BILDSPRACHEN zeitgenössischer Fotografen

Die MAGIE der Fotografie oder das GEHEIMNIS herausragender Bilder
Buch | Hardcover
216 Seiten
2013 | 1. Auflage
Vier-Augen-Verlag Martin Zurmühle
978-3-9523647-4-1 (ISBN)
39,90 inkl. MwSt
(Deutscher Fotobuchpreis 2014 - Siegertitel Silber) Der dritte und letzte Band der erfolgreichen Serie "Die MAGIE der Fotografie oder das GEHEIMNIS herausragender Bilder" beschäftigt sich mit der Frage, wie ein persönlicher Bildstil oder eine individuelle Bildsprache entstehen kann. Eine klar erkennbare, eigenständige und stark wirkende Bildsprache zeichnet sich durch die drei Grundeigenschaften Originalität, Authentizität und Kreativität aus.23 herausragende Fotografen aus 9 verschiedenen Ländern zeigen die Vielfalt und Schönheit der zeitgenössischen Fotografie.
Dieses Buch wurde Sieger beim Deutschen Fotobuchpreis 2014 in der Kategorie "Fotolehrbücher" (Siegertitel Silber).Was braucht es, dass sich eine fotografische Ausdrucksweise zu einer individuellen, wirkungsvollen, qualitativ hochstehenden und vom Betrachter leicht zu erkennenden Bildsprache entwickeln kann? Das ist die zentrale Frage dieses Buches des Schweizer Fotografen Martin Zurmühle über die Bildsprachen zeitgenössischer Fotografen:Inhalt:- Bildstile und Bildsprachen- Formorientierte Fotografen- Fotografen, die Geschichten erzählen- Gefühlsorientierte Fotografen- Kunstorientierte FotografenDie in diesem Buch vorgestellten 23 Fotografen aus 9 Ländern zeigen Ihnen, wie die drei Grundeigenschaften einer eigenständigen Bildsprache (Originalität, Authentizität und Kreativität) in der Praxis umgesetzt werden. Die Resultate sind so vielfältig und vielschichtig wie die heutige Fotografie mit ihren Techniken, Motiven und Themen.

Martin Zurmühle (* 19. Mai 1956 in Luzern) ist ein Schweizer Architekt, Fotograf, Ausbilder und Autor von Fotolehrbüchern. Als Fotograf ist er bekannt für seine Landschaftsaktbilder. Als Autor von Fotolehrbüchern entwickelte er zwei neue Systeme zur Analyse und Bewertung von Fotografien: Das Vier-Augen-Modell als Kommunikationsmodell und das Doppelte Dreieck als eine systematische Möglichkeit, die Qualität von Fotografien nach gewählten Kriterien möglichst objektiv zu beurteilen und zu bewerten.

Einleitung: Was zeichnet die Bildsprache herausragender Fotografen aus?

Bildsprache
Bildstil und Bildsprache: Wie kann sich eine eigenständige und qualitativ hochwertige Bildsprache entwickeln?
Stilbildende Faktoren: Ein fotografischer Stil benötigt verbindende Elemente
Qualität: Was macht die fotografische Qualität eines Bildstils oder einer Bildsprache aus?
Inspiration: Woher kommt die Inspiration zu unseren Bildern?
Vier-Augen-Modell: Aufteilung der Bildsprachen nach dem Vier-Augen-Modell

Form-Auge
Markus Reugels: Die besondere Schönheit 'eingefrorener' Wassertropfen
Dennis Savini: Die perfekt fotografierten schönen Produkte
Pilar Pequeño: Pflanzen- und Früchtebilder als Homage an die klassischen Stillleben
Allen Russ: Formen und Licht in der Architektur- und Landschaftsfotografie
André Brito: Das perfekte Spiel von Form, Licht und Körper
Robert Bösch: Das Finden oder Kreieren der stark wirkenden Form bei Bergaufnahmen

Erzähl-Auge
Steve McCurry: Die Schönheit des Menschen und der menschlichen Situation
Steve Winter: Eine spannende Geschichte mit wenigen Bildern erzählen
Sylvan Müller: Menschen und die Produkte ihrer Arbeit
Annie Betram: Fantasievolle und surreale Märchen, Träume und Albträume
Markward Bossart: Sehen soweit das Denken reicht – Photography meets Philosophy

Gefühls-Auge
Jan Scholz: Die Emotionen des Menschen in Bildern festhalten
Marco Benedetti: Innere Ruhe in Gesichtern und entscheidende Momente im Kampf festhalten
Sandra Bartocha: Persönliche Gefühle mit Bildern der Natur ausdrücken
Christian Maier: Bekannte Orte auf eine wirkungsvolle und überraschende Art zeigen
Raymond Hoffmann: Starke Formen und ein schönes Licht ergeben eindrückliche Landschaftsaufnahmen
Mecuro B Cotto: Mit Formbezügen und weichem Licht Gefühle ansprechen

Ich-Auge
Marcelo Mendiburu: Abstrakte, gemäldeähnliche Fotografie abseits des Motivs
Frank Meyl: Ein Architekt entdeckt die Welt der Fotografie
Calvin Hollywood: Das menschliche Gesicht als Projektionsfläche eigener Visionen
Peter Franck: Die seltsame und surreale Welt im Quadrat
alex and felix: Mit Kulissen Traumwelten bauen und diese fotografieren
Pavel Kaplun: Der Geschichtenerzähler mit einem Augenzwinkern

Bildsprache? Was macht eine gute Bildsprache aus und wie kann sich diese entwickeln?
Anhang

Fotobuchpreis 2014 (Siegertitel Silber)
In seiner Trilogie hat Martin Zurmühle im Grunde ein großes Anliegen: das sehr komplexe Phänomen "Fotografie" durch Analyse, durch Beschreibungen und Vergleiche verständlich zu machen und ausgehend von diesem Verständnis den Leser zum eigenen kreativen Fotografieren anzuregen.
Dabei kann Zurmühle auf langjährige Erfahrung zurückblicken, als Betreiber eines Studios und einer Fotoschule, als Unterrichtender in vielen Seminaren, und als Mitwirkender in Verbänden und bei Wettbewerben. Die Zielgruppe seiner vielfältigen Aktivitäten sind vor allem Liebhaber der Fotografie; die Bildbeispiele in diesem Buch aber stammen zum guten Teil auch von Profis. Diese Bildersammlung ist der zentrale Teil des Buches, für den insgesamt 23 Fotografen ihre Arbeiten beisteuerten, von Zurmühle kommentiert. Und anders als in vielen Lehrbüchern sonst, stellt der Autor diese Beispiele in den Zusammenhang von Kunst- und Fotografiegeschichte.
Diese Gründlichkeit, die sich auch in detailliertem Registerteil mit Literatur-, Fotografen- und Quellenverzeichnis zeigt, hat die Jury überzeugt. Herzlichen Glückwunsch!

Reinhold Heckmann (ekz bibliotheks service)
Im letzten Band seiner Reihe "Die Magie der Fotografie oder das Geheimnis herausragender Bilder" geht Fotodozent Zurmühle der Frage nach, wie es ein Fotograf schafft, eine persönliche Bildsprache zu entwickeln. Er erklärt das Besondere einer fotografischen Bildsprache und beschreibt die Elemente, durch die sie sich auszeichnet. Dann stellt er 23 zeitgenössische Fotografen aus verschiedenen Ländern und sehr unterschiedlichen Genres vor. Er erklärt ihre Arbeitsweise, informiert über den fotografischen Werdegang, stellt Bezüge zwischen ihren Werken und der Malerei oder anderen Kunstgattungen her und charakterisiert jeweils auch den Bildstil oder die Bildsprache des Fotografen. Das große Plus des Buches sind sicherlich die häufig großformatig und immer im besten Druck wiedergegebenen Beispielbilder zur Verdeutlichung der Handschrift des jeweiligen Fotografen; hier gibt es viel Inspirierendes zu entdecken. Ein lohnendes Foto-Lehrbuch.

PHOTO International (Wege zum Bild)
Fast jeder weiss, was ein gutes Bild ist. Aber wenn es darum geht, die ikonografischen Besonderheiten einer Bildschöpfung auf den Punkt zu bringen, gerät man ins Stocken. Seit Beginn der Fotografie gibt es Regeln auf dem Weg zum gelungenen Bild: Goldener Schnitt, Schärfe, Ponderation. Aber oft genug sind es gerade die Regelverstöße, die eine Aufnahme interessant, wenn nicht einzgartig machen. Der vorliegende Band bewegt sich auf einer Schnittline zwischen Reflexion und Ratgeber, Bildanalyse und Handlungsanweisung. Er schlägt den Bogen in die Vergangenheit, ohne die digitale Gegenwart zu unterschlagen. Letztlich füllt er eine Lücke zwischen historischer Betrachtung und technischem Leitfaden - ein Desiderat.

Anna-Christina Lanari (www.lesefreunde24.npage.de)
Moderne Arbeiten werden kreativ präsentiert und analysiert, sind Inspirations- und Lernquelle zugleich und geben vielfache Anreize selbst auf den Auslöser zu drücken. Eine effektive Bildsprache zu erreichen und die eigene Ausdrucksweise zu verbessern, dies gelingt an Hand des qualitativ hochwertigen Bandes, der auf magische Weise überzeugt. Das bewußte Einsetzen von Gestaltungsmitteln führt zum Erfolg und beeindruckt den Betrachter, denn das Buch gibt ganz gezielt ein Kaleidoskop von Methoden weiter, mit dem spannende Auseinandersetzungen geschaffen und aussagekräftige Umsetzungen erreicht werden können. Der Autor zeigt welche Wirkungen erzielt werden können und erklärt die Zusammenhänge und Techniken.

Urs Tillmanns (www.fotointern.ch)
Wir verwenden oft den Begriff Bildsprache ohne zu überlegen, was eigentlich dahinter steckt. Martin Zurmühle hat nun ein Buch dazu geschrieben in welchem er sein Vier-Augen-Modell praktisch anwendet und die Arbeitsweisen vieler bekannter Fotografen analysiert. Es ist der dritte und letzte Band seines Werkes Die Magie der Fotografie oder das Geheimnis herausragender Bilder .
Schon mit seinen beiden ersten Büchern dieser Reihe über die Bildanalyse und die Bildbewertung hat Martin Zurmühle Werke geschaffen, die in der Fotoliteratur wohl einzigartig sind. In beiden Büchern, und auch im vorliegenden dritten Band, kommt Zurmühles Vier-Augen-Modell zur Anwendung das beschreibt, wie Fotografien auf vier verschiedene Arten auf den Betrachter einwirken: Das Form-Auge bietet einen visuellen Genuss, das Erzähl-Auge berichtet aus dem Leben, das Gefühls-Auge nimmt Emotionen wahr und das Ich-Auge zeigt die Sprache des Künstlers. Man muss sich etwas in diese Philosophie der Bildbetrachtung einarbeiten, bis man sie wirklich versteht, doch je mehr man sich mit dem Vier-Augen-Modell befasst, desto einleuchtender, nachvollziehbarer und spannender wird die Bildanalyse.
