Europas klingende Bilder

Eine musikalische Reise

(Autor)

Buch
200 Seiten
2013
Edition Gorz (Verlag)
978-3-938095-18-8 (ISBN)
25,00 inkl. MwSt
Musikstücke, die als Antwort auf Gemälde, Radierungen, Skulpturen und andere bildliche Darstellungen entstehen, werden als Sonderform der Programmmusik angesehen. Die wohl bekanntesten Beispiele sind Mussorgskis Bilder einer Ausstellung und Liszts Hunnenschlacht. In deren Folge entwickelte sich im 20. Jahrhundert eine vielgestaltige Gattung.
Dieses Buch lädt seine Leser zu einer Reise ein, die vom Zentrum zur Peripherie des europäischen Kontinents führt, zu den klingenden Bildern von 6 Komponistinnen und 34 Komponisten aus insgesamt 30 Ländern. Jedes Kapitel stellt, ganz oder ausschnittsweise, eine Komposition vor, die im Verlauf der letzten gut 100 Jahre entstanden ist, öffentlich aufgeführt wurde und sich nachweislich auf ein oder mehrere Werke der bildenden Kunst bezieht. Farbige Abdrucke der Gemälde sowie Hinweise auf leicht zugängliche Einspielungen der erläuterten Musikwerke ermöglichen eine bereichernde Kunsterfahrung.

Siglind Bruhn, geboren in Hamburg, studierte das künstlerische Hauptfach Klavier (Staatsexamen Musikhochschule Stuttgart, Meisterklasse Wladimir Horbowski) sowie vergleichende Literaturwissenschaft und Philosophie (Magister Artium, Universität München), bevor sie 1985 an der Universität Wien in Musikanalytik promovierte. Nach Lehrtätigkeit in Deutschland und an der University of Hong Kong arbeitet sie seit 1993 als Life Research Associate am Geisteswissenschaftlichen Forschungsinstitut der University of Michigan/USA. Ihre Recherchen konzentrieren sich auf die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts, insbesondere in deren Beziehungen zu Dichtung, bildender Kunst und Religion. Ihre Veröffentlichungen umfassen mehr als 25 Buchmonografien sowie fünf Anthologien. Als Herausgeberin betreut sie zudem die bei Pendragon Press / New York erscheinende Buchreihe “Interplay: Music in Interdisciplinary Dialogue”. 2001 wurde sie in die Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste gewählt, 2008 verlieh ihr die Linnaeus-Universität in Schweden die Ehrendoktorwürde. Für die Jahre 2014-2017 hat sie eine Einladung zu einer Gastprofessur an den Musikakademien in Krakau und Katowice, Polen, angenommen. Buchpublikationen (deutsch): * Buchtrilogie zum Werk von Claude Debussy Band I: Debussys Klaviermusik und ihre bildlichen Inspirationen (2017)] * Henri Dutilleux. Jede Note auf der Goldwaage gewogen (2016) * Aribert Reimanns Vokalmusik (2016) * Schönbergs Musik 1899-1914 im Spiegel des kulturellen Umbruchs (2015) * Europas klingende Bilder. Eine musikalische Reise (2013) * Die Musik von Jörg Widmann (2013) * Buchtrilogie zum Schaffen Paul Hindemiths Band III Hindemiths große Instrumentalwerke (2012), Band II Hindemiths große Vokalwerke (2010) Band I Hindemiths große Bühnenwerke (2009) * Buchtrilogie zur musikalischen Symbolsprache Olivier Messiaens Band III Messiaens ‘Summa theologica’. Musikalische Spurensuche mit Thomas von Aquin in "La Transfiguration", "Méditations" und "Saint François d’Assise" (2008) Band II Olivier Messiaen, Troubadour. Liebesverständnis und musikalische Symbolik in "Poèmes pour Mi", "Chants de terre et de ciel", "Trois petites Liturgies de la présence divine", "Harawi", "Turangalîla-Sinfonie" und "Cinq Rechants" (2007) Band I Messiaens musikalische Sprache des Glaubens. Theologische Symbolik in den Klavierzyklen "Visions de l’Amen" und "Vingt Regards sur l’Enfant-Jésus" (2006) * J. S. Bachs Wohltemperiertes Klavier. Analyse und Gestaltung (2006) * Christus als Opernheld im späten 20. Jahrhundert (2005) * Das tönende Museum. Musik des 20. Jahrhunderts interpretiert Werke bildender Kunst (2004) * Die musikalische Darstellung psychologischer Wirklichkeit in Alban Bergs Wozzeck (1986) * Die Kunst musikalischer Gestaltung am Klavier. Gestaltungskriterien und Gestaltungsmittel in Bach’scher und klassischer Klaviermusik (1981) Auswahl englisch: * Frank Martin’s Musical Reflections on Death (2011) * The Musical Order of the World: Kepler, Hesse, Hindemith (2005) * Saints in the Limelight: Representations of the Religious Quest on the Post-1945 Operatic Stage (2003)

Einleitung Musikwerke, die als Antwort auf Gemälde, Zeichnungen, Radierungen, Skulpturen und andere bildliche Darstellungen entstehen, stellen eine Sonderform der Programmmusik dar. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen einzelne Komponisten, in musikalischer Sprache auf Werke der bildenden Kunst Bezug zu nehmen. Modest Mussorgskis 1874 entstandenes Klavierwerk Bilder einer Ausstellung, mit dem er der Petersburger Gedächtnisausstellung seines im Vorjahr verstorbenen Freundes Viktor Hartmann ein klingendes Denkmal zur Seite stellte, ist das wohl bekannteste Beispiel dieser Gattung. Aber auch Liszts tönende Reflexionen zu Michelangelos Penseroso, einer der Skulpturen der Medici-Kapelle in Florenz (1839), zu Kaulbachs Hunnenschlacht (1857), zu sechs Fresken von Moritz von Schwind (im Oratorium Die Legende von der heiligen Elisabeth, 1862) und zu anderen Gemälden fallen in diese Kategorie. Dasselbe gilt für Mahlers erste Symphonie mit ihrem Bezug auf einen Holzschnitt von Schwind (1888) und für die verschiedenen “Tondichtungen” zu Böcklins berühmtem Gemälde Die Toteninsel, das Schwedens großer Spätromantiker Andreas Hallén bereits 1898 als Erster ‘vertonte’. Im 20. Jahrhundert entwickelte sich aus dieser Affinität der Musiker zum visuell Gestalteten eine vielfältige Gattung mit einer inzwischen fast unübersehbaren Anzahl ‘klingender Bilder’. Dabei setzen Komponisten eine ihre Augen faszinierende Vorlage in Klang um, indem sie deren Form, Rhythmus, Farbenspiel und Darstellungsweise oder aber – noch häufiger – deren Thematik und Stimmung in tönender Sprache nachspüren. Eine Arbeitsgruppe der Universität Innsbruck hat eine elektronische Datenbank eingerichtet, die einen Eindruck von der Fülle der Musik nach Bildern vermittelt. Darüber hinaus gibt es einige Übersichtsstudien mit kurzen Einzelanalysen sowie (bislang vergleichsweise wenige) Versuche, die Bezüge zwischen bildlicher und klanglicher Darstellung im Einzelnen zu deuten und das reichhaltige Spektrum der die Gattung bildenden Werke anhand musikalisch betont verschiedener Beispiele zu beleuchten. Dieses Buch hat drei einander ergänzende Ziele. Mit Analysen und Deutungen zu 40 über einen Zeitraum von gut 100 Jahren entstandenen Kompositionen will es dazu beitragen, einen faszinierenden, jedoch bisher ein wenig vernachlässigten Aspekt der Musik des 20. Jahrhunderts zu erschließen. Mit der Konzentration auf Musikstücke, die durch visuelle Kunstwerke inspiriert sind und daher von Lesern in ihren Assoziationen unmittelbar nachvollzogen werden können, will es einen Zugang zur oft als abstrakt empfundenen modernen Musik eröffnen. Und mit der Organisation einer Reise, zu der das Buch seine Leser einlädt – einer Reise, die im geografischen Zentrum unseres Kontinents beginnt und in spiralförmiger Expansion bis nach Island führt – will es die Aufmerksamkeit über das vertraute Repertoire hinaus auf Werke lenken, die bisher nicht den ihnen gebührenden Platz in unseren Konzerthäusern gefunden haben. Dabei dürfen Leser sich angesichts der Reichhaltigkeit der künstlerischen Querbeziehungen im gesamteuropäischen Kontext auf viele Entdeckungen freuen, aber auch auf die möglicherweise unerwartete Erkenntnis, dass die individuelle Sprache der Komponisten und Komponistinnen für stilistische Besonderheiten meist weit wesentlicher ist als ihre Bestimmtheit durch Herkunftsland oder Geburtsjahr. Es geht somit darum, ein größtmögliches Spektrum an Facetten im Bereich der ‘klingenden Bilder’ aufzuzeigen. Leser, die beim Hören eines Musikwerkes gleichzeitig seine Inspirationsquelle betrachten, werden die Erfahrung machen, dass ganz unterschiedliche musikalische Ausdruckssprachen – von der spätromantischen Emotionalität über den musikalischen Impressionismus, Expressionismus und Minimalismus bis hin zur “neuen Emotionalität” – einem Werk der bildenden Kunst nachzuspüren vermögen. Und wer bereit ist, sich auf der Basis der eigenen Kunsteindrücke mit den Wahrnehmungsschwerpunkten der kunstbegeisterten Komponisten auseinanderzusetzen, wird beginnen, die Musik unserer Zeit ganz neu als eine “Sprache” zu hören.

Erscheint lt. Verlag 4.11.2013
Verlagsort Waldkirch
Sprache deutsch
Maße 148 x 210 mm
Gewicht 304 g
Einbandart Englisch Broschur
Themenwelt Kunst / Musik / Theater Musik Musikgeschichte
Kunst / Musik / Theater Musik Musiktheorie / Musiklehre
Schlagworte Komponisten antworten auf bildende Kunst • Musik zu Bildern • neue Musik aus 30 europäischen Ländern
ISBN-10 3-938095-18-0 / 3938095180
ISBN-13 978-3-938095-18-8 / 9783938095188
Zustand Neuware
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