Zusammen sind wir Könige (eBook)

Was Männer zu Freunden macht
eBook Download: EPUB
2018 | 1. Auflage
304 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-1876-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zusammen sind wir Könige -  Kida Ramadan,  Frederick Lau,  Nana Heymann
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Frederick Lau und Kida Ramadan sind das, was man Freunde fürs Leben nennt, trotz mancher Unterschiede oder gerade deswegen. Ihr Buch zeigt Männern, wofür Freunde da sind - und Frauen, wie Männer ticken. Der eine wurde im bürgerlichen Berlin-Steglitz geboren und wohnt dort bis heute, der andere stammt aus dem Libanon und lebt in Kreuzberg. Der eine ist noch keine Dreißig, der andere in seinen Vierzigern. Der eine war früh ein Kinostar, der andere erlebte seinen Durchbruch als Schauspieler viel später, aber dafür gewaltig. Frederick Lau und Kida Ramadan gehen schon viele Jahre als ziemlich beste Kumpels gemeinsam durchs Leben. In ihrem Buch reden sie darüber, was Freundschaft ausmacht und auch, was Männlichkeit für sie bedeutet. Sie erzählen von sich und dem anderen; über ihre unterschiedliche Herkunft, über Bewährungsproben im Leben, über Zweifel und Entschlossenheit - und natürlich über ihr Leben zwischen Filmdrehs und Kreuzberger Shisha-Bars, mitsamt großer und kleiner Geschichten voller Humor, aber auch voller Wärme und Tiefgang.

Kida Khodr Ramadan, geboren 1976 in Beirut, hat seit 2003 in mehr als 80 deutschen Fernsehproduktionen und Filmen mitgespielt. Für die Rolle als Ali 'Toni' Hamady in '4 Blocks' erhielt er 2018 den Deutschen Fernsehpreis sowie den Grimme-Preis. Er lebt mit seiner Frau und fünf Kindern in Berlin.

Kida Khodr Ramadan, geboren 1976 in Beirut, hat seit 2003 in mehr als 80 deutschen Fernsehproduktionen und Filmen mitgespielt. Für die Rolle als Ali "Toni" Hamady in "4 Blocks" erhielt er 2018 den Deutschen Fernsehpreis sowie den Grimme-Preis. Er lebt mit seiner Frau und fünf Kindern in Berlin.

Das schwarze Schaf


Was war das gestern bloß für eine Nacht? Ich liege im Bett, bin gerade aufgewacht. Mit der rechten Hand greife ich nach meinem Handy auf dem Boden. Ein Blick aufs Display verrät mir, dass es kurz nach acht ist.

Ich überlege, ob ich aufstehen soll, entscheide mich aber fürs Liegenbleiben. Nicht mal fünf Stunden habe ich geschlafen. Ich fühle mich wie zermatscht.

Ich verschränke meine Hände hinter dem Kopf und grinse. Denn ich muss an Kida denken. Dieser Typ ist eine Wucht. Wie der da gestern beim Italiener saß – macht zuerst einen auf cool und springt dann doch über seinen Schatten. Zum Schluss war er richtig locker. Hätte ja auch anders kommen können. Etwa ein Nackenklatscher zur Begrüßung. Oder wenigstens eine amtliche Ansage. Gab es aber nicht. Weil mein kleiner Scherz unterm Strich ein Knaller war. Ich hab damals irgendwie geahnt, dass ich die Aktion bei Kida bringen kann.

Manchmal sieht man jemanden und empfindet gleich ein unerklärliches Gefühl der Vertrautheit. Dafür braucht es nicht viel. Mitunter reicht schon ein Blick oder eine Geste und man ahnt: Mit diesem Menschen werde ich mich bestimmt gut verstehen. Der hat etwas, das ich mag.

Bei Kida war es die Art zu gehen – dieser Kida-Gang. Ein lässiges Schaukeln von einem Fuß auf den anderen, den Oberkörper durchgestreckt, mit den leicht hängenden Schultern und kühnem Blick. Das ist mir im Gedächtnis geblieben, nachdem ich Kida immer mal wieder bei Filmpremieren auf dem roten Teppich gesehen habe. Dann dachte ich jedes Mal: »Alter, wie läuft der denn? Wie geil ist das denn?«

Ich drehe mich auf die Seite, ziehe die Decke bis an die Ohren und drücke meinen Kopf tiefer ins Kissen. Habe ich heute irgendwelche Pläne? Nicht dass ich wüsste. Deshalb greife ich nach meinem Handy und schicke Kida eine Nachricht. Hätte ja Bock, genau da weiterzumachen, wo wir gestern Abend aufgehört haben. Dumm labern, rumblödeln, zusammen Zeit verbringen.

Kida erinnert mich ein bisschen an Nabil, meinen besten Freund zu Schulzeiten. Bereits damals habe ich mich von den lauten, den eigenwilligen Typen angezogen gefühlt. Nabil war so einer. Seine Familie kam aus Afghanistan. Offene und herzliche Leute.