Im ersten Teil des Buches geht Zurmühle der Frage nach, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sich ein eigenständiger Bildstil und eine individuelle Bildsprache entwickeln kann. Hier versucht der Autor auch die undefinierten Begriffe des Bildstils und der Bildsprache auseinander zu halten, mit der wertvollen Erklärung der stilbildenden Faktoren. Schon alleine dieses Kapitel ist für den Leser, die sich mit der fotografischen Stilkunde interessiert, sehr aufschlussreich und eigentlich eine wichtige Grundlage, um sich in den folgenden Inhalten des Buches zurechtzufinden.
Zu jedem der vier Modelle und Kapitel dem Form-Auge , dem Erzähl-Auge , dem Gefühls-Auge und dem Ich-Auge stellt Zurmühle mehrere bekannte und arrivierte Fotografen vor und geht, meist im Interviewstil, auf deren Besonderheiten und Charakteristiken ein. Der Leser erfährt hier sehr viel über die Arbeits- und Auffassungsweise dieser Fotografen, und er versteht damit, wie diese ihre eigenen Bildstil und ihre Bildsprache entwickelt haben. Das nachfolgende Inhaltsverzeichnis zeigt Ihnen, welche Fotografen Zurmühle für diese Stilkunde in den verschiedenen Modellen ausgewählt hat.
Die Bildbeispiele, welche Zurmühle zu jeden Fotografen zeigt, sind sehr treffend ausgewählt und untermalen den Bildstil des Fotografen deutlich und nachempfindbar. Pikantes Detail: Zu jedem Fotografen zeigt Zurmühle noch ein (in den meisten Fällen) sehr treffendes Stilbeispiel aus der Fotogeschichte oder von frühen Meistern der Malerei. Damit stellt Zurmühle den Stil des Fotografen in einen interessanten, weitläufigen Zusammenhang. Und noch etwas: Während sich die meisten Autoren bei den Bildlegenden auf ein Minimum beschränken, hat hier Zurmühle gedanklich mehr investiert: Die Bildlegenden haben einen sehr hohen Informationswert und verdeutlichen oder erläutern vieles, was zum Verständnis der Bildsprache beiträgt.
Dieser dritte (und letzte Band) von Zurmühles Reihe Die Magie der Fotografie oder das Geheimnis herausragender Bilder rundet die zwei vorangegangenen Bücher zu einem Gesamtwerk ab, das Wesentliches zum Bildverständnis, zur Bildanalyse, zur Bildbewertung und jetzt eben zur Bildsprache beiträgt. Für mich persönlich ist es das beste und wertvollste der drei Bücher, nicht zuletzt, weil es viele interessanten Fotografen mit ihren Werken und eben ihrer Bildsprache mit Interviews und Portfolios vorstellt, und weil es dem Leser hilft, die Bildsprachen zu verstehen. Allerdings zeigt es auch, dass es bei den Bildern nicht nur Sprachen sondern auch viele Dialekte gibt, die man nicht unbedingt versteht.

