Nonsense versus Tiefsinn: Ein interkultureller Vergleich der Fernsehsketche von Loriot und Monty Python - Cornelia Neumann

Nonsense versus Tiefsinn: Ein interkultureller Vergleich der Fernsehsketche von Loriot und Monty Python

Magisterarbeit
Buch | Softcover
72 Seiten
2015 | Erstauflage
Bachelor + Master Publishing (Verlag)
978-3-95820-463-8 (ISBN)
39,99 inkl. MwSt
Bei einem Vergleich zweier Kulturen läuft man Gefahr, pauschal zu urteilen, da man keine Gesellschaft auf einen Nenner reduzieren kann. Großbritannien und Deutschland haben regional unterschiedlichen Humor. Zusätzlich ist Humorverständnis eine Frage von sozialer Schicht, Bildungsniveau, persönlichem Geschmack und Zeitgeist. Wenn man es trotzdem wagt, nationale Ausdrucksformen zu vergleichen, ist es daher sinnvoll, sich auf ein Genre zu konzentrieren. In der vorliegenden Studie fand daher eine Betrachtung der englischen und deutschen Fernsehkomik statt.
Um Vergleichbarkeit herzustellen, waren die Kriterien zeitliche Nähe, formale Ähnlichkeit und Arbeit für das gleiche Medium (Fernsehen) wichtig. Die Sketch-Shows von Monty Python und Loriot, entstanden zwischen 1967 und 1980, erfüllen die genannten Bedingungen. Beide sind auf ihre Weise exemplarisch: Monty Python werden von vielen als Inbegriff des neueren englischen Humors bewundert, Loriot ist ein viel geehrter Porträtist des deutschen Bürgertums. Beide Serien sind in das kollektive Bewusstsein ihres Landes eingegangen. Es wurden für die vergleichen Betrachtung relativ alte Beispiele gewählt, da diese eine gewisse Langlebigkeit bewiesen haben und sich damit als repräsentative Klassiker qualifizieren.

Textprobe:
Kapitel 3.2, Grundzüge des englischen Humors:
Verschiedene literarische Figuren gelten als Grundmodelle des englischen Humors, darunter Falstaff, John Bull, Uncle Toby, und Jeeves und Wooster.
Shakespeares Falstaff ist ein dicker, angeberischer und oft betrunkener Ritter. Er ist unsentimental und voll unmoralischer Sinnlichkeit. Shakespeare hat viele respektlose Spaßmacher erschaffen, die nicht rebellisch sind, aber auch keine Angst vor den Mächtigen haben. Oft verhindern sie, dass sich ein verschärfendes Problem in die Katastrophe mündet. Auch Kielinger betont Shakespeares Mittel des comic relief als typisch englisches, d. h. konflikt-entspannendes Element. Bereits im Renaissance-Theater findet sich also die englische Neigung zum Kompromiss, die - laut Gelfert - im Gegensatz zur deutschen Neigung steht, Konflikte zu unterdrücken bzw. einen tragischen Bruch herbeizuführen. In Typisch englisch betont er, wie sehr die englische Kultur von der Idee des Kompromisses geprägt ist und wie sehr die Tendenz besteht, Spannungen zwischen dem Einzelnen und der Gemeinschaft zugunsten des Einzelnen zu lösen. Im Gegensatz dazu ist die deutsche Kultur in der Politik geprägt vom Konzept des Staates, in der Philosophie von der allumfassenden Totalität, in der Literatur von Erhabenheit und Tragik.
Im 18. Jahrhundert hat sich die "spezifisch englische Form eines Mittelklassenhumors" (Gelfert 1998, 76), etabliert. Es ist der selbstbewusste Humor eines am politischen Geschehen beteiligten Bürgertums. Die Figur John Bull, die Ähnlichkeit mit Falstaff hat, wird zum englischen Nationalsymbol. Der Unterschied zu den deutschen Schelmenfiguren ist, dass Bull "weder ein verträumter Einfaltspinsel wie der deutsche Michel, noch [...] ein listiger Schelm wie Eulenspiegel" (Gelfert 1998, 76), sondern bodenständig ist. Vor allem will er nichts mit dem Staat zu tun haben. Bulls Blick auf Autoritäten verläuft von unten nach oben, er muss nicht "den eigenen Boden [...] verlassen, um auf etwas Kritikwürdiges herabzuschauen. Wenn wir ihn [...] als aufmüpfig bezeichnen, so drückt sich darin bereits der herausfordernde Blick aus, den ein auf dem Boden der Tatsachen Stehender [...] einem anderen zuwirft, der auf einem Sockel steht und sich Autorität anmaßt." (Gelfert 1998, 78). Bull repräsentiert die "bottom up"-Perspektive des englischen Humors, verglichen mit der beschriebenen "top down"-Haltung des deutschen.
Eine weitere Identifikationsfigur ist der gutgläubige Uncle Toby aus Laurence Sternes Roman Tristram Shandy, "in dessen individualistischer Exzentrik sich Respektlosigkeit gegenüber den vornehmen Verhaltensnormen ausdrückt, die sich gerade im 18. Jahrhundert [...] herausgebildet hatten" (Gelfert 1998, 78). Der Roman kreist um verschiedene verspielte und verschrobene Charaktere, die ihren Hobbies und Phantasien frönen. Uncle Tobys Steckenpferd ist der Festungsbau.
In Deutschland bekannt sind auch Bertie Wooster und sein Butler Jeeves aus P. G. Wodehouses humoristischen Romanen. Jeeves ist taktvoll, verschwiegen und hat einen gesunden Menschenverstand (den klassischen englischen common sense), während sein Herr Bertie Wooster meistens einfältig handelt. Typisch englisch an ihnen ist, dass die herkömmliche Herr-Diener-Rolle auf den Kopf gestellt wird.
Alle diese Figuren ignorieren Konventionen und sind unbesorgt exzentrisch. Sie werden dafür nicht moralisch verurteilt und halten anderen auch keine Moralpredigten. Sie wehren sich nur durch ihre individuelle Originalität gegen gesellschaftliche Normen.

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Magisterarbeit
Sprache deutsch
Maße 156 x 220 mm
Gewicht 129 g
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Fotokunst
Kunst / Musik / Theater Theater / Ballett
Schlagworte Loriot • Monty Python • Sketche
ISBN-10 3-95820-463-5 / 3958204635
ISBN-13 978-3-95820-463-8 / 9783958204638
Zustand Neuware
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