus, Salzburg; 1988 Galerie Gabriel, Wien; 1990 Galérie de Ballens, Schweiz; 1993 23. Österreichischer Graphikwettbewerb, Innsbruck; 1996 „Badewetter“, Frauenbad, Baden; 1997 „Die große Bienenbrettschau“, Künstlerhaus Klagenfurt; Mamü Galerie, Budapest, Ungarn; 1999 Deutzer Werft, Köln, Deutschland; „233m über dem Meere“, Galerie Prisma, Bozen, Italien; Carinthischer Sommer, Galerie Carinthia, Ossiach; 2000 Japtak Galeria, Breslau, Pol

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie artedition
Zusatzinfo über. Abb.: vierf.
Verlagsort Weitra
Sprache deutsch
Maße 210 x 290 mm
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Malerei / Plastik
Schlagworte Bildband • Buchzeichnungen • Günter Egger (Künstler, 1956-) • Günter Egger (Künstler, 1956–)
ISBN-10 3-99028-779-6 / 3990287796
ISBN-13 978-3-99028-779-8 / 9783990287798
Zustand Neuware
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