Liebe Leserinnen, liebe Leser, es ist der Traum vieler Fotografen, einen eigenen unverkennbaren Bildstil, eine eigenständige, unverwechselbare Bildsprache zu entwickeln. In der heutigen Bilderflut ist dieses Ziel nicht einfach zu erreichen. Was braucht es, dass sich eine fotografische Ausdrucksweise zu einer individuellen, wirkungsvollen, qualitativ hochstehenden und von den Betrachtern der Fotografien auch leicht zu erkennenden, eigenständigen Bildsprache entwickeln kann? Das ist die zentrale Frage dieses letzten Buches der Reihe Die MAGIE der Fotografie oder das GEHEIMNIS herausragender Bilder. Die Fotografie bewegt sich in der langen Tradition der Bildenden Kunst. In unserem Kulturraum spielte bis zur Renaissance die Persönlichkeit des Künstlers keine zentrale Rolle. Die Maler des Mittelalters sahen sich als Handwerker. Ihre Bilder sollten die biblische Geschichte möglichst gut illustrieren und die Allmacht und das Wirken Gottes sichtbar machen. Von den Künstlern wurde nicht erwartet, dass sie etwas Neues erfanden. Ihre Gemälde bildeten ein Bestandteil des Gesamtkunstwerks des Kirchengebäudes. Erst in der Zeit der Renaissance entstand die Vorstellung vom Künstler als Genie, der aufgrund seines besonderen, angeborenen Talents herausragende Werke schaffen kann. Die Künstler werden seither als Individuen mit eigenem Namen und einer persönlichen künstlerischen Handschrift wahrgenommen.1 Berühmte herausragende Künstler wurden jeweils bald von anderen Künstlern kopiert oder nachgeahmt. Dabei geht die Bandbreite von Kopien (im Rahmen der Kunstausbildung) und Fälschungen, über Werke von Schülern des Künstlers aus seiner Werkstatt (die sich oft kaum von den Werken des Meisters unterscheiden) bis zu Nachahmungen des entsprechenden Malstils2. Schon alleine aus finanziellen Gründen ist es heute sehr wichtig zu wissen, welche Werke vom Meister und welche von seinen Schülern, Nachahmern und Kopisten stammen. Viele herausragende Maler zeichnen sich durch einen besonderen Malstil aus. Um 1600 erfand der Italiener Michelangelo Merisi, Caravaggio genannt (1571-1610), einen auch für uns Fotografen bedeutenden Malstil mit seiner neuen Art der Licht- und Schattenmalerei. Roberto Longhi (1890-1970) beschrieb seinen Einfluss auf die Malereigeschichte: 'Ohne ihn hätte es keinen Ribera, Vermeer, Georges de La Tour oder Rembrandt gegeben. Und Delacroix, Courbet und Manet hätten anders gemalt'.3 Diese Hell-Dunkel-Malerei (im Italienischen Chiaroscuro und im Französischen Clair-obscur bezeichnet) mit den kraftvollen Schatten und den herausgehobenen hellen Bereichen beeinflusste neben der Malerei auch die Fotografie und den Film. In der Malerei spricht man von Malstilen. Das Wort 'Stil' bedeutet dabei etwas wie eine Handschrift. Der Stil eines Künstlers beschreibt so zunächst die persönliche, wiedererkennbare Art, sein Kunstwerk zu erschaffen und formen. 'Stil' kann aber auch eine Bezeichnung für eine bestimmte Art und Weise zu zeichnen oder modellieren sein. Dann können mehrere Künstler den gleichen Stil pflegen. Die Kunstgeschichte ordnet manchmal auch ganze Epochen solchen Stilen zu (z.B. der Stil der Gotik, der Renaissance oder des Barocks). Seit dem Beginn der Moderne, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ist es allerdings sehr schwierig geworden, solche Zuordnungen zu machen. Es entstanden in kurzer Zeit sehr viele verschiedene Stilrichtungen (z.B. Expressionismus, Kubismus, Konstruktivismus), die teilweise auch zur gleichen Zeit stattfanden. Und heute können wir in der Kunst kaum mehr einheitliche Stile erkennen, zu individuell sind die Positionen, Strategien und Herangehensweisen der Künstler geworden. Umso wichtiger ist es für die heutigen Künstler, einen eigenen persönlichen