Schon als ich Nabil das erste Mal besuchte, setzte sich sein Vater zu uns und unterhielt sich mit mir. Er wollte wissen, wie ich heiße, wo ich wohne, was meine Eltern so machen. Welche Unterrichtsfächer ich mag und ob ich irgendwelche Hobbys habe. Er interessierte sich für mich, das gefiel mir. Sein Interesse war echt, nicht oberflächlich, das konnte ich spüren. Manche Eltern fühlen sich gegenüber den Freunden ihrer Kinder ja verpflichtet, das führt dann gerne mal zu krampfigen Situationen und angestrengten Gesprächen. Bei Nabils Familie war das anders. Mich mit seinem Vater zu unterhalten erschien mir wie das Natürlichste der Welt. Und auch, mich an dem Gebäck mit Pistazien und Walnüssen zu bedienen, das seine Mutter uns hinstellte.

Ich liebte es, bei Nabil zu Hause abzuhängen, wenn der Unterricht vorbei war. Das war eine völlig andere Welt. Seine Eltern hörten orientalische Musik, aus der Küche strömte der Duft von Kardamom und Koriander. Ich kannte diese Gerüche bis dahin nicht – bei mir zu Hause roch es oft nach Kartoffelsuppe und Kohlrouladen.

Was mich an Nabil besonders faszinierte, waren die Jungs, mit denen er sonst so rumhing. Alles Kanaks, so wie er. Bildete ich mir das ein oder waren sie lebhafter als meine deutschen Klassenkameraden? Ich glaube schon. Sie erschienen mir frecher, flapsiger, und sie trauten sich mehr. Auf jeden Fall waren ihre Geschichten immer einen Tick spannender als die meiner deutschen Mitschüler. Mit denen konnte ich nie viel anfangen. Was vermutlich auch am Geld lag: Sie kamen aus Familien, in denen zumindest so viel Geld da war, dass man sich dort darüber keine Gedanken machen musste, dass es keine Rolle spielte.

Bei Nabil und mir war das anders. In unseren Familien war Geld etwas, das nicht da war oder von dem es nicht genug gab. Natürlich reichte es, um Essen auf den Tisch zu stellen und nicht wie der letzte Assi rumzurennen, aber es fehlte Geld für die Erfüllung von Träumen und Wünschen, die man als Kind eben so hat. Dieser Mangel hat uns beide geprägt. Er hat in uns eine Haltung gefördert: Wir gegen den Rest der Welt – und der Rest der Welt fing bei den Mittelstandskindern aus unserer Klasse an.

Schon seltsam: Da liege ich jetzt als erwachsener Mann in meinem Bett und denke an meinen alten Schulfreund. Aber ich denke an ihn nicht mit dieser sentimentalen Wehmut, die einen manchmal überkommt, wenn man sich an früher erinnert, sondern mit Stolz und Freude.

Ich muss schon wieder grinsen. So wie gestern mit Kida war es damals auch mit Nabil und seinen Kumpels, die er von der Straße kannte: immer total entspannt, dabei nie langweilig. Allein schon ihre Prahlereien. Im Sommer zum Beispiel brüsteten sie sich damit, wie sie im Schwimmbad den Mädchen nachpfiffen – und wie dann manchmal ein empörter Vater zurückpfiff, um seine Tochter zu beschützen. Großes Gelächter! In der Gesellschaft dieser Jungs fühlte ich mich wohl. Dass ich der einzige Deutsche war, störte weder sie noch mich. Heute denke ich, dass uns vielleicht gerade das Gegensätzliche zusammengeführt hat.

Ich richte mich im Bett auf und lehne mich mit dem Rücken an die Wand. Draußen scheint die Sonne, der Alltag brandet wie leises Meeresrauschen gegen das gekippte Fenster. Langsam sollte ich wirklich aufstehen.

Ich könnte meine Eltern besuchen. Mit sechzehn bin ich bei ihnen ausgezogen. Als ich ihnen damals von meinem Entschluss erzählt habe, künftig auf eigenen Beinen stehen zu wollen, war ich von meinem eigenen Mut überrascht. Vorsichtshalber bin ich dann nur ein paar Meter Luftlinie weiter gezogen – damit ich schnell bei ihnen vorbeischauen konnte, wenn der Kühlschrank mal wieder leer oder das letzte saubere Hemd getragen war.

Vielleicht meldet sich ja aber auch Kida, weil er ebenfalls Bock hat, sich zu treffen. Wann habe ich ihn eigentlich zum ersten Mal bewusst wahrgenommen? Ich weiß noch, dass es einen Abend gab, an dem er bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Es war auf dem roten Teppich einer Filmpremiere, und er lief an den Fotografen und Kameraleuten vorbei, die sich gar nicht für ihn interessierten. Trotzdem tat Kida alles, um von ihnen – oder von überhaupt irgendjemandem – wahrgenommen zu werden. Ein Typ, der sich eben nicht so wie alle anderen schick gemacht hatte, sondern im Jogginganzug und Turnschuhen auf die Veranstaltung kam, dazu eine Einkaufstüte in der Hand. Ja, doch, das hatte Stil, fand ich: Der pfeift auf Konventionen und darauf, was andere über ihn denken könnten.

Wen Kida auf sich aufmerksam machen wollte? Die Fotografen? Die Schaulustigen? Einen der anwesenden Regisseure oder Caster? Er wiederholte seinen irren Catwalk jedenfalls und lief den roten Teppich mehrfach auf und ab. Dabei rief er laut: »Schwarze Schafe! Lauter schwarze Schafe!«

Der Witz war, dass die meisten Gäste an diesem Abend tatsächlich Schwarz trugen. Keine Ahnung, ob noch jemand außer mir das bemerkte. Der Reporter, der mir zum gleichen Zeitpunkt ein Mikrofon unter die Nase hielt, hatte davon jedenfalls nichts mitbekommen. Er konzentrierte sich weiterhin auf sein Interview. Ich hingegen hatte Schwierigkeiten, seinen Fragen zu folgen. Ich musste immer wieder hinübergucken zu Kida, der da drei Meter von mir seine Show abzog.

Wer war dieser Typ bloß? Die Frage ließ mir den ganzen Abend keine Ruhe. Als die Premiere vorbei war, ging ich zu einem Kollegen. »Kennst du den schrägen Vogel dort drüben?« Dabei deutete ich auf Kida, der an der Bar stand, in der einen Hand eine Cola, in der anderen immer noch seine Einkaufstüte.

Der Kollege sah kurz rüber und antwortete: »Ja, das ist Kida Ramadan.«

Es war das erste Mal, dass ich den Namen hörte, und seitdem hatte ich Kida auf dem Schirm. Obwohl wir kein Wort miteinander gewechselt hatten, ahnte ich sofort, wie er drauf ist. Sein Humor, seine Sicht auf das Leben – das alles offenbarte sich mir in diesem einen Moment auf dem roten Teppich.

Wann immer ich Kida künftig auf irgendwelchen Premieren begegnete, nickte ich ihm von Weitem freundlich zu. Ein paar Mal liefen wir aneinander vorbei und warfen uns Begrüßungsfloskeln zu: »Was geht?« – »Alles klar?« Solche Sprüche halt – nichts, woraus sich ein Gespräch hätte entwickeln können. Generell sind gepflegte Unterhaltungen bei solchen Veranstaltungen ja kaum möglich. Die Atmosphäre ist dafür zu unruhig, meistens reicht es nur für Branchen-Small-Talk.

Schließlich kam der Zeitpunkt, an dem ich es wissen wollte: Ist dieser Ramadan tatsächlich der coole Hund, den er auf dem roten Teppich vorspielt? Ich war mit einem Regisseur zur Besprechung eines Filmprojekts verabredet. Als der im Gespräch erwähnte, er habe Kida dafür gecastet, wusste ich, die Gelegenheit nutze ich. Ich fragte interessiert nach, und der Regisseur erzählte, dass er Kida am Vortag getroffen habe. »Ich glaube, der würde gut in den Film passen«, sagte er.

Das konnte ich zwar nicht beurteilen, bestärkte ihn aber trotzdem in seiner Einschätzung: »Definitiv. Du solltest ihn sofort anrufen!« Und weil mir die Dinge manchmal nicht schnell genug gehen, bat ich ihn, mir sein Handy zu reichen.

Der Regisseur sah mich fragend an: »Wozu brauchst du das?«

In derselben Sekunde riss ich ihm auch schon das Telefon aus der Hand. »Schon gut, ich erledige das für dich.« Dann verschwand ich damit um die...

Erscheint lt. Verlag 30.11.2018
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Kunst / Musik / Theater
Schlagworte 4 blocks • 4blocks • AfD • Altersunterschied • Annika • Bademantel • Bambi • Berlin • Beste Kumpels • Buck • Clans • Cool • Die Welle • Dogs of Berlin • Fernsehpreis • Filmpreis • Frederik • Freunde • Freundschaft • Fuego • Fußball • Gadhban • Kindheit • König • Kreuzberg • Kriminalität • Lau • Libanon • Mafia • Mann • Männer • Männerfreundschaft • Materia • M'Barek • Migrant • Neukölln • nur Gott kann mich richten • Organisierte Kriminalität • prolet • Ramadan • Rauchen • Razzia • Schauspieler • Sexy • Steglitz • Talinski • Umma • Victoria • Wuff • Zigaretten
ISBN-10 3-8437-1876-8 / 3843718768
ISBN-13 978-3-8437-1876-9 / 9783843718769
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