Perspektiven der Sehnsucht
H. W. Fichter Kunsthandel e.K. (Verlag)
978-3-943856-71-2 (ISBN)
Die Phelloplastik (griechisch: phi phellos/ deutsch: Kork) entwickelte sich als eine Kunst-form seit dem Ende des 18. Jahrhunderts, bei der, ausgehend von der Tradition des neapolitanischen Krippenbaus, antike Monumente in verkleiner-tem Maßstab in Kork nachgebaut werden. Ihren besonderen Reiz ziehen diese Modelle aus dem porösen und an verwitterten Stein erinnernden Material, das darüber hinaus besonders feine und detailgetreue Nachbildungen erlaubt. Zahlreiche Herrscher wie Georg III. oder Katharina II. von Russland und vermögende Privatleute wie der englische Architekt Sir John Soane legten sich um 1800 große Korkmodellsammlungen an.
Dieter Cöllen Zurück zur Sinnlichkeit Im 18. Jahrhundert waren Korkmodelle für die meisten Menschen lediglich Dokumente einer für sie unbekannten Kultur. Heute sind unsere Reisemöglichkeiten unbegrenzt und nahezu jeder kann von persönlichen Eindrücken an antiken Schauplätzen überall auf der Welt berichten und diese viral verbreiten. Einen emotionalen Zugang zu den Zeugnissen antiker Baukunst können uns digitale Medien jedoch nur schwer verschaffen, und somit wird die Sehnsucht nach etwas Greifbar-Sinnlichem nicht schwinden. Die Entscheidung für den Bau eines Korkmodells entspringt dieser Sehnsucht. Eine 3-D Animation wäre sicherlich eine gute Informationsquelle, beschränkt sich jedoch mehr auf visuelle Effekte, die von der rasanten Entwicklung bald überholt und ausgemustert werden. Eine Phelloplastik wird bei guter Pflege ohne weiteres 300 Jahre überdauern und dabei nichts von ihrer Ausdruckskraft einbüßen. Der Einsatz von Kork und seine Verarbeitung hat gegenüber Materialien wie Holz oder Kunststoff den großen Vorteil, der Realität sehr nahe zu kommen. Das Objekt erscheint dann nicht mehr ‚steril‘ oder ‚neutral‘, sondern bekommt ‚Seele‘ und kann so vom Betrachter emotionaler aufgenommen werden. Kork ist ein sehr ‚eigenwilliges‘ Material, doch es gilt, diese Eigenschaft als Vorteil zu begreifen und für die eigenen Bedürfnisse nutzbar zu machen. Soll z. B. ein erodiertes Bauteil nachempfunden werden, so muss man zunächst wissen, wie es unbeschädigt ausgesehen hat, um es dann in Kork umzusetzen. Der ‚Rückbau‘ erfolgt danach mit selbstgefertigten Instrumenten bis zum Punkt des aktuellen Verfalls. Hierbei spielt das Material seine Eigenwilligkeit aus, sodass der Verlauf einer Bruchkante oder eines Risses niemals erzwungen wirkt. Die Kunst des Korkbildners besteht also darin, Zerstörung so einzuleiten, dass sie vom Material ergänzt werden kann. Hier wird Chaos zum Plan und das Ergebnis entspricht wieder der Ruine selbst. Für die Fertigung meiner Modelle verwende ich ca. 10 Jahre gewachsenen Kork aus Portugal, welcher je nach Qualität fein, grob, hell oder dunkel ausfallen kann. Entsprechend seiner Struktur wird er dem Erhaltungszustand des Objekts zugeordnet. An sich besitzt der natürlich gewachsene Kork schon sehr lebhafte Strukturen, die durchaus der Realität eines steinernen Monumentes sehr nahekommen. Um jedoch ein wirklich befriedigendes Ergebnis zu erzielen, muss der Korkbildner die Oberflächen mit dem optimalen Licht ‚tränken‘. Besucht man antike Stätten, so nimmt man sie je nach Sonnenstand ganz verschieden wahr. Am Morgen oder Nachmittag sind die Farbtöne, bedingt durch den Rotanteil im Spektrum, warm und weich. Steht die Sonne im Zenit, erscheinen sie uns eher abweisend und leblos. Will man das Modell also warm erscheinen lassen und den Blick mehr auf die Flächen lenken, so müssen entsprechende Farbtöne Verwendung finden. Die Mischung der Zutaten war immer schon ein streng gehütetes Geheimnis des Künstlers und Teil seiner individuellen Signatur. Die Technik jedoch entspricht im Wesentlichen der Herstellung eines Freskos: Die Pigmente dringen tief in den Untergrund ein und scheinen dann förmlich aus ihm heraus. Wichtige Konturen und Schatten werden nachgezogen und verweisen auf die physikalischen Einwirkungen an der Bausubstanz. Alle meine Arbeiten beruhen auf wissenschaftlicher Grundlage, und entstehen in enger Zusammenarbeit mit Archäologen und Historikern. Dies erlaubt mir eine detailgetreue Wiedergabe auch solcher Monumente, die durch politische Wirren nicht mehr zugänglich sind oder durch mutwillige Zerstörung vollends ausgelöscht wurden. Ihre erneute physische Präsenz bietet sich nicht nur als Studienobjekte an, sondern lädt den Betrachter auch zu einer sinnlichen Reise, hin zu unseren verlorenen, kulturellen Wurzeln ein.