Stil zu finden und in ihren Werken zu zeigen.4 In der Malerei formierten sich die Künstler oft zu Gruppen, die einen bestimmten Malstil prägten. Bekannt ist die Gruppe der Impressionisten, die gemeinsam mit eigenen Ausstellungen versuchten, den Widerstand der offiziellen Salons in Paris zu brechen und die Anerkennung ihrer Kunst in der Öffentlichkeit zu erhalten. Obwohl sich diese Maler häufig trafen, ihre Werke intensiv diskutierten und oft auch miteinander malten, entwickelte jeder eine individuelle Ausdrucksweise. Ihre Gemälde zeigen einige gemeinsame Merkmale (z.B. Wahl der Motive, Pleinairmalerei, Licht- und Farbeffekte), doch unterschieden sich die verschiedenen Interpretationen und Handschriften klar voneinander.7 In der Fotografie sind solche Zuordnungen eher selten. Susan Sontag (1933-2004) beschreibt diesen Unterschied: 'Und während der Kenner in der Malerei stets von der organischen Beziehung eines Bildes zu einem bestimmten, in sich geschlossenen Gesamtwerk ausgehen kann, und zu Schulen und Traditionen der bildlichen Darstellung, wird das Gesamtwerk eines Fotografen nicht unbedingt durch seine innere, stilistische Kohärenz zusammengehalten, und die Beziehung des Fotografen zu Schulen der Fotografie hat etwas sehr viel Oberflächlicheres'.8 Wir begeben uns in der Fotografie also auf einen viel schwierigeren Pfad, wenn wir fotografische Bildstile oder Bildsprachen erkennen wollen. Natürlich gibt es auch in der Fotografie Zuordnungen zu Gruppen, die aber mehr mit dem gewählten Motiv (z.B. Landschaften, Porträts, Stillleben, Reportagen) oder der eigesetzten Technik (z.B. Panoramafotografie, Composings, Fine Art Fotografie) zu tun haben. Wir können aber auch bei vielen Fotografen Inspirationsquellen und Vorbilder erkennen, wir sehen Bezüge zu Werken anderer Fotografen oder zur Bildenden Kunst und wir erkennen manchmal den Einfluss, den ein Fotograf auf andere ausübt. Die Spannweite in der heutigen Fotografie ist sehr gross. Schon die Meisterfotografen der 20. Jahrhunderts loteten diese Grenzen aus: vom fotografischen Purismus eines Henri Cartier-Bresson (1908-2004), der seine Bilder ohne direkte Einflussnahme auf das Geschehen aufnahm, sie nicht selbst entwickelte und immer darauf bestand, dass seine Fotografien nicht zugeschnitten werden, bis zu den surrealen Bildkompositionen eines Man Ray (1880-1976), der mit allen möglichen visuellen Effekten experimentierte (z.B. Solarisationen, Verzerrungen durch Spiegel) und so die grossen Möglichkeiten der heutigen Bildbearbeitung vorwegnahm. Clément Chéroux schreibt zu Arbeitsweise von Henri Cartier-Bresson: 'In seinen Händen entwickelte sich dieser Apparat zu einem magischen Instrument, und fortan sind es Henri Cartier-Bresson und die Leica, die gemeinsam die Lichtbildkunst des Jahrhunderts revolutionieren – eine Liaison, die Epoche machte, neue, sehr hohe Massstäbe setzte und trotz aller Versuche, sie zu kopieren, bis heute einzigartig geblieben ist'.10 Die Möglichkeiten der digitalen Technik hat diese Spannweite noch stark erweitert und lässt die Grenzen zwischen der Fotografie und der Malerei oft verfliessen. Aber gerade diese riesige Spannweite zwischen der traditionellen Fotografie mit ihrer Schönheit der Gestaltung, den spannenden Geschichten und der starken Gefühle und der scheinbar unbegrenzten Fantasie der digitalen Bildkünstler, macht für mich den besonderen Reiz der zeitgenössischen Fotografie aus, die zu erkunden sich auf jeden Fall für jeden ambitionierten Fotografen lohnt. Deshalb freue ich mich, dass Sie mit mir zusammen sich von der Kreativität und Vielfalt der Bildsprachen herausragender zeitgenössischer Fotografen inspirieren und begeistern lassen möchten. Martin Zurmühle Luzern, im September 2013

