Die Ritter der vierzig Inseln
Heyne HC (Verlag)
978-3-453-26627-8 (ISBN)
- Titel ist leider vergriffen, Neuauflage unbestimmt
- Artikel merken
Sergej Lukianenko, 1968 in Kasachstan geboren, studierte in Alma-Ata Medizin, war als Psychiater tätig und lebt nun als freier Schriftsteller in Moskau. Er ist der populärste russische Fantasy- und Science-Fiction-Autor der Gegenwart, seine Romane und Erz
Früher wollte ich immer die Morgendämmerung sehen. Nein - nicht den Sonnenaufgang, da beginnt ja schon der Morgen. Sondern ich wollte genau den Moment abpassen, in dem die Nacht sich zurückzieht, in dem der dunkle Himmel fliederfarben und durchsichtig wird, mit einem Hauch Rosa im Osten. Aber es ist gar nicht so einfach, diesen Augenblick der Dämmerung zu erhaschen. Das ist fast so schwierig, wie den Moment, in dem man einschläft, bewusst zu erleben.
Eben noch herrscht tiefste, stockfinstere Nacht, als hätte sie noch einmal neue Kraft geschöpft in den Stunden vor Tagesanbruch. Doch dann verändert sich plötzlich etwas, unmerklich. Es vergeht noch die eine oder andere Minute, und auf einmal bemerkst du, wie Licht in die Finsternis sickert: Schwarze, unheimliche Silhouetten verwandeln sich in gewöhnliche Bäume, der Himmel wird klar und zartviolett. Das ist die Morgendämmerung! Wahrscheinlich kommt sie, wenn man die Nacht einfach nicht mehr ertragen kann. Dann ist noch nicht Morgen, es ist einfach das Ende der Dunkelheit. Das ist die Morgendämmerung!
Ein Foto für die Zeitung
Es geschah in einem fremden Stadtviertel. Ich balancierte eine schmale Bordsteinkante entlang und hielt dabei die Arme gespreizt, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Das war natürlich kindisch, aber ich hatte einfach schlechte Laune.
Der Sommer verlief trostlos. Dabei hatte er ganz gut angefangen: Die siebte Klasse hatte ich mit tadellosen Noten abgeschlossen und rückte gleich in die neunte Klasse vor. Das lag nicht daran, dass ich ein Wunderkind bin und den Stoff der achten Klasse in ein paar Wochen lernen kann. Es ergab sich durch eine alberne Reform, der zufolge die Schule in Zukunft im Alter von sechs Jahren beginnen sollte und die Gesamtschulzeit auf elf Jahre begrenzt wurde. Deshalb wurden wir alle von der siebten in die neunte Klasse versetzt, was uns natürlich nur recht war. Wenn man nach dem Alter gefragt wurde, konnte man nun sagen: "Ich gehe in die neunte Klasse." Das klingt doch schon ganz anders, als wenn man sagt: "Ich bin vierzehn." Ein feiner Unterschied, nicht wahr?
Doch dann ging alles schief. Als hätten meine Freunde sich untereinander abgesprochen, fuhren sie alle gleichzeitig in irgendwelche Sommerlager oder mit den Eltern in schicke Badeorte. Einer war sogar in einem internationalen Computercamp und hatte mir ein Foto geschickt, auf dem er Arm in Arm mit zwei Amerikanern posierte.
Die Amis sahen ziemlich zerknittert aus, wahrscheinlich rissen sich alle darum, mit ihnen fotografiert zu werden. Ich war ein bisschen neidisch. Noch schlimmer wurde die Lage durch die Tatsache, dass ich auch in unserem Viertel weit und breit als Einziger zu Hause geblieben war.
Ich sprang von der Bordsteinkante und stand an der Ecke einer kleinen Querstraße. Es gibt ja nichts Langweiligeres, als alleine durch Straßen zu laufen, die man von Kind auf kennt. Zumal unsere Stadt, wie die meisten Städte in der Umgebung, klein ist. Sie hat zwar einen Sonderstatus, weil es bei uns Fabriken gibt, in denen Satelliten und jede Menge Geheimtechnik gebaut werden. Aber das ist höchstens für ausländische Spione interessant.
Es blieb mir also nichts anderes übrig, als in der Stadt herumzuhängen und, so gut es ging, die Autorität unseres Viertels zu wahren, was hauptsächlich bedeutete, Prügeleien mit Jungs anderer Cliquen anzuzetteln.
Zwei Typen gingen an mir vorbei, vielleicht ein oder eineinhalb Jahre jünger als ich. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass einer von ihnen demonstrativ auf die Straße spuckte und mir verstohlen hinterhersah. Die beiden waren noch zu klein, um sich ernsthaft mit mir anzulegen, auch wenn ich der Fremde in ihrem Stadtviertel war. Immerhin fühlten sie sich mutig genug, in meiner Gegenwart verächtlich auszuspucken.
Ich blieb stehen und drehte mich zu den beiden um. "Wollt ihr eins auf die Schnauze?", fragte ich mit gespielter Freundlichkeit.
Die beiden Jungen schwiegen betreten, denn sie wussten genau,
Erscheint lt. Verlag | 25.2.2009 |
---|---|
Übersetzer | Matthias Dondl |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Rycari Soroka Ostrovov |
Maße | 135 x 215 mm |
Gewicht | 637 g |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre | |
Schlagworte | Fantasy |
ISBN-10 | 3-453-26627-7 / 3453266277 |
ISBN-13 | 978-3-453-26627-8 / 9783453266278 |
Zustand | Neuware |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich