wiener waagen
Robert Musils Satz, dass nichts »unsichtbarer wäre wie Denkmäler«, gilt jedenfalls auch für diese ominösen Personenwaagen, »diese komischen säulen, die wie ihrer bestimmung fremd gewordene totems herumstehen« – so Fritz Ostermayer, im Vorwort zu einem von der schule für dichtung realisiertem online-Projekt, geleitet von Rosa Pock: Auf der Basis einer umfassenden Fotoserie von Andreas Urban wurden Studierende aufgefordert, die in diesen Fotografien enthaltenen Geschichten aufzuspüren und sich von diesen Geschichten zu poetischen Texten inspirieren zu lassen. Ergänzt wurden diese Texte durch Beiträge von arrivierten Schriftstellern, die dieser Schule als Lehrende gerne zur Verfügung stehen: FALKNER, Hans-Peter Falkner, Antonio Fian, Bodo Hell, Markus Köhle, Barbi Markovic, Friederike Mayröcker, Ernst Molden, Judith Nika Pfeifer, Rosa Pock, Sophie Reyer, Tex Rubinowitz, Gerhard Rühm und Julian Schutting.
Irgendwann werden diese in Wien noch zu findenden, aber kaum noch genutzten »wuchtigen« Waagen (die Gewichtskontrolle hat sich dank der in fast jedem Haushalt anzutreffenden Badezimmer-Waagen diskret ins Private zurückgezogen) tatsächlich verschwunden sein. Dieser Text-Bild-Band möchte dem Ablaufdatum von »wiens eigenartigstem stadtmöbel« die ihm zustehende Poesie bewahren.
die schule für dichtung in wien (sfd) wurde 1991 von autoren und autorinnen aus den bereichen lyrik, performance und experimentelle sprachkunst als unabhängiges künstlerprojekt gegründet. im april 1992 trat sie mit der organisation von 12 klassen und einem internationalen symposium zum thema »lehr- und lernbarkeit von literatur« erstmals an die öffentlichkeit. seitdem organisiert sie lehrhafte begegnungen mit renommierten autorinnen und autoren. sie ist autonom verwaltetes lehr- und lerninstitut für literatur; ort für poetologische kommunikation; akademie für buchstaben- und sprechlautforschung; archiv für poesiepädagogische dokumente (audio, video und schrift); laboratorium zur verwandlung literarischer impulse in kommunale ereignisse; welcome center for travelling poets.
»Die Objektophilie richtet sich auf unbelebte Gegenstände, unterscheidet sich aber vom Fetischismus dadurch, dass das Objekt nicht nur als Stimulanz dient, sondern als Eigenständiges, quasi-personelles Gegenüber wahrgenommen und als anziehend empfunden wird. (…) Wenn nun mich jemand mal im Bett mit einer Waage erwischen sollte, habt Erbarmen, übt Milde, denn auch ich bin ja nur ein Animist, der gegen Dinge toleranter als gegen Menschen ist, und die Waage, insbesondere die Personenwaage im öffentlichen Raum, auf sie steigt keiner mehr, daher mein Mitleid, sie hat eine personifizierte Form, Kopf, schlanker Körper, breiter Fuß, und sie spricht, indem sie uns eine Antwort gibt, wenn wir uns auf sie stellen. Und so einsilbig ist sie gar nicht, wie man denken könnte, mal mahnt sie mit einer hohen Kilozahl, mal lobt sie, wenn wir unser Gewicht gehalten haben. Aber eines tut sie nicht: lügen.«
Erscheinungsdatum | 31.10.2017 |
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Illustrationen | Andreas Urban |
Verlagsort | Wien |
Sprache | deutsch |
Maße | 165 x 230 mm |
Einbandart | Englisch Broschur |
Themenwelt | Kunst / Musik / Theater ► Fotokunst |
Schlagworte | Fotografie • Kunst • Personenwaage • Text-Bild-Band • Wien |
ISBN-10 | 3-85449-485-8 / 3854494858 |
ISBN-13 | 978-3-85449-485-0 / 9783854494850 |
Zustand | Neuware |
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