Liebe Leserinnen, liebe Leser,es ist der Traum vieler Fotografen, einen eigenen unverkennbaren Bildstil, eine eigenständige, unverwechselbare Bildsprache zu entwickeln. In der heutigen Bilderflut ist dieses Ziel nicht einfach zu erreichen. Was braucht es, dass sich eine fotografische Ausdrucksweise zu einer individuellen, wirkungsvollen, qualitativ hochstehenden und von den Betrachtern der Fotografien auch leicht zu erkennenden, eigenständigen Bildsprache entwickeln kann? Das ist die zentrale Frage dieses letzten Buches der Reihe Die MAGIE der Fotografie oder das GEHEIMNIS herausragender Bilder.Die Fotografie bewegt sich in der langen Tradition der Bildenden Kunst. In unserem Kulturraum spielte bis zur Renaissance die Persönlichkeit des Künstlers keine zentrale Rolle. Die Maler des Mittelalters sahen sich als Handwerker. Ihre Bilder sollten die biblische Geschichte möglichst gut illustrieren und die Allmacht und das Wirken Gottes sichtbar machen. Von den Künstlern wurde nicht erwartet, dass sie etwas Neues erfanden. Ihre Gemälde bildeten ein Bestandteil des Gesamtkunstwerks des Kirchengebäudes.Erst in der Zeit der Renaissance entstand die Vorstellung vom Künstler als Genie, der aufgrund seines besonderen, angeborenen Talents herausragende Werke schaffen kann. Die Künstler werden seither als Individuen mit eigenem Namen und einer persönlichen künstlerischen Handschrift wahrgenommen.1Berühmte herausragende Künstler wurden jeweils bald von anderen Künstlern kopiert oder nachgeahmt. Dabei geht die Bandbreite von Kopien (im Rahmen der Kunstausbildung) und Fälschungen, über Werke von Schülern des Künstlers aus seiner Werkstatt (die sich oft kaum von den Werken des Meisters unterscheiden) bis zu Nachahmungen des entsprechenden Malstils2. Schon alleine aus finanziellen Gründen ist es heute sehr wichtig zu wissen, welche Werke vom Meister und welche von seinen Schülern, Nachahmern und Kopisten stammen.Viele herausragende Maler zeichnen sich durch einen besonderen Malstil aus. Um 1600 erfand der Italiener Michelangelo Merisi, Caravaggio genannt (1571-1610), einen auch für uns Fotografen bedeutenden Malstil mit seiner neuen Art der Licht- und Schattenmalerei. Roberto Longhi (1890-1970) beschrieb seinen Einfluss auf die Malereigeschichte: 'Ohne ihn hätte es keinen Ribera, Vermeer, Georges de La Tour oder Rembrandt gegeben. Und Delacroix, Courbet und Manet hätten anders gemalt'.3 Diese Hell-Dunkel-Malerei (im Italienischen Chiaroscuro und im Französischen Clair-obscur bezeichnet) mit den kraftvollen Schatten und den herausgehobenen hellen Bereichen beeinflusste neben der Malerei auch die Fotografie und den Film.In der Malerei spricht man von Malstilen. Das Wort 'Stil' bedeutet dabei etwas wie eine Handschrift. Der Stil eines Künstlers beschreibt so zunächst die persönliche, wiedererkennbare Art, sein Kunstwerk zu erschaffen und formen. 'Stil' kann aber auch eine Bezeichnung für eine bestimmte Art und Weise zu zeichnen oder modellieren sein. Dann können mehrere Künstler den gleichen Stil pflegen. Die Kunstgeschichte ordnet manchmal auch ganze Epochen solchen Stilen zu (z.B. der Stil der Gotik, der Renaissance oder des Barocks).Seit dem Beginn der Moderne, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, ist es allerdings sehr schwierig geworden, solche Zuordnungen zu machen. Es entstanden in kurzer Zeit sehr viele verschiedene Stilrichtungen (z.B. Expressionismus, Kubismus, Konstruktivismus), die teilweise auch zur gleichen Zeit stattfanden. Und heute können wir in der Kunst kaum mehr einheitliche Stile erkennen, zu individuell sind die Positionen, Strategien und Herangehensweisen der Künstler geworden. Umso wichtiger ist es für die heutigen Künstler, einen eigenen persönlichen Stil zu finden und in ihren Werken zu zeigen.4In der Malerei formierten sich die Künstler oft zu Gruppen, die einen bestimmten Malstil prägten. Bekannt ist die Gruppe der Impressionisten, die gemeinsam mit eigenen Ausstellungen versuchten, den Widerstand der offiziellen

Erscheint lt. Verlag 28.8.2013
Verlagsort Luzern
Sprache deutsch
Maße 260 x 260 mm
Gewicht 1430 g
Einbandart gebunden
Themenwelt Kunst / Musik / Theater
Sachbuch/Ratgeber Freizeit / Hobby Fotografieren / Filmen
Schlagworte Bild • Bildanalyse • Bildsprache • Bildstil • Fotografie • Fotografie; Handbuch/Lehrbuch • Gestaltung • Kompostion • Kunst • Malerei • Vier-Augen-Modell
ISBN-10 3-9523647-4-6 / 3952364746
ISBN-13 978-3-9523647-4-1 / 9783952364741
Zustand Neuware
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