Dieter Cöllen
Zurück zur Sinnlichkeit
Im 18. Jahrhundert waren Korkmodelle für die meisten Menschen lediglich Dokumente einer für sie unbekannten Kultur. Heute sind unsere Reisemöglichkeiten unbegrenzt und nahezu jeder kann von persönlichen Eindrücken an antiken Schauplätzen überall auf der Welt berichten und diese viral verbreiten. Einen emotionalen Zugang zu den Zeugnissen antiker Baukunst können uns digitale Medien jedoch nur schwer verschaffen, und somit wird die Sehnsucht nach etwas Greifbar-Sinnlichem nicht schwinden. Die Entscheidung für den Bau eines Korkmodells entspringt dieser Sehnsucht. Eine 3-D Animation wäre sicherlich eine gute Informationsquelle, beschränkt sich jedoch mehr auf visuelle Effekte, die von der rasanten Entwicklung bald überholt und ausgemustert werden. Eine Phelloplastik wird bei guter Pflege ohne weiteres 300 Jahre überdauern und dabei nichts von ihrer Ausdruckskraft einbüßen.
Der Einsatz von Kork und seine Verarbeitung hat gegenüber Materialien wie Holz oder Kunststoff den großen Vorteil, der Realität sehr nahe zu kommen. Das Objekt erscheint dann nicht mehr 'steril' oder 'neutral', sondern bekommt 'Seele' und kann so vom Betrachter emotionaler aufgenommen werden.
Kork ist ein sehr 'eigenwilliges' Material, doch es gilt, diese Eigenschaft als Vorteil zu begreifen und für die eigenen Bedürfnisse nutzbar zu machen. Soll z. B. ein erodiertes Bauteil nachempfunden werden, so muss man zunächst wissen, wie es unbeschädigt ausgesehen hat, um es dann in Kork umzusetzen. Der 'Rückbau' erfolgt danach mit selbstgefertigten Instrumenten bis zum Punkt des aktuellen Verfalls. Hierbei spielt das Material seine Eigenwilligkeit aus, sodass der Verlauf einer Bruchkante oder eines Risses niemals erzwungen wirkt. Die Kunst des Korkbildners besteht also darin, Zerstörung so einzuleiten, dass sie vom Material ergänzt werden kann. Hier wird Chaos zum Plan und das Ergebnis entspricht wieder der Ruine selbst.
Für die Fertigung meiner Modelle verwende ich ca. 10 Jahre gewachsenen Kork aus Portugal, welcher je nach Qualität fein, grob, hell oder dunkel ausfallen kann. Entsprechend seiner Struktur wird er dem Erhaltungszustand des Objekts zugeordnet. An sich besitzt der natürlich gewachsene Kork schon sehr lebhafte Strukturen, die durchaus der Realität eines steinernen Monumentes sehr nahekommen. Um jedoch ein wirklich befriedigendes Ergebnis zu erzielen, muss der Korkbildner die Oberflächen mit dem optimalen Licht 'tränken'.
Besucht man antike Stätten, so nimmt man sie je nach Sonnenstand ganz verschieden wahr. Am Morgen oder Nachmittag sind die Farbtöne, bedingt durch den Rotanteil im Spektrum, warm und weich. Steht die Sonne im Zenit, erscheinen sie uns eher abweisend und leblos. Will man das Modell also warm erscheinen lassen und den Blick mehr auf die Flächen lenken, so müssen entsprechende Farbtöne Verwendung finden. Die Mischung der Zutaten war immer schon ein streng gehütetes Geheimnis des Künstlers und Teil seiner individuellen Signatur. Die Technik jedoch entspricht im Wesentlichen der Herstellung eines Freskos: Die Pigmente dringen tief in den Untergrund ein und scheinen dann förmlich aus ihm heraus. Wichtige Konturen und Schatten werden nachgezogen und verweisen auf die physikalischen Einwirkungen an der Bausubstanz.
Alle meine Arbeiten beruhen auf wissenschaftlicher Grundlage, und entstehen in enger Zusammenarbeit mit Archäologen und Historikern. Dies erlaubt mir eine detailgetreue Wiedergabe auch solcher Monumente, die durch politische Wirren nicht mehr zugänglich sind oder durch mutwillige Zerstörung vollends ausgelöscht wurden.
Ihre erneute physische Präsenz bietet sich nicht nur als Studienobjekte an, sondern lädt den Betrachter auch zu einer sinnlichen Reise, hin zu unseren verlorenen, kulturellen Wurzeln ein.
Erscheinungsdatum | 28.11.2018 |
---|---|
Co-Autor | Valentin Kockel, Golo Maurer, Andreas Schmidt-Colinet |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Maße | 210 x 290 mm |
Gewicht | 700 g |
Themenwelt | Kunst / Musik / Theater |
Technik ► Architektur | |
Schlagworte | Antike • Architektur • Architekturmodelle • Grand Tour • Italien • Korkmodelle • Palmyra • Syrien • Tempel |
ISBN-10 | 3-943856-71-2 / 3943856712 |
ISBN-13 | 978-3-943856-71-2 / 9783943856